VfR Mannheim - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1956/57 - 3. Spieltag

2:4 (2:2)

Termin: 02.09.1956
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Scheuring (Schweinfurt)
Tore: 0:1 Eckehard Feigenspan (10.), 1:1 Keuerleber (30.), 2:1 O.Meyer (34.), 2:2 Helmut Geiger (40.), 2:3 Eckehard Feigenspan (71.), 2:4 Helmut Geiger (89.)

>> Spielbericht <<

VfR Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Weitz
  • Schömig
  • Heitmann
  • Haberkorn
  • Keuerleber
  • Gründel
  • Diehl
  • H.Mayer
  • O.Meyer
  • Laumann
  • de la Vigne

 


 

Trainer
  • Hans Merkle
Trainer

 

Geiger spielte ohne Hemmungen

Man scheut sich, es offen herauszusagen: Der Eintracht-Sturm ist ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen bei halbwegs normaler Form wahrscheinlich von keiner Verteidigung zu stoppen. Wenn sich das herumspricht! Vielleicht war Mannheim eine der letzten Stationen, wo man sich ohne die geringsten Sicherheitsmaßnahmen an die Riederwälder Querfeldeinspringer heranwagte. Die Quittung für diese Kühnheit läßt nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig: 2:4!

Dabei kam der VfR noch glimpflich davon. Zwischen dem 2:3 und dem 2:4 war der Eintrachtsturm drauf und dran, auch die letzten tragenden Pfeiler im Abwehrsystem der Mannheimer zu stürzen, die Keuerleber, Heitmann, Weitz und Laumann, der diesmal in puncto Aufteilung zwischen Angriff und Abwehr hohe Halbstürmerschule vorführte. Als Bäumlers Schuß an das Torkreuz krachte und Geigers Schmetterball das Außennetz verbog, befand sich die Mannheimer Deckung am Rande der Hilflosigkeit.

Der Name Geiger ist das Stichwort für die ganze zweite Halbzeit, in der die Eintracht nie mehr an ihrem Sieg zu zweifeln schien. Ob sich Geiger mit Baldriantropfen gedoppt hatte, oder ob es einfach so über ihn kam? Jedenfalls haben die Frankfurter den vieldiskutierten Konfusionsrat am linken Flügel noch nie so klar, so ruhig, so ohne Hemmungen und so gewitzt gesehen im gegnerischen Strafraum, wie er sich diesmal in Mannheim zeigte. Seine Tore waren kein Zufall. Es gelang dem schon von jeher mit hohem Fußballverstand begabten jungen Mann zum erstenmal in seiner Laufbahn unmittelbar vor dem Tor so zu spielen, als befände er sich irgendwo im Mittelfeld. Daran lag es, daß die stets gefährlichen Riederwälder gegen Ende nahezu unwiderstehlich wurden.


Feigenspan-Kopfstoß nach Flanke von Pfaff

Alfred Pfaff hatte in diesem wesentlichen Stadium des Spielablaufs nur indirekt Einfluß auf die Geschehnisse. In Mannheim zeigte es sich, daß der Eintracht-Angriff auch ohne seinen Herrn und Meister, der sich auf Linksaußen oder tief im Hintergrund aufhielt, spielen könnte. Zwar rutschten die Stürmer nun nicht mehr so glatt durch die Mannheimer Abwehr, als Pfaff am Schaltbrett stand, aber mit der Wucht von Kress und der Uebersicht von Geiger ließ sich auch allerhand bewerkstelligen. Kress stampfte den Widerstand förmlich zusammen, und wenn er auch beim dritten oder vierten Gegner hängenblieb, so gelang doch auch diesem meist nur ein Pressschlag, auf den Feigenspan und Bäumler schon warteten. Feigenspan und Bäumler betätigten sich diesmal als eine Art hochwertiger Gelegenheitsarbeiter. Obwohl sie bei Keuerleber und Geiger auf Gegner stießen, die sich im Kampf Mann gegen Mann kaum einmal schlagen ließen, leisteten sie durch unverdrossenes Freilaufen und aufgewecktes Wahrnehmen der günstigen Zufälle Unentbehrliches.

Die Außenläufer kamen erst nach dem Wechsel dazu, im Aufbau mitzuwirken. Sie taten dies treu und brav, Sie versorgten den Sturm mit Bällen, aber sie ebneten ihm nicht die Wege. Daß mußte dieser selbst tun, und es war gut, daß eine Planiermaschine vom Format Kreß am Werke war. Vor der Halbzeit ächzten Bechtold I und Schymik mitsamt der übrigen Abwehr unter den Aktionen des Mannheimer Sturmes. Der VfR war entschlossen, sich mit der Eintracht in ein Glücksspiel einzulassen: „Meine Tore, deine Tore". Die Mannheimer pfiffen auf Pfaff, der sich diesmal neunzig Minuten lang nur mit einem Bewacher, nämlich dem rechten Läufer Haberkorn, zu beschäftigen hatte, und ließen sein Angriffs-Karussell bis kurz vor der Pause auf Hochtouren laufen.

De la Vigne spielte genau so oft Mittelstürmer wie Verbinder oder Außenstürmer, und der übrige Angriff mit dem schlanken Diehl, der das Zeug hat, einmal de la Vignes Nachfolger zu werden, mit dem unablässig pendelnden Laumann und dem ebenso unauffällig wie unheimlichen Oette Meier drehte sich mit.

Die Riederwälder Deckung hatte offenbar den Auftrag, in diesem Wirbel Position zu halten und abzuwarten. Das ging nicht immer gut, und Rothuber mußte Wunderwerke von Reaktionssicherheit und Wagemut vollbringen, um seiner Mannschaft die 1:0-Führung zwanzig Minuten lang zu bewahren.

Sie stammte noch aus dem ersten Spielabschnitt, als Pfaff Regie führte und unter den Augen Sepp Herbergers, der neuerdings zum Stammpublikum der Eintracht gehört, dribbelte, schoß und paßte, als ob er Geburtstag hätte. Pfaff hob einen Freistoß in den Strafraum, und Feigenspan als legitimer Vertreter des Kopfballspezialisten Weilbächer stieß den Ball mit der Stirn ins Netz. Ein Tor wie gestochen. Dann brach der Mannheimer Wirbelsturm los, aber den 10.000 Zuschauern wurde nie recht wohl dabei. Wenn die Eintracht zum Gegenangriff nach vorn schnellte, sprangen stets gute Chancen heraus. Feigenspan und Geiger, dessen große Stunde noch nicht gekommen war, vergaben die besten. Immerhin reichte es dem VfR zum 1:1, als Keuerleber (als Stopper) eine Flanke von Diehl einköpfte und zum 2:l, als Rothuber, auf dem Boden liegend, unter die Räder der Mannheimer Dampfwalze kam, den Ball verlor und Oette Meyer bereitstand.

Die Wende fiel mit einem Unglücksfall de la Vignes zusammen, der kurz vor der Pause mit einer Knieverletzung ausschied, später stark bandagiert wiederkam, dann aber endgültig in Richtung Ausgang davonhumpelte. Wohlgemerkt, sie fiel mit diesem Ausscheiden zusammen, hatte aber nur zum Teil entscheidenden Einfluß auf die weitere Entwicklung. Die Tore Geigers waren gerecht. ('Der neue Sport' vom 03.09.1956)

 

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