Eintracht Frankfurt - VfR Mannheim

Oberliga Süd 1954/55 - 18. Spieltag

7:1 (4:0)

Termin: 23.01.1955
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Klein (Hof)
Tore: 1:0 Erich Bäumler (15.), 2:0 Hans Weilbächer (20.), 3:0 Hans Weilbächer (30.), 4:0 Hans Weilbächer (38.), 5:0 Hermann Höfer (58.), 6:0 Hans Weilbächer (71.), Erich Bäumler (75.), 7:1 Stiefvater (85.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfR Mannheim

 


  • Samstag
  • Stiefvater
  • Heitmann
  • Haberkorn
  • Keuerleber
  • Heckmann
  • Siegel
  • O.Meyer
  • Langlotz
  • de la Vigne
  • Schönig

 

Trainer Trainer
  • ??

Bilderbuchtore am Riederwald

Schützenkönig Weilbächer

Die Presse muß sachlich bleiben und sich jeglicher Anerkennungs- oder Mißfallensäußerung enthalten. Doch diesmal hörte man auch bei ihr anerkennendes Gemurmel. Man möge dies verzeihen. Die Tore, die man zu sehen bekam, waren zum Teil so schön, daß der Chronist gerne auf eine javanische Reistafel zeitlebens verzichten möchte, wenn er immer solche Tore zu sehen bekommt.

Da waren Weilbächers zwei Kopfballtore! Jedesmal ging die gleiche Szene voraus. Der Ball wurde von Pfaff (als Eckball oder Flanke) raffiniert genau vor die Mannheimer Latte gehoben. Beide Male verfehlte Samstags Faust den Ball und beide Male schnellte Weilbächer hoch und nickte den Ball ins Tornetz. Solche Szene sieht man ansonsten nur in England und Südamerika. Durch Weilbächers enorme Sprungkraft und ausgezeichnete Kopfballtechnik sind sie jetzt auch am Riederwald gang und gäbe geworden. Das dritte Klassetor erzielte Bäumler. Er hatte mit einem Absatztrick Keuerleber düpiert, dribbelte an der Torlinie entlang, wo ihn Keuerleber noch einmal stellte. Vergebens stellte, denn mit einem leichten Schnick tupfte Bäumler den Ball zwischen Keuerleber und Samstag hindurch ins Tor.

Die anderen Treffer waren nicht weniger schön, doch diesen drei Toren sei die Krone der Anerkennung gewährt. Bäumler hatte den Torsegen auch eingeleitet, als er den Ball an den Pfosten pfefferte, von wo er in die andere Torecke sprang. Weilbächer schoß den zweiten Treffer, obwohl von Haberkorn hart bedrängt, Höfer gelang gleichfalls ein weiteres Kopfballtor, als die Mannheimer Weilbächer genau abgeschirmt hatten und Bäumler einen Freistoß stark vor das Mannheimer Tor hob, und schließlich donnerte Weilbächer noch einmal den Ball mit Vehemenz unter die Mannheimer Latte. Stiefvaters Gegentreffer, in der vorletzten Minute erzielt, wirkte neben diesem siebenfachen Torsegen wie ein milder Hustenbonbon.

Pfaff in bester Laune

Wie war es möglich, daß die Eintracht den VfR so ausspielte? Einen VfR, der immerhin acht Tage zuvor Regensburg 8:0 besiegt hatte. Es war möglich, weil sich die Eintracht in eine Form hineinspielte, wie wir sie schon lange nicht mehr bei ihr gesehen haben. Das Geheimnis dieser Steigerung aber ist rasch gelöst: Es liegt begründet in einer Umstellung in der Deckung und in Alfred Pfaff. Man hatte auf Werner Heilig verzichtet, dem der schwere Boden einfach nicht liegt. Für ihn spielte Kudras Läufer und dieser Kudras schaffte neunzig Minuten lang die Bälle großartig aus der eigenen Hälfte nach vorne. Daß er dazu den sechsfachen Torschützen (gegen Regensburg) Meyer zu beschatten hatte, machte Kudras nicht viel aus. Bei seiner Kondition schaffte er das so nebenbei. Da Kudras jedesmal zurückging, wenn die Mannheimer angriffen, konnte sich Remlein wieder mehr um die Offensive kümmern.

Wer Alfred Pfaff gegen diie Kickers gesehen hatte, erkannte ihn gegen den VfR nicht mehr wieder. Pfaff spielte so, als säße nicht ein Herberger, sondern säßen sechs Herberger auf der Tribüne (und dabei war Herberger überhaupt nicht am Riederwald!). Von der ersten bis zur allerletzten Minute setzte er sich mit einem Eifer ein, daß die Mannheimer Abwehr immer wieder vor unlösbare Aufgaben gestellt wurde. Wer will den Eintrachtsturm halten, wenn der Pfaff neunzig Minuten (und weiterhin so) spielt? Doch auch Kudras und Pfaff waren im Grunde nur Werkzeuge, Werkzeuge in einer reibungslos laufenden Eintracht-Maschine. Loy hatte es nicht allzu schwer, Bechtold stellte sich rasch auf Schönig ein und Hesse ließ den flinken Siegel nicht aus den Augen. Wenn man bei Hesse etwas bemängeln konnte, so waren es seine etwas schwachen Abschläge. Doch wer wollte bei diesem schweren Boden viel rechten. Wlokas Dazwischenfahren raubte dem Techniker Langlotz bald die Laune und die Uebersicht, von Remleins und Kudras Rollen war schon die Rede.

Kreß zu ballverliebt

Im Sturm fiel, genau genommen, nur Kreß etwas ab, ihm fiel bei nassem Boden die Ballbehandlung etwas schwer. Zum Angelpunkt des Sturmes hat sich in den letzten Wochen Bäumler entwickelt. Seine Flanken und Vorlagen bereiteten den anderen die Torschüsse vor. Keuerleber stand gegen Bäumler auf verlorenem Posten, zumal er es vorzog den Raum zu decken, und viel zu hüftsteif geworden ist. Weilbächers Explosivität feierte mit vier Treffern wahre Triumphe. Sein Torinstinkt, seine Sprungkraft und seine Kopfballtechnik waren mit eine Vorbedingung für diesen, allen unerwarteten Torsegen. Neben Weilbächer lebte Höfer an diesem Sonntagnachnnittag förmlich auf.

Nur zehn Minuten lang hatten die Mannheimer mit ihrem Kurzpaß das Mittelfeld beherrscht und die Frankfurter Abwehr ernstlich beschäftigt. Der erste Eintrachttreffer löste eine Lawine aus, in der die immer hilflosere VfR-Abwehr rettungslos versank. Samstag trat einmal zornerfüllt den Ball noch einmal ins Netz und Keuerleber schüttelte immer wieder traurig den Kopf. Achtzig Minuten unter Druck, achtzig Minuten einfach keine Möglichkeit, einmal eine Gegenoffensive aufzubauen, das hält der Stärkste nicht aus. Schiedsrichter Klein war nicht schlecht, nur stand er mit der Vorteilsregel auf dem Kriegsfuß. (aus 'Der neue Sport' vom 24.01.1955)

 

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