Eintracht Frankfurt - SC Neukirchen

Freundschaftsspiel 1997/1998

4:0 (3:0)

Termin: 08.02.1998
Zuschauer: 300
Schiedsrichter: Bastian (Frankfurt)
Tore: 1:0 Christoph Westerthaler (9.), 2:0 Christoph Westerthaler (30.), 3:0 Christoph Westerthaler (36.), 4:0 Ansgar Brinkmann (67.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt SC Neukirchen

 

     

  • Sven Hoffmeister
  • Thorsten Schönewolf
  • Jürgen Losekam
  • Zeljko Buvac
  • Marco Mason
  • Frank Höhle
  • Heiko Liebers

 

Wechsel

Wechsel

Trainer

Trainer

  • Karl-Heinz Wolf

 

 

Hattrick mit Schmerztabletten

Nach dem nicht eben glorreichen Auftritt auf dem knochenharten Platz in Bernbach greift die Eintracht für das vorletzte Testspiel vor dem Rückrundenstart in die klammen Taschen und lässt für 4000 Mark die Rasenheizung im Waldstadion anspringen. Sicher ein ungewohntes Terrain für den Tabellenfünfzehnten der Regionalliga Süd, denn die Spieler aus der 7000-Einwohnergemeinde Neukirchen am Knüllwaldgebirge sind in dieser Jahreszeit eher tiefgefrorene Plätze gewohnt. "Ob das die Formation ist, die gegen Fortuna Düsseldorf aufläuft, hängt alleine von den Spielern ab", meint unterdessen Horst Ehrmantraut, der auch heute seine vermeintlich erste Elf für den Rückrundenstart auf den Platz schickt und folgerichtig Sobotzik, der in Düsseldorf gelbgesperrt sein wird, auf der Bank Platz nehmen lässt.

Überraschend für die 300 Zuschauer im Waldstadion ist allerdings, dass die Position von Sobotzik im zentralen Mittelfeld da Silva einnimmt, der in der Vorrunde keine Rolle gespielt hat. “Er hat in der Winterpause die größten Fortschritte gemacht“, erklärt der Trainer, der Brinkmann erst in der zweiten Halbzeit bringen will, da er sich zuletzt über einige Spielereien des “weißen Brasilianers“ geärgert hatte: “Kreativ ist er nicht, wenn er sich überschätzt. Er wird erfolgreich sein, wenn er bei sich bleibt und versucht, die Fähigkeiten, die in ihm schlummern, zu fördern.“ Auf dem Nebenplatz drehen unterdessen Güntensperger und Henry Nwosu mit Co-Trainer Lippert ihre Runden, denn der 17-jährige Nigerianer erhält seine offizielle Spielberechtigung erst am 14. Februar, wenn er volljährig wird. Glaubt die Eintracht jedenfalls, denn genau diese wird ihm vom Hessischen Fußballverband in dieser Saison verweigert werden.

Neukirchen, für die die Rückrunde erst am 27. Februar mit einem Auswärtsspiel bei Kickers Oxxenbach beginnt, tritt ebenfalls mit seiner vermeintlich stärksten Besetzung sowie seinen drei Winterneuzugängen von Hessen Kassel an. Doch auch dies reicht nicht, um den engagiert beginnenden Frankfurtern den Schneid abzukaufen. Bereits in der eigenen Hälfte greifen sie den Regionalligisten an, um bei Ballbesitz konsequent nach vorne zu spielen. Diesmal auch mit dem nötigen Zielwasser, als Westerthaler nach 10 Minuten bereits das 1:0 erzielt. Neukirchen bleibt offenkundig überfordert. Mittelfeldmotor Buvac, der ab der Saison 2001/02 Co-Trainer von Jürgen Klopp in Mainz und später bei Borussia Dortmund werden wird, ist ebenso wenig zu sehen wie Heiko Liebers, der einst in der DDR-Oberliga bei Lokomotive Leipzig stürmte.

Viel besser macht es da Westerthaler, der nach seinem zweiten Treffer nur neunzig Sekunden später den Dritten folgen lässt, als er den zaudernden Torhüter Hoffmeister locker ausspielt und die Kugel zum 3:0 in die Maschen haut (34.). "Er ist kaltschnäuzig und torgefährlich. Was ihm fehlt, ist noch die Praxis", analysiert Horst Ehrmantraut messerscharf und auch der Torschütze, der noch immer Schmerzmittel nach seiner Bänderdehnung nehmen muss, bleibt gelassen: "Mit drei Toren kann man zufrieden sein, aber so ganz fit bin ich noch nicht. Ich habe noch immer Schmerzen." Weniger auffällig als der 33-jährige Österreicher präsentiert sich hingegen da Silva, dem kaum eine gescheite Spieleröffnung gelingt, so dass in der zweiten Halbzeit Brinkmann für den 19-jährigen Brasilianer kommt.

Auch wenn Neukirchen zu Beginn der zweiten Halbzeit zu einer Kopfballchance durch Schönewolf kommt (47.), bleibt das Spiel weiter einseitig und die Eintracht drückend überlegen. Für Westerthaler, der noch nicht über 90 Minuten spielen kann, kommt Sawieh, während Brinkmann mit seinem Auftritt zeigt, dass er statt da Silva in die Stammelf will. So rundet er seinen Auftritt mit dem 4:0 in der 65. Minute ab, wird aber vom Trainer nur vorsichtig gelobt: “Brinkmann ist der Stärkere. Er hat positive Impulse gesetzt, ist aber zu oft auf die Außenpositionen ausgewichen. Das muss er noch abstellen.“

An Gegenwehr denkt der biedere Regionalligist inzwischen gar nicht mehr, so dass die Eintracht das Spiel jetzt locker ausklingen lässt. Nachdem Gebhardt mit einem schönen Freistoß nur den Pfosten trifft (80.), endet das einseitige Spiel mit 4:0 und Horst Ehrmantraut resümiert zufrieden: "So ein Spiel gegen einen kampfstarken Regionalligisten wirft mehr verwertbare Informationen ab als eine Partie gegen eine internationale Spitzenmannschaft, die nur schön mitspielt. Wir werden in jedem Fall in der kommenden Woche noch am Pressing und am Zweikampfverhalten arbeiten müssen. Da sind wir heute zu wenig gefordert worden." Auf die Frage, ob er seine Stammformation gefunden habe, antwortet er nur vielsagend: “Davon will ich noch nicht sprechen, zumal Sobotzik und Güntensperger noch dazu stoßen werden. Wir müssen sehen, was jeweils das Beste für uns ist. Obwohl das Gros der Mannschaft steht, würde ich am Mittwoch gerne noch ein Spiel machen." (tr)


“Es ist keine Schwierigkeit für mich, hart zu sein“

Auszüge aus einem Interview mit Horst Ehrmantraut, Frankfurter Rundschau, 12.02.1998

FR: Herr Ehrmantraut, ist Eintracht Frankfurt reif für den Aufstieg?

Horst Ehrmantraut: Diese Frage jetzt eindeutig zu beantworten, fällt schwer. Wenn ich mir das letzte halbe Jahr vor Augen führe, würde ich sagen: ja. Doch die Frage ist: Knüpfen wir an die Leistungen der ersten Halbserie an? Finden wir die Stabilität der Hinrunde wieder, dann sind wir bis zum Ende dabei und haben sehr, sehr gute Möglichkeiten. Die Erwartungen im Umfeld sind sehr groß, alles andere als ein Aufstieg wäre eine Enttäuschung.

FR: Ist das Ihre Stärke, unter schwierigen Bedingungen etwas aus einem Team herauszukitzeln?

Horst Ehrmantraut: Vielleicht. Das geht aber nur bis zu einer bestimmten Grenze. Jeder Mensch hat seine Grenzen und ist darüber hinaus nicht ausbildbar oder weiterzubringen. Diese Mannschaft ist völlig intakt, wir müssen, anders als vor einem Jahr arbeiten, andere Dinge trainieren, im technisch-spielerischen Bereich etwa. Ich kenne von jedem Einzelnen die Grenze. Das kann ich sehr gut erkennen. Das kann man nicht lernen, das ist drin, einen Spieler einzuordnen und mit ihm umzugehen ist Fähigkeit, ist Talent.

FR: Die Stärke dieser Mannschaft liegt in ihrer Mentalität, in ihrem Charakter?

Horst Ehrmantraut: Ja. Sie hat aber auch spielerische Stärken, und das haben wir lange Zeit in der Vorrunde gemerkt. Die Mannschaft konnte gar nicht defensiv spielen, die spielte von sich heraus sehr offensiv, und das hat sie sehr gut gemacht.

FR: Planen Sie nicht zu viel? Konkret: Muss ein Fußballfeld im Trainingslager auf den Millimeter ausgemessen sein?

Horst Ehrmantraut: Ich finde schon. Wenn ich ein Positionsspiel trainiere ist Raumgröße, ob das 15 mal 15 oder 20 mal 20 Meter sind, für mich extrem wichtig. Bei Schwerpunkten im Training ist das Raummaß wichtig. Für mich ist es wichtig und richtig. Das gehört zum akribischen Arbeiten dazu. Dann merken die Jungs auch, der denkt sich was dabei, der beschäftigt sich damit.

FR: Sind Sie ein harter Trainer?

Horst Ehrmantraut: Ich glaube, ja. Wenn ich Strömungen oder Verhaltensweisen in der Mannschaft erkenne, die irgendwann zu einem negativen Ergebnis führen müssen, kann ich sofort umschalten. Ich orientiere mich sehr stark daran, was die Jungs auf dem Platz zeigen. Ich beobachte auch, wie sie sich vor und nach dem Training in der Kabine verhalten. Da kannst du sehr viel rauslesen aus den Charakteren. Ich kann sehr hart sein und rigoros. Damit tue ich mich relativ leicht. Es ist keine Schwierigkeit für mich, hart zu sein.

FR: Fühlen Sie sich als Trainer in Frankfurt unter Wert behandelt?

Horst Ehrmantraut: Ich habe keine Probleme mit den Medien, die haben ein Problem mit mir, und das von Beginn an. Eintracht hatte immer renommierte Trainer, die schon was bewegt hatten. Und da kam einer aus dem Emsland, von so einem Nobodyverein, der nicht anerkannt war, und wollte den Frankfurtern zeigen, wie Fußball geht. Da hätte ich mir mehr Zurückhaltung gewünscht und einen faireren Umgang.

 

 

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