Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1961/62 - 2. Spieltag

5:4 (4:3)

Termin: 13.08.1961
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 1:0 Erwin Stein (1.), 2:0 Ernst Kreuz (3. Elfmeter), 2:1 Lotz (21.), 3:1 Lothar Schämer (24.), 3:2 Gast (41.), 4:2 Lothar Schämer (42.), 4:3 Kraus (44.), 5:3 Erwin Stein (47.), 5:4 Gast (58.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Groh
  • Waldmann
  • Schultheiß
  • Sattler
  • Nuber
  • Wade
  • Kraus
  • Conc
  • Gast
  • Kaufhold
  • Oskar Lotz

 

Trainer Trainer
  • Bogdan Cuvaj

Stein und Lotz — Stürmer mit Herz

Bert Merz und Horst Kickhefel berichten vom Derby

Eintracht Frankfurt — Kickers Offenbach 5:4 (4:3)

Wenn es immer zwischen der Eintracht und den Kickers alle zwei Jahre ein Superspiel geben sollte, dann freuen wir uns schon auf 1963. Das war eine Schau, die 30.000 bei sommerlicher Hitze mitriß, die von Höhepunkt zu Höhepunkt sprang und in ihren schwächsten Minuten doch nie ihr Gesicht verlor. Zum Glück gab es kurze Spannen, in denen die „gefesselten" Zuschauer und die entfesselten Spieler Schnaufpausen einlegten. Denn diese sausende Fahrt, mit der das Derby über den frischen Riederwald-Rasen flitzte, konnte nach einer Stunde mit neun Treffern kaum mehr in der gleichen Geschwindigkeit auf das Ende zusteuern. Und doch war diese letzte halbe Stunde ohne Tore eine würdige Fortsetzung der ersten sechzig Minuten, in denen nichts zur Ruhe kam. Daß am Ende einer als Sieger, der andere als Verlierer abtreten mußte, war einer der ganz wenigen Flecken dieses Fußballfestes, das man lange nicht vergißt. Es muß gesagt werden — den Kickers mag es als Trost gelten —, daß die knappe Tordifferenz am Ende dieser tollen Schußfahrt den Geschehnissen gerecht wird.

Die Kickers mögen mit ihrer Abwehr hadern, die Eintracht wird es auch getan haben. Daß bei neun Treffern in einer verhältnismäßig kurzen Spanne die Abwehrreihen nicht in Glanz und Gloria strahlen, ist ein alter Hut. Die Offenbacher hatten sich in der Deckung etwas Besonderes ausgedacht. Sie stellten nicht Nuber gegen Kreuz, sondern Sattler. So stand Stein gegen den Stopper Nuber, der schon beim ersten Vorstoß den kürzeren zog. In sausender Fahrt zog dieser Stein durch die ganze Offenbacher Hälfte, und sein toller Schuß sauste aus 16 Metern genau in die Ecke. Und dieser tolle Auftakt wiederholte sich bald nach der Pause, wenn auch eine Minute später als zu Beginn. Diesmal blieb nicht nur Nuber. sondern auch Waldmann und Sattler gegen den Eintracht-Mittelstürmer auf der Strecke.

Was Stein noch zwischen diesen Toren (Einleitung zu Nr. 3 stammte ebenfalls von ihm) unternahm, hob ihn zusammen mit Oskar Lotz auf den Thron für Stürmer Nr. 1.

Was bei der Eintracht Stein war, das war Lotz für die Kickers. Der junge Stürmer narrte die erfahrenen Eintracht-Leute, spielte mit jedem so gut zusammen, als ob er Jahr und Tag schon das rote Trikot getragen hätte. Lotz schoß ein tolles erstes Tor, bei zwei weiteren war er mehr als ein Assistent. Vielleicht rissen diese beiden ihre Nebenleute zu den tollen Taten mit, vielleicht waren es die beiden raschen Eintrachttreffer in den ersten drei Minuten, die der Partie das Tempo und den Schmiß gaben, der ihr so gut stand.

Neun Tore fielen, und neun Stürmer begeisterten die Massen. Kraus und Gast schienen vor der Pause etwas hinter ihren Kollegen zurückzustehen, um später ins Rampenlicht zu rücken, Kreuz hatte in der zweiten Hälfte seine Verschnaufpause. Nicht alle standen wie Stein, Horn, Kaufhold oder Lotz von der ersten bis zur letzten Minute unter Dampf. Aber jeder dieser neun war ein Stürmer.

Der einzige Mann, der nicht mithielt, Conc, war nicht entscheidend, daß der Ausgleich für die Kickers immer in Reichweite rückte, aber nie kam. Und doch fehlte den Kickers noch ein guter Stürmer zum Glück, denn vom 5:4 an ungefähr war Wade am rechten Flügel Invalide. Er tat dort mehr, als man von einem verletzten Mann erwarten kann.

Die Läufer beteiligten sich lustig am Angriffsspiel, wobei Stinka—Weilbächer noch ein Uebergewicht hatten. Was Sattler oder Wade unternahm, brachte die Offenbacher zwar auch nach vorn, aber den Ball auch öfters wieder zurück, als wenn Stinka sich auf der Gegenseite in Marsch setzte. Weilbächer unterstützte Schymik gegen Lotz. Aber diese Doppelsperre klappte nicht, zumal Schymik mit einigen unüberlegten Handlungen seine Umgebung nervös machte. So wechselten gute und schwächere Szenen auch bei den übrigen.

Waldmann und Schultheis hatten ebenfalls ihre liebe Not mit den Eintracht-Außen. Am wenigsten Vorwürfe für die Treffer waren den Torhütern zu machen. Loy hatte noch manche gefährliche Sache zu bereinigen, Groß das Glück, daß einige tolle Schüsse vorbeisausten. Bert Merz

Alle neune - in neunzig Minuten

Das Spiel fing fünf Minuten später an, eine Ehrung des Ehrenspielführers Alfred Pfaff, der vom Verein und von der Mannschaft je ein Präsent bekam, hatte diese Verzögerung bewirkt. Doch jeder nahm dem Don Alfredo zuliebe diese Verzögerung in Kauf, zumal Vereinspräsident Rudi Gramlich anerkennende Worte für Pfaff und die Offenbacher Kickers fand. Zum Schluß drückten alle 22 Spieler dem Alfred die Hand.

Das Spiel fing mit einem Paukenschlag an, so als wollte die Eintracht ihrem scheidenden (vom Sportfeld nur!) Alfred Pfaff eine besondere Freude machen. Horn legte den Ball steil vor, Stein spitzelte den Ball um Nuber herum und schloß seinen Durchlauf mit dem ersten Tor ab. Man schrieb noch die erste Minute und es stand schon 1:0! Es sollte noch besser kommen! Zwei Minuten später wollte sich Kreß an der Torauslinie durchpirschen, Nuber stellte ihm ein Bein und Kreitlein deutete auf den Elfmeterpunkt. Kreuz lief an, täuschte Groh, und es stand 2:0. Man schrieb die 3. Minute erst!

Hatten sich die Kickers selbst getäuscht? Nuber trug die Nummer 4. Sattler die Fünf, aber nach dem Anstoß hatte sich Sattler nach rechts begeben, während Nuber nach innen rückte. Bestimmt hatte niemand im Offenbacher Lager damit gerechnet, daß Nuber die Ursache für die beiden ersten Eintrachttreffer sein würde. Aber die Kickers steckten nicht auf, beileibe nicht. Kaufhold stellte Loy auf die Probe, in der 13. Minute. Loy fing den Ball.

Dann aber klingelte es bei der Eintracht. Mit einem Freistoß fing es an. Schymik hatte Lotz zu Fall gebracht. Kaufholds Freistoß wurde von Weilbächer abgefangen, Wade nahm den Ball auf, schickte ihn zu Kaufhold, der leitete zu Lotz weiter, dessen Fallrückzieher Loy zur Ecke abwehrte. Aus dieser Ecke entstand eine weitere und diese weitere Ecke endete mit einem 25-Meter-Weitschuß von Lotz, der oben im Tornetz landete.

Als dann Stein den Ball Schämer in die Gasse spielte, blieb die gesamte Kickers-Abwehr stehen. Schämer umspielte noch Groh — und es stand 3:1. Dann mußte Schultheiß vom Platz. Horn hatte ihn bei einem Rückzieher im Gesicht getroffen. Ohne Verschulden, er hatte den herbeistürzenden Kickersmann nicht sehen können. Nach einer guten Minute kam Schultheiß wieder aufs Feld. Genau eine halbe Stunde war gespielt, da traf Schämer den Pfosten. Auf der anderen Seite spielte Kraus Höfer aus, flankte und Gast köpfelte den Ball über das Tor.

Und wieder ging es Schlag auf Schlag! Lotz flankte und von Gasts Kopf prallte der Ball ins Tor (3:2). Im Gegenzug spielte Schämer Horn an, erhielt postwendend den Ball retour und schoß ihn hart neben dem Pfosten ein (4:2). Schon erwartete alles den Pausenpfiff, da griffen noch einmal die Kickers an. Gast schob Lutz nicht ganz astrein beiseite, schickte den Ball zu Kraus und dessen Schrägschuß sprang von der Innenkante des Pfostens ins Tor (4:3). Wiederanstoß und Pause.

Die zweite Spielhälfte war genau zwei Minuten alt, da umspielte Stein nacheinander Sattler, Waldmann und Nuber und schoß das 5:3. In der 53. Minute humpelte Wade zur Reservebank, bekam das rechte Knie bandagiert und kehrte als Statist auf den rechten Flügel zurück. Kraus rückte jetzt auf Kaufholds Platz und Kaufhold mußte in die Läuferreihe zurück. Aber gerade dieses Mißgeschick beflügelte die Kickers noch einmal. Lotz schickte Kraus mit einer Steilvorlage los, um dessen Flanke bemühten sich stürzend und liegend Loy, Lutz, Höfer und Gast. Gast hatte den Ball zuletzt berührt, das Leder schien am Tor vorbeizukullern, besann sich anders und rotierte über die Torlinie.

Und beinahe hätte es 5:5 geheißen: Doch Schymik schlug den Kraus-Schuß in letzter Sekunde noch aus dem Tor, rettete noch einmal und dann bereinigte Loy die Situation. In der 67. Minute versagte Waldmanns Hose den Dienst, Groh zog seine aus und spielte in seiner weißen Unterziehhose weiter. Noch zwei herzhafte Schüsse aufs Kickerstor, von Horn und Schämer, beide vorbei. Horst Kickhefel

Die letzte Pfaff-Schau

Im braunen Anzug stand Alfred Pfaff genau zwischen den Kickers und der Eintracht. Schiedsrichter und Linienrichter schlossen den Halbkreis, als Rudi Gramlich mit dem gesamten Spielausschuß und Ernst Berger an der Spitze den Weg zur Spielfeldmitte antrat. Eine kurze Ansprache des Eintracht-Präsidenten umriß alles, was die Freunde diesseits und jenseits des Mains zu dieser letzten großen Pfaff-Schau zu sagen hatten. Beifall zwischen fast jedem Satz, Ovationen, als die Kickers- und die Eintrachtspieler gratulierten und der große Magier des Riederwälder Fußballs seinen letzten Gang vom Mittelpunkt zur Tribüne, beschenkt und geehrt, antrat. Es hätte keine bessere Abschiedsstunde für den Alfred geben können. (aus 'Der neue Sport' vom 14.08.1961)

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