Viktoria 94 Hanau - FV Frankfurter Kickers

Nordkreis, A-Klasse 1910/1911 - 17. Spiel

4:0 (0:0)

Termin: 15.01.1911
Zuschauer:
Schiedsrichter: Dr. Raßbach (Wiesbaden)
Tore: 1:0 Fiedler (48.), 2:0 Fiedler (75.), 3:0 Fiedler (84.), 4:0 (85.)

>> Spielbericht <<

Viktoria 94 Hanau FV Frankfurter Kickers

  • Fiedler

 


 

 


(Inserat in der Süddeutschen Sportzeitung vom 12.01.1911)

 

 

Hanauer F.-C. Viktoria — Frankfurter Kickers 4:0

15. Januar 1911.

Unsere erste Mannschaft fuhr zum fälligen Rückspiel nach Hanau und holte sich von der dortigen Viktoria die schwerste Niederlage, welche sie im bisherigen Verlauf der Ligawettspiele einstecken mußte. Die Mannschaft war vollständig und spielte in folgender Aufstellung:

Tor: Charbout-Mollard. Verteidiger: Seibel und Claus, Halbspieler: Becker, Phil. Hohmann und Bergner, Stürmer: ter Horst, Ribeiro, Ad. Hohmann, Band und Fay.

Das Wettspiel begann pünktlich mit dem Anpfiff des Schiedsrichters Herrn Dr. Raßbach, Wiesbaden. Obwohl die Hanauer dafür gesorgt hatten, daß der größte Teil der Schneemasse fortgeschafft wurde, war der Platz schlüpfrig. In der ersten Spielhälfte wogte der Kampf meistens in der Mitte und beide Torwächter hatten nicht sehr viel zu tun. Ein gefährlicher Angriff Bands verfehlte nur knapp das Ziel während Charbout kurz darauf einen guten Schuß des Hanauer Linksaußen sicher hielt. Die Hanauer Mannschaft spielte sehr aufopfernd und energisch.

Nach ca. 20 Minuten wurde ter Horst kampfunfähig, da er bei einem Flankenlauf von zwei Verteidigern wuchtig gegen die Barriere befördert wurde, sodaß es eigentlich Wunder nehmen mußte, daß der Fall keine schlimmeren Folgen hatte. Dank der Aufmerksamkeit unserer Hintermannschaft schloß die erste Hälfte torlos ab.

Nach Wiederbeginn zeigten unsere Stürmer kein Spiel, das den bisher gezeigten Leistungen würdig war. Hanau konnte größtenteils unser Tor bedrängen und als Fiedler aus Abseitsstellung das erste Tor durch einen guten Schuß erzielte, war es mit dem Halt der Mannschaft zu Ende. Becker ging als Stürmer vor und Ribeiro in die Deckung und dank dieser Politik den gefährlichsten Torschützen Hanaus der Deckung eines der Verteidigung vollständig ungewohnten Stürmers zu überlassen, vergrößerte Hanau in regelmäßigen Abständen den Vorsprung auf 4 Tore, welche fast alle von Fiedler geschossen wurden. Unsere Stürmerreihe sah sich inzwischen das schöne Spiel der Hanauer Stürmer an. ohne selbst ernsthafte Versuche zu machen, wenigstens etwas zu kämpfen. Es wäre bedauerlich gewesen, wenn uns das Glück an diesem Tage zur Seite gestanden hätte, denn eine Mannschaft mit einer so schlappen Stürmerreihe wie die unserige am Sonntag, verdient keinen Sieg.

Bei Hanau schien es anfänglich nicht klappen zu wollen, denn das Spiel der Mannschaft ist ganz auf Fiedler zugeschnitten und da er in der ersten Hälfte gut gedeckt wurde, schob man ihm die Schuld am Mangel des Erfolges zu. Nachher, als wir entgegenkommend, durch die vorgenommene Umstellung ihm die Arbeit erleichterte, machte er ausgiebigen Gebrauch von jeder Gelegenheit, welche sich ihm zum Schießen bot und der Erfolg blieb nicht aus. Gegen Schluß spielte die Hanauer Mannschaft immer mehr und mehr überlegen.

Auf unserer Seite stand die eifrige und teilweise sehr gute Arbeit unserer Verteidigung im Gegensatz zu dem schlappen, unlustigen Spiel der Stürmer. Es ist kein Vergnügen, einzelne Momente, welche man als Zuschauer miterleben mußte, zu schildern, wie z. B. unser Mittelstürmer die Hände auf dem Rücken auf und ab stolzierte, als ginge ihn die ganze Geschichte nichts an. ter Horsts Fußballtage sind wohl anscheinend vorüber, denn das scharfe Spiel, wie es nun einmal eben hier gespielt wird, setzt ihm derartig zu, daß er sein Können nicht entfalten kann. Fay war nicht zum Wiedererkennen. Jede Unternehmungslust hat er verloren. Band ist nicht mehr der Band, wie wir ihn vor zwei Monaten kennen lernten und Ad. Hohmann ist der Mittelstürmer, der oben erwähnt ist. Bleibt noch Ribeiro übrig, bei dem der gute Wille und Eifer immer vorhanden ist, dem es aber an Technik mangelt. Becker war nicht halb der Alte, Bergner deckte seinen Außenstürmer schlecht. Der Rest der Mannschaft war gut, nur Seibel sollte die Bälle mit kräftigem Stoß weiterbefördern, er konnte am Sonntag sehen, daß seine Taktik verkehrt war. Der gesamten Mannschaft fehlte der Halt, es fehlte ihr auch an einem Führer. Halle, welcher am Sonntag dem Spiel beigewohnt hat, wird genug gesehen haben, um seine Maßnahmen prompt und energisch zu treffen, damit die redlich verdiente Niederlage wenigstens ein Gutes, den Willen zur Besserung bringt.

Mit der gleichzeitigen Niederlage des F.-S.-V. Frankfurt können die Frankfurter Vereine ihre Hoffnungen auf Erringung der Nordkreismeisterschaft auf das kommende Spieljahr verschieben.      A.C. (aus der Vereinszeitung der Frankfurter Kickers vom 01.02.1911)

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