Hamburger SV - Eintracht Frankfurt

Deutsche Meisterschaft 1961/1962 - Endrunde, Gruppe 2

1:2 (1:2)

Termin: 05.05.1962 in Hamburg (Volksparkstadion)
Zuschauer: 61.000
Schiedsrichter: Fritz Schörnich (Düsseldorf)
Tore: 0:1 Hans Weilbächer (15.), 1:1 Gert Dörfel (21.), 1:2 Erwin Stein (44.)

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Hamburger SV Eintracht Frankfurt

  • Horst Schnoor
  • Erwin Piechowiak
  • Jürgen Kurbjuhn
  • Jürgen Werner
  • Jochen Meinke
  • Dieter Seeler
  • Uwe Reuter
  • Harry Bähre
  • Peter Wulf
  • Gerd Krug
  • Gert Dörfel

 


 

Trainer
  • Günther Mahlmann
Trainer

Der Verschleißkampf im Volksparkstadion

Bis zur Pause hofften noch beide Seiten / Wulf vertrat Uwe Seeler / Weilbächer kommandierte im Feld

Der große Sonderbericht aus Hamburg von Ludwig Dotzert

Hamburger SV — Eintracht Frankfurt 1:2 (1:2)

In Hamburg gehörte nur noch der erste Teil des Spiels zur Endrunde. Der Rest war ein verbissener, zäher und fehlerstrotzender Verschleißkampf zweier Mannschaften, in denen das Oel der Hoffnung nun endgültig vertrocknet war. Da der als Halbstürmer eingesetzte Schämer nach verheißungsvollem Start in der zweiten Halbzeit bald ermüdete, so daß Jürgen Werner freier schalten und walten konnte, wuchsen sich die Mittelfeldvorteile der Hamburger nach dem Wechsel zu einer dauerhaften Ueberlegenheit aus; aber mehr als steriles Kombinationsgeflunker und ein Pfostenschuß von Bahre kamen dabei nicht heraus. Nach wie vor stellten die Riederwälder die gefährlichere Mannschaft.

Lindner, der sich als Gegner des kratzbürstigen Dieter Seeler zunächst vorkam, als spiele er gegen einen Kaktus, tauchte auf und bildete plötzlich mit Kreß einen rechten Flügel, der dem HSV-Hüter Schnoor mehr als einmal das kalte Grausen über den Rücken jagte. Daß die zunehmenden Aufregungen im Vorgarten der Eintracht nicht überhandnahmen, dafür sorgte Weilbächer, der als Chef des Ganzen sowohl im Angriff als auch in der Abwehr mit der Sicherheit eines Mannes zupackte, der demnächst sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als Werkmeister feiert. So kam die Eintracht über die Zeit, obwohl sie die verlockendsten Chancen, ihren Vorsprung auszubauen, außer acht ließ.

Die Tore fielen logischerweise in dem Teil, in dem beide Mannschaften das Wunder von Köln noch für möglich hielten. So vage diese Möglichkeit war, so deutlich bestimmte sie bis zur Pause die Situation. Erst als in der Pause das erste Zwischenergebnis vom Müngersdorfer Stadion eintraf, nahm das frischfröhliche Blindekuhspiel, in dem sich beide Mannschaften noch einmal von ihrer besseren (wenn auch nicht von ihrer besten) Seite zeigten, ein jähes Ende. Das Verblüffendste für die wenigen Schlachtenbummler vom Main war das herrische Auftrumpfen der Riederwälder in der ersten Viertelstunde, in der die Hamburger kaum einmal die Mittellinie überschritten.

Es war die Viertelstunde des neugebildeten linken Flügels Schämer/Solz, die Viertelstunde, in der Schämer nicht nur Jürgen Werner störte, sondern auch seinen Nebenmann mit gestochenen Pässen ins Spiel brachte. Als Weilbächer mit einem Freistoß Glück hatte, der von der „Mauer" zum 1:0 für die Eintracht in die Ecke sprang, war die Zeit schon überreif für den Führungstreffer der Riederwälder. Richard Kreß schien auf dem besten Wege, auch das dritte Duell gegen Kurbjuhn zu gewinnen, der diesmal allerdings kaltes Blut bewahrte. Weilbächers konstruktives Außenläuferspiel übertraf noch die nützlichen aber etwas kleinkarierten Bemühungen seines Nebenmannes Stinka.

Die Gefahren für die Riederwälder zeichneten sich allerdings auch jetzt schon klar ab. Lindner fiel bis zum Wechsel nahezu völlig aus. So drohte der in der Abwehr ziemlich unbeschäftigte Dieter Seeler allmählich in die Rolle des von Schämer erfolgreich gestoppten Jürgen Werner hineinzuwachsen und damit den taktischen Plan Paul Oswalds doch noch zu durchkreuzen. Die Konstellation war um so heikler, als in unmittelbarer Nähe Dieter Seelers die Ausgangsposition Dörfels lag, gegen den Schymik im direkten Zweikampf keine Chancen besaß. Ein Zuspiel, das Dörfel erreichte, bildete die Garantie dafür, daß die Riederwälder in den allernächsten Sekunde Besuch an der eigenen Torlinie erhalten würden.

Hinzu kam, daß Mittelstürmer Wulf, der den verletzten Uwe Seeler vertrat (Stimme aus dem Volk: „Der Wulf ist mir lieber als der Uwe der letzten Wochen!"), daß dieses prächtige Mannsbild von Vorausfußballer mit Dörfel besonders gut harmonierte. Kurz, es paßte genau ins Bild, daß Dörfel die Lederkugel Mitte der ersten Halbzeit aus einem Torraumdickicht zum l:1 über die Linie stocherte.

Prompt schlugen 60.000 Hamburger auf den Rängen und elf Hamburger auf dem Spielfeld gleichzeitig los. Dieter Seeler, Wulf und Dörfel schlössen sich zu einem Dreieck zusammen, das wie ein Donnerkeil mitten in die kritische Zone der Riederwälder zielte. Es gab nur ein Gegenmittel: die Mannschaft Paul Osswalds mußte auf dem schnellsten Wege wieder selbst die Initiative übernehmen. Dies gelang jedoch erst kurz vor der Pause, als Stinka auch als Mann der Abwehr merkte, wie der Hase lief, und als Weilbächers geduldige Mittelfeldarbeit endlich wieder ihre Früchte trug. Immer besser stellte sich nun Eigenbrodt auf das großräumige Mittelstürmerspiel Wulfs ein, so daß sich auch an dieser Stelle die Riederwälder Abwehr allmählich einrenkte.

Einige befremdende Patzer Höfers hatten keine Folgen, da Hamburgs Rechtsaußen Reuter mit seinen Vorteilen wenig anzufangen wußte. Sechzig Sekunden vor der Pause, nach der die blasse zweite Halbzeit folgte, hatte auch Erwin Stein seinen einzigartigen Moment, als er einen zu kurz abgewehrten Ball mit dem linken Fuß aus 18 Meter schräg durch den Strafraum zum 2:1 ins Netz jagte. Erwin hatte noch manche guten Augenblicke. Das Unglaubliche wiederholte sich jedoch nicht mehr.

Osswald: Köln zu Recht Gruppensieger

Eintracht-Trainer Osswald: „Ich war mit der Leistung meiner Mannschaft nicht zufrieden, sie spielte nur in der ersten Viertelstunde überzeugend. Zu Recht ist der 1. FC Köln Gruppensieger geworden. Unser bester Spieler war Mittelläufer Eigenbrodt."

HSV-Trainer Günther Mahlmann: „Geärgert haben wir uns über diese Niederlage nicht mehr. Das Spiel lief bei uns nur streckenweise gut. Ein Mann wie Uwe Seeler ist eben nicht vollwertig zu ersetzen."

Erwin Stein: „Der HSV war ohne Uwe Seeler im Angriff nicht entschlossen genug, sonst wäre es bei uns sicher noch schief gegangen. Ich freue mich natürlich, daß mein Schuß kurz vor der Pause zum Siegestor führte. Meinke war ein feiner Gegenspieler. Er war sehr hartnäckig."

Jochen Meinke (HSV-Spielführer): „Unsere Mannschaft hat sich ohne Uwe Seeler viel Mühe gegeben. Sie hat mit großem Einsatz gekämpft und nicht immer Glück gehabt. Der Pfostenschuß von Harry Bahre nach der Pause hätte ebenso das 2:2 bedeuten können." (aus 'Der neue Sport' vom 07.05.1962)

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