Viktoria Aschaffenburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1953/54 - 1. Spieltag

2:2 (2:2)

Termin: 09.08.1953
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Schmetzer (Mannheim)
Tore: 0:1 Richard Kreß (16.), 0:2 Richard Kreß (33.), 1:2 Schultz (37.), 2:2 Schultz (45.)

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Viktoria Aschaffenburg Eintracht Frankfurt

  • Schepper
  • Bahlke
  • Buller
  • Helbig
  • Liedtke
  • Rarratsch
  • Schiele
  • Schultz
  • Staab
  • Neuschäfer
  • Budion

 


 

Trainer
  • ??
Trainer

Kreß und Schulz - zwei Stürmer von Format

Es hat sich kaum etwas geändert und es hat sich andererseits vieles geändert zwischen Juni und August. Geblieben ist unter anderem die knisternde Rivalität zwischen Aschaffenburg und Frankfurt. Geblieben ist auch die Tendenz zum Derby-Unentschieden und der schwere Kräfteverschleiß, von dem keiner der beiden Gegner verschont bleibt.

Geändert haben sich nur einige Namen, aber auch hier ergaben sich schnell Parallelen. Zwei Neue machten das Angriffsspiel, hüben wie drüben, der Ex-Horaser Kreß und der Ex-Arnsdorfer Schulz. Kreß startete wie die personifizierte Verheißung. Man hat das Gefühl, daß er bereits in der ersten Viertelstunde alle wochenlangen Bemühungen belohnen wollte, die seinem Umzug von Horas nach Frankfurt vorausgingen. Er gewann zunächst bei jedem Antritt gegen seinen Bewacher Liedtke zwei Meter Vorsprung. Kreß ist noch kein vollendeter Mittelstürmer, aber er ist ein Gewinn für die Eintracht, wie man ihn im vergangenen Jahr kaum zu erträumen wagte. Wenn er spurtet, brennt es im gegnerischen Strafraum lichterloh. Was ihm fehlt, ist der letzte Schliff im Luftkampf. Alle Bälle, die höher als 1,70 Meter kamen, gingen an die Adresse von Liedtke, der auf diese Weise manchen Fehler wieder gutmachte.

Auf der gegenüberliegenden Seite vertrat Schulz einen ähnlichen Stürmertypus. Schulz führt das Leder vielleicht noch etwas gewandter als Kreß, der dafür den schnelleren Sprint besitzt. Aber immerhin genügte die Schnelligkeit des neuen Aschaffenburger Halbrechten, um Heilig vor eine unlösbare Abwehraufgabe zu stellen. Der gute Werner gewann wohl auch diesmal wieder manchen schweren Zweikampf, aber oft kam es gar nicht dazu, oft hatte er die Bindung mit seinem Gegner vorzeitig verloren. Die weitgehende Aehnlichkeit der Angriffsspitzen vervollständigte sich dadurch, daß Kreß und Schulz sämtliche Tore schossen.

Die beiden ersten schoß der Frankfurter; das allererste, als die Eintracht weitgehend noch allein spielte. Die Riederwälder entstiegen der Sommerpause wie einem Jungbrunnen. In der ersten Viertelstunde schien alles neu und erfrischt, alle Kanten und Ecken des Angriffsspiels abgerundet und poliert. Kreß brach nach links und rechts aus, und wenn er nach links ausbrach, wurde ihm in Geier ein aufopfernder Helfer gegen den ein Verteidiger von dem Format Bahlkes lange Zeit auf verlorenem Posten stand. Die Schwächen des rechten Flügels der Riederwälder, auf dem Weilbächer schuftete wie ein Kohlentrimmer und doch in diesem Spiel nur Halbheiten zuwegebrachte, und wo Dziwoki zu lange brauchte, um seine innersten Reserven flott zu machen, diese Schwächen des rechten Flügels kamen erst nach und nach zum Vorschein, als das Führungstor der Eintracht bereits unter Dach und Fach war.

Es fiel in der 15. Minute, durch Geier mit einer Flanke vorbereitet, von Weilbächer mit einem hohen Spreitzschritt, mit dem er das Leder herunterholte, weiterbearbeitet und von dem entschlossen zustoßenden Kreß vollendet. Die Neuen im Sturm hatten damit Stempel und Unterschrift unter Berufung gesetzt. Eine gute Viertelstunde später brach Kreß mit einer flachen Steilvorlage von Remlein, die Liedtke verfehlte, in den leeren Strafraum ein, täuschte den herauslaufenden Schepper und paßte mit der Gewissenhaftigkeit eines englischen Profis ins leere Tor. 2:0! Aschaffenburg schien geschlagen.

Um diese Zeit jedoch hatten die Gegenmaßnahmen der Viktoria bereits begonnen. Rarratsch, der zurückgekehrte verlorene Sohn, Schulz und Budion stärkten ihre Position im Mittelfeld von Minute zu Minute, und deckten von Minute zu Minute mehr auf, daß die Blockbildung in der berühmten Eintrachtabwehr sich noch im Gange befindet. Sogar die Kristallisationspunkte Wloka und Henig litten noch unverkennbar unter den Schwierigkeiten des Wiederantritts. Erst nach und nach, aber noch vor dem entscheidenden Aufbruch Aschaffenburgs eine Viertelstunde vor Schluß, gewannen Henig und Wloka ihre alte Meisterschaft zurück.

Bezeichnend verlief die Szene vor dem ersten Gegentor von Schulz in der 37. Minute. Sekundenlang verharrte der Aschaffenburger Torschütze an der Ecke des Torraumes, ehe er das Leder knapp an der gegenüberliegenden Torlatte vorbei ins Tor dirigierte. Vier Eintracht-Abwehrspieler einschließlich Henig guckten sich die Sache in aller Gemütsruhe an, und niemand rührte sich. Jetzt, wo bei der Eintracht alles auf die Abwehr ankam, geriet auch Remlein leicht ins Schwimmen, der bei den Offensivaktionen allerdings Gelegenheit genug fand, um sich auszuzeichnen. Vorläufig aber war Aschaffenburg offensiv und mit ihm der Ex-Fürther Helbig, der sich in dieser Phase offensichtlich am wohlsten fühlte. Ein Schrägschuß von Schulz in der letzten Minute vor dem Wechsel stellte endgültig das verdiente Gleichgewicht her.

Was später kam, war ungefähr die Wiederholung des ganzen in leicht verwässerter Form. Aschaffenburgs Gewaltakt 25 Minuten vor Schluß scheiterte an Henig und Wloka, die sich im richtigen Augenblick gefangen hatten. Und als Dziwoki sich endlich in alter Art durch das Gestrüpp seiner Gegner ackerte, fand er bei den anderen Stürmern nicht mehr die nötige Unterstützung. Die Sonne und das Tempo hatten sie zermürbt. Das 2:2 stimmte bis auf die Lattenschüsse. (aus 'Der neue Sport' vom 10.08.1953)

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