Hannover 96 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1968/1969 - 13. Spieltag

1:2 (1:1)

Termin: Sa 02.11.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Alfred Köhler (Wanne-Eickel)
Tore: 1:0 Josip Skoblar (1.), 1:1 Jürgen Kalb (10.), 1:2 Bernd Hölzenbein (84.)

 

 

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Hannover 96 Eintracht Frankfurt

  • Horst Podlasly
  • Hans-Josef Hellingrath
  • Rainer Stiller
  • Christian Breuer
  • Klaus Bohnsack
  • Josip Skoblar
  • Hans Siemensmeyer
  • Jürgen Bandura
  • Peter Anders
  • Rainer Zobel
  • Jupp Heynckes

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Zlatko Cajkovski
Trainer



Jugend forsch

Hannovers Publikum reagierte bitterböse. Pfiffe, wüste Beschimpfungen und brennende Fahnen bereiteten den 96ern einen dornenvollen Weg in die Kabinen. Hunderte von Sitzkissen flogen aufs Feld und auf einheimische Spieler. Der Mann am Lautsprecher focht einen aussichtslosen Kampf gegen die wütenden Zuschauer. Erst mit seiner Drohung, den Ausgang der übrigen Bundesligaspiele zu verschweigen, konnte er die Gemüter vorübergehend beruhigen. Nach zwei vergeblichen Anläufen kamen die Ergebnisse glücklich durch. Doch dann ging der Spektakel von neuem an. Mannschaft und Trainer fanden einfach keine Gnade. Diese Niederlage wurde den Niedersachsen arg verübelt. Eine Überlegenheit und 11:0 Ecken hatten Hannover 96 nicht gereicht, die Moral der Eintracht zu brechen. Die Riederwälder kämpften verzweifelt um ein Remis und bekamen den Sieg.

Trainer Ribbeck nannte es eine verdiente Sache. Er sprach von dem verweigerten Elfmeter, als Bohnsack in der 56. Minute mit einer völlig überflüssigen Reflexbewegung die Hand an den Ball brachte, und der Schiedsrichter den Tatort außerhalb des Strafraumes verlegte. Ribbeck vergaß aber, daß dies und ein Nickel-Schuß, der knapp vorbeistrich, überhaupt die einzigen Eintracht-Chancen waren, die nicht ins Ziel führten. Selbst die Dinge zu den beiden Frankfurter Toren entwickelten sich durchaus nicht dynamisch.

Dem Ausgleich in der 10. Minute ging ein harmloses Geplänkel in Strafraumhöhe voraus, das Kalb mit einem überraschenden Schuß ins Tordreieck abschloß. Die Entscheidung bahnte sieh aus einer Vorlage Jusufis an, die Hölzenbein noch tief im Mittelfeld annahm. Vier Hannoveraner sah Hölzenbein vor sich, aber keinen günstig postierten Mitspieler. Allein stürmte er los, verhedderte sich, kam wieder ans Leder und stellte sechs Minuten vorm Ende die Ereignisse auf den Kopf.

Dabei hatte die Eintracht schon nach genau 62 Sekunden im Rückstand gelegen und anschließend eine fürchterliche Zeit gehabt. Doch Kalbs Ausgleich kam wie eine Erlösung, machte Mut und gab Selbstvertrauen. Für die Riederwälder sprachen die Taten eines Kunter, eines Lindner und eines Jusufi, die absolut fehlerlos arbeiteten und alle Fugen schlossen. Und undichte Stellen gab es im ersten Durchgang in Fülle. Da reichten die einfachen Mittel von Wirth gegen den Trickreichtum eines Skoblar nie zur Ebenbürtigkeit. An fußballerischem Können lagen Welten zwischen diesen beiden. Schämer bewegte sich an der Seite des feinfühligen Zobel wie auf Glatteis. Doch nach der Pause gehörten diese beunruhigenden Dinge endgültig der Vergangenheit an. Da zählte die Eintrachtdeckung nur noch als fest gefügter Block, in den sich auch Wirth und Schämer nahtlos eingefügt hatten.

Was aber Frankfurt hoffen läßt, was gehegt und gepflegt werden muß, das erblüht den Riederwäldern im Mittelfeld. Auf den Wegen von Hölzenbein und besonders von Kalb glaubt man bereits den zarten Duft einer neuen Eintracht-Ära zu spüren. Daß Hölzenbein einen Klassemann wie Heynckes völlig degradierte, mag noch mit einer konsequent gelösten Deckungsaufgabe abgetan werden. Was aber Kalb aus einem Siemensmeyer machte, trug wesentlich zum angestauten Groll des Publikums am Spielende bei. Hannover konnte es einfach nicht fassen, daß sein Star Siemensmeyer In der Nähe des jungen, unbekannten Kalb völlig wertlos wurde. Wie schon am Mittwoch gegen Netzer, scherte sich Kalb wenig um Siemensmeyer. Er fühlte sich als der stärkere Mann, also sollte Hannovers Kapitän ihm folgen. Zwangsläufig kam auch die entsprechende Order Cajkovskis von der Trainerbank. Mit der Beschattung von Kalb aber war Siemensmeyer glatt überfordert. Tief im Schatten des neuen Eintracht-Sterns geriet er in eine tragische, vielgeschmähte Statistenrolle.

Wenn vom Eintrachtsturm gesprochen werden muß, dann fallen erneut die Namen Kalb und Hölzenbein. Nicht nur der beiden Tore wegen. Andere Stürmer hatte die Eintracht selten. Anfänglich versuchte Oskar Lotz einiges auf eigene Faust. Bohnsack hatte es um diese Zelt schwer, ihn zu bremsen. Später aber holte sich Lotz seine Pluspunkte nur noch in der Nähe des Frankfurter Strafraumes. Huberts, eine verkleinerte Ausgabe von Kalb, schaffte nur im Mittelfeld ordentliches. Aber Nickel blieb gegen den eisenharten Hellingrath schon vorzeitig auf der Strecke; auf ihn konnte die Eintracht kaum bauen. Walter Bechtolds Radius waren allzu enge Grenzen gesteckt. Langsam und umständlich konnte er kaum einmal ins Geschehen eingreifen. Folgerichtig holte Ihn Ribbeck in der 71. Minute vom Feld, um seine Truppe durch einen weiteren Kämpfer zu stärken, So durfte Bellut noch den späten Triumpf dieses Sensationssieges auskosten.

Gewiß, die Eintracht schwamm in Hannover auf einer Woge des Glücks. Aber erfahrene Männer wie Kunter, Lindner, Jusufi fassen solche Gelegenheiten beim Schopf und garantieren einen Punkt. Doch daß es mehr werden konnte, benötigte schon die Unbekümmertheit der Kalb und Hölzenbein. Die Hoffnung auf diese Jugend überstrahlt noch den ersten Sieg im Niedersachsenstadion.

 

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