Eintracht Frankfurt - Stuttgarter Kickers

2. Bundesliga 1996/1997 - 7. Spieltag

0:1 (0:1)

Termin: 22.09.1996
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Dr. Fleischer (Neuburg)
Tore: 0:1 Markus Sailer (14.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Stuttgarter Kickers

 


  • Thomas Walter
  • Markus Lösch
  • Dirk Wüllbier
  • Achim Pfuderer
  • Ralf Strogies
  • Niclas Nylen
  • Nicolaos Chatzis
  • Adnan Kevric
  • Jochen Novodomsky
  • Markus Sailer
  • Markus Beierle

 

Wechsel

Wechsel

  • Osman Per für Jochen Novodomsky (68.)
  • Torsten Raspe für Markus Beierle (70.)
  • Jago Maric für Markus Sailer (75.)

Trainer

Trainer

  • Wolfgang Wolf

 

 

Hart gelandet im Jammertal

“Zum Aufstieg müsste mehr getan werden als wir derzeit tun. Wenn ich Präsident bliebe, würde ich zum Verwaltungsrat gehen und Geld verlangen, dass ich in den Fußball investieren würde, um noch ein, zwei Leute zu holen, die den Aufstieg absichern.“ Große Konjunktive des Interims-Präsidenten, die aber nicht gerade für Druck bei den Vereinsgremien sorgen, denn gleichzeitig kündigt Dieter Lindner an, dass er nach Rückkehr aus seinem Urlaub am 3. Oktober die Amtsgeschäfte niederlegt, denn “irgendwann muss Schluss sein, so kann es ja nicht weiter gehen.“ Das denkt sich unterdessen auch Dragoslav Stepanovic, der den Profis den freien Montag sowie bei Heimspielen den Hotelaufenthalt streicht. Stattdessen sollen die Spieler mit den eigenen Fahrzeugen ins Waldstadion anreisen, um sich in den Katakomben auf das jeweilige Spiel vorzubereiten. Und zwar im Einklang mit dem angeblich zur Disposition stehenden Manager Bernd Hölzenbein, der von den Spielern ebenfalls mehr Einsatz fordert: "Es muss wieder das Fiebern und das Engagement wie vor den ersten Spielen Einzug halten. Das hat zuletzt gefehlt. Die Mannschaft muss verinnerlichen, dass jeder Zweitligist gegen uns oder Kaiserslautern 120 Prozent gibt. Da kann man nur bestehen, wenn jeder läuft und läuft und kämpft und kämpft. Mit Quer- und Schönspielen geht es nicht."

In Wortwiederholungen übt sich auch der Trainer: “Nach dem guten Start sind wir in eine kleine Krise geraten, das Selbstvertrauen ist ein bisschen angeknackst. Das holen wir uns am besten mit einem Sieg in diesem richtungsweisenden Heimspiel. Aber dazu müssen wir neunzig Minuten arbeiten, arbeiten, arbeiten. Trotzdem darf man jetzt nicht alles wegschmeißen, die Mannschaft hat das Zeug dazu, unter den ersten fünf der Tabelle zu landen." Damit es wieder in die Erfolgsspur geht, baut Dragoslav Stepanovic seine Mannschaft gegen den Aufsteiger aus Stuttgart auf gleich fünf Positionen um. Denn neben dem weiterhin verletzten Oka Nikolov fehlen die gesperrten Zchadadse und Roth ebenso wie der grippekranke Rossi. So wird Bommer als Libero neben den Manndeckern Bindewald und Komljenovic agieren, während auf den Außenbahnen die beiden 19-jährigen Amateure Patrick Glöckner - der in der kommenden Saison für den heutigen Gegner spielen wird - und Carsten Henning ihr Profi-Debüt feiern. Dafür rutscht Dickhaut ins Mittelfeld, wo er mit Menze und Dworschak beginnen wird. Ein langes Gesicht gibt es hingegen bei Ekström, der auf die Tribüne muss, während Becker und Pejovic das Geschehen immerhin auf der Ersatzbank verfolgen dürfen. Und Gaudino? Der soll diesmal als hängende Spitze neben Güntensperger für mehr Torgefahr als zuletzt sorgen.

Drei Auswärtsspiele, sieben Punkte. Es ist bemerkenswert, wie es Kickers-Trainer Wolfgang Wolf schafft, den vom Verletzungspech arg gebeutelten Aufsteiger aus der Regionalliga Süd mit Nachwuchsspielern aufzufüllen, die in der Fremde ihren Mann stehen, auch wenn es im heimischen Waldau-Stadion bislang nur zu einem Dreier gereicht hat. “Es zahlt sich jetzt aus, dass wir unsere Nachwuchsarbeit umstrukturiert haben", freut sich der 48-Jährige, den es wenig erschüttert, dass beim Sonntagsspiel in Frankfurt auch noch Alexander Malchow und Neuzugang Antun Labak ihre Gelbrot-Sperre absitzen. Schließlich mussten die Stuttgarter vor zwei Spieltagen gar die Partie gegen Zwickau verlegen, da sie nur noch sieben gesunde Lizenzspieler zur Verfügung hatten. Dafür ist Stürmer Markus Beierle, der von 2002 bis 2005 für die Eintracht spielen wird, wieder einsatzbereit, um mit Nachwuchskräften wie den 20-jährigen Chatzis, Achim Pfuderer sowie dem Ditzinger Neuzugang Markus Lösch, der ebenfalls in vier Jahren das Trikot mit dem Adler tragen wird, für eine weiter saubere Auswärtsweste zu sorgen.

Neues Team, das alte Leid. Die Eintracht übernimmt zwar sofort das Geschehen auf dem Platz, doch der Spielaufbau bleibt ebenso ideenlos wie in den Partien zuvor, so dass der Aufsteiger keine Probleme hat, die Angriffe des Bundesliga-Absteigers bereits im Ansatz zu stoppen und selbst vorsichtig nach vorne zu gehen. Mit Erfolg und dem nötigen Glück, denn der quirlige Sailer versetzt Bindewald auf der rechten Seite und schlenzt aus vollem Lauf einen Heber in die Mitte. Ob es eine verunglückte Flanke ist? Die Kugel jedenfalls ist heftig am Rotieren, fliegt über den am kurzen Eck postierten Torhüter Sven Schmitt und landet schließlich genau im linken Toreck zum 1:0 für die Gäste (12.). Schon wieder ein früher Rückstand, erneut ist das taktische Konzept über den Haufen geworfen. Die Eintracht antwortet mit wütenden Angriffen und hat fast sogleich Erfolg, doch Torhüter Walter kann den tückischen Aufsetzer von Dickhaut aus sechs Metern nach einem tollen Pass von Gaudino um den Pfosten lenken (15.).


Kein Durchkommen: Gaudino gegen
Beierle und Pfuderer

Ansonsten bestimmen lange Schläge in den Kickers-Strafraum und viel Mittelfeldgeschiebe das Geschehen. Kein Wunder, der Aufsteiger hat sich bei Meppen und Unterhaching abgeschaut, wie das Frankfurter Spiel mit einfachsten Mitteln zu stoppen ist. Der 20-jährige Pfuderer verfolgt Gaudino auf Schritt und Tritt, Libero Lösch übernimmt mit den Manndeckern die Bewachung von Güntensperger und die Außenbahnen werden einfach zugestellt. Ja klar, sie kämpfen und laufen, aber ein Konzept gegen den Abwehrriegel oder eine überraschende Aktion? Fehlanzeige. Stuttgart bleibt dicht und kann kurz vor dem Pausenpfiff fast den nächsten Treffer erzielen. Zum Glück will es Kevric nach einem Konter zu genau machen und verfehlt den Kasten mit seinem Schuss von der Strafraumgrenze um ein paar Zentimeter. Betretenes Schweigen gepaart mit Mitleid macht sich beim Halbzeitpfiff breit. Sie haben gekämpft, alleine das reicht, um ein Pfeifkonzert zu vermeiden, spielerisch war das allerdings ein “Bild des Jammers“, meint nicht nur das Kicker-Sportmagazin.

Es wird aber auch nicht besser im zweiten Abschnitt. Die Gäste beschränken sich weiterhin darauf, im Halbfeld die Räume dicht zu halten und die Eintracht müht sich erfolglos, gefährlich in die Nähe des Strafraums zu kommen. Oder um es genauer zu sagen: nicht über die eigenen Füße zu stolpern. Immer wieder schaltet sich Bommer ein, um Gaudino wenigstens ein wenig zu unterstützen, aber es bleibt planlos. Dworschak ist keine Hilfe und Menze liefert mal wieder eine absolut unterirdische Leistung ab. Auch Güntensperger ist zwar viel unterwegs, aber ohne Unterstützung, zumal die Idee, die 19-jährigen Glöckner und Hennig auf die Außenbahnen zu stellen, um für mehr Pep zu sorgen, gnadenlos schief geht. Dafür wird es immerhin mit einem Standard brandgefährlich, als Gaudino eine Ecke vor den kurzen Pfosten schlenzt. Komljenovic verlängert in die Mitte und Güntensperger ist mit dem Kopf zur Stelle, trifft aber nur die Latte (66.).

Dragoslav Stepanovic reagiert auf das unschöne Treiben und bringt mit Becker für Dworschak endlich die zweite echte Spitze, um fünf Minuten später Michael Guth für den sichtlich entnervten Güntensperger einzuwechseln (73.). Doch was nutzen frische Stürmer, wenn das Aufbauspiel Stückwerk bleibt? So versucht es Gaudino mit dem Kopf durch die Wand, wird aber auf der Strafraumlinie zu Fall gebracht. Elfmeter, fordern Spieler und Zuschauer vehement, doch Schiedsrichter Dr. Fleischer entscheidet nur auf Freistoß, der in der Mauer landet. Auch die Schlussoffensive endet meist mit einem Fehlpass oder einem Verstolperer, es ist einfach kaum zu ertragen, was die Frankfurter trotz ihres Einsatzes zeigen. So kann Raspe in der Schlussminute fast das 2:0 erzielen, als er nach einem langen Befreiungsschlag an die Kugel kommt und alleine auf Torhüter Schmitt zu rennt. Doch sein Abschluss ist zum Glück so überhastet, dass der Ball um Haaresbreite am Pfosten vorbei segelt.

"1:6, 0:1, 1:2 - Wenn das so weitergeht, dann gehen wir" steht auf einem der Banner, die auf der Gegentribüne gezeigt werden. Nun kann es um ein 0:1 ergänzt werden, denn inzwischen ist - inklusive dem Pokalauftritt in Meppen - die vierte Niederlage in Folge Fakt. Trotz der neuerlichen Niederlage klettert die Eintracht in der Tabelle von Rang acht auf Platz sieben mit drei Punkten Rückstand auf die Aufstiegsplätze und vier Zählern Vorsprung vor dem Tabellenfünfzehnten aus Mannheim. Sie sind Mittelmaß. Bestenfalls… (tr)


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: "Die Mannschaft hat alles gegeben, aber ihr fehlte einfach die Klasse. Zwingende Pässe und gute Ideen waren von uns nicht zu sehen. Aber jede Serie geht einmal zu Ende."

Wolfgang Wolf, Kickers-Trainer: "So habe ich mir das Spiel eigentlich vorgestellt. Wir haben stark und diszipliniert gespielt. Die jungen Spieler sind durch die jüngsten Erfolge gewachsen. Die Eintracht hat zwar großen Druck gemacht und war überlegen, aber sie hat sich kaum zwingende Chancen herausgespielt."

Bürgermeisterin Petra Roth, heute Zaungast: "Fußball ist nicht nur Bewegungs-, sondern auch Denksport."

 

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg