Eintracht Frankfurt - SpVgg Fürth

Oberliga Süd 1953/54 - 11. Spieltag

2:1 (0:0)

Termin: 01.11.1953
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Schmelzer (Mannheim)
Tore: 1:0 Erich Dziwoki (54.), 2:0 Richard Kreß (73.), 2:1 Appis (81.)

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Eintracht Frankfurt SpVgg Fürth

 


  • Geißler
  • Koch
  • Erhardt
  • Mai
  • Vorläufer
  • Gottininger
  • Hoffmann
  • Bauer
  • Appis
  • Frosch
  • Brenzke

 

Trainer Trainer
  • ??

Kampf voller Dramatik und Rasse - Krachende Latten- und Pfostenschüsse

Eintracht Spitzenreiter

Nur zwölf Zentimeter sind die Torpfosten breit. Am Riederwald schienen sie aus meterbreiten Eichenstämmen zu bestehen. Für die Eintrachtstürmer jedenfalls. Nicht weniger als sechsmal visierten sie das Holzgehäuse der „Kleeblätter" an, zweimal krachte das Leder gegen die Latte und viermal an den Pfosten, und so kam es, daß der Sieg der Eintracht weit knapper ausfiel, als er nach den Chancen hätte ausfallen müssen.

Es war ein rassiger, hochdramatischer Kämpf, der mit mancherlei Paradoxona gespickt war. Die Fürther spielten einen einfach bezaubernden Kombinationsfußball, wie ihn einst ein Loni Seiderer und ein Kesi Franz in Reinkultur vorführten. Aber die weit dickeren Brocken hatte der baumlange Geißler im Gästetor zu entschärfen. So oft der Eintrachtsturm über die brillanten Fürther Außenläufer Gottinger und May hinwegkam, brannte es lichterloh im Strafraum der Ronhöfer, Dziwoki, Ebeling, Weilbächer, Kreß und Pfaff feuerten Granaten aller Kaliber ab und die großartig funktionierende Fürther Verteidigung erlitt mehr Niederschläge als die Schwedenboxer in Kassel.

Die Eintrachtabwehr war lange nicht so hieb- und stichfest, Kudraß und auch Bechtold wurden öfters überlistet und ausmanövriert, als gedacht — aber die Fürther kamen einfach nicht zum Schuß. Sie waren selbst mit daran schuld, weil sie immer noch einmal abgaben, weil sie das Leder immer noch einmal zurück zum Läufer spielten, weil sie eng wie in einer Sardinenbüchse kombinierten und weil einer dem anderen die Verantwortung aufbürden wollte. Aber komischerweise waren auch die Deckungslücken der Eintracht immer wieder rechtzeitig zugestopft, durch die die Fürther hätten schlüpfen können — Heilig und Remlein schütteten jeweils just zum rechten Augenblick eine Fuhre Beton in die Risse der Abwehrmauer und wenn auch „Heldenvater" Wloka mit seinem Latein am Ende war, sprangen Pfaff oder der unermüdliche Weilbächer ein und schirmten Henig ab. Fürth hatte es so auch nur einem — dem einzigen Fehler des Frankfurter Schlußmannes — zu verdanken, daß es überhaupt ein Tor zuwege brachte. Henigs Faustabwehr bei einer Flanke Brenzkes vom rechten Flügel aus geriet zu kurz, der Ball kam dem kraftvollen Appis justament auf die Schippe und gegen die halbhohe Bombe half kein Sperrgürtel mehr.

Dziwoki groß in Fahrt

Im Eintracht-Quintett flossen die Aktionen nur selten zu einem breiten Strom zusammen — zumeist gab es schon beim dritten Paß einen Fehlpaß. Aber in der Gefährlichkeit, in der Schußpotenz, in der Rasanz und in der Geradlinigkeit stachen die Eintrachtstürmer ihre Fürther Kollegen um etliche Meilen aus. Kreß schien sich mit der Glücksgöttin verkracht zu haben, er schmetterte einmal ein unheimliches Ding an die Latte, nachdem er seinem famosen Beschatter Vorläufer regelrecht davongelaufen war und in der letzten Minute rannte er wieder wie ein Windhund übers halbe Feld — aber sein Schuß war zu gut placiert, er flitzte um Zentimeter an dem von Geißler verlassenen Tor vorbei. Sein blitzschneller Antritt, sein Ausbrechen nach den Flügeln und seine Wucht dürften indessen auch diesmal Sepp Herberger überzeugt haben.

Weilbächer war agiler, aktiver und energischer als der zuweilen etwas lasch wirkende Pfaff, Ebeling versiebte einige tolle Chancen, und hatte das Pech, den schönsten Schuß des Tages ebenfalls gegen die Latte knallen zu sehen und Erich Dziwoki kam erst nach der Pause mächtig in Fahrt. Zuvor hatte er einmal etwas zuviel gefummelt und damit war gegen den erbarmungslos deckenden, klugen Ehrhardt nichts auszurichten. Aber als er sein Tor geschossen und die Eintracht in Front gebracht hatte war Dziwoki alle Hemmungen los, er ritt eine Attacke nach der anderen und machte dann auch den zweiten Eintracht-Treffer, als er den mitgelaufenen Kreß so uneigennützig bediente, daß dieser nur noch einzuschieben brauchte. Was Kreß auch seelenruhig erledigte.

Wloka — hart wie Granit

Remlein und Heilig blieben im Schatten der Mai und Gottinger, die sich als eine Neuausgabe des Dioskurenpaares Kupfer-Kitzinger vorstellten. Aber die beiden bauten tüchtig mit am Eintracht-Sieg, ihr Spiel war unauffälliger, nicht so glitzernd und nicht so faszinierend wie das der beiden Fürther Internationalen, aber sie arbeiteten mit „Köpfchen" und viel Umsicht und drehten lustig mit an der Angriffskurbel, wenn die Eintracht die Rolle des Angreifers übernahm. Wloka fing mit einem verbotenen Rundschlag an, aber dann war an ihm nicht mehr vorbeizukommen, er pflügte den Strafraum um wie ein belgischer Ackergaul, stand stets am rechten Fleck und ließ sich auch durch die verwirrendste Dreieck-Kombination der Fürther Balljongleure nicht verwirren. Ihm gebührt mal wieder das Prädikat „Klasse für sich" — so harte Knochen wie er hat kaum noch ein zweiter Stopper. Sie müssen aus Granit sein.

Die Fürther waren die homogenste, ausgeglichenste und ideenreichste Elf, die sich bisher in Frankfurt gezeigt hat, sie kämpften mit Löwenmut und verbissener Energie — und entpuppten sich lange auch als gewiegte Taktiker. Sie zogen sofort den langen Frosch mit in die Deckung zurück, um den Spielmacher der Eintracht, um Pfaff neutralisieren zu können und das gelang ihnen bis zur Pause sozusagen hundertprozentig. Die Umstellung nach dem Eintracht-Führungstor — Ehrhardt wurde linker Läufer, Frosch ging in die Verteidigung, Brenzke rückte an den rechten Flügel und Gottinger versuchte sich als Linksaußen — schien uns indessen ein Fehlgriff zu sein, das Fürther Angriffsspiel wurde nicht zwingender und durchschlagskräftiger, die Abwehr aber verlor viel an ihrer Stabilität und Geschlossenheit und es war kein Zufall, daß sich dem Eintracht-Sturm erst jetzt die sichersten und besten Gelegenheiten eröffneten.

Schmetzer-Mannheim ließ die Vorteilsregel überhaupt nicht gelten, er brachte dadurch die Eintracht um einen Treffer und die Fürther um eine aussichtsreiche Chance. Sonst hatte er leichtes Spiel, denn bei aller kämpferischer Wucht, die den Kampf charakterisierte, blieb man hübsch artig — und reichte sich freundlich wieder die Hand, wenn man einmal ungewollt etwas hart aneinander geraten war. (aus 'Der neue Sport' vom 01.11.1953)

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