VfR Mannheim - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1954/55 - 3. Spieltag

3:3 (1:0)

Termin: 05.09.1954
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Winkler (Nürnberg)
Tore: 1:0 de la Vigne (1.), 1:1 Hermann Höfer (51.), 1:2 Richard Kreß (57.), 2:2 Heitmann (70.), 2:3 Alfred Pfaff (75.), 3:3 Meyer (87.)

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VfR Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Jöckel
  • Heitmann
  • Heckmann
  • Kunzmann
  • Keuerleber
  • Haberkorn
  • Siegel
  • de laVigne
  • O.Meyer
  • Laumann
  • Schönig

 


 

Trainer
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Trainer

Eintracht rehabilitierte sich beim VfR

Der zweite Punkt lag so nahe

Nur die unerschütterlichsten Eintracht-Anhänger waren nach Mannheim gefahren. Sie wurden für ihre Treue belohnt mit einer Art Auferstehung, ja, die alte Eintracht lebt noch. Man war bereit, ihr beinahe alles zu verzeihen, bis auf die dreißig Pfennig Aufschlag auf den Eintrittspreis für den Riederwald (der VfR Mannheim begnügt sich mit 1.10 Mark für den Stehplatz). Wie Eisbrecher rissen die Kreß und Weilbächer das verharschte Terrain der VfR-Abwehr auf, wie ein Delphin kurvte Pfaff zwischen den verstreut herumliegenden übriggebliebenen Hindernissen hindurch, wie ein Traktor drückte Heilig von hinten nach und wie ein Bagger brachte Bäumler seine Bälle nach vorne.

Die Getreuen klatschten sich vor Wonne auf die Schenkel, und doch ging ihr Nervenkostüm an den Brauereien restlos in Fetzen. Schuld daran war die Abwehr. Die Abwehr hat in Mannheim den zweiten Punkt verloren. Nicht daß sie schlecht war. Im Gegenteil. Wloka wie immer in ganz großer Form, aber sie war nicht hermetisch dicht. Sie war anfällig gegen Ueberrumpelungsversuche (klassisches Beispiel die l:0-Führung Mannheims in der 50. Sekunde). Es lag nicht ausschließlich daran, daß der knieverletzte Loy, dessen abschließendes Training nicht ganz nach Wunsch verlief, doch noch fehlte. Sein Vertreter Rothuber war ein kühner, ja ein tollkühner Tormann; ohne Rücksicht auf Leib und Leben stürzte er sich in die heikelsten Situationen.

Das dritte Tor der Mannheimer in der 87. Minute war ein eklatanter Fall von Ueberrumpelung. Der kurz entschlossene Ueberraschungsschuß Meiers befand sich etliche Zehntelsekunden unterwegs, ehe Rothuber zum Sprung ansetzte. Aber dieser Schuß wäre nie abgefeuert worden, wenn bei Kudras nicht gerade die letzte einer bei ihm ungewohnten Serie von Unkonzentriertheiten unterlaufen wäre.

Heilig spielte in Mannheim, wie wir ihn blendender, draufgängerischer, gewitzter und unternehmungslustiger nie sahen, der aber ein Tausendfüßler hätte sein müssen, um neben dem Offensivpensum, daß er sich aufgeladen hatte, auch noch sämtliche Deckungsaufgaben voll zu erfüllen. So fand sein unmittelbarer Gegner, de la Vigne, oft den freien Raum vor, den er für seine langen Beine gerade brauchte. Der Mannheimer schoß — völlig ungedeckt — auch den ersten Treffer.

Aber mit Heilig fängt zugleich auch der Lobgesang an, um den man nach dieser Leistung der Riederwälder nicht herumkommt. Es war imponierend, wie sie den Schock des frühen gegnerischen Führungstors aus den Füßen schüttelten. Werner Heilig gab das Signal. Er griff schließlich immer wieder selbst an und überstrahlte in dieser Phase sogar Remlein, dem in Mannheim die weniger auffallenden Arbeiten zufielen.

Dieses Beispiel eines großen Verfolgungskampfes färbte sofort auf Weilbächer ab, der in Mannheim seine Außenstürmerprüfung mit Auszeichnung bestand. Weilbächer war ein kraftstrotzender, stacheliger, gradliniger Rechtsaußen, der an seinem Gegenüber Heckmann immer wieder trotz heftigster Kollisionen vorbeistieß. Dieses Beispiel wiederum setzte Pfaff in Trab. Alfred leistete Erstaunliches. Nicht nur an technischen Fertigkeiten, sondern auch an Ausdauer, Spurts und eleganten Duellen mit dem Gegner.

Dazu kam der rackernde Kreß, den auch Keuerleber nicht zu verhaften vermochte, und mit diesen dreien konnte einfach nichts mehr schief gehen. Trotzdem vergingen 51 Minuten, ehe das erste Tor für die Eintracht fiel. Das erste anerkannte Tor. Bei einem Schuß Weilbächers kurz vor der Pause, den Haberkorn hinter der Linie aus dem Mannheimer Kasten herausschlug, fehlte Winkler (Nürnberg) offenbar eine Brille.

Wie dem auch sei, nach dem 1:1 warfen größten Teil die Riederwälder ihre letzten Hemmungen ab. Wenn sie in der ersten Hälfte des Spieles ihre Ueberlegenheit zum größten Teil erkämpft hatten, jetzt schnürten sie den Gegner anscheinend im Spielen ein.

Der VfR läßt nicht mehr mit sich spassen. Unter der Führung des erfahrenen de la Vigne verzichten die jungen Stürmer, von denen sich vor allem Meyer, Siegel und Schönig auszeichneten, auf jegliche Art von verführerischem Schönfußball. Ihr Ziel: Wenns klappt, klappts. Es klappte in Mannheim dreimal. Um das Führungstor bemühte sich de la Vigne persönlich, als er einen von Bechtold gerade noch auf der Linie weggeschlagenen Ball aus 25 Metern zu einem fein abgezirkelten Nachschuß verwertete. Den Treffer zum 2:2 markierte der plötzlich in den Angriff gewechselte Verteidiger Heitmann. Und das 3:3 gelang dem stämmigen Mittelstürmer Meyer, eines Kreß-Typs, der sich bei einem verunglückten Zuspiel von Kudras herumdrehte und das herrenlose Leder einfach in Richtung Tor bollerte.

Die Eintracht hatte es viel schwerer, auf ihr Soll zu kommen. Vor dem Kopfballtreffer Höfers zum 1:1 lief das Leder über zwei Stationen an (Weilbächer-Kreß). Vor dem 2:1 durch Kreß mußte Weilbächer einen Energiesprint großen Formats hinlegen und vor dem 3:3, durch Pfaff, der bei einem indirekten Freistoß den von Kreß hingeschobenen Ball durch einen Wald von Beinen ins Netz stopfte, ließ die Eintracht eine der schillerndsten Kombinationen des ganzen Spieles aufblitzen. Sie hat den greifbar nahe scheinenden Sieg zwar nicht erreicht; aber sie hat sich nach der Enttäuschung vor acht Tagen in großer Manier rehabilitiert. (aus 'Der neue Sport' vom 06.09.1954)

 

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