Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1956/57 - 7. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: 06.10.1956
Zuschauer: 22.700
Schiedsrichter: Fischer (Augsburg)
Tore: 1:0 Eckehard Feigenspan (66.), 1:1 Kaufhold (80.)

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Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Zimmermann
  • Finke
  • Magel
  • Nuber
  • Schultheiß
  • Wade
  • Schaum
  • Kraus
  • Preisendörfer
  • Kaufhold
  • Nazarenus II

 

Trainer Trainer

 

Zwei unvergeßliche Derbytore

Lokalderbys lassen meistens eine kleine Enttäuschung zurück. Der kämpferische Einsatz überwiegt, die technischen Finessen spielen eine sekundäre Rolle, zumal sich alle Beteiligten allzu gut kennen und kaum noch auf Tricks hereinfallen. Das Treffen am Riederwald war vorzüglich, doch ehrlich: die beiden Tore waren das Schönste, was man in diesen neunzig Minuten zu sehen bekam.


Feigenspan zum 1:0

Sie seien deshalb vorangestellt. Das erste Tor schoß die Eintracht (66. Minute). Kreß unternahm einen Durchbruch etwa von der Mittellinie aus schräg zum rechten Flügel hinaus, an der Strafraumkante flankte er vor das Offenbacher Tor, wo Feigenspan wie ein Pfeil in die Höhe schnellte und den Ball an Zimmermanns Fäusten vorbei einköpfte.

Vierzehn Minuten sah es so aus, als sollte der Spitzenreiter vom Bieberer Berg die erste Niederlage beziehen, da fiel doch noch der Ausgleich (80. Minute). Zuerst sah die Situation gar nicht so gefährlich aus. Nuber war auf dem rechten Flügel bis zum Strafraum vorgeprellt, die Eintracht-Abwehr schien Herr der Lage. Doch mit einer plötzlichen Wendung schaltete Nuber für Sekunden Höfer aus, flankte in den Frankfurter Strafraum, wo Kaufhold den Ball aus der Luft einschoß.

Man kann geteilter Meinung sein, ob dieses Unentschieden gerecht war. Die Eintracht wirkte aggressiver, was allein schon ihr Eckballverhältnis von 11:0 (!) ausdrückt. Sie verbiß sich immer wieder in die Offenbacher Abwehr, die es ihrem Schlußmann Zimmermann zu verdanken hatte, daß sie nur einen Treffer hinnehmen mußte. Die Kickers wirkten eleganter, ihr Zuspiel war sicherer und erreichte größere Genauigkeit. So hoben sich der kräftigere Eintrachtstil und der flüssigere Kickersstil gegenseitig wieder auf — und was übrig blieb, war ein Derby, das zumindest sehr abwechslungsreich war.

Besonderes Interesse fanden die beiden Spieler, die die Nummer 10 auf dem Rücken trugen: Alfred Pfaff und Gerhard Kaufhold. Ohne Zweifel, der Offenbacher stach seinen Frankfurter Widersacher aus. Es gibt halt Dinge im Fußball, die man mit dem nüchternen Verstand einfach nicht ergründen kann. Wer erinnert sich nicht an die Zeit vor zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, als die Offenbacher gegen Union Niederrad einfach nicht gewinnen konnten. Genau so rätselhaft ist die Tatsache, daß, wenn es gegen die Kickers geht, Pfaff nie seine beste Form erreicht. Auch diesmal fand Pfaff nicht seine große Linie. Sein Eifer war lobenswert, aber er hatte mit seinen Aktionen kein Glück. Ganz anders Kaufhold. Er war Offenbachs gefährlichster — fast möchte man sagen — einziger Stürmer. Wie geschickt deckte er beim Dribbling den Ball mit seinem Körper, es war schwer, ihn vom Ball zu trennen.

Hätten seine Nebenleute seine Ideen verstanden, die Kickers hätten gewinnen können. Aber Preisendörfer war bei Wloka (wie gehabt) schachmatt gesetzt. Nazarenus II schoß zwar viel, aber wirkte hölzern und blieb meistens an Kudraß hängen. Der rechte Flügel lahmte etwas. Kraus befindet sich seit Wochen in einem kleinen Formtief, am Riederwald kam er erst nach der Pause besser heraus. Schaum ist zu unerfahren, lieferte sich aber mit Höfer harte und erbitterte Zweikämpfe.


Kreß schießt bedrängt von Magel,
rechts Feigenspan

Die Kickers hätten gewinnen können, die Eintracht aber erst recht. Ob es gut war, nach fünfzehn Minuten Bäumler in die Sturmmitte und Feigenspan auf den rechten Flügel zu nehmen? Bäumler hemmt durch seine Umständlichkeit den Spielfluß, Feigenspans schneller Antritt hätte Schultheiß in Schwierigkeiten bringen können. In Bäumler besaß der Offenbacher Stopper keinen starken Widerpart. Kreß rackerte sich ab und strahlte bei weitem die stärkste Gefährlichkeit aus, während Geiger vor dem eigenen Publikum einfach gehemmt und unbeholfen wirkt. Feigenspan wurde von Magel hart — oftmals überhart — genommen, ohne sich davon beeindrucken zu lassen.

In der Gegenüberstellung der Verteidigungen schneidet die Eintracht weitaus besser ab. Wloka beherrschte Preisendörfer und seinen Strafraum, Kudraß zog Nazarenus II den Zahn und Höfer hatte Schaum ziemlich unter Kontrolle. Loy hielt vier ganz gefährliche Schüsse grandios und knüpfte an seine alte Form an. Sein Gegenüber Zimmermann war ihm ebenbürtig und rettete seiner Mannschaft den Punkt. Fünfmal faustete er den Ball noch aus dem Tor, einmal löste er sich rechtzeitig von der Torlinie und erwischte Pfaffs Schuß noch.

Warum aber dieses Foul an Bäumler? Zimmermann hatte Glück, daß Fischer (Augsburg) gerade zur Eckfahne blickte und nicht sehen konnte, wie der Offenbacher Bäumler mit beiden Händen umstieß. Das war ein klarer Elfmeter. War die Kickers-Abwehr so nervös? Auch Magel und Schultheiß übertrieben ihre Härte etwas.

Bei den Außenläufern war man versucht, dem Eintrachtpaar die bessere Note zu geben, aber mit der Zeit wurde man unsicher, und dann entschied man sich für die Offenbacher. Die schwache Stelle in der Eintrachtläuferreihe war Schymik (allerdings mit der verteufelt schweren Aufgabe), der Kaufhold oft unbewacht ließ und sehr schlecht abspielte. Weilbächer löste seine Aufgabe, Kraus zu beschatten, sehr gut und verzichtete auf Ausflüge in des Gegners Strafraum. Nuber spielte glanzvoll und unterstützte Kaufhold sehr gut, während Wade mit Erfolg Pfaffs Kreise einzuengen trachtete. Es sagt wohl alles, wenn schließlich Nuber dem Kickers-Ausgleich den Weg bereitete.

Schiedsrichter Fischer war ausgezeichnet und hatte einen Blick für den Unterschied zwischen Fouls und Rutschern auf dem nassen Rasen. Zudem verstand er es, die Vorteilsregel gut anzuwenden. (Horst Kickhefel in 'Der neue Sport' vom 08.10.1956)

 

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