Borussia Neunkirchen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1967/1968 - 11. Spieltag

2:2 (0:0)

Termin: Sa 28.10.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Horst Herden (Hamburg)
Tore: 0:1 Jürgen Grabowski (57.), 1:1 Wolfgang Gayer (66.), 2:1 Wolfgang Gayer (69.), 2:2 Oskar Lotz (79.)

 


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Borussia Neunkirchen Eintracht Frankfurt

  • Willi Ertz
  • Hans Linsenmaier
  • Jürgen Rohweder
  • Dieter Schock
  • Peter Czernotzky
  • Günter Kuntz
  • Erich Hermesdorf
  • Hugo Ulm
  • Wolfgang Gayer
  • Jürgen Wingert
  • Ludwig Lang

 


 

Wechsel
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Trainer
  • Zeljko Cajkovski
Trainer

 

 

Ein mühseliger Punktgewinn

Gerd Müller wurde zum Fußballer des Jahres gewählt. Fritz Walter ehrt den Mittelstürmer von Bayern München in seiner Kolumne "Wie ich es sehe". In seiner Lobeshymne erinnert der Kapitän der Weltmeisterelf von 1954 an einen seiner ehemaligen Mitspieler, dem Müllers Schussglück, aber leider auch ein viel zu kurzes Leben beschieden war: "Du bist mit beiden Beinen auf der Erde geblieben und hast Dich nicht auf Deinen Lorbeeren ausgeruht. Wenn ich Dich auf dem Spielfeld sehe, werde ich unwillkürlich immer wieder an meinen Kameraden August Klingler erinnert, der genau wie Du in einem kleinen Amateurverein, dem FV Daxlanden, gespielt hat und den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft hat. Genau wie Du war er enorm schussstark, pfeilschnell, eine wahre Augenweide. Nur dass er nicht die berühmten "Müllerschen Oberschenkel" besaß. August Klingler, eines der großen deutschen Fußball-Talente, kam nicht aus dem Krieg zurück. " Für den, der Walters Buch "11 Rote Jäger" gelesen hat, ist diese Hommage an den vor 23 Jahren Getöteten keine Überraschung: "Sein Tod ging mir überaus nahe", schreibt Fritz Walter in dem 1959 erschienen Werk: "Bei allen 5 Länderspielen, zu denen August berufen wurde, war auch ich dabei. Herberger und wir alle hielten den von Daxlanden bei Karlsruhe kommenden Klingler für eines der hoffnungsvollsten Talente im deutschen Fußballsport. Er war ein großartiger Linksaußen."

Einen großartigen Rechtsaußen hat die Frankfurter Eintracht seit etwas mehr als zwei Jahren in ihren Reihen: Jürgen Grabowski. Der junge Mann aus Biebrich, der bewiesen hat, dass er sowohl Tore schießen als auch vorbereiten kann, geizt allerdings in dieser Spielzeit mit seinen Künsten. Am letzten Wochenende glänzte er zwar beim 2:0 gegen den KSC mit einem Treffer und einer Torvorlage, doch in beiden Fällen war es Grabowskis Premiere in dieser Saison. Weitere zählbare Erfolge des Linksaußen sind nötig, um die Eintracht von Platz 14 wieder in die Gefilde zu schießen, in denen sich der Deutsche Meister des Jahres 1959 beheimatet fühlt.

Bei ihrem heutigen Spiel im Neunkirchen gegen die Borussia geht es für die Eintracht zwar gegen einen Aufsteiger, aber nicht gegen einen Unbekannten. Denn bereits 1964 hatten die Saarländer den Bundesligaaufstieg geschafft und in ihrer ersten Saison immerhin Platz 10 belegt. Zwar stiegen die Neunkirchener in der folgenden Spielzeit als 17. ab, konnten aber nach nur einem Jahr Regionalliga in der Aufstiegsrunde Schwarz-Weiß Essen, Arminia Hannover, Bayern Hof und Hertha BSC hinter sich lassen und sich den erneuten Aufstieg sichern.

Allerdings legte der Rückkehrer in die Bundesliga in dieser Saison den klassischen Fehlstart in der höchsten deutschen Spielklasse hin. Erst am 8. Spieltag gelang mit dem 3:2 gegen den KSC der erste Sieg, dem schon einen Spieltag später mit dem 2:1 gegen den 1. FC Köln gleich der nächste doppelte Punktgewinn folgte. Auch in ihrer nächsten Partie beim HSV blieben die Neunkirchener beim 0:0 ungeschlagen, so dass es die Eintracht heute mit einem durchaus selbstbewussten Gegner zu tun bekommt.

Werbung für den Fußball können beide Mannschaften in der ersten Hälfte unter den 15.000 Besuchern nicht betreiben. Die Neunkirchener wirken im Gegensatz zu den letzten Spielen wenig zielgerichtet, man meint zuweilen, die Elf habe einen zu großen Respekt vor dem Gegner. Die Eintracht wiederum legt Wert darauf, in der Defensive mit den beiden zentralen Verteidigern Lindner und Schämer stets eine numerische Überlegenheit zu wahren. Im Mittelfeld versucht Huberts, der seinen Gegenspieler Wingert ein ums andere Mal verlädt, die Fäden in die Hand zu nehmen und hat reichlich Ballkontakte. In der meist per Steilvorlagen in Szene gesetzten Offensive der Eintracht präsentiert sich Grabowski als gefährlichster Frankfurter.

Nach der Anfangsoffensive der Eintracht, die schon nach 5 Minuten versandete, passiert kaum Bemerkenswertes in diesem ersten Durchgang. Einen Konter durch Ulm beendet Kunter, in dem er am Strafraum den Winkel verkürzt. Gayer schießt einen Abpraller am Frankfurter Kasten vorbei und Linsenmaier köpft Kunter einen Aufsetzer in die Arme. Der Angriff der Gastgeber besteht allerdings auch nur aus einem Flügel, weil die linke Angriffsseite völlig brach liegt. Nur rechts sorgen Gayer und Ulm für Betrieb. Insgesamt ist es eine eher langweilige und zerfahrene Partie, die als logische Konsequenz ein 0:0 zur Pause verbucht. "Jetzt hoffe ich nur noch auf den Wind", klagt Borussen-Trainer Cajkovski zur Halbzeit angesichts der Sturmflaute.

Auch die zweite Hälfte ist zunächst nicht dazu angetan, die Zuschauer zu bannen. Zumindest aber fallen in diesen 45 Minuten Tore, die dem Spiel eine gewisse Spannung verleihen. Wingert lässt in der 50. Minute zwar noch eine fast todsichere Möglichkeit aus, als er aus elf Metern am scheunengleich offenen Tor vorbei zielt. Dann aber macht Frankfurt in der 57. Minute den Anfang durch Grabowski, der sich gegen den ansonsten ausgezeichneten Schock behauptet. Czernotzky verfehlt einen im Grunde harmlosen Pass von Huberts, Grabowski zieht unbehindert auf das Borussen-Tor und schießt am herauslaufenden Ertz vorbei aus 7 Metern flach ins lange Eck.

Der Führungstreffer der Eintracht weckt die Neunkirchener sichtbar auf, sie starten Angriff auf Angriff auf das Frankfurter Tor. Zunächst vergibt zwar noch Wingert, von Hermesdorf geschickt in Szene gesetzt, eine klare Torchance, doch dann holt Wolfgang Gayer nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit zum Doppelschlag aus. Zunächst schafft Neunkirchens Mittelstürmer in der 66. Minute den verdienten Ausgleich: Einen harten Weitschuss von Hermesdorf pariert Kunter meisterlich, aber den Abpraller lenkt Gayer ins Netz. Und nur drei Minuten später muss Schämer tatenlos zusehen, wie Gayer ein Kopfballzuspiel von Kuntz mit einem Volleyschuss durch Kunters Beine zum 2:1 verwertet.

Dieser Führungstreffer beendet allerdings auch die konzentrierte Phase der Gastgeber. Nun schleichen sich wieder viele Fehlpässe ein, es wird gedribbelt, wenn ein befreiender Schlag angebracht wäre. Eine dieser Unaufmerksamkeiten kommt der Eintracht in der 79. Minute zupass: Wingert spielt vor dem eigenen Strafraum Grabowski in die Beine, Huberts verlängert das Zuspiel zu Lotz, der die freie Bahn nutzt: 2:2. Und dieses Ergebnis hat bis zum Abpfiff durch Schiedsrichter Horst Herden aus Hamburg Bestand, weil Huberts kurz vor Schluss sogar noch den möglichen Eintracht-Sieg vergibt.

"Ein Punkt müsste uns genügen, mehr war nicht drin. Neunkirchen ist besser als sein Tabellenplatz. Wir waren nicht überragend, aber doch gut", findet der Eintrachttrainer Elek Schwartz und spart nicht an Lob für den Gegner: "Borussia ist eine lebendige, frische Mannschaft, die stets gefährlich war und mit großem Schwung kämpfte. Mir ist unverständlich, dass die Mannschaft als hart verschrien ist; sie hat vorbildlich fair gekämpft und es ist im Spiel nicht das Geringste passiert, was man als unkorrekt bezeichnen könnte. Mir haben vor allem Gayer und der drangvolle Kuntz gefallen. Mit dem Remis bin ich sehr zufrieden." Gayer, der in der zweiten Halbzeit die Eintracht-Abwehr bisweilen gehörig durcheinandergewirbelt hat, nennt Schwartz eine "Explosion". Wenig angetan zeigt sich dagegen Eintracht-Vorsitzender Rudi Gramlich, der dem Spiel partout keine Bundesligareife bescheinigen will.

"Es gilt wieder einmal die zehnte Strophe des Borussenliedes: Es werden zu viele Chancen vergeben", klagt Neunkirchens Trainer Zeljko Cajkovski, ebenso wie sein älterer Bruder Zlatko Cajkovski in seiner aktiven Zeit als jugoslawischer Vereins- und Nationalspieler erfolgreich. Er hadert mit seiner Mannschaft ob des in seinen Augen verschenkten Sieges: "Wenn dieses Eintracht-Tor zehn Minuten vor Schluss nur nicht gefallen wäre. Wir hatten trotz der technischen Klasse der Eintracht die größeren und häufigeren Torchancen. Beim Gegner haben mir besonders Jusufi sowie Grabowski und Huberts gefallen." (fgo/rs)

 

 

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