Hallenturnier in Karlsruhe |
19.01.1992
2. Platz
Kader: Thomas Ernst, Holger Voigt, Dietmar Roth, Ralf Weber, Uwe Bindewald, Manfred Binz, Frank Möller, Andreas Möller, Michael Klein, Lothar Sippel, Uwe Bein, Jörn Andersen
Gruppe A
Gruppe B
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Eintracht in Karlsruhe Zweiter - Kruse verpennt die Abfahrt In den ersten zehn Minuten des Karlsruher Hallenturniers wußten die Fußballprofis der Frankfurter Eintracht nicht so recht, wo sie eigentlich waren. Die Umstellung auf die Heimat fiel ihnen ganz offensichtlich schwer. Am Samstagabend gegen Mitternacht waren sie erst vom Trainingslager auf Gran Canaria zurückgekehrt und dementsprechend müde, am Sonntagmorgen gab es deswegen vergleichsweise früh gleich zwei Termine. Ein Teil der Profis mußte zur Abfahrt nach Karlsruhe spätestens um 10 Uhr am Waldstadion sein, der zweite Teil spätestens um elf Uhr an selber Stelle, um beim Neujahrsempfang des Vereins die Mannschaft zu repräsentieren. Weder bei den einen noch den andern fand sich Axel Kruse ein. Ausgerechnet er, das Sorgenkind von Trainer Dragoslav Stepanovic, hatte schlicht „verpennt“ (Kruse). Als Kruse kurz nach 10 Uhr am Waldstadion ankam, sah er von der Gegenfahrbahn gerade den Eintracht-Bus bei der Abfahrt nach Karlsruhe. Stürmer Kruse, der sich auf Gran Canaria bei Stepanovic wieder etwas Kredit verschafft hatte, hetzte hinter dem Bus her. Bei Seligenstadt ging ihm allmählich der Sprit aus. Er dachte, „Karlsruhe liegt irgendwo bei Würzburg“. Der sonstige Querdenker Kruse lag wieder einmal falsch. „Nach seinen guten Leistungen letzte Woche hatte ich schon gesagt, freut euch nicht zu früh“, sagte Stepanovic, der als Ersatz Jörn Andersen vom Neujahrsempfang weg von seiner Frau nach Karlsruhe chauffieren ließ. Sorgenkind Kruse hat eine kleine Entschuldigung parat. Der zwei Monate alte Sohn hielt die Familie nachts auf Trab. Deswegen kam Kruse schwer auf Trab. Seinen spielenden Kollegen ging es in Karlsruhe nicht anders. „Im ersten Spiel sah es aus, als hätten wir uns alle hier zum ersten Mal gesehen“, sagte Michael Klein. Das Ergebnis fiel auch so aus: 1:2 gegen die munteren Amateure des K2arlsruher SC. Einziger Torschütze (zum 1:1) war Lothar Sippel. Im zweiten Gruppenspiel führten die Frankfurter, die mit ihren Assen Manfred Binz, Uwe Bein und Andreas Möller angetreten waren, gegen Dukla Prag schon 2:0 durch Tore von Andreas Möller und Weber und mußten in der Spielzeit der zwei mal acht Minuten doch noch den Ausgleich hinnehmen. Wer dachte, jetzt sei der Ausflug frühzeitig beendet, sah sich getäuscht. Die KSC-Amateure fertigten Dukla Prag mit 3:0 ab und hievten die Eintracht dadurch noch ins Halbfinale. Dort ging es gegen den deutschen Meister 1. FC Kaiserslautern spannend zu. Nach der regulären Spielzeit stand es l:1. Uwe Beins Führung nach Vorarbeit von Möller glich Goldbaek kurz vor Ende aus. In einem Acht-Meter-Schießen mußte der Finalist und Gegner des Karlsruher SC, Abteilung Profis, ermittelt werden. Da sah es zunächst trübe aus für die Eintracht. Weil Andreas Möller über das Tor geschossen und Michael Klein nur den Pfosten getroffen hatte, führte der Meister 2:0. Doch den Schuß von Goldbaek parierte Thomas Ernst, der Vertreter von Torhüter Uli Stein, und Haber traf wie Klein nur den Pfosten. Binz und Bein schafften dann das 2:2, Kranz das 3:2. In dieser entscheidenden Phase, beim vorläufig letzten Schuß, zeigte Lothar Sippel eine unverschämte Nervenstärke. Statt den Ball mit Wucht und Macht in das kleine Tor zu befördern, schlenzte er ihn über Torhüter Ehrmann: Gefühl anstelle von Gewalt oder: Frechheit siegt - 3:3. Dann trat Hotic an und erzielte das 4:3. Plötzlich
große Unruhe. Eintracht-Masseur Lutz Meinl hatte die Hallenordnung
besser im Kopf als alle Offiziellen und schickte Eintracht-Manager Klaus
Gerster zum Kampfgericht. Dort wurde geblättert und festgestellt,
daß der Masseur im Recht war. In der Halle müssen dieselben
fünf Spieler noch einmal ran. Also begann wieder Kadlec - 4:3, Andreas
Möller, von einer schmerzenden Blase an der Ferse gehandikapt, besorgte
den Ausgleich, und Torhüter Ernst machte gegen Witeczek Ernst und
hielt dessen Schuß. Kleins 5:4 bedeutete dann mit dem Gesamtergebnis
von 7:6 die Finalteilnahme. Gegen den Karlsruher SC, von den Fans mächtig
unterstützt, hieß dann die Parole Müdigkeit, was übersetzt
0:3 bedeutete und immerhin noch 5000 Mark. „Wir sind mit viel Glück
ins Finale gekommen, da kann man nicht auch noch verlangen, daß
wir gewinnen“, sagte Stepanovic trotz allem gut gelaunt. In dieser
Phase der Vorbereitung denke jeder an die Bundesliga und riskiere deswegen
nicht mehr den letzten Einsatz. Vom 7. Februar an geht es nämlich
um weit mehr. (FAZ)
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