Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Oberliga Süd 1955/56 - 14. Spieltag

0:1 (0:1)

Termin: 11.12.1955
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Fierhauser (Karlsruhe)
Tore: 0:1 Morlock (12.)

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Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg

 


  • Schaffer
  • Kraft
  • Vetter
  • Bergner
  • Knoll
  • Ucko
  • Schmidt
  • Morlock
  • Wagner
  • Herbolsheimer
  • Schweinberger

 

Trainer Trainer
  • Franz Binder

Kreß scheiterte an Knoll

Der Club hat gewonnen, das war beim Schlußpfiff zur Tatsache geworden. Der Club hat auch verdient gewonnen, mit diesem Gefühl dürfte jeder der Zuschauer nach Hause gegangen sein. Wenn man diese neunzig Minuten in die Sprache des Feinschmeckers umsetzen will, dann muß man sagen: Das Spiel der Nürnberger war so flüssig und so belebend wie ein Hummercocktail; das Spiel der Eintracht war keinesfalls geschmacklos, aber es war bieder wie eine Hausmacherblutwurst.

Genau 43 Minuten lang — die ersten 43 Minuten des Spieles — sahen sich die Riederwälder in einer Verstrickung gefangen, aus der es anscheinend keinen Ausweg mehr gab. Nürnbergs Außenläuferpaar Bergner-Ucko hatten dieses gefährliche Maschenwerk ausgeworfen — und dabei ging man mit List zu Werk. Im Gegensatz zu sonst hielt sich der so angriffsfreudige Bergner zurück, während Ucko den Spielaufbau übernahm. Hier schien das Spiel der Eintracht seinen Knacks erhalten zu haben, denn man hatte den Plan wohl auf Bergners Offensivdrang aufgebaut. So sah sich aber Pfaff von dem blonden Läufer aufmerksam markiert, um ihm auszuweichen zog er sich zurück und gab so noch Bergner Gelegenheit, sich ebenfalls in das Nürnberger Angriffsspiel einzuschalten.

Ohne Zweifel: Die Eintrachtmannschaft verstand es nicht, im Verlauf eines Spieles ihre Taktik zu ändern, da einige Spieler zu eigenwillig und so wenig auf das Mannschaftsdienliche bedacht waren. Warum ackerte Weilbächer im Sturm und hinderte nicht Ucko am Spielaufbau? Eine Frage, die bis zum Abpfiff offenblieb. Warum rannte sich Kreß immer wieder an Knoll den Kopf ein? Er mußte doch merken, daß er der Routine des Mittelläufers nicht gewachsen war. Warum ließ man den Endspurt nicht eindeutig über die Außenstürmer laufen, zumal Kraft mit Geigers und Vetter mit Feigenspans Schnelligkeit ihre Sorgen hatten? Fragen über Fragen — und die Antworten blieben aus.

Diese Fragen blieben auch unbeantwortet, als in der 43. Minute Bergner sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ans rechte Bein griff und hinaushumpelte. Nach Wiederbeginn war er wieder auf dem Feld, doch schon nach einer halben Minute ging er als Statist auf den linken Flügel. Schweinberger übernahm jetzt die Ueberwachung Pfaffs und tat das nicht schlechter. Wer jedoch gedacht hatte, daß jetzt Remlein und Heilig die Herrschaft im Mittelfeld übernehmen würden, sah sich schmählich getäuscht. Zwar tauchte Heilig oft im Sturm auf, zwar unternahm Remlein manchen Versuch, aber wo blieb das akkurate Zuspiel, wo blieb das rechtzeitige Freilaufen der Stürmer? Im Gegenteil, man hielt den Ball viel zu lange (Weilbächer!) und die Club-Abwehr konnte sieh immer rechtzeitig aufbauen.

Der Clubsieg war verdient: Die Ballbehandlung war einfach Klasse, der Ball lief wie am Schnürchen, weil jeder Spielzug durchdacht war und nach Bergners Ausfall Max Morlock als Läufer-Stürmer über sich hinauswuchs. Im Sturm standen zwei blutjunge Leute: Mittelstürmer Wagner (18 Jahre) und Rechtsaußen Schmidt, die spielten so kaltschnäuzig als wären sie schon seit einem Jahrzehnt in der ersten Mannschaft. Gut, das Wloka den Kopf obenbehielt, bei Bechtolds Schwächen war das notwendig. Rothuber wollen wir bei dem Tor keine Schuld zumessen, denn so ein Flachschuß, der hart neben dem Pfosten einschlägt, kann einem Weltklassetorhüter durchrutschen.

Schiedsrichter Viershauser pfiff unkonsequent und war offensichtlich bereit, Konzessionen zu machen, wenn ihm zuvor einmal ein Fehler unterlaufen war.

*

Das Gastspiel des Nürnberger Clubs fand an dem vorweihnachtlichen Sonntag am Riederwald nicht jene Resonanz, mit der die Frankfurter Zuschauer noch vor Jahren den Club aufnahmen. Es zeigte sich auch in der ersten Halbzeit, daß die Nürnberger nicht mehr mit jener spielerischen Eleganz aufzuwarten verstehen, mit der sie noch vor zwei Jahren zu begeistern vermochten. Nur hin und wieder rollten bei ihnen die Angriffe schulmäßig vor, wobei sich immer mehr die starken Außenläufer Bergner und Ucko vorteilhaft bemerkbar machten. Sie stachen die Eintrachtläufer im Mittelfeld klar aus. Allerdings erst nach der 16. Minute, als Morlock aus 25 m einen nicht einmal scharf getretenen Schuß losließ, der Rothuber im Tor überraschte, so daß der Eintrachttorhüter zu spät in die äußerste Ecke kam, wo der Ball im Netz landete.

Bis dahin spielte die Eintracht klar überlegen. Bereits in der ersten Minute gab Alfred Pfaff einen Freistoß zu dem links außen lauernden Geiger, der versäumte aber die Ballaufnahme, so daß Kraft zurückspielen konnte. Schaffer, der sonst ausgezeichnet hielt, war aus dem Tor, aber der Torjubel der Zuschauer wurde von Vetter erstickt, als der Nürnberger Verteidiger in letzter Sekunde den Ball vor der Linie wegschlug. Die Eintracht war dem Führungstor nahe. Alfred Pfaff setzte sich gegen einen Abschlag von Kraft energisch durch. Von ihm prallte der Ball aber Schaffer gerade in die Arme. Dann setzte Weilbächer einen Prachtschuß aus 20 m in Lattenhöhe, aber Schaffer faustete über das Tor. Die Eintracht erzielte in diesen Minuten ihre zweite und dritte Ecke, die Alfred Pfaff meisterhaft in den Strafraum trat. Nach Abwehr der dritten Ecke war der Club durch seine Außenläufer im Mittelfeld tonangebend. Bei der Eintracht harmonierte es im Sturm nicht so recht, und die Deckung mißfiel uns oft durch unsaubere Abschläge. Der junge Wagner ging zweimal elegant an Wloka vorbei, schoß aber einmal überhastet aus 20 m über die Latte. Schaffer stand fünf Minuten vor der Halbzeit wieder einmal im Mittelpunkt, als ein hoher Ball über ihn wegging. Im Zurücklaufen faustete der Nürnberger Torhüter den Ball nach rechts. Er kam Feigenspan vor die Beine, der aber seinen Volleyschuß direkt auf Schaffers Fäuste setzte.

Als die Nürnberger mit dem unterhalb des Knies verletzten Bergner als Linksaußen und Schweinberger als Läufer in die 2. Halbzeit kamen, hatte man auf den Rängen noch Siegeshoffnungen für die Eintracht. Sie erreichten schon zehn Minuten nach Halbzeit ihren Gipfelpunkt, als Geiger endlich einmal schön in die von Alfred Pfaff geöffnete Gasse sprintete. Geiger trabte mutterseelenallein in den Strafraum, anstatt rechtzeitig den Ball in die Ecke zu schieben, zögerte er, kam immer näher an den entgegenlaufenden Schaffer, der sich vor Geigers Beine warf und so die klarste Chance des ganzen Spiels unterband, Pfaff und die Eintrachtfans raufte sich die Haare. Kurz danach war der kleine Wagner wieder einmal schneller als Wloka, im Fallen schoß er knapp über die Latte. Dann bekam Rothuber Beifall, als er zwei Schüsse von Herbolsheimer und Morlock hechtete, anschließend hatte er allerdings auch Glück, als ein Flachschuß Schweinbergers unten gegen den Pfosten schlug.

Jetzt schaltete Heilig ganz auf Offensive, während Remlein weiter nichts tat als gut zuspielte. Heilig setzte sich Linksaußen durch und hob sehr überlegt zur Mitte. Feigenspan köpfte aber Schaffer direkt in die Arme. Weilbächer kämpfte sich von links durch, flankte, aber der schöne Kopfball von Kreß klatschte gegen die Latte. Wloka, der einmal mit vorgegangen war, als Alfred Pfaffs Maßeckball hereinschwebte, köpfte knapp vorbei. Nürnberg stand unter Druck. Es war aber imponierend, wie sich die Männer im roten Trikot kämpferisch einsetzten, wie sie gestaffelt und geschickt verteidigten, wobei sich sogar Maxl Morlock erfolgreich beteiligte. Wie oft schwebte in dieser Viertelstunde der Ball in den Nürnberger Strafraum. Fast ebenso oft war aber ein Abwehrbein da, und was wirklich durchrollte, das war bei Schaffer sehr gut aufgehoben. Schaffer hielt noch einen Freistoß von Pfaff, drüben zog Wagner an dem schwachen Kudraß vorbei, so daß Rothuber mit Fußabwehr klären mußte, und dann sahen wir schon das 2:0, als Wagner sich wieder durchgesetzt hatte, aus 20 Meter schoß, aber Alex Rothuber machte diesmal seinen Fehler von der 16. Minute wett, wenn er ihn auch nicht ausgleichen konnte, aber seine Faustabwehr kam so blitzschnell, daß er die Eintracht vor dem möglichen 0:2 bewahrte. (aus 'Der neue Sport' vom 12.12.1955)

 

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