1860 München - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1968/1969 - 15. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 16.11.1968, 15:30 Uhr
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Rudolf Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 1:0 Wilfried Kohlars (73.)

 

 

>> Spielbericht <<

1860 München Eintracht Frankfurt

  • Petar Radenkovic
  • Hans-Günther Kroth
  • Manfred Wagner
  • Zeljko Perusic
  • Bernd Patzke
  • Jürgen Schütz
  • Hans Reich
  • Hans Rebele
  • Wilfried Kohlars
  • Alfred Heiß
  • Klaus Fischer

 


 

Wechsel
  • Hans Linsenmaier für Alfred Heiß (70.)
Wechsel
Trainer
  • Hans Pilz
Trainer



Zu spät offensiv

„Warum haben Sie ihre Mannschaft nicht vorher so bedingungslos stürmen lassen?", fragte ein Münchner Journalist nach dem Spiel Eintracht-Trainer Erich Ribbeck vor der Kabine. Der Einheimische meinte die letzte Viertelstunde, als die Frankfurter — wie in den besten Zeiten der letzten Saison — mit einem furiosen Finish den Rückstand aufzuholen versuchten. Die Frankfurter Journalisten wußten Ribbecks Antwort schon vorher. Er hatte sie schon oft gegeben. „Ich kann doch nicht ein Auswärtsspiel mit leichtsinnigem Offensivspiel bestreiten. Außerdem gab ich nach dem 0:1 keineswegs die Order zum großen Run auf Radenkovic. Das tat die Mannschaft von alleine, was auch völlig richtig war." Beide Trainer sprachen im übrigen von einem guten Spiel.

Die Frankfurter Spieler kamen teils traurig, teils aufgebracht aus der Kabine. „Dieses Tor . . .", ärgerte sich Wirth. „Haben Sie gesehen, was die zum Schluß gemacht haben?", fragte mich Willi Huberts. „Da hat mir doch einer bei dem Strafraumgewühl den Ball mit der Faust vom Fuß geboxt." Huberts hatte energisch reklamiert, doch die Entfernung und der Menschenwall waren zu groß, um Näheres sehen zu können. Selten fühlte die Eintracht ein Unentschieden in solch greifbarer Nähe. Die Spielanteile schlugen zwar bei den Münchnern weiter aus, doch die Eintracht war technisch gleichwertig. Zudem waren die Torchancen der Sechziger zwar zahlreicher, doch arm an Qualität, bei den Frankfurtern war es umgekehrt. Schiedsrichter Kreitlein, der die Begegnung mit der Note ausreichend über die Bühne brachte, tat sein übriges, um die immense Spannung der letzten Minuten noch zu erhöhen. Offensichtlich liebt der Stuttgarter den Nervenkitzel, sonst hätte er nicht aus unerfindlichen Gründen drei Minuten nachspielen lassen.

Bei der Eintracht, die zum ersten Male in der Saison 1968/69 mit der besten Besetzung aufs schneeweiße Feld lief, hatte jedermann seine Aufgabe: Hölzenbein gegen Kohlars, Lutz gegen Fischer, Jusufi gegen Rebele, Wirth gegen Heiß, Kalb gegen Schütz, Lindner spielte freier Mann. Die vier Stürmer hatten Improvisationsfreiheit, von der allerdings nur Huberts optimalen Gebrauch machte. Der Österreicher, mit der Nummer 11 auf dem Trikot, begann auf Linksaußen, dort, wo einige Frankfurter Fans vor dem Spiel in mannsgroßen Lettern den Namen „Huberts" in den Schnee graviert hatten. Huberts wechselte bald in die Mitte, spielte Spitze, dann wieder zurückgezogen, schlug Musterpässe, kurz: er machte, was er wollte und war nie zu fassen. Grabowski, nach einigen Wochen Verletzungspause wieder dabei, und Nickel mischten 45 Minuten lang gut mit. Die Abwehr stand hervorragend, weil Kunter fehlerlos spielte, Wirth zuerst Heiß, später Linsenmaier nach Belieben beherrschte, Lutz vor seinem einstigen Publikum zeigen wollte, wie gut er bei der Eintracht spielen kann, Lindner souverän die Aufgaben des letzten Mannes erfüllte.

Lediglich Jusufi hatte Schwierigkeiten mit Rebele, der den Jugoslawen bei seinen Ausflügen nicht verfolgte, sondern auf die blitzschnell geschlagenen Gegenpässe seiner Deckungsleute wartete. Die schwachen Punkte bei den Gästen vereinigten Bechtold und Kalb. „Kalb ist wahrscheinlich ein bißchen überspielt", versuchte Ribbeck zu erklären. Er löste nur Deckungsaufgaben, und die nicht einmal konsequent, wagte selten den Schritt nach vorne, und wenn er es tat, schlug er Allerweltspässe. Bechtold kam mit dem Boden überhaupt nicht zurecht. Doch es schien, als wäre er auch auf sattem Grün an der körperlichen Fitness seiner Gegner gescheitert.

Die ersten zwanzig Minuten gehörten den Frankfurtern. In dieser Zeit spulte die Eintracht die schönste Kombination des ganzen Spieles ab, als über Lutz, Huberts und Nickel der Ball zu Grabowski kam, der ihn volley aus halbrechter Position knapp am Pfosten vorbeisetzte. Da die Sturmspitzen und Mittelfeldakteure der Münchener größtenteils ausgeschaltet waren, kam die Eintracht mit den Attacken, die gegen Ende der ersten Halbzeit geritten wurden, gut zurecht. Nur wenn Patzke und Reich mitstürmten, wußte man selten ein wirkungsvolles Gegenmittel. So entstanden die besten Gelegenheiten der Gastgeber nach einleitenden Aktionen dieser beiden Spieler.

Nach dem Wechsel mußten die Frankfurter eine kanonadenhafte Eröffnung der Münchner überstehen, wobei die gefährlichste Situation allerdings durch Kalb entstand, der in der 54. Minute den Ball aufs eigene Tor köpfte und den großartigen Kunter zu schneller Reaktion herausforderte. Die Überlegenheit der Gastgeber hielt bis zur 73. Minute. Jusufi ließ sich auf eine unnötige Fummelei im Mittelfeld ein, verlor den Ball, Schütz schlug die Flanke und Kohlars köpfte zum Siegestreffer ein.

Danach setzte eine Phase ein, wie sie die Frankfurter bisher nur in der letzten Saison demonstriert hatten: eine letzte Viertelstunde mit einem Hölzenbein als wirkungsvollstem Akteur. Daß Hölzenbein, der im zweiten Durchgang die Kalbschen Aufbauarbeiten zusätzlich übernahm, die beiden Großchancen zum Ausgleich nicht nutzen konnte, bedeutete persönliches Pech. Nach Nickels bester Leistung, einem Steilpaß in den freien Raum, strebte er allein auf „Radi" zu und schob den Ball um Zentimeter am linken Pfosten vorbei. In der 90. Minute plazierte er einen Kopfball ebenso knapp am rechten Pfosten vorbei.

 

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