FSV Mainz 05 - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1996/1997 - 10. Spieltag

2:2 (0:1)

Termin: 14.10.1996
Zuschauer: 13.500
Schiedsrichter: Kemmling (Burgwedel)
Tore: 0:1 Johnny Ekström (7.), 1:1 Bruno Akrapovic (55.), 2:1 Abderrahim Ouakili (61.), 2:2 Timo Reuter (77.)

 

>> Spielbericht <<

FSV Mainz 05 Eintracht Frankfurt

  • Dimo Wache
  • Uwe Stöver
  • Peter Neustädter
  • Miroslav Tanjga
  • Marek Lemsalu
  • Torsten Lieberknecht
  • Bruno Akrapovic
  • Lars Schmidt
  • Christian Hock
  • Abderrahim Ouakili
  • Marco Grevelhörster

 


 

Wechsel

  • Sven Demandt für Marco Grevelhörster (74.)
  • Jürgen Klopp für Torsten Lieberknecht (90.)

Wechsel

Trainer

  • Wolfgang Frank

Trainer

 

 

Einen wertvollen Punkt ermauert

Kaum ist Hans-Joachim Otto im Amt, da ist der neue Präsident auch schon eine Woche im Urlaub, so dass Vizepräsident Rolf Heller die Zeit genutzt hat, um “die sportliche Situation zu sichten“. “Aus der Mannschaft ist mehr herauszuholen, zu viele suchen noch ihre Form“, meint der 52-Jährige, der dies nicht als Kritik am Trainer verstanden wissen will, weitere Transfers im Moment ausschließt und sich den Spielern als weiterer Ansprechpartner anbietet. Ansonsten ist Ruhe die erste Eintracht-Pflicht: "Alles hier ist aufgewühlt, es hat keinen Sinn, Rundumschläge zu verteilen." Unterdessen schweigt der ins Abseits gedrängte Manager Bernd Hölzenbein, nimmt aber zur Kenntnis, dass sich auch hinsichtlich des “sportlichen Beratergremiums“ kaum etwas bewegt. Bekannt wird lediglich, dass Herman Höfer und Wolfgang Solz dabei sind. Über die Meldung, das der “schwarze Abt“ Klaus Gerster als sein Nachfolger gehandelt werde, kann “Holz“ hingegen ebenso schmunzeln wie der Vizepräsident: “Herr Gerster ist ebenso wie Uli Hoeneß kein Thema."

Eine neuerliche Niederlage nach zuletzt sechs sieglosen Spielen ist ebenfalls keines, Dragoslav Stepanovic setzt für den Auftritt bei den Nachbarn aus Mainz, die sich still und heimlich in den Aufstiegsrängen festgesetzt haben, auf eine verstärkte Defensive. Nachdem er es bereits mit Dickhaut, Pejovic und zuletzt mit Bommer versucht hat, soll nun Zchadadse die Rolle einnehmen, die er auch in der georgischen Nationalmannschaft innehat. Die des Liberos neben Komljenovic und Bindewald. Davor tummeln sich mit Dickhaut, Beuchel, Menze und Rossi, der König ersetzt, gleich vier defensive Mittelfeldakteure, so dass Gaudino heute als Regisseur und hängende Sturmspitze neben Ekström agieren muss. Ein Punkt ist das Ziel und das Prinzip heißt Hoffnung, für das der Trainer steht: "Viele haben vergessen, wie wir angefangen haben nach dem Abstieg. Aber wir wollen Flagge zeigen, auch wenn es uns manchmal an der Qualität mangelt, so geben wir kämpferisch immer alles. Wir sind keine Übermannschaft, aber die Mannschaft hat Qualitäten, unter den ersten drei mitzuspielen. Dafür stehe ich ein." Und mit ihm der neue Co-Trainer Ramon Berndroth, der die Mannschaft beim Warmmachen heiß macht.

Richtig schick gemacht haben sich die Mainzer für diese Saison, es wurden eine gescheite Flutlichtanlage und ein paar Zusatztribünen in das gut fünfzig Jahre alte Stadion am Bruchweg, das offiziell “Sportanlage Mitte“ heißt, eingebaut. So kann erstmals ein Montagsspiel live im Fernsehen übertragen werden und zudem stolz “Ausverkauft“ vermeldet werden. Das erste Mal seit 1987 übrigens. Auch damals hieß der Gegner Eintracht Frankfurt, es war ein Spiel in der 2. Runde des DFB-Pokals, das der damalige Bundesligist gewann. Von der höchsten Spielklasse träumen auch die Verantwortlichen des FSV aktuell. Dabei steckten sie noch Ende April mitten im heftigsten Abstiegskampf, dem sie nur dank eines Schlussspurtes mit fünf Siegen aus den letzten sieben Saisonpartien entrinnen konnten. Doch den Schwung der Endphase haben sie in die neue Saison mitgenommen und gelten nach nur einer Niederlage als das Überraschungsteam der Zweiten Liga. "Ein Verein ohne Vision ist ein toter Verein. Irgendwann wollen wir oben ankommen", formuliert es FSV-Präsident Harald Strutz vollmundig. In der Tat scheint das von Trainer Wolfgang Frank installierte System mit Viererabwehr und den zwei Stürmern Ouakili und Grevelhörster allerdings erfolgreich zu sein, auf das er auch heute setzt.

Die Stimmung ist prima in dem kleinen Stadion, doch beide Mannschaften agieren zunächst vorsichtig und tasten sich gegenseitig im Mittelfeld ab. Bloß kein schneller Ballverlust, bloß nicht in einen Konter laufen, scheint das gemeinsame Ziel zu sein, dass Rossi wohl nicht richtig verstanden hat. Zum Glück, denn nach einem Foul im Mittelfeld führt er den fälligen Freistoß blitzschnell aus und schlenzt die Kugel in den Rücken der Mainzer Viererkette, während Ekström gedankenschnell reagiert. Der Schwede nimmt die Kugel an, läuft ein paar Schritte und schiebt sie unter dem abtauchenden Wache hindurch zum 1:0 ins rechte untere Toreck (7.).

Klasse, sofort ordnet sich die Eintracht neu und empfängt die Mainzer erst gut 20 Meter vor dem eigenen Strafraum, dafür aber so dicht gestaffelt, dass den Gastgebern sichtlich der Spaß beim Anrennen vergeht. Zwar muss Nikolov einen Freistoß von Neustädter um den Pfosten lenken und kurz darauf einen Kopfball des sich an Bindewald vorbei stehlenden Grevelhörster parieren (13.). Doch zu viel mehr reicht es bei den Mainzer Angriffsbemühungen zunächst nicht. Sie wirken frustriert, denn Frankfurt denkt gar nicht daran, den Block aufzulösen, selbst an Konter versuchen sie sich gar nicht erst, sondern bolzen die Kugel einfach tumb aus der eigenen Hälfte. Das ist unansehnlich und in dieser drastischen Form nicht zu verstehen. Aber es hat bislang Erfolg, auch wenn sie bei einem weiteren Kopfball von Grevelhörster Glück haben, dass dieser knapp am Kasten von Nikolov vorbei fliegt. Die genervten Gastgeber gehen unterdessen zunehmend ruppiger in die Zweikämpfe, was jedoch nur gelbe Karten für Schmidt und Ouakili nach einem Foul an Nikolov zur Folge hat. Und einen Ballverlust, der zu einem zweiten, fast zufälligen Konter und in Folge zur ersten Ecke für die Eintracht führt. Gaudino flankt und Rossi setzt zu einem Kopfballtorpedo an, der aber von Torhüter Wache entschärft werden kann, so dass es mit der knappen Führung in die Kabinen geht.

Ohne Wechsel beginnt die zweite Halbzeit, in der Mainz sofort wieder auf Angriffsmodus schaltet und sogleich zu einer weiteren Kopfballchance durch Grevelhörster kommt, die mal wieder knapp am Kasten von Nikolov vorbei geht (47.). Die Eintracht interessiert dies wenig, weiter wird heftig Beton angerührt. Das kann doch nicht gut gehen, so ganz ohne Entlastungsangriffe. So kommt, was kommen muss, nach einem Ballverlust von Ekström schlägt Hock das Leder auf die linke Seite, wo Ouakili es unter Kontrolle bekommt, um scharf und flach vor den Fünfer zu spielen. Der völlig freistehende Akraovic ist zur Stelle und drückt die Kugel einfach zum 1:1 über die Linie (55.). Zu viel für die sensiblen Eintracht-Seelen auf dem Platz, zu denen sich inzwischen Reuter für den verletzten Rossi gesellt. Immer mehr geraten sie ins Wanken, man hört die Nerven förmlich flattern, während Mainz den Druck weiter verstärkt. In der 62. Minute ist es dann geschehen, Christian Hock schlägt die inzwischen zehnte Ecke vor den Fünfmeterraum, Ouakili steigt am höchsten und köpft sie zum 2:1 für Mainz unter die Latte.

Die knappe Führung reicht den Gastgebern nicht, sie machen einfach stürmisch weiter und kommen sogleich zu einer weiteren Chance durch Lieberknecht, dessen Lupfer Nikolov aber über die Latte lenken kann. So reagiert Dragoslav Stepanovic und bringt mit Güntensperger für Glöckner einen dritten Stürmer, nach dem kurz vor der Führung bereits Becker für den erneut am Oberschenkel verletzten Gaudino ins Spiel kam. Wild gestikulierend peitscht Stepi seine Mannschaft jetzt endlich nach vorne, während der FSV eine Viertelstunde vor Schluss scheinbar das Fracksausen bekommt. So setzt Dickhaut mit einem fulminanten Weitschuss ein erstes Zeichen, den Wade aber ebenso wie einen Schlenzer von Becker entschärfen kann (75.).

Dennoch, jetzt kämpfen die Frankfurter wieder, auch wenn schönes Spiel ganz anders aussieht. Aber sie setzen nach und greifen sogleich über die linke Seite mit Reuter an. Der passt in die Mitte, wo Dickhauts Schuss aber geblockt werden kann. Die Kugel landet bei Beuchel, der sofort für Ekström auflegt, der Übersicht beweist und den Ball einfach passieren lässt, so dass der jetzt völlig freistehende Reuter nur noch zum 2:2 eindrücken muss (77.). Die Gastgeber wirken kurz geschockt, drängen nach ein paar Minuten der Konfusion aber wieder auf die Führung. Doch vergeblich, denn die Eintracht verteidigt jetzt mit Mann und Maus, bolzt jeden Ball, der auch nur in die Nähe des eigenen Halbfeldes kommt, aus der Gefahrenzone. So schaffen sie es tatsächlich, den einen Punkt festzuhalten, den sie jubelnd als Erfolg mit nach Hause nehmen, während 05-Trainer Frank sich grämt: "So ein Spiel muss man gewinnen." Haben sie aber nicht und rutschen auf Rang fünf, während die Gäste mit zwölf Punkten auf Platz elf im Niemandsland verharren. Wohin geht der Weg? Die Mutigen wagen den Blick nach oben und errechnen einen Rückstand von sechs Zählern auf den Tabellendritten aus Stuttgart, die Skeptiker schauen auf Rang 15, der weiterhin nur vier Punkte entfernt ist. (tr)


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: “Ich bin mit dem Punkt sehr zufrieden. Die kämpferische Einstellung hat gestimmt und es ist wichtig, dass die Spieler erkannt haben, dass Ekström uns helfen kann, wenn er entsprechend eingesetzt wird.“

Maurizio Gaudino: "Wir müssen endlich wieder einmal ein Heimspiel gewinnen, sonst nützen uns die Punkte von auswärts überhaupt nichts. Auswärts punkten und Zuhause gewinnen, dann kann es noch etwas werden. Wir müssen uns Schritt für Schritt nach vorne arbeiten."

 

 

>> Spieldaten <<

 

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