Eintracht Frankfurt - KFC Uerdingen 05

2. Bundesliga 1996/1997 - 9. Spieltag

0:1 (0:1)

Termin: 04.10.1996
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Pohlmann (Felde)
Tore: 0:1 Claus-Dieter Wollitz (20.)

 

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Eintracht Frankfurt KFC Uerdingen 05

 


  • Alexander Bade
  • Uwe Grauer
  • Andrej Panadic
  • Helmut Rahner
  • Dimitrios Grammozis
  • Marcus Wedau
  • Axel Jüptner
  • Oliver Straube
  • Claus-Dieter Wollitz
  • Jess Thorup
  • Jörg Nowotny

 

Wechsel

Wechsel

  • Günter Bittengel für Jörg Nowotny (65.)
  • Shawn Petroski für Jess Thorup (69.)
  • Gerd Kühn für Marcus Wedau (87.)

Trainer

Trainer

  • Hans-Ulrich Thomale

 

 

Eine neue Führung (aber nicht auf dem Platz)

Die Eintracht hat einen neuen Präsidenten ... für vier Wochen

"Irgendwann muss Schluss sein, so kann es nicht weitergehen", schimpfte Dieter Lindner vor zwei Wochen und kündigte an, dass er sein Amt als Interimspräsident, dass er nach dem Abgang von Matthias Ohms im Mai eigentlich nur bis zum 9. Juli inne haben wollte, spätestens am 3. Oktober niederlegt. Endlich herrscht so richtig Druck für die Vereinsgremien, die in den letzten sechs Monaten einen Kandidaten nach dem anderen haben durchfallen lassen. “Die suchen eine Mischung aus Mutter Theresia und Franz Beckenbauer“, nörgelt ein Kandidat.

Doch nun ist er gefunden und lässt sich weder von den prekären Zahlen noch vom Untersuchungsausschuss abschrecken, der die “Machenschaften“ der Ohms-Ära aufarbeiten soll. Ab dem 3. Oktober ist der 54-jährige ehemalige Hoechst-Manager und Unternehmensberater Hans-Joachim Otto neuer Präsident der Eintracht. Zur Seite gestellt werden ihm als Vizepräsident Rolf Heller, der seine Tätigkeit bei der AOK Thüringen nun nur noch an drei Tagen in der Woche ausüben wird, um sich ansonsten um den Profibereich zu kümmern. Der zweite Vizepräsident ist Hans-Joachim Schroeder, der für die zwölf Amateurabteilungen des Vereins zuständig sein wird. Ein Schatzmeister ist allerdings noch nicht gefunden, soll aber in den nächsten vier Wochen präsentiert werden, verkündet Hans-Joachim Otto, der klarstellt, dass er kein Geld investieren werde, "sondern Zeit und Nervenbelastung“ zur Verfügung stellt: "Die Eintracht ist wie eine Firma, die man auf Vordermann bringen muss. Unsere erste Aufgabe ist es, die schwierige Finanzlage zu bereinigen." Dazu will er sich erst einen Überblick verschaffen, nachdem er aus dem Urlaub kommt. Es wird eine kurze Präsidial-Phase mit hochtrabenden Worten werden, bis die Steuerfahndung am Riederwald klingelt. Danach ist er wieder weg… (siehe Spielbericht VfB Leipzig).

Manager Bernd Hölzenbein ist schon zu Beginn skeptisch, was das neue Präsidium betrifft. Vor allem der Vorschlag von Rolf Heller, eine Expertenrunde für geplante Transferaktivitäten einzuberufen, stößt bei ihm auf wenig Gegenliebe: "Wir haben das unter Jürgen Friedrich schon einmal gehabt, damals hat das Gremium einmal getagt und dann nie wieder. Es sind doch bereits Trainer, Manager und das zuständige Präsidiumsmitglied an allen Transferentscheidungen beteiligt gewesen. Ich habe nichts dagegen, wenn noch zwei, drei oder vier Personen einbezogen werden. Dann würde man vermutlich tatsächlich keine Fehler mehr machen, weil man zu keinen Entscheidungen mehr käme." Offen ist allerdings auch die Entscheidung, ob der Vertrag des Managers, der Ende November ausläuft, überhaupt verlängert wird, erklärt der neue Präsident: “Ich habe über ihn viel Gutes und auch viel Kritisches gehört. Aber ich werde nicht so töricht sein, zunächst irgendetwas Endgültiges zu sagen, bevor ich mir nicht ein persönliches Bild gemacht habe.“ Auch dies wird er sich eigentlich sparen können…

Hilflos, mutlos, ratlos

Während der Präsident auf der Geschäftsstelle sein erstes Arbeitstreffen mit der neuen Führung absolviert und verlautbaren lässt, dass ein “Gönner“ für das heutige Freitags-Heimspiel eine Siegprämie von 20.000 Mark ausgelobt hat, kündigt der Trainer Kontinuität an: "Wir wollen da weitermachen, wo wir in Jena aufgehört haben. Aber mit mehr Aggressivität. Vor allem Beuchel und Dickhaut dürfen ihren Gegenspielern nicht so viele Freiräume gewähren wie zuletzt, das gefällt mir nicht." Kontinuität gegen den Tabellensechsten aus Uerdingen, allerdings mit gleich vier Umstellungen: Anstelle von Bindewald beginnt der wieder genesene Komljenovic als Manndecker neben Petkovic, während Bommer heute als Libero agiert. Eine Überraschung gibt es auf der linken Seite, auf der nicht Rossi, sondern der 22-jährige Vertragsamateur Michael König den angeschlagenen Hennig im linken Mittelfeld ersetzt. Doch damit nicht genug, Ekström wird anstelle von Güntensperger im Sturm neben Michael Guth beginnen, der scheinbar eine feste Größe im stetig wechselnden Konzept von Stepi geworden ist.

Verdrängt haben sie beim Bundesliga-Mitabsteiger aus dem Krefelder Stadtteil inzwischen den Fehlstart in die Saison. Denn nach vier Siegen aus den letzten sechs Spielen hat der KFC wieder Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen genommen, mit denen er ebenso wie die Eintracht liebäugelt. So setzt Trainer Hans-Ulrich Thomale, der die Nachfolge des im Mai entlassenen Friedhelm Funkel angetreten hat, auch im Waldstadion auf zwei Sturmspitzen mit Thorup und Jens Nowotny, hinter denen der Kaiserslauterner Neuzugang Claus-Dieter Wollitz - der in den letzten vier Spielen jeweils einen Treffer erzielt hat – sowie Wedau für Druck sorgen sollen und Jüptner den Frankfurter Spielmacher Gaudino in Manndeckung nehmen soll. Der 51-jährige Trainer, der mit Lokomotive Leipzig zwei Mal DDR-Pokalsieger wurde und zuletzt den Grazer AK trainierte, hat eine klare Vorgabe an seine Mannen: "Ich erwarte eine gelungene Mischung aus Offensivgeist und klugem Abwehrverhalten sowie ständiges Engagement."

Der Plan scheint aufzugehen, Uerdingen übernimmt in der Anfangsphase das Geschehen auf dem Platz, während bei der Eintracht mal wieder pomadiges Ballgeschiebe im Vordergrund steht, dass immerhin zum schwarzgrauen Himmel über dem Waldstadion passt. Schon früh wirkt Gaudino ob seiner bissigen Bewachung und der fehlenden Anspielstationen genervt, Querpässe bestimmen das Geschehen bei den Frankfurtern. Uerdingen hingegen wählt den direkten Weg. Nach einem ersten gefährlichen Grammozis-Pass von der rechten Seite kann Thorup spielend an Pejovic vorbeigehen und sich die Ecke aussuchen. Zum Glück streicht sein Schuss aus zwölf Metern aber ebenso nur Zentimeter am linken Pfosten vorbei wie sein Schlenzer drei Minuten später (10.). Die gut 12.000 Zuschauer, die trotz des Regens an diesem Freitagabend den Weg ins Waldstadion gefunden haben, trauen weiter ihren Augen nicht. Da ist kein Zusammenspiel, kein Konzept, rein gar nichts bei den Gastgebern zu erkennen. Dickhaut und Beuchel üben artige Sicherheitspässe, König wirkt auf der linken Seite völlig überfordert und auch Gaudino kann sich kaum einmal gegen seinen Bewacher Jüptner durchsetzen.

Dies schafft Grammozis dafür leicht gegen König, der zum Dank dafür allerdings vor dem rechten Strafraumeck von den Beinen geholt wird. Wollitz legt sich den Ball zurecht und zirkelt ihn aus 17 Metern über die Mauer zum hochverdienten 1:0 ins rechte Toreck (20.).


Wollitz zum 0:1

Schon wieder ein früher Rückstand im Waldstadion, der die Beine noch mehr lähmt, während sich Uerdingen in die eigene Hälfte zurückzieht und auf Konter wartet. Und zwar fast erfolgreich, als sich Wedau erst gegen König und dann gegen Beuchel durchsetzen kann, bei seinem Schuss aber an Nikolov scheitert (29.). Es ist kaum zu glauben, was die Frankfurter hier fabrizieren, selbst Maurizio Gaudino wirkt schockiert über die eigene Leistung: “Kein Rad passt ins andere. Ich weiß nicht mehr nach vorn und ich weiß nicht mehr nach hinten. Wir sind elf Hühner auf dem Platz, mir tuen nur die jungen Spieler leid, die in diese desolate Mannschaft kommen.“ So dauert es bis zur 38. Minute, als es erstmals gefährlich vor dem Kasten von Bade zugeht. Bei einem tückischen Aufsetzer von Bommer kann der Torhüter gerade so zur Ecke klären und hat dann Glück, als Guth eine Ecke von Gaudino genau zu Ekström verlängert, dessen Kopfball gegen die Latte prallt. Mehr haben sie im ersten Abschnitt nicht zu bieten, so dass Dragoslav Stepanovic zur Pause König aus dem Spiel nimmt und Roth bringt, der in die Abwehr geht, während Komljenovic jetzt auf der linken Seite spielt.

Tatsächlich zeigen sie mehr Engagement und kommen sogleich zu einer ersten Chance, als sich Gaudino gegen Grammozis durchsetzen kann und zu Ekström flankt, dessen Schuss aber in letzter Sekunde geblockt wird (50.). Drei Minuten später setzt sich der Schwede erneut am Strafraumrand durch und will nach vorne streben, geht aber im Zweikampf mit Panadic viel zu leicht zu Boden, so dass der Schiedsrichter trotz aller Proteste auf Weiterspielen entscheidet. Danach aber zeigt sich den Zuschauern das alte Bild, dass der ebenso regungslose Trainer immerhin treffend beschreibt: “Wir finden nicht die Wege nach vorne, das Mittelfeld schafft nicht die erhofften Impulse und es kommen keine Flanken. Irgendwann verliert man dann Lust und Moral, wenn im Abschluss nichts geht.“

Neben ihm rauft sich Hans-Ulrich Thomale die ergraute Haarpracht, denn seine Mannschaft vergibt der Reihe nach die besten Kontermöglichkeiten gegen die inzwischen entblößte und völlig verunsicherte Frankfurter Hintermannschaft. So scheitern Thorup, Straube, Wedau und Bittengel jeweils freistehend. “Es ist haarsträubend, wenn man diese Chancen nicht verwertet. So liefen wir immer wieder in Gefahr, noch bestraft zu werden.“ Vielleicht schon jetzt, denn nach einem langen Ball kann sich der für Guth gekommene Güntensperger lösen und in den Strafraum sprinten. Torhüter Wedau springt ihm entgegen und trifft erst Ball und dann den Stürmer, was auch Schiedsrichter Pohlmann trotz aller Proteste von den Rängen und den Spielern erkennt (74.). Kurz darauf haben die Frankfurter dafür Glück, als der eingewechselte Petroski sich allein auf den Weg in den Sechzehner macht und abzieht, aber nur den Pfosten trifft (77.).

Es bleibt hektisch, die Eintracht stürmt immer kopfloser nach vorne, während Uerdingen sich jetzt nur noch darum bemüht, die Bälle tumb nach vorne zu bolzen. Aber dies reicht, denn nachdem Rossi bereits in der Nachspielzeit einen Kopfball nach Flanke von Gaudino knapp neben das Tor köpft, entbrandet ein Pfeifkonzert von den maßlos enttäuschten Zuschauern. Zum dritten Mal in Folge verliert die Eintracht zuhause mit 0:1 und rutscht auf Platz elf in der Tabelle ab. Fünf Zähler fehlen bereits auf die Aufstiegsränge und nur noch vier Punkte Vorsprung haben sie auf die Abstiegsplätze. (tr)


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: "Wir sind in den Heimspielen an einem Tiefpunkt angelangt. Wir dürfen jedoch nicht aufgeben. In den nächsten vier Wochen wird sich entscheiden, ob wir vorne mitspielen können oder ums Überleben kämpfen müssen."

KFC-Trainer Thomale: "Unser Erfolg war hochverdient, er hätte nur höher ausfallen müssen. Wir haben am Ende gleich reihenweise gute Chancen vergeben."

Rudi Bommer: “Der Abstiegskampf hat begonnen, alles andere ist Augenwischerei. Dieser Fehler wurde bereits in der letzten Saison gemacht, als einige noch vom UEFA-Cup träumten. Wir müssen jetzt hellwach sein, mit Kampf und Defensivtaktik die Talfahrt stoppen. Zauberfußball geht mit der Truppe nicht, dazu haben wir zu viele Probleme, wenn wir das Spiel machen müssen. Wer in der Bundesliga kein Führungsspieler ist, ist es auch in der Zweiten Liga nicht.“

Präsident Hans-Joachim Otto: "Natürlich hätte ich mir zu meinem Einstand einen Sieg gewünscht. Das ist sehr traurig, wenn wir auf Platz 1 bis 5 stünden, könnten wir über Verstärkungen reden und ich könnte Leute für ein finanzielles Engagement motivieren. So wird es schwer."

 

 

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