VfB Lübeck - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1996/1997 - 1. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: 04.08.1996
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Heynemann (Magdeburg)
Tore: 0:1 Steffen Menze (56.) 1:1 Kachaber Zchadadse (82., Eigentor)

 

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VfB Lübeck Eintracht Frankfurt

  • Maik Wilde
  • Holger Behnert
  • Jörn Schwinkendorf
  • Romas Mazeikis
  • Andreas Winkler
  • Felix van der Steen
  • Daniel Jurgeleit
  • Lars Kindgen
  • Andre Golke
  • Lutz Schwerinski
  • Torben Hoffmann

 


 

Wechsel

  • Markus Aerdken für Lutz Schwerinski (74.)
  • Krzysztof Hetmanski für Lars Kindgen (79.)

Wechsel

Trainer

  • Michael Lorkowski

Trainer

 

 

Ein geglückter oder missglückter Auftakt?

"Trainer, kriegen wir überhaupt eine Mannschaft zusammen", soll Maurizio Gaudino den Trainer bei seiner Rückkehr aus Mexiko gefragt haben. "Wenn du bleibst, ja", meinte Dragoslav Stepanovic im Juni und ergänzte: "Wir noch ein paar Amateure dazugetan, damit es nach einer richtigen Mannschaft aussieht.“ Ein klein wenig besser ist es dann doch geworden, nachdem Güntensperger, Pejovic und Menze dazu gekommen sind, so dass der Kader ohne die langzeitverletzten Weber und Bunzenthal auf drei Torhüter und 17 Feldspieler - von denen drei Vertragsamateure sind - angewachsen ist. So ist auch nach der sechswöchigen Vorbereitung mit Testspielen, die nicht dazu geeignet waren, dass “wir in Euphorie verfallen“, die Unsicherheit groß. “Das wird die schwerste Saison für die Eintracht. Ich weiß gar nicht, wie ich unser Leistungsvermögen einschätzen soll“, erklärt der Trainer, um zu betonen, dass zunächst Geduld gefragt sei: “Wir brauchen zehn Spiele, um uns in der neuen Liga zu etablieren und zu stabilisieren.“ Mehr ist wohl nicht drin angesichts von knapp 8 Millionen Mark Schulden und eines mit heißer Nadel gestrickten Etats, auch wenn das offiziell ausgegebene Ziel noch immer der Wiederaufstieg ist.

Vorbei ist es mit dem Luxus aus guten alten Bundesligazeiten, mit dem Bus fährt die Eintracht zur Premiere in der ersten Saison ihrer Zweitklassigkeit. Gut sieben Stunden sind sie unterwegs, als sie nicht die Hansestadt Bremen oder Hamburg, sondern Lübeck erreichen. Und dort spricht der Trainer sogleich ein Machtwort: "Mauri, du spielst, du quälst dich. Die Mannschaft braucht dich." So beißt Gaudino mit dick bandagiertem Oberschenkel auf die Zähne und reiht sich im zentralen Mittelfeld hinter den beiden Sturmspitzen Ekström und Güntensperger ein. Auf den Außenbahnen finden sich die Manndecker Bindewald und Roth wieder, während Dickhaut als Libero die Abwehr mit Pejovic sowie Zchadadse dirigieren soll, die von Menze und Komljenovic unterstützt wird.

Vor vier Jahren kickten sie noch weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit in der Verbandsliga Schleswig-Holstein, um einen beeindruckenden Durchmarsch in die Zweite Liga zu starten, in der sie sich als Aufsteiger in der Vorsaison nie auf einem Abstiegsplatz befanden. Auch in dieser Spielzeit wollen sie nichts mit den unteren Rängen zu tun haben, betont Trainer Michael Lorkowski, der seine Mannschaft zum Start gegen die Eintracht allerdings gleich umstellen muss, da Torjäger Michael Koch (10 Tore) noch nicht fit ist und der Neuzugang für die linke Seite, Henrik Larsen, noch Trainingsrückstand hat. So bauen sie auf ihre Heimstärke, auf den 21-jährigen Torben Hoffmann, der 2004 zur Eintracht kommen wird und auf Lutz Schwerinski, der an der Seite von Routinier Jurgeleit stürmt.

Laut ist es in der engen Lohmühle, 15.000 Zuschauer, von denen gut Tausend aus Frankfurt angereist sind, sorgen für richtig Stimmung in der Bude, die vor allem die engagiert beginnenden Hausherren anheizt. Aber die Eintracht hält dagegen, Kampf im Mittelfeld ist Trumpf, so dass sich zunächst nur wenige Torgelegenheiten ergeben. So prüft Menze Torhüter Wilde mit einem Distanzschuss aus halblinker Position und Gaudino zirkelt nur eine Minute später einen Freistoß knapp über die Latte (10.). Aber mehr ist es nicht, was der Absteiger zeigt. Denn Lübeck macht das Spiel, immer wieder werden sie von Daniel Jurgeleit angetrieben, doch vor dem Frankfurter Strafraum endet die Sturmherrlichkeit zum Glück. So versucht sich der 32-Jährige, der über 300 Zweitligaspiele mit Solingen und Homburg auf dem Buckel hat, mit einem platzierten Schuss von der Strafraumgrenze, den Nikolov reaktionsschnell um den Pfosten lenken kann (21.).

Danach entwickelt sich eine verbissene Partie mit Haken und Ösen, die die Zuschauer aber nicht von den Sitzen reißen kann, zumal Gaudino seine Adduktoren-Zerrung nur allzu deutlich anzumerken ist. Er hält sich zurück, so dass das Spiel der Eintracht nach vorne stockt, während Lübeck weiterhin den finalen Pass sucht. So dauert es bis zur 43. Minute, bis Nikolov wieder sein Können zeigen muss, als Jurgeleit erneut aus gut zwanzig Metern abzieht. Kurz darauf scheint er nach der fälligen Ecke geschlagen, aber Gaudino kann den Kopfball von Mazeikis auf der Torlinie klären (44.).

Im zweiten Abschnitt übernimmt die Eintracht zunächst das Geschehen. Immer wieder ist es jetzt Menze, der das Spiel für den verhinderten Spielmacher Gaudino an sich reißt, hinten aushilft und nach vorne für Druck sorgt. Kein Wunder, dass der 27-jährige Neuzugang aus Hannover es ist, der Wilde nun mit einem Knaller aus 25 Metern prüft, den der Keeper gerade so zur Ecke klären kann. Gaudino schlenzt diese an den Strafraumrand, wo Bindewald sofort abzieht. Der Ball bleibt im Abwehrgestrüpp hängen, wird aber zu kurz geklärt, so dass Menze ran kommt und die Kugel aus zwölf Metern zum 1:0 unter die Latte zimmert (55.). “Steffen war unser Bester. Es war nicht wegen seines Tores beeindruckend, wie er hier aufgespielt hat“, lobt Stepanovic den Torschützen zurecht.

Kurz darauf muss Gaudino humpelnd vom Platz, für ihn kommt Dworschak in die Partie, während Lübeck jetzt wütende Angriffe startet. Und sich wieder aus der zweiten Reihe versucht. Diesmal ist es Kindgen, der aus 25 Metern abzieht. Köpke-Nachfolger Nikolov fliegt, doch die Kugel rauscht gegen die Unterseite der Latte, von wo aus sie auf der Torlinie landet, um geklärt zu werden (64.). Nur eine Minute später zeigt der 22-jährige Torhüter, was in ihm steckt, als er einen Schuss von Golke aus dem Toreck fischen kann. Verflixt, sie hätten doch jetzt die Räume zum Kontern, aber ihnen fehlt die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss. Dabei legt Menze bei einem Gegenstoß perfekt für Ekström auf, der mutterseelenallein in den Strafraum rennt, mit seinem Schüsschen aber an Torhüter Wilde scheitert (72.). Nur zwei Minuten später bedient Menze Güntensperger, dessen Drehschuss aber ebenfalls pariert werden kann.

Statt alles klar zu machen, geraten sie jetzt zusehends unter Druck, Lübeck setzt sich in der Hälfte der Eintracht fest. Zum Glück nutzen sie aber weiter gegen diszipliniert verteidigende Frankfurter ihre Möglichkeiten nicht, so dass schon ein Gast massiv nachhelfen muss. Der für Schwerinski eingewechselte Aerdken spielt die Kugel scharf und flach an den Fünfmeterraum, wo Zchadadse freistehend klären will, den Ball aber so bescheiden trifft, dass er ihn aus drei Metern ins eigene Tor setzt. Fassungslos sackt der Georgier auf die Knie, aber es nützt nichts, es steht 1:1 und Lübeck will nun den Sieg (82.).

Nur zwei Minuten später segelt erneut eine diesmal hohe Flanke in den Strafraum, Jurgeleit kann köpfen, aber mit einer tollen Reaktion pariert Nikolov den Ball und sorgt dafür, dass es am Ende für den ersten Auswärtspunkt im Unterhaus reicht. Für seine Leistung als neue Nummer 1 bekommt er ein dickes Lob von Stepi und steht zu Recht neben Menze in der Kicker-Elf des Tages. Wo sie stehen, wusste der Trainer vor der Partie nicht. Und jetzt? Hat man einer couragierten Lübecker Mannschaft einen Punkt abgetrotzt, oder hat man fahrlässig einen Sieg und damit eine erste Standortbestimmung leichtfertig vergeben? Der Kampf hat gestimmt, der Einsatz ebenso, aber dass die Mannschaft auf manchen Positionen arg limitiert ist, hat sich auch gezeigt.


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: “Es war ein gerechtes Unentschieden. Wir haben zeitweise etwas verkrampft gespielt und uns in einigen Situationen nicht clever genug gezeigt. Lübeck hat zwar mehr Druck gemacht und war uns auch von der Motivation her überlegen, aber wir hatten auch unsere Chancen und hätten durchaus gewinnen können.“

Manager Bernd Hölzenbein: "Wenn wir jedes Auswärtsspiel unentschieden spielen und die Heimspiele gewinnen, sind wir durch. Fürs erste kann man zufrieden sein." (tr)

 

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