Eintracht Frankfurt - SV Meppen

2. Bundesliga 1996/1997 - 5. Spieltag

0:1 (0:1)

Termin: 09.09.1996
Zuschauer: 14.500
Schiedsrichter: Stark (Landshut)
Tore: 0:1 Christian Claaßen (3.)

 

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Eintracht Frankfurt SV Meppen

 


  • Stefan Brasas
  • Thomas Böttche
  • Bernd Deters
  • Michael Prus
  • Carsten Marell
  • Marko-Olavi Myyry
  • Damir Bujan
  • Bernd Winter (64.)
  • Andreas Helmer
  • Christian Claaßen
  • Mario Lau

 

Wechsel

Wechsel

  • Karsten Imort für Carsten Marell (68.)
  • Holger Wehlage für Mario Lau (85.)
  • Bernd Deters für Marko-Olavi Myyry (90.)

Trainer

Trainer

  • Paul Linz

 

Schon wieder diese Meppener, ausgerechnet …

"Wir müssen zeigen, dass wir einen Rückschlag verkraften, dass wir einen Stolperstein überwinden können. Wir wollen siegen, aber die Mannschaft soll nicht zu viel wollen, schon gar keine Rache. Ein 1:0 würde uns vollkommen genügen", schwört Dragoslav Stepanovic seine Spieler auf die Begegnung gegen die Mannschaft ein, gegen die sie vor neun Tagen im DFB-Pokal eine 6:1-Klatsche bezogen hatten. Die aber verarbeitet sei, betont der Trainer, der sich in diesen Tagen ausführlich mit Oka Nikolov befasst hat, der in Meppen ebenso schlecht wie seine Vorderleute aussah, aber klarstellt: “Er hat in der laufenden Saison noch keine Niederlage verschuldet und ist und bleibt zumindest bis zur Winterpause meine Nummer eins.“ Keine Änderungen gibt es auch in der schwächelnden Abwehr. Dickhaut bleibt Libero neben den Manndeckern Pejovic und Zchadadse, während Rossi und Bindewald weiterhin auf den Außenbahnen agieren sollen. So rutscht nur Roth für den grippekranken Menze von der Ersatzbank ins defensive Mittelfeld.

“Wir werden nicht wieder auf ein so schwaches Frankfurter Team treffen, sie werden alles dafür tun, um heute zu siegen“, schwant Meppens Trainer Paul Linz nichts Gutes, zumal angesichts der langen Verletztenliste Bedenken vor dem Auftritt des Tabellensiebten im Waldstadion angebracht sind, auch wenn die Emsländer in der Liga saisonübergreifend seit neun Spieltagen ungeschlagen sind. Neben Manndecker Kluge, der sich einen Kreuzbandriss zugezogen hat und Alexander Ukrow, der gegen die Eintracht im Pokal das 1:0 schoss, fehlt auch Manfred Schulte, der Gaudino beim Pokalspiel mit allen lauteren und unlauteren Mittel aus dem Spiel genommen hatte. Was vor allem Rudi Bommer sehr ärgert, denn dieser hatte Gaudino auf dem Platz als Autodieb beschimpft: “Schade, ich hätte ihm gerne mal in die Augen geschaut. Provokationen sind ok, aber so etwas geht unter die Gürtellinie.“ So wird es der Frankfurter Spielmacher heute mit Marell zu tun bekommen, während der unter der Woche vom FC Schalke 04 verpflichtete Michael Prus sein Debüt feiern wird. Vermutlich mit klingenden Ohren, denn “über hundert Mal“ hat Paul Linz sein Team ermahnt, “schön auf dem Teppich zu bleiben. Wir müssen noch 34 Punkte für den Klassenerhalt sammeln.“

Strahlen kann vor diesem Spiel nur Geschäftsführer Romeiko, denn das Montagsspiel beschert der Eintracht Fernseheinnahmen von 120.000 Mark, dafür aber nur einen Besuch von 14.500 Zuschauern statt der erwarteten 20.000, die ihr Kommen schon früh bedauern werden. Zwar sehen sie zu Beginn noch einen halbwegs gelungenen Angriff von Roth, dessen Schuss in letzter Sekunde abgeblockt werden kann. Doch im direkten Gegenzug schlagen sie schon wieder zu, diese lästigen Gäste aus der Provinz. Ein langer Pass von Myyry landet bei Lau, der spielend an Zchadadse vorbei geht und abzieht. Der Ball knallt an die Latte und landet beim frei stehenden Claaßen, der sie aus zehn Metern zum 1:0 für Meppen in den linken Winkel hämmert (3.). Das kann doch echt nicht wahr sein, schon wieder schläft fast die komplette Abwehr.

Immerhin zeigt die Eintracht, dass sie den Ausgleich will, aber das Spiel nach vorne ist einfallslos und bieder, so dass die clever verschiebenden Gäste die Angriffsversuche meist schon im Keim ersticken können. Gaudino hat zwar etwas mehr Freiraum als noch im Pokalspiel, aber es fehlen ihm die Mitspieler, weder sorgen Rossi oder Bindewald auf den Außenbahnen für Freiraum noch schaffen es Komljenovic oder Roth, sich gegen die spritziger wirkenden Blau-Weißen einzubringen. So rauben sie den Zuschauern mit Quergeschiebe einige Nerven, die die Defensive dafür nur zu deutlich zeigt. Zum Glück nutzen die Emsländer aber weder eine völlig verunglückte Faustabwehr von Nikolov, noch gehen sie beherzt dazwischen, als ein ebenso missratener Rückpass vom Torhüter mit einer Kamikazeeinlage weggeschlagen werden muss (12.). So ist es nur einer feinen Einzelaktion von Gaudino zu verdanken, dass die Zuschauer einmal nicht stöhnen, sondern raunen dürfen. Mit der Hacke setzt er den ansonsten abgeschirmten Güntensperger ein, der mit seinem Schuss aus zwölf Metern aber an Torhüter Brasas scheitert (13.).

Ein klein wenig Gefahr gibt es in der Folgezeit nur bei Ecken, die Gaudino meist in die Nähe des Elfmeterpunktes schlenzt, damit diese der Zweimeterzwei-Mann im Meppener Kasten nicht wegfischen kann. Aber bei den Kopfbällen von Rossi und Zchadadse kann Brasas jeweils souverän klären. Völlig abgemeldet ist hingegen Ekström, der sich bereits nach einer halben Stunde den lautstarken Unmut des eigenen Publikums zuzieht, weil er aus wirklich jedem Zweikampf nur als zweiter Sieger hervorgeht. Da es der Rest der Truppe allerdings nur unwesentlich besser macht, geht es erstmals in dieser Saison mit einem lauten Pfeifkonzert in die Kabinen. Dragoslav Stepanovic reagiert auf den pomadigen Auftritt, bringt mit Becker für Ekström einen neuen Stürmer und stellt mal wieder die Hintermannschaft um. Pejovic bleibt draußen, Roth rückt dafür nach hinten und Bommer agiert nun im defensiven Mittelfeld.

Aber auch dies ändert kaum etwas am Spiel der Eintracht, denn Meppen bleibt seiner Linie treu. Gaudino wird konsequent gestört und Güntensperger ebenso wie Becker auf Schritt und Tritt verfolgt. Mehr ist nicht nötig, um Sand ins Getriebe des Absteigers zu streuen, auch wenn Bommer in der Folgezeit wenigstens ein klein wenig Spielwitz erahnen lässt. Ansonsten versuchen sie es gegen die vielbeinige Hintermannschaft der Emsländer mit langen Bällen in den Strafraum, die ebenso schnell geklärt werden, wie sie reingeschlagen werden. "Jetzt hat uns die Realität eingeholt", stöhnt Gaudino ein wenig frustriert und auch der Trainer kann nur mit den Schultern zucken, nachdem er mit Dworschak für Zchadadse zum dritten Mal wechselt: "Ich erkenne einfach keinen Unterschied zwischen denen, die in der Mannschaft sind und denen, die dorthin kommen wollen" (58.). Immerhin kann sich jetzt Torhüter Nikolov mal wieder auszeichnen, als er nach einem Konter der Gäste den abgefälschten Schuss von Winter aus dem Winkel fischen kann (61.).

Aber vielleicht geht jetzt was, denn kurz darauf reißt Winter seinen früheren Aschaffenburger Mannschaftskollegen Bommer im Kampf um den Ball einfach um und kassiert, nachdem er bereits im ersten Abschnitt den gelben Karton sah, die gelb-rote Karte (64.). Zudem zieht sich Gaudinos Gegenspieler Marell ohne Fremdeinwirkung einen Kreuzbandriss zu und muss gegen Imort ausgewechselt werden (68.). Doch die Angst vor der drohenden Niederlage scheint die Frankfurter auch in Überzahl zu lähmen. Zwar erhöhen sie den Druck, doch konstruktiv geht anders. Zudem ist Becker im Sturmzentrum ebenso abgemeldet wie es Ekström in der ersten Halbzeit war. Immerhin zeigt sich jetzt einmal Güntensperger mit einem schönen Seitfallzieher aus acht Metern. Allerdings ist dies nur etwas für die Galerie, der Ball segelt knapp über die Latte (73.).

So läuft bereits die Endphase, in der sich bis auf Torhüter Nikolov alle in der Hälfte der Gäste tummeln, die sich kaum mehr vom eigenen Sechzehner lösen können. Doch was bringt es? Gaudino scheitert mit einem allzu laschen Schuss aus elf Metern an Brasas und Rossi schießt den Vogel ab, als er kurz vor Schluss in aussichtsreicher Position abziehen könnte, stattdessen aber weiterläuft und mit der Kugel erst hinter der Grundlinie stoppt, was ihm ein gequältes Sonderraunen der Zuschauer einbringt (87.). Also mit Gewalt, denkt sich Bommer und zieht aus 22 Metern mit links ab. Brasas kommt ran, kann das Leder aber nur nach vorne patschen, so dass Güntensperger frei zum Nachschuss kommt. Das darf doch nicht wahr sein, statt das Runde einfach ins Eckige zu schieben, bolzt er den Ball mit Urgewalt hoch über die Querstange (89.). Das war es dann. Nach der ersten Saisonniederlage rutscht die Eintracht hinter Kaiserslautern und die punktgleichen Wolfsburger auf Rang drei und Meppen ist neuer Tabellenvierter. Ausgerechnet… (tr)


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: "Solche Spiele muss man gewinnen, wenn man sich oben etablieren will. Ich befürchte, dass sich meine Jungs diesem Niveau der wahren zweiten Liga mit ihren tausend kleinen Fouls anpassen, statt einfach ihr Spiel durchzusetzen. Jetzt, wo die Euphorie gebremst ist, ist der rechte Zeitpunkt gekommen, nachzudenken und die Weichen zu stellen."

Paul Linz, SVM-Trainer, reagiert erbost: “Das hört sich ja so an, als ob wir nur gekloppt hätten. Vielleicht sollte sich die Eintracht besser uns anpassen, wir haben schließlich zweimal gewonnen.“

Manager Bernd Hölzenbein: "Diese Niederlage tut viel mehr weh als die Pokalschlappe. Ich war mir so sicher, dass wir gegen einen direkten Mitkonkurrenten gewinnen und uns oben festsetzen. Der Einsatz und das Engagement waren hundertprozentig okay, nur da vorne ist keiner, der das Ding reinmacht, rein schiebt oder rein schlenzt. Wir hätten noch zehn Minuten spielen können, ohne ein Tor zu schießen.“

Maurizio Gaudino: “Jetzt hat uns die Realität eingeholt.“

 

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