Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Bereichsklasse Südwest, Gruppe Mainhessen 1940/41 - 12. Spiel

0:1 (0:0)

Termin: 23.02.1941
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Fritz (Oggersheim)
Tore: 0:1 Abt (70.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Eigenbroth
  • Müller
  • Hohmann
  • Abt
  • Lehr
  • Tschatsch
  • Dill
  • Kaiser
  • Staab I
  • Keck
  • Göhlich

 

Trainer Trainer

 

Des Meisters Wiedergeburt

Mit dem 1:0-Sieg am Riederwald haben es die Kickers geschafft

Der Schlußakt war höchste Fußballdramatik. Es gab ein Spiel mit allem drin, was man sich nur wünschen kann an Spannung, Abwechslung, Ueberraschungen. 5000 Zuschauer starrten gebannt bis zur letzten Minute auf das Rechteck vor den dunklen Bäumen des Riederwaldes, wichen und wankten nicht, obwohl es anderswo sicher angenehmer war als an dieser Stelle zu dieser Zeit. Aber das ließen sich die Leute nicht verdrießen. Für sie gab es nur eins: wer schießt das Tor? Nun, die Frage fand ihre Antwort in der 70. Minute.

Vorher war gerade eine Kickers-Chance zerflattert, als Abt nach Vorarbeit von Tschatsch beinahe auf der Linie des Eintracht-Tores den Ball über den Balken gewürgt hatte, zum fassungslosen Entsetzen aller Offenbacher Anhänger, deren Wehgeschrei gellend in die Februarluft stieg. Aber das Schicksal wollte es, daß gerade diese beiden, die vorher die Wendung in der Hand hatten und dann das Schicksal nicht vollenden konnten, auch die Urheber der nun wirklich werdenden Entscheidung sein sollten: Wiederum war der weit in den Angriff aufgerückte Seitenläufer Tschatsch zum Schuß auf das Eintracht-Tor gekommen, der Ball konnte zwar von Lehmann abgefangen und weggeschlagen werden, doch war Abt aus dem Hinterhalt herangepirscht, kämpfte sich mit der Beute noch ein paar Schritte weiter, und dann zischte wie ein Florettstoß der Ball von seinem Fußgelenk mitten hinein ins feindliche Netz, nicht zu halten von Henig und keinem anderen Torwart der Welt!

Das war der Schlußstrich unter die Meisterschaftsbilanz der Kicker, darüber war man sich bei Freund und Gegner sofort klar. Denn daß dieser Eintrachtsturm von heute, zumal der aus der zweiten Mitte dieses Spiels, nicht mehr das Zeug hatte, noch eine Wendung zu erzwingen, das war jedermann offenbar. Und wie anders hatte die Sache angefangen! Nach 10, 15 Minuten sah es mehr als mies aus um das Werden der 2. Kriegsmeisterschaft der Kickers schon an diesem Sonntag! Drei glatte Chancen für die Eintracht waren bis dahin gekommen und ... freilich auch gegangen. In der 8. Minute hatte Wirsching eine Flanke Schminkes in schon beinahe unvorstellbarer Weise ausgelassen, dann war Schminkes Schuß zu schwach, um den gestürzten Eigenbrodt überwinden zu können, und schließlich donnerte ein Freistoß von Adam Schmidt über den maßlos verdutzten und stocksteif stehengebliebenen Eigenbrodt an die Unterkante der Querlatte und fuhr wieder zurück. Drei klare Chancen also für die Platzherren waren da, ehe der Meister eine gleiche Gelegenheit gehabt hätte. Aber kurioserweise hatten die Kickers in der halben Periode drei Ecken getreten und die Frankfurter keine. Und schon jetzt begann die Wirkung des Eintrachtsturms zu zerbröckeln.

Wirsching war heute ein Totalausfall; zumal sein Mangel an Einsatzbereitschaft in aussichtsreichen Lagen trat kraß in Erscheinung. Adam Schmitt, zuerst fleißig und zügig nach vorn strebend, verlor offensichtlich bald die Lust und ließ, zumal im 2. Akt, die Zügel gehörig schleifen. Vergeblich bemühte sich dazwischen der emsige Heilig, die Verbinderarbeit zusammenzuschweißen. Die Außen Krüger und Schminke waren Ersatz und leisteten auch nicht mehr. Mit einer solchen Angriffsreihe die Kickershintermannschaft Müller — Lehr — Tschatsch schlagen zu wollen, ist ein aussichtsloses Unterfangen. Und dann nahmen die Kickers die Initiative dieses für sie so entscheidungsvollen Kampfes mehr und mehr in die Hand.

Ihre Seitenläufer Abt und Tschatsch demonstrierten die Spielweise der modernen Außenläufer in Reinkultur. Immer wieder rückten sie in den Angriff auf, wirbelten hier mit den Innenstürmern durcheinander und schafften so Schrecken und Verwirrung in der Eintrachtabwehr. Die Leute, die da heute so einfach behaupten, das sogenannte WM-System sei unter allen Umständen gleichbedeutend mit reiner Defensive, lies Mauern, hätten da heute mal Gelegenheit gehabt, etwas zu lernen. Jedenfalls gab die Anwendung dieser Taktik den Kickers das Spiel so vollkommen in die Hand, daß sie schließlich als eindeutige Sieger in die Kabinen gehen konnten. Und das, obwohl die Eintracht alles hergegeben hatte, um den Kickerssieg zu verhindern.

Die ganze rotschwarze Hintermannschaft war in glänzender Verfassung. Moog empfahl sich durch blitzschnellen Start und sauberen, raumschaffenden Spannschlag für neue Aufgaben; Kolb ergänzte ihn trefflich. Henig lieferte eine schlechthin fehlerlose Tormannpartie mit erstaunlichen Paraden; die Läuferreihe insgesamt war in der Zerstörung äußerst wirkungsvoll. Der beste Beweis für diese Behauptungen ist ja der, daß den Kickers trotz eines Eckenverhältnisses von 15:1 (!) zu ihren Gunsten schließlich nur ein einziges Tor gelang. Daß es aber gelang und daß darüber hinaus die Reinhaltung des eigenen Kastens nicht nur schlechthin glückte, sondern daß diese Aufgabe auch in einer imponierenden Art und Weise erledigt wurde, spricht für die Qualität der Gesamtleistung des alten und nunmehr auch neuen Meisters. In seinem Sturm könnte freilich noch manches verbessert werden. Immerhin soll gerade an diesem Tage nicht vergessen werden, daß Novotny fehlte! Mit ihm in der Verbindung wird die Sache anders aussehen.

Staab I zeigte, trotzdem er selbst nicht zum Erfolg kam, einige feine Sachen und gutes Spielverständnis. Für einige seiner Tricks, die er sich in eigenem Interesse lieber abgewöhnen sollte, hatte er in dem ausgezeichneten Schiedsrichter Fritz-Oggersheim gar keinen Liebhaber vor sich. — Als der Unterzeichnete, der auf der Eintrachttribüne zu seiner Ueberraschung und großen Freude den Schützen Hjm. getroffen hatte, mit diesem wenige Minuten vor dem Abpfiff dem Ausgang zustrebte, sahen wir beiden einen alten Offenbacher Zuschauer mit eisgrauem Haar. Strahlenden Gesichts eilte der Mann der Kampfbahn zu. In der Hand trug er einen kleinen Blumenstrauß, den er — weiß der Himmel wo, dahinten am Riederwald zu dieser Jahreszeit — aufgetrieben hatte, um seiner Mannschaft, seinem neuen Meister damit Glück zu wünschen. Der „Kicker" und sein Mitarbeiter dürfen sich ihm bedenkenlos anschließen.      Arbiter. (aus dem 'Kicker' vom 25.02.1941)

 

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