Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Oberliga Süd 1953/54 - 29. Spieltag

2:2 (1:1)

Termin: 20.03.1954
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Freimuth (Mainz)
Tore: 1:0 Baumann (9., Eigentor), 1:1 Winterstein (43.), 1:2 Herbolsheimer (69.), 2:2 Hans Wloka (85.)

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Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg

 


  • Schaffer
  • Mirsberger
  • Ucko
  • Bergner
  • Baumann
  • Zeitler
  • Bundschuh
  • Morlock
  • Schade
  • Herbolsheimer
  • Winterstein

 

Trainer Trainer
  • ??

Eintrachts falscher Fahrplan

Halbmast am Riederwald

Es ist zwar einfach, nach einem halbverlorenen Kampf — als solcher ist nach Lage der Dinge das 2:2 für die Eintracht doch wohl anzusehen — große „Leichenreden" zu halten; aber es will uns doch scheinen, als ob die Adlerträger in dieser wichtigen Auseinandersetzung hauptsächlich durch einen falschen taktischen Fahrplan den Anschluß verpaßt hätten.

Gewiß war die Ouvertüre des Ganzen für sie verlockend schön, als sich herausstellte, daß weder Miersberger noch Zeitler, Ucko und Baumann genügend schnell in ihre Rollen hineinwuchsen und die Nürnberger unter den gütigen Augen des Schiedsrichters den flott vorgetragenen Angriffen der Platzherren nur durch reichlich unsauberes Spiel eine Bremse anzulegen wußten. Das sei zugegeben und es muß auch als richtig erachtet werden, daß versucht wurde, diese anfänglichen Schwächen der Clubdeckung durch eifriges Nachsetzen und Nachdrängen auszunützen; unverständlich indessen bleibt, daß man die „einsamen Drei", die den Clubsturm repräsentierten und zumachst nur wenig in Erscheinung traten, mindestens in einer Position stets ungedeckt ließ. Dieses Sturmtorso zeigte in der ersten, von den Frankfurtern groß geführten Halbzeit, einige Proben eines produktiven Stürmerspiels, ließ auch nette Kombinatiönchen aufblitzen und exerzierte im übrigen der das Abspiel bis zur äußersten Grenze hinauszögernden Platzherren-Fünferreihe vor, wie man durch direktes Abspiel einmal Kräfte sparen und dabei eine Deckung jagen kann.

Während sich die Frankfurter in der Hatz um ein vielleicht entscheidendes zweites Tor fast „den Krotzen aus dem Hals liefen", spielten die Nürnberger plötzlich mit einer direkt übertreffenden Nonchalance, erlaubten sich Rückgaben, daß einem die Haare zu Berge standen und organisierten in Ruhe ihre Deckung (die dann messerscharf markierte). Sie bewahrten sich so die Kräfte für die Dinge, die später kommen sollten.

Baumanns Selbsttor

Das 1:1, mit dem man in die Halbzeit ging, darf nach den klaren Feldvorteilen der Eintracht als für den Club recht schmeichelhaft bezeichnet werden, aber andererseits ist auch zu berücksichtigen, daß die Nürnberger beide Tore schossen. Das Führungstor der Eintracht in der zehnten Minute war dabei ein Ding für sich. Kreß hatte sich angelegentlich für eine Rückgabe Uckos an Schaffer interessiert, ohne aber dagegen einschreiten zu können. Gemächlich machte er sich „nach erfüllter Mission" wieder auf den Rückweg aus der Abseitszone, als ihn unerwartet ein Paß Wlokas erreichte. Seine für die linke Seite gedachte Vorlage wurde von Baumann abgefangen und kurzerhand ins eigene Tor geschlagen. Vergeblich bestürmten die Gäste den Schiedsrichter, den Treffer wegen vor ausgegangenen Abseits von Kreß wieder zurückzunehmen, aber es blieb bei der Torentscheidung.

Der Ausgleich zwei Minuten vor dem Pausenpfiff war vollkommen unnötig, aber wie eine Mahnung und eine Quittung für die vernachlässigte Markierung der Nürnberger Spieler. Zeitler hatte einen Ball zu Winterstein gepaßt, der setzte den nach einer Verletzung auf Rechtsaußen gegangenen Schade ein, mit dessen Vorgehen die Eintrachtabwehr zurückwich und zwar solange, bis Winterstein in Schußposition stand und dann die Vorlage Schades auch prompt unterbrachte.

Die erwartete Großoffensive der Eintracht nach dem Wechsel blieb zunächst einmal aus und damit war dem Club der größte Gefallen überhaupt getan. Blitzschnell wechselten seine Stürmer begeisternd gekonnt die Plätze, blitzschnell starteten sie ihre Angriffe und behämmerten das Tor des ein wenig nervös werdenden, aber groß haltenden Henig. Die Eintrachtverteidigung, in der Kudraß großartig zur Geltung kam und Bechtold sich vorzüglich hielt, geriet ein wenig unter Druck, aber die offensiv operierenden Außenläufer, von denen man Remlein wieder als den Mann des Platzes bezeichnen darf, versuchten den eigenen Sturm weiter bei Laune zu halten. Die Situationen wechselten wie in einem spannenden Cowboyfilm, aber immer wieder fuhr sich der einheimische Sturm durch zu langes Ballhalten, einer zu großen Umständlichkeit, aber auch einer spürbaren Ermüdung in der stark werdenden Clubdeckung fest. Wie gefährlich war dagegen der gegnerische Sturm, in dem es wirklich keinen Ausfall gab und der nur einer famos in Schwung befindlichen Abwehr ihren Tribut zahlen mußte, in der Wloka wieder mit eisernem Besen fegte.

Warum nicht Gonschorek?

Indessen machte aber der Eintrachtangriff Sorgen und der eigenen Deckung dadurch Mehrarbeit. Kreß war bei Baumann abgemeldet, Reichert scheiterte an dem hervorragenden Bergner und Ebelings Form reichte gegen Miersberger schon gar nicht aus. Weilbächer gefiel sich in nutzlosen Dribbeleien, während Dziwoki wenigstens ein wenig für Belebung sorgte. Hätte es mit Pfaff und Gonschorek besser geklappt? Das war die Frage, die sich bei dieser Vorstellung immer wieder aufdrängte und die niemand beantworten kann. Als sich in der 69. Minute der Morlock, der sich vorbildlich freizustellen wußte, gegen Bechtold unfair durchgesetzt hatte, donnerte Herboldsheimer seinen Paß zum 1:2 ein. Nach der 75. Minute ging Wloka mit nach vorn, Ebeling zurück, und 10 Minuten später hieß es wirklich 2:2, mit dem nur noch wenige gerechnet hatten. Reichert hatte Kreß eingesetzt, der zurückgepaßt und das erneute Zuspiel leitete Kreß an Wloka weiter, der einschoß. Fast wäre in den dramatischen Schlußminuten Wloka noch der Siegestreffer geglückt, vor dem auch die Nürnberger durch Morlock standen, aber es blieb schließlich beim gerechten 2:2. (aus 'Der neue Sport' vom 22.03.1954)

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