Eintracht Frankfurt - Helvetia Frankfurt

Kreisliga Nordmain 1920/21 - 20. Spiel

1:1 (0:1)

Termin: 20.02.1921
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Brucker (Stuttgart)
Tore: 0:1 Meier (40.), 1:1 Köster (78.)

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Eintracht Frankfurt Helvetia Frankfurt

 


  • Hohlfeld
  • Rauch
  • Fritz
  • Engelhardt
  • Wunderlich
  • Maier

 

Aus dem Nordmainkreis!

Die Entscheidung ist gefallen. Der Altmeister, die Turn- und Sportgemeinde Eintracht, hat wiederum den Meistertitel erkämpft. Und es war auch ein Kampf; denn nur knapp, mit einem Punkt Vorsprung, endeten die Ligakämpfe.

Bei herrlichstem Frühlingswetter fand das Wiederholungsspiel Eintracht — Helvetia 1:1 auf dem Sportplatz „am Riederwald" statt. Da es das einzige Ligaspiel Frankfurts war, kamen Tausende mehr Zuschauer als gewöhnlich, 10000 waren es zum mindesten, die das Feld umgaben. Unter bekannt guter Leitung des Herrn Brucker, Stuttgart, traten beide Mannschaften komplett an. Mit Anstoss Helvetias entwickelt sich sofort ein flottes, offenes Spiel, das bereits in den ersten Minuten einen Eckball für Eintracht schafft, der aber nichts einbringt Die Orange-schwarzen mit ihren grell-roten Strümpfen (ob es keine schönere Farbe gibt?) gewinnen bald die Oberhand; doch die Läufer und Verteidiger der Bockenheimer zerstören viel, und trotz guter Durchbrüche gelingt es Eintracht nicht, erfolgreich zu sein. Szabo, Dornbusch, Jockel schiessen kurz hintereinander ungedeckt aus kurzen Entfernungen — daneben. Allgemeines Gestöhne der Enthusiasten; aber die können auch nicht helfen. Aut der anderen Seite wird aber auch manch Chance ausgelassen. Wunderlich, der Fussball-Jongleur, leitet vorzügliche Eingriffe ein, aber Pfeiffer, Brand und Gmelin, von Schönfeld und Schneider gut unterstützt, sind wie ein Bollwerk. Mehrere Ecken für Eintracht bleiben ohne Erfolg und man glaubt allgemein, es ginge torlos in die Pause. Da erwischt Wunderlich das Leder, flankt brillant, und nach kurzer Kombination sendet Maier aus geringer Entfernung unhaltbar ein. Grosser Jubel ohne Ende, Noch fünf Minuten offenes Spiel, dann Halbzeit.

Nach Wiederbeginn drängt Helvetia stark, und Gmelin bekommt verschiedene Bälle direkt in die Hände, die er aber alle gut wieder wegbringt. Doch auch Hohlfeld verrichtet gute Arbeit. Szabo schiesst wieder mehrmals knapp am Tor vorbei und die Zeit verrinnt grausam schnell. Bei einem plötzlichen gefährlichen Durchbruch des vorzüglichen Ungarns kommt er leider zu Fall und ist somit wieder fast untauglich. Aber mit bewundernswerter Energie raffte er sich immer wieder auf und leitet manchen schönen Angriff ein. Bei einem derselben gibt er exakt an die Mitte ab, Köster erhält den Ball und, für Hohlfeld unhaltbar, sitzt das siegbringende Tor. Noch immer bleibt der Eifer und die Energie gleich; jede Mannschaft möchte noch den Sieg erlangen. Aber beim Schlusspfiff des Schiedsrichters müssen sie sich brüderlich in die Punkte teilen.

Helvetia hinterliess den Eindruck einer fairen, guten vor allem eifrigen Elf. Wunderlichs Technik teilt sich seinen Leuten mehr und mehr mit. Er selbst ist und bleibt eine Klasse für sich. Trotz guten Abdeckens gelang es ihm noch immer durchzubrechen und am meisten bewundere ich sein selbstloses Spiel vor des Gegners Tor, wo er immer seinen Leuten die Bälle schön vorlegte, die aber meist mit dem Verwandeln zu lang zögerten.

Eintracht war wieder vom Pech verfolgt, und der alte Fehler, Ueberkombination, trat wieder zu Tage. Wenige Meter vorm Tor wurden 5—6 Bälle verschossen, für die Eintrachtsanhänger sicherlich keine erfreuliche Momente, die alle stöhnten und ächzten; aber der Zufall hat es nicht anders gewollt. Die elf Meisterschaftsspieler gaben wie immer ihr Bestes, und führten ein schönes, faires Spiel vor und werden unseren Kreis wohl immer würdig vertreten.

* * *

Es ist erreicht! Auch wir haben unseren Ligameister gefunden. Zwar war seit Wochen die Anwartschaft auf den vielbegehrten Titel und Ruhm hart umstritten, aber nunmehr ist es dem Altmeister gelungen, sich doch wieder den ersten Platz zu sichern. Eine schwere Arbeit war es für die Turn- und Sportgemeinde „Eintracht" Frankfurt. Noch selten waren die Endkämpfe wohl so interessanter Natur, so dass schliesslich jeder Sportsmann, ob aktiv oder passiv, gern an die diesjährigen Ligakämpfe zurückdenken wird.

Es ist eigentlich schade, dass für die „Germania 1894", Frankfurt, nicht irgend ein Titel oder dergleichen gefunden werden kann, der ausdrücken würde, wie heiss und tapfer sie sich um den Sieg beworben hat. Doch schliesslich haben alle Ligavereine gekämpft wie die Löwen, und wir Frankfurter sind mit vollem Recht stolz auf sie alle. Durch die geplante Neueinteilung der Kreise sind ja wohl alle davor bewahrt, in die A-Klasse abwandern zu müssen. Und nächstes Jahr werden die Ligaspiele hoffentlich noch schönere und interessantere Treffen darstellen. Doch warum in die Ferne schweifen? Soviel mir schon bekannt, sind eine ganz schöne Anzahl auswärtiger, bestbekannter Vereine von unseren Einheimischen für das kommende Frühjahr verpflichtet worden, so dass sich alle Fussballfreunde schon jetzt auf schöne, interessante Wettspiele freuen können.

Zurzeit werden die Pokalspiele ja auch manches Sehenswerte zeigen. Die erste Runde wurde ja bereits am Sonntag ausgetragen und brachte im grossen; und ganzen keine grossen Ueberraschungen. Bemerkenswert ist vielleicht nur, dass die Eintracht (erste B-Mannschaft) bereits ausgeschieden ist. Sie musste sich dem F.C. „Kickers-Viktoria", Mühlheim a. M. 1:3 beugen. Auch der Fussball-Sportverein, Frankfurt am Main, musste den Kampf durch die geholte Niederlage in Aschaffenburg (Viktoria) aufgeben.

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Die Entscheidung im Nordmainkreis.

Eintracht — Helvetia 1:1.

Das Wetter und Wunderlich waren das Beste am ganzen Spiel. Wunderlichs Leistung als Aussenstürmer war die beste von allen 22 Leuten die den Platz bevölkerten. Bei seinem Spiel taucht immer wieder der Gedanke an das Verfahren des V. V. auf, der sich durch ein drakonisches Urteil eines der besten Beiner Representativen beraubte. Ich halte Wunderlich für besser wie Wegele und Kress. Die Disqualifikation Wunderlichs hatte weiterhin zur Folge, dass die Mannschaft der Bockenheimer Turngemeinde vielleicht um die Nordmainkreismeisterschaft gebracht wurde. Helvetia stellt eine der besten Mannschaften des Kreises ins Feld. Es ist wirklich „wunderlich" was Wunderlich aus diesen Spielern gemacht hat. Zeigen auch die einzelnen Spieler keine Klassenleistungen, so sind doch das Spielsystem und die Zusammenarbeit der Gesamtheit der Spieler, die der Mannschaft innewohnende Energie und der grosse Siegeswille Faktoren, die die Helvetia-Mannschaft zur Klassenmannschaft stempeln. Wunderlich hat aus der Ueberraschungself, die sich immer mit anderen Vereinen die weniger guten Plätze in der Tabelle streitig machte, eine der besten Mannschaften des Kreises geschaffen. Das Kombinationssystem der Elf ist zwar kein genaues und entbehrt der Schönheit, die man bei Eintracht oder bei Sp.V. Mannheim-Waldhof bewundern kann, aber es ist weit erfolgreicher als das der genannten Vereine. Die Kombination ist raumschaffend und setzt die Durchschlagskraft und die Wucht der Mannschaft nicht herab, sondern vermehrt sis eher. Viele Mannschaften die ehemals das Lauf- und Stoss-System pflegten, haben beim Uebergang zum Kombinationssystem ihr durchschlagskräftiges Stürmerspiel eingebüsst. Wunderlich hat es geschickt verstanden, diesen Fehler zu vermeiden.

Die Eintrachtmannschaft hat das was die Helvetier an Energie zu viel haben, zu wenig. Der Sturm kombiniert und kombiniert abermals, vergisst aber das so notwendige Schiessen. Das Ergebnis zeigt auch, dass Eintracht nur in einem Spiel vier Tore, in ganz wenigen 3 Tore zu erzielen vermochte. Ja selbst zwei Tore in einem Spiel waren selten von der Mannschaft zu erzielen. In der Läuferreihe zeigte Schneider am Sonntag nicht das gute Spiel wie sonst, zu seiner Entschuldigung sei jedoch gesagt, dass er es mit Wunderlich zu tun hatte. Jockel als Mittelläufer war der alte sichere Spieler. Schönfeld zeigte in den letzten Spielen eine auffallende Verbesserung seiner Spielweise und dürfte bald den Ehrenspielführer Becker vollkommen ersetzt haben. Die Verteidigung der Eintracht, als die beste im Kreise angesprochen, hat den schweren Fehler der Langsamkeit; besonders Brand fehlt die Schnelligkeit und das rasch entschlossene Handeln — Haupterfordernis für einen guten Verteidiger. Gmelin im Tor war sicher und ruhig; das von Helvetia erzielte Tor geht nicht auf sein, sondern auf der Verteidiger Konto.

Das Spiel.

Eintracht kombiniert vors Helvetiertor. Rauch bedient durch befreienden Schlag, die Lage klärend Wunderlich, dessen eingeleiteter Angriff durch Aus unterbunden wird. Sein Einwurf ruft ob seiner Weite grosses Staunen im Publikum hervor. Die Eintrachtverteidigung hält die Gefahr vom Tore durch weite Schläge fern. Die Bälle werden aber von der Stürmerreihe nicht ausgenutzt. Es wird viel kombiniert, aber nichts erreicht. "Das Spiel wogt hin und her."

Ein Durchbruch Wunderlichs wird durch ein Missverständnis zwischen Schneider und Pfeiffer begünstigt. Wunderlich winkt seinen anderen Stürn ihm zu folgen, wartet gemütlich bis sie soweit sind. Seine schöne Flanke gibt Engelhardt an Maier weiter, der den Ball in die Maschen setzt. Szabo versucht nach Halbzeit ein gleiches. Seine Verletzung hindert ihn jedoch daran, volle Schnelligkeit zu entfalten. Fritz schafft Rettung. Eine Anzahl Ecken für Eintracht bringen wohl Aussicht, aber keinen Erfolg. Endlich geilingt es Köster in ungedeckter Stellung eine kurze Flanke von Mölders zum ausgleichenden Tor zu verwandeln. Hohlfeld wusste Ball nicht richtig zu fangen. Von seinem Körper sprang er ins Tor.

Eintracht dokumentiert etwas Ueberlegenheit durch dauerndes Kombinieren vor dem Helvetiator ohne jedoch zum Schlusspfiff den fehlenden Punkt retten zu können. - Das Spiel wurde flott und frisch durchgeführt und hielt sich im allgemeinen in fairem Rahmen. Brucker als Schiedsrichter entschied streng und gerecht, wohl zur allgemeinen Zufriedenheit. (aus dem 'Kicker' Nr. 9 vom 01.03.1921)

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