Eintracht Frankfurt - Borussia Neunkirchen

DFB-Pokal 1964/1965 - 1. Hauptrunde

2:1 (1:0)

Termin: 16.01.1965
Zuschauer: 13.000
Schiedsrichter: Siepe (Bergheim)
Tore: 1:0 Horst Trimhold (43.), 2:0 Wilhelm Huberts (58.), 2:1 Erwin Glod (65.)

 

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Eintracht Frankfurt Borussia Neunkirchen

 


  • Horst Kirsch
  • Günter Schröder
  • Hans Schreier
  • Achim Melcher
  • Erich Leist
  • Erwin Glod
  • Elmar May
  • Paul Pidancet
  • Gottfried Peter
  • Günter Heiden
  • Volker Münz

 

Trainer Trainer
  • Horst Buhtz

Aufregung um Lutz

Zu gerne will man bei den Riederwäldern den Erfolg aus dem letztjährigen Wettbewerb wiederholen, als man das Finale des DFB-Pokals erreichte. Die Scharte, dort gegen den TSV 1860 München recht chancenlos mit 0:2 verloren zu haben, gilt es auszuwetzen und erstmals den „Pott“ nach Frankfurt zu holen. Die Aufgabe in der ersten Runde darf dabei durchaus als lösbar gelten, denn der Bundesliga-Aufsteiger aus Neunkirchen stellt sich zum zweiten Mal in dieser Saison vor und soll zum zweiten Male besiegt werden.

Immer noch sind die Neunkirchener in der Liga auswärts sieglos und haben zuletzt in Dortmund beim BVB eine 1:5-Schlappe erlitten. Das Unentschieden gegen den 1. FC Köln am letzten Wochenende hat aber für neuen Mut bei den Saarländern und für das Verlassen der beiden Abstiegsplätze gesorgt. Respekt hat die Eintracht allerdings vor dem Schlussmann des Tabellenvierzehnten. Kirsch hat sie vor knapp zwei Monaten fast zur Verzweiflung getrieben, bevor Huberts den überragenden Torwart dann doch wenigstens einmal überwinden konnte.

Die Eintracht hat nach diesem Sieg auch in den folgenden sechs Punktspielen nicht verloren und war dabei drei Mal siegreich, jedoch nur ein einziges Mal vor heimischem Publikum. Man darf als Anhänger der Hessen gar nicht darüber nachdenken, wo die Eintracht, die aktuell auf Platz sechs rangiert, stehen könnte, wenn sie mehr als die zwei kümmerlichen Heimsiege aufzuweisen hätte … Doch noch ist nichts verloren, denn der Rückstand auf Tabellenführer Werder Bremen, dem man im Weserstadion gerade ein 2:2 abgetrotzt hat, beträgt lediglich zwei Punkte.

Doch im Spiel gegen die Saarländer ist nichts davon zu spüren, dass hier eine Spitzenmannschaft gegen einen auf dem Papier deutlich unterlegenen Gegner antritt. Das kann nicht allein daran liegen, dass einer der beiden Torschützen von Bremen, nämlich Sturmführer Erwin Stein, verletzungsbedingt nicht mit von der Partie sein kann. Auch die für Januar nicht ungewöhnliche Kälte taugt nicht als Begründung für das geschwindigkeitsarme Offensivspiel der Hausherren, deren Liebe zum Ball wieder einmal dazu führt, dass sich die einzelnen Akteure nicht oder viel zu spät vom Leder trennen.

Nein, dieser Pokal-Begegnung kann man auch mit viel gutem Willen und Verständnis für die frierenden Spieler kein Bundesligaformat zubilligen, obwohl zwei Erstligavereine beteiligt sind. Allzu viele Akteure bleiben weit unter ihrer besten Form. Wolfgang Solz beispielsweise, der vor 14 Tagen beim 4:1 noch gegen den TSV 1860 München noch groß aufspielte, einen Treffer selbst erzielte und zwei weitere vorbereitete, will heute nicht viel gelingen. Seine beste Szene hat er in der Anfangsphase, als er in der 9. Minute nach einem Querpass Lechners von Huberts steil geschickt wird, doch die große Chance nicht zur Führung verwerten kann.

Auch die biederen Gäste kommen einmal besonders gefährlich vor das Tor der Eintracht. Pidancet, der nach seiner mehrwöchigen Verletzungspause am 16. und 17. Spieltag wieder zum Einsatz kam, jedoch sowohl gegen Nürnberg als auch in Dortmund enttäuschte, leitet mit einem prächtigen Querpass die Gelegenheit in der 24. Minute ein. Gottfried Peter, der erst auf zwei Ligaspiele zurückblicken kann, dabei jedoch einen Treffer erzielt hat, legt auf den schussgewaltigen Erwin Glod zurück und Torjäger Elmar May kann von Loy gerade noch gestoppt werden.


Trimhold erzielt das 1:0

Das ist schwere Kost, dabei kann Fußball so leicht wie schön sein. Vor allem dann, wenn man begreift, dass es im Grunde ein einfaches Spiel ist, bei dem es darum geht, den Ball schneller laufen zu lassen als der Gegner rennen kann. So geschieht es in der 43. Minute, als die Eintracht aus der Tiefe mit wenigen Kombinationen blitzschnell vor des Gegners Strafraum auftaucht. Die Flanke von Huberts kann der sonst so zuverlässige Hans Schreier mit dem Kopf nicht weit genug abwehren, so dass der Ball dem unbewachten Horst Trimhold am Sechzehner vor die Füße fällt. Der bis dahin eher unauffällige Offensivspieler nimmt dieses Geschenk dankbar an und zieht das Leder an Schreiers Rücken vorbei auf das lange Eck, wo das Geschoss zur Frankfurter Führung einschlägt.

Wer nach der Halbzeitpause jedoch ein offeneres Spiel erwartet, wird zunächst enttäuscht. Zu harmlos sind weiterhin die Saarländer und zu umständlich agiert immer noch die Eintracht. Im Sturm der Borussia regt sich kein Lüftchen, der torgefährliche May ist auf Linksaußen wirkungslos und sein junger Sturmpartner Volker Münz, der sich in der Bundesliga bisher nur am 5. Spieltag einmal beweisen durfte, bleibt blass.

Abwechslungsreicher wird die Partie erst nach einer knappen Stunde, nachdem die Frankfurter zum 2:0 getroffen haben. Lechner verlängert Trimholds Eckball mit dem Kopf zum freistehenden Huberts, der umgehend eine Kostprobe seiner ausgezeichneten Schusstechnik abliefert. Der technisch einwandfrei ausgeführte Spannstoß schlägt wie zuvor Trimholds Schuss unhaltbar für Kirsch im langen Eck ein.

Die Partie scheint entschieden, doch sie ist es nicht. Schuld daran ist ein Treffer, bei dem man bei besserem Wetter ehrlich behaupten könnte, er sei aus heiterem Himmel gefallen. So aber ist es einfach nur ein Distanzschuss von Glod, der Egon Loy in der 65. Minute überrascht. Wer hätte auch vermutet, dass der Borusse aus gut und gerne 35 Metern auf das Frankfurter Heiligtum zielt? Und er zielt trefflich, denn der Ball fliegt über Loy hinweg geradewegs in den linken Torwinkel. Ohne Zweifel der schönste Treffer am heutigen Tag.


Melcher im Zweikampf mit Solz

Und siehe da, jetzt kommt Leben in die Truppe. Die Borussia will nun den Ausgleich und spielt so frech nach vorne, wie man es sich schon früher gewünscht hätte. Leider wissen die Frankfurter mit dem dabei entstehenden Raum wenig bis nichts anzufangen und beschränken sich auf das Verteidigen des knappen Vorsprungs. May, der zuvor eine fast leblose Darstellung geboten hat, wechselt vom Flügel ins Zentrum, ist dort um einiges agiler und endlich zum beherzten Abschluss bereit.

Die turbulenten Szenen, die sich nun vor Loy abspielen, könnten ins Auge gehen, doch am Ende nimmt nur der Kopf des bedauernswerten Friedel Lutz Schaden. Mit Pidancet prallt er in der 78. Minute im Kopfballduell zusammen. Lutz bleibt liegen und klagt über Schmerzen an derselben Stelle, an der er sich vor etwa vier Jahren einen Schädelbruch zugezogen hat. Damals, am 4.3.1961, testete Bundestrainer Sepp Herberger in einem Auswahlspiel West gegen Süd in Dortmund seine Kandidaten für die Weltmeisterschaft in Chile, wenngleich Karl-Heinz Schnellinger, Hans Nowak, Albert Brülls und Willi Schulz mangels Freigabe ihrer Vereine lediglich unter den 35.000 auf der Tribüne saßen. Der Süden gewann mit 5:3, doch Lutz schied bereits nach zwei Minuten mit eben jenem Schädelbruch aus.

Der 2:1-Sieg der Eintracht rückt in den Hintergrund, denn Lutz muss ins Krankenhaus gebracht werden. Nach der Röntgenaufnahme gibt es jedoch Entwarnung für den Spieler – sein Schädel weist einen Bluterguss auf und ist geprellt, aber nicht erneut gebrochen. Die Eintrachtler, die sich am Sonntag bei Frau Lutz nach Friedels Zustand erkundigen, atmen auf. Wie es aussieht, kann Lutz vielleicht in zwei Wochen schon wieder im Kreis seiner Kameraden mittun.

Dennoch schimpft Eintrachts ebenfalls verletzter Mittelstürmer Erwin Stein: „Ausgerechnet jetzt! Wir waren so schön in Schwung gekommen, und nun die Verletzung von Friedel und meine dazu.“ Stein leidet unter einer Knochenhautentzündung, die erst jetzt im Krankenhaus diagnostiziert wurde. „Das quält mich schon seit zwei Monaten, aber in der letzten Woche ging es trotz Spritzen nicht mehr“, berichtet der Torjäger, dem von den Ärzten strenge Ruhe verordnet wurde.

In der nächsten Runde wird die Eintracht übrigens im Waldstadion auf den FC Schalke 04 treffen. Das ist kein schlechtes Omen, sollte man meinen. Zum einen haben die Schalker erst am letzten Wochenende den letzten Tabellenplatz nach einem 1:0-Sieg über den 1. FC Kaiserslautern verlassen können und liegen weiterhin auf einem Abstiegsrang, zum anderen haben die Frankfurter die Gelsenkirchener bereits im letztjährigen Wettbewerb im Viertelfinale mit 2:1 ausgeschaltet. (rs)


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