Eintracht Frankfurt - VfB Leipzig

2. Bundesliga 1997/1998 - 7. Spieltag

3:2 (2:0)

Termin: Fr 19.09.1997 19:00
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Dr. Christian Wack (Gersheim)
Tore: 1:0 Ralf Weber (30.), 2:0 Petr Houbtchev (40.), 2:1 Steffen Heidrich (65.), 2:2 Ronny Kujat (75.), 3:2 Ralf Weber (77.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfB Leipzig

 


  • Antonio Ananiev
  • Matthias Maucksch
  • Frank Edmond
  • Detlef Schößler
  • Tomas Ziukas
  • Nico Däbritz
  • Ulf Mehlhorn
  • Ivica Bancic
  • Steffen Heidrich
  • Franklin Bitancourt
  • Ronny Kujat

 

Wechsel

Wechsel

  • Ronald Werner für Nico Däbritz (41.)
  • Alexander Opoku für Ulf Mehlhorn (71.)
  • Markus Wulftange für Tomas Ziukas (80.)

Trainer

Trainer

  • Siegfried Held

 

Tumulte nach einem verdienten Sieg

"Cengiz bietet sich an. Mehic drängt sich auf", erklärt der Trainer kryptisch, um beharrlich zu schweigen. Es herrscht Rätselraten bei Fans und Medien, wer denn am Freitag neben Epp im Sturm beginnen wird, nachdem Güntensperger in Freiburg die vorderen Kreuzbänder im linken Knie gerissen sind und der 29-Jährige wohl bis zu sechs Monaten ausfällt. Cengiz jedenfalls brennt auf seinen Einsatz und “würde sich zerreißen“ wenn er endlich einmal von Beginn an zum Einsatz käme. Doch Horst Ehrmantraut philosophiert lieber über den aktuellen Gegner aus Leipzig: “Von denen halte ich eine ganze Menge. Sie spielen viel besser als es der Tabellenplatz aussagt und haben ihre Möglichkeiten noch gar nicht ausgespielt. Die können wir nicht einfach überrennen, da müssen wir Druck entwickeln und mit Vorsicht Power spielen.“ Erst am Freitagmorgen lässt er die Katze aus dem Sack: “Du wirst gegen Leipzig in der Spitze spielen.“ Sobotzik ist es, der als hängende Spitze neben Epp beginnen soll, so dass Weber ins zentrale Mittelfeld rutscht, Gebhardt auf der linken Außenbahn startet und Cengiz enttäuscht auf der Bank grummelt.

Beim 1. FC Lokomotive Leipzig, der sich seit 1991 wieder VfB nennt, glimmt unterdessen der Baum, nachdem zuletzt nur ein Punkt aus drei Spielen eingefahren werden konnte. So wird das Präsidium um Michael Czupalla, der ebenso wie der Sponsor vor der Saison das Ziel Aufstieg ausgegeben hatte, bereits ungeduldig: “Man kann jetzt nicht immer lamentieren, dass wir noch in der Einspielphase sind. Wir haben alle Bedingungen geschaffen, jetzt muss die Mannschaft davon auch etwas zurückzahlen.“ Vor allem die mangelhafte Torausbeute macht Trainer Siegfried Held Sorgen: “Die Spieler wissen vor dem Tor nicht, was sie wollen. Da fehlt der Killerinstinkt.“ Und ausgerechnet beim Flutlichtspiel in Frankfurt fehlt Stürmer Henri Fuchs, der gegen Jena die rote Karte kassierte. So ist auch innerhalb der Mannschaft im Gegensatz zu Czupalla, der bei diesem Auswärtsspiel Punkte fordert, Ernüchterung eingekehrt. “Anstatt nach oben zu schauen, müssen wir uns erst Mal festigen. Wir wollen in Frankfurt zu Null spielen. Aber vielleicht eröffnen sich uns ja Konterchancen im Waldstadion“, meint Mittelfeldregisseur Steffen Heidrich.

Doch danach sieht es zu Beginn der Partie vor 19.000 Zuschauern nicht aus. Aus einer massiven Abwehr heraus sehen die Gäste zu, wie die Eintracht im Mittelfeld das Spiel macht. Bei der nichts zu sehen ist von der internen Umstellung der Mannschaft. Sie kombiniert sicher und gefällig, auch wenn außer zwei Distanzschüssen von Weber zunächst nichts Zählbares dabei herausspringt (11./15.). “Das wird eine schwere Nuss“, hatte Olaf Janßen vor dem Spiel geunkt und tatsächlich gibt es kein Durchkommen bis zur 22. Spielminute. Doch Pech für die Eintracht, das der Kopfball von Janßen nach Sobotziks Ecke nur an der Latte landet. Danach ist es Schiedsrichter Dr. Wack, der für Unmut sorgt. Nicht nur, dass er die teilweise überharte Gangart der Sachsen durchgehen lässt, er übersieht auch die elfmeterreife Attacke von Schössler gegen Sobotzik im Strafraum (24.). Als sei dies nicht genug, schickt er den bereits verwarnten Mehlhorn nach einer fiesen Grätsche gegen Houbtchev nicht vom Platz, sondern ermahnt ihn nur artig.

Doch zum Glück lässt sich die Eintracht hiervon nicht beeindrucken und zieht ihr Spiel weiter durch. Diesmal geht es über Bindewald, Zampach und Sobotzik nach vorne, dessen wunderbaren Pass Weber im Fünfmeterraum nur noch über die Linie zur 1:0-Führung schieben muss (30.). Weiter kennt das Spiel nur eine Richtung. Diesmal ist es Janßen, der die Übersicht behält und den mitlaufenden Houbtchev mit einem gescheiten Querpass in Szene setzt. Der Libero umkurvt noch einen Gegenspieler und zimmert die Kugel von der Strafraumgrenze aus zur 2:0-Halbzeitführung ins rechte Toreck (40.).

Ohne Wechsel geht es in den zweiten Abschnitt, in dem die Eintracht sofort wieder das Kommando übernimmt und Leipzig in die eigene Hälfte drängt, um das Ergebnis fast sogleich zu erhöhen. Doch mit einer artistischen Einlage kann Mauksch den Flugkopfball von Sobotzik für seinen bereits geschlagenen Torhüter um den Pfosten lenken (49.). Es bleibt einseitig, aber nach knapp einer Stunde schleichen sich die ersten Nachlässigkeiten in das Spiel der Frankfurter, die Abspielfehler häufen sich und den Gästen wird ein wenig zu viel Raum bei Ballbesitz gelassen.

"Wir haben unser Herz in beide Hände genommen und gezeigt, dass wir auch ein bisschen Fußball spielen können", meint Leipzig Trainer Siegfried Held zu dem, was jetzt kommt. Eigentlich ist es ja nur ein planlos nach vorne geschlagener Ball, der erlaufen und von Franklin in den Strafraum geflankt wird. Heidrich, der ansonsten bei Schur völlig abgemeldet ist, kommt zum Kopfball und versenkt ihn urplötzlich zum 1:2 (65.).

Nervosität macht sich urplötzlich breit, ohne Not kommt die Abwehr ein wenig ins Schwimmen, was die Gäste schamlos ausnutzen. Nach einem langen Pass in die Mitte kann sich Kujat freilaufen und überwindet Torhüter Nikolov mit einem platzierten Schuss zum 2:2 (75.). Aber es ist nicht die Zeit, darüber nachzudenken oder sich zu ärgern, denn nur zwei Minuten später gibt es Freistoß für die Eintracht. “Ich habe mich kurz mit Thomas Sobotzik abgesprochen. Die Situation war für einen Linksfuß besser“, erklärt Kapitän Weber, der die Kugel aus zwanzig Metern zur erneuten 3:2-Führung in die Maschen zirkelt und vom kicker-Sportmagazin für seine Leistung zu Recht zum “Mann des Tages“ gekürt wird. Lob für seine Leistung bekommt er sogar von Nationaltrainer Berti Vogts: “Ich mag Ralf als Typ und freue mich, dass er schon wieder so gute Leistungen bringt. Ich habe einen Kreis von 35 Nationalspielern. Für den Fall, dass ich mit der linken Seite nicht zufrieden bin, habe ich Ralf Weber im Kopf.“

Doch zurück zum Spiel, denn in der Schlussphase wird es zusehends hektisch auf dem Platz. Zunächst prallen im Mittelfeld Janßen und Leipzigs jetzt mitstürmender Torhüter Ananiev zusammen, was beide mit blutenden Kopfwunden bezahlen. Wenige Sekunden später folgt eine klare Tätlichkeit, als VfB-Spielmacher Heidrich seinem Gegenspieler "mit dem Ellenbogen einen solchen Schlag gegen den Kehlkopf versetzte, dass der richtig zur Seite sprang", wie Schur eine Stunde später - noch immer von Atemproblemen geplagt - berichtet. Auch die TV-Bilder zeigen klar Heidrichs Ellbogenschlag gegen den Kehlkopf, was dieser jedoch vehement abstreitet: “Ich bin auf den Torwart, der den Ball noch nicht unter Kontrolle hatte. Schur gab mir daraufhin einen Schlag und ich habe ihn dann auch gestreift. Passiert ist nichts, der Fall ist erledigt“, meint er, um zu blöken: “Der Alexander Schur war richtiggehend abgerichtet auf mich. Das macht einen allmählich mürbe, weil so etwas mit Fußball nichts mehr zu tun hat.“

Schiedsrichter Dr. Wack immerhin bleibt konsequent schlecht und behauptet: "Ich sah ein Gerangel, aber keine Tätlichkeit. Wir haben uns keinen Vorwurf zu machen. Wenn es eine Tätlichkeit war, dann ist keiner trauriger als wir, dass wir sie nicht gesehen haben“, während Schur mit den Zähnen knirscht: "Heidrich hat mich schon zuvor fünf-, sechsmal attackiert, hat mir in die Zähne geschlagen. Der Schiedsrichter ist auch dafür da, die Gesundheit der Spieler zu schützen." Doch der Schiedsrichter lässt sie weiter gewähren, auch als es nach dem Schlusspfiff noch Rangeleien zwischen den Spielern gibt und Schur massiv zurückgehalten werden muss, um nicht auf Heidrich loszugehen: "Ich musste als Kind wegen eines angeschwollenen Kehlkopfes mit dem Notarztwagen in die Klinik. Deshalb war ich heute so aufgebracht. Wenn ich Heidrich auf der Straße treffen würde, ich könnte für nichts garantieren." Aber auch Mauksch ist aufgebracht und warnt die Frankfurter vor dem Rückspiel: "Den Termin sollten sie sich im Kalender rot anstreichen."

Trotz all der Erregung bleibt es dabei, nach dem sechsten Sieg im siebten Spiel ist die Eintracht weiterhin Tabellenführer mit jetzt vier Punkten Vorsprung auf Freiburg, das in Uerdingen verloren hat und bereits sieben Zähler mehr als der Tabellenvierte Unterhaching. Mit 19 Punkten hat die Eintracht bereits zwei Zähler mehr eingesammelt als unter Stepanovic in der gesamten Vorjahres-Hinrunde. (tr)


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Am Sieg gibt es nichts zu deuteln, der war absolut verdient. In der ersten Halbzeit haben wir sehr gut gespielt, sehr sachlich und sehr nüchtern. Allerdings hatten wir in der Schlussphase mit den langen Pässen der Leipziger unsere Probleme. Da haben wir so manches Kopfballduell verloren. Mit der Umstellung im Sturm fühle ich mich absolut bestätigt. Thomas hat seine Sache hervorragend gemacht. Nur das Schiedsrichter-Gespann hatte bestimmt nicht seinen besten Tag, es hat die Hektik in der letzten Viertelstunde und nach dem Spiel mit verursacht".

Thomas Sobotzik: “An meinem Abschluss muss ich noch feilen. Aber ansonsten bin ich sehr zufrieden, ich habe mich im Angriff wohlgefühlt.“

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