Eintracht Frankfurt - Stuttgarter Kickers

Oberliga Süd 1953/54 - 4. Spieltag

7:0 (3:0)

Termin: 05.09.1953
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Ruhmann (Regensburg)
Tore: 1:0 Alfred Pfaff (22.), 2:0 Alfred Pfaff (35.), 3:0 Erich Dziwoki (42.), 4:0 Erich Dziwoki (48.), 5:0 Erich Geier (59.), 5:0 Hans Weilbächer (73.), 7:0 Alfred Pfaff (78.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Stuttgarter Kickers

 


  • Bechthold
  • Eberle
  • Vogler
  • S. Kronenbitter
  • Fauser
  • H.Maier I
  • Lampert
  • Wünsch
  • Ritter
  • Rühle
  • Scholz

 

Trainer Trainer
  • Eduard Havlicek

So gut war die Eintracht lange nicht mehr

Ballzauber am Riederwald

Die 12000 Zuschauer fühlten sich in der zweiten Hälfte wie in einen Zirkus versetzt, in dem ein halbes Dutzend Zauberkünstler ihre in die Manege gerufenen Gäste mit Tricks am laufenden Band düpieren.

Die Stuttgarter wußten am Schluß der brillanten Eintracht-Vorstellung nicht mehr wo vorne und wo hinten ist, und der etwas drastische Vergleich mag einmal die blendende Verfassung der Platzherrenelf, aber auch den ganzen Jammer des Stuttgarter Bemühens offenbaren.

Es war, daran gibt es keinen Zweifel, ein merkwürdiges Spiel, das alle Höhen und Tiefen des Fußballs durchlief. Der Start der Einheimischen schien eine schnelle Entscheidung in Aussicht zu stellen, aber als das anfängliche Furioso ebensowenig Früchte brachte wie die anschließenden rasanten Platzwechsel der Kickers im Sturm (die die Eintracht-Deckung verwirrten, aber nicht aus den Latschen kippten), wurde beiderseits das Feuer ein wenig eingedämmt. Wie sich später zeigte, lag das bei der Eintracht daran, daß ihre Stürmer ein wenig zu unabhängig voneinander spielten und sich Kreß sowohl wie Weilbächer erst das Rezept gegen ihre unerbittlichen Bewacher suchen mußten. Bei den Kickers lag es an nichts anderem als an der mangelnden Kondition. Die fehlte ganz besonders dem Stuttgarter Hüter Bechtold, der bei den Treffern eins bis drei eine geradezu belämmerte Figur abgab. Sie fehlte aber auch den Mannen im Angriff, von denen man lediglich dem unerbittlichen Lampert und bedingt auch Scholz eine annehmbare Zensur zubilligen konnte.

Was sich gegen Ende der ersten Hälfte auf diese Art sacht angezeigt hatte, brach nach dem Seitenwechsel wie ein heiliges Donnerwetter auf die zeitweilig nett, aber zu Abc-schützenhaft und durchsichtig kombinierenden Kickers herein. Das Spiel wurde ein Katz- und Mausjagen eines wahren Meisters mit einem bemitleidenswerten kleinen Lehrling, der dabei vollkommen „neben die Kapp'" geriet. Die Adlerträger spielten nach Herzenslust auf, ließen ihre Kombinationen bei der im ersten Abschnitt nicht immer sicher operierenden Verteidigern Bechtold (wo kamen die vielen Rundflugbälle her?) und Kudraß (der Zug nach vorn geht auf Kosten der Deckung!) beginnen und setzten dann das Ganze in unnachahmlicher Art über Läuferreihe und Sturm fort. War ein Angriff von den Stuttgartern gestört, kam der Ball bumerangartig wieder zurück. Stundenlang hätte man dieser blendenden Fußballdemonstration, die an die ganz großen Zeiten der Riederwälder erinnerte, zusehen können. Vor allen Dingen begeisterte dabei, daß sich jeder der Eintrachtmannschaft nicht als überdurchschnittlicher Einzelspieler vorstellte, sondern daß auch das Mannschaftsspiel mehr und mehr klappte.

Eine Kritik an der Läuferreihe kann man im landläufigen Sinne des Worts nicht anlegen. Remlein fügte sich vortrefflich in die Abwehrphalanx ein, spielte mit Kopf und Herz und bemühte sich mit großem Erfolg um einen sinnvollen Spielaufbau. Wloka zeigte sich auch in dieser Begegnung wieder als der Eiserne, an dem jede Angriffswoge abprallen muß und bei dem es kein Pardon gegen die eigene Person gibt. Der unermüdliche Heilig stand seinen Nebenleuten in nichts nach. Im Eintrachtsturm wehte von dem Augenblick an der richtige Wind, als Weilbächer, der übrigens in jeder Beziehung eine Glanzpartie hinlegte, den als Flügelstürmer zunächst unbeholfen wirkenden Dziwoki immer wieder von seinem Platz verdrängte und in die Halbstürmerposition verpflanzte. Vielleicht wäre dieser Wechsel nicht einmal der schlechteste überhaupt. Kreß kam verständlicherweise mit dem Erstarken des Flügels immer besser ins Spiel und schaltete schließlich nach Belieben. Pech für ihn war, daß Fauser ihn um einen Kopf überragte und ihm deshalb fast alle hohen Bälle vor der Nase wegfing. Pfaff war an diesem Tag das Trumpf-As des Spiels und die helle Verzweiflung der Stuttgarter. Wenn er so tat, als spiele er nach rechts, landete der Ball bestimmt am linken Flügel, oder aber er machte einen kleinen Sprung nach rückwärts. Großartig auch, wie er seine Mitspieler einsetzte, wie der Ball auf den Zentimeter genau (manchmal klappte es natürlich auch einmal nicht) dahin kam, wo er hinkommen sollte.

In der ersten Hälfte verlief das Spiel ziemlich ausgeglichen mit kleinen spielerischen Vorteilen für die Platzherren, die nach einem. Lattenschuß des Stuttgarters Lampert in der 23. Minute zum Führungstreffer kamen. Weilbächer hatte Pfaff ins Spiel gebracht, der gab den Ball an den nach außen laufenden Kreß, eine kurze Drehung des Eintrachtmittelstürmers schüttelte seinen Verfolger Vogler ab und die Flanke rammte der auf das Tor laufende Pfaff vor dem Zugriff des Stuttgarter Hüters über die Linie. Ein Foul von Eberle an Geier leitete das 2:0 ein, als sich Pfaff den Freistoß in 25 m Entfernung zurechtsetzte und wuchtig aufs Tor knallte, wo Bechtold die lange Ecke ungedeckt gelassen hatte und so mit seiner Faustabwehr zu kurz kam. Das 3:0, durch Dziwoki im Drehen erzielt (Remlein hatte den dreimal abgewehrten Ball erneut in den Strafraum gegeben) war ebenso haltbar wie die beiden Treffer vorher.

Nach der Pause spielte, wie gesagt, nur noch die Eintracht. Die 49. Minute brachte nach einem munteren Hin-und-Her-Spiel zwischen Weilbächer und Pfaff eine Flanke von Weilbächer, die Dziwoki zum 4:0 verwandelte und 16 Minuten später zeichnete sich Geier in die Torschützenliste ein, nachdem Bechtold abgewehrt und Kreß diesen Ball nach Zusammenspiel mit Weilbächer uneigennützig an den Linksaußen dirigiert hatte. Das 6:0 kam auf das Konto Weilbächer, der Bechtold damit täuschte, als wolle er zu dem mitlaufenden Kreß abspielen und dann doch einen Fernschuß riskierte, der sich über dem Kickers-Hüter ins Netz senkte. Ein Pfaff-Tor brachte den Abschluß des Treffersegens, als Weilbächer in der 79. Minute Kreß geschickt ins Spiel gebracht und dieser eine mustergültige Flanke Pfaff auf den Kopf gelegt hatte. Der krönende Abschluß war dann ein von der Latte zurückprallender Kopfball Weilbächers. (aus 'Der neue Sport' vom 07.09.1953)

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