1. FC Nürnberg - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1962 - Halbfinale

4:2 (1:0)

Termin: 22.08.1962
Zuschauer: 26.000
Schiedsrichter: Fritz Schörnich (Düsseldorf)
Tore: 1:0 Tasso Wild (10.), 1:1 Erwin Stein (51.), 2:1 Gustl Flachenecker (54., Elfmeter), 3:1 Gustl Flachenecker (59.), 4:1 Kurt Haseneder (69.), 4:2 Erich Hahn (70.)

>> Spielbericht <<

1. FC Nürnberg Eintracht Frankfurt

  • Roland Wabra
  • Paul Derbfuß
  • Helmut Hilpert
  • Gustl Flachenecker
  • Horst Leupold
  • Stefan Reisch
  • Kurt Dachlauer
  • Kurt Haseneder
  • Heinz Strehl
  • Tasso Wild
  • Richard Albrecht

 


 

Trainer
  • Herbert Widmayer
Trainer

Das Endspiel heißt Club — Fortuna

1. FC Nürnberg — Eintracht Frankfurt 4:2 (1:0)

Herbert Windecker berichtet vom Nürnberger Spiel

Die Eintracht verlor, weil sie zu keiner Zeit Ansätze an die großen Spiele in Köln und München fand. Die Abwehr, in Köln eine Bastion aus Erz und Stein, schwankte unter den oft durchsichtigen, meist recht behäbig vorgetragenen Nürnberger Angriffen wie ein Rohr im Wind. Der Sturm tat vor der Pause nichts anderes, als hin und wieder Entlastungsstürme nach vorne zu tragen. Planung und System fehlten diesem Sturm. Er wartete auf Zufälligkeiten und auf Schwächen der Nürnberger Deckung.

In der ersten Halbzeit wartete er vergebens, denn die Klammer Kreß-Schämer existierte nicht. Kreß verlor seine Schärfe durch den uralten Respekt vor Hilpert, Schämer war nicht dabei. Schämer war verletzt. Die Männer zwischen den Flügeln spielten für einen Vollstrecker, der nicht dabei war. Zudem ruhte die Verbindung zwischen Deckung und Sturm auf Stationen, die der Anforderung einer doppelten Belastung nicht gewachsen waren.

Die Eintracht verlor, weil Schämer nicht dabei war. Bei aller Blässe des Sturmes fielen dennoch genügend Chancen ab, die einem Schämer auf den Fuß geschrieben sind. Wo Schämer donnernd zugelangt hätte, wußte sein Stellvertreter Lindner nichts anderes zu tun, als den Ball dem nächsten vielleicht geringfügig besser postierten Mann zuzuspielen. Wo Schämer polternd ein Duell mit Derbfuß angenommen hätte, wich Lindner zaghaft zurück.

Lindner war nur in der ersten Viertelstunde einer der fleißigsten Stürmer. Die guten Vorsätze behielt er bis zum Abpfiff, aber die Kraft reichte nicht mehr aus. Der beste Mann der Eintracht-Reserve in München war der schwächste Mann der ersten Mannschaft in Nürnberg. Wie wertvoll, wie unentbehrlich ein Schämer für die Eintracht ist, zeigte sich in Nürnberg, wo er fehlte. Niemand war zur Stelle, der Schämers Rolle hätte spielen können.

Die Eintracht verlor, weil Justament in jenem Augenblick, da ein Ruck durch die Mannschaft ging, da der Ausgleich gefallen war und das Spiel endlich nach vorne lief, ein Elfmeter in die Quere kam. Der Elfmeter war nichts anderes als eine Entschuldigung des Schiedsrichters fürs Nürnberger Publikum. In der ersten Halbzeit war er verpfiffen und verspottet worden, und immer höher kletterte dieses Publikum auf die Palme. Der Mann im schwarzen Frack blieb eiskalt.

Erst später, nach der Pause, verlor er seine Ruhe. Nun griff er zu Konzessionen. Der Elfmeter war nicht die erste, aber die ärgste. Daß der Elfmeter die Nürnberger wieder in Führung brachte und die Eintracht wieder in die Rolle des Verfolgers zwang, gab dem Spiel den letzten Dreh. Flachenecker verwandelte ihn mit einem Kanonenschuß. Fünf Minuten später donnerte Flachenecker einen Freistoß aus 20 Metern ins Tor. 3:1 —die Eintracht war geschlagen. Ueber 4:1 und 4:2 pendelte das Spiel seinem Ende entgegen. Die Härte wuchs, und die Eintracht hatte noch viele Chancen.

Die Geschichte des komischen Elfmeters: Höfer bewegte sich in der Ecke des Strafraumes einem halbhohen Ball entgegen und setzte an, ihn ins Feld zurückzuschlagen. Er verfehlte den Ball und traf den in diesem Moment auf ihn zustürzenden Nürnberger Außenstürmer Dachlauer, der zu Boden stürzte. Anschließend schoß Höfer den Ball ins Feld zurück. Der weit vom Ort des Geschehens entfernte Schiedsrichter reagierte mehr auf das Geheul der Zuschauer denn auf den Tatbestand und pfiff Elfmeter.

Allenfalls hätte er gefährliches Spiel pfeifen können, denn Höfers Attacke barg in der Tat Gefahren für den Gegenspieler in sich. Allerdings konnte Höfer den ihn von rückwärts angehenden Gegenspieler Dachlauer nicht sehen. Die Regel schreibt für gefährliches Spiel indirekten Freistoß vor. Die Proteste der Eintracht verhallten ungehört.

Von der eisernen Entschlossenheit, mit der die Eintracht das Spiel beim deutschen Meister vor zwei Wochen angegangen hatte, war nicht viel zu spüren. Das Bild der Mannschaft sah über lange Strecken ungewohnt zerrissen aus. Man spürte die Ueberanstrengung und Ueberforderung. Kaum wer außer Höfer und Hahn erreichte über die volle Distanz Riederwälder Format, wie es im Süden bekannt ist.

Landerer versagte ein übers andere Mal im Nahkampf, Loy ließ ein Tor passieren, das er nie passieren lassen durfte, Schymik steckte in tiefer Mittelmäßigkeit. Erwin Stein oft von allen Verbindungen abgeschnitten und darauf angewiesen, sein Werk schon im Mittelfeld anzuknüpfen, verzehrte sich weit vor dem Tor. Es blieb nicht viel, was die Hoffnungen bis tief in die zweite Halbzeit hochhielt. Hahns Pässe, hin und wieder die Slaloms des Wolfgang Solz, In der zweiten Halbzeit einige Sturmläufe von Richard Kreß — viel mehr war es nicht.

Bange wurde den Nürnbergern erst in der letzten Viertelstunde, als Hahn ein tolles Tor geschossen hatte und nun alles stürmte, was den rotschwarzen Eintrachtdreß trug. Höfer, Weilbächer, auch Lutz. Chancen stellten sich ein. doch keine Tore mehr. Denn mittlerweile hatte der Aufruhr die Nerven erfaßt und lähmte den klaren Blick.

Der Club hat verdient gewonnen. Das Außenläufer-Gespann Flachenecker-Reisch und der imposante Tasso Wild machten am meisten Furore. Die Harmonie der Elf stand über der der Eintracht, und die Deckung sah, trotz einiger Wabra-Pannen, besser und stabiler aus. Aber natürlich spielten andere Dinge mit, wie zum Beispiel der Elfmeter, der die Eintracht im ungünstigsten Moment traf. (aus 'Der neue Sport' vom 27.08.1962)

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