KFC Uerdingen 05 - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1997/1998 - 27. Spieltag

0:1 (0:0)

Termin: Mo 20.04.1998 19:30
Zuschauer: 4.500
Schiedsrichter: Christian Schößling (Leipzig)
Tore: 0:1 Christoph Westerthaler (79.)

 

 

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KFC Uerdingen 05 Eintracht Frankfurt

     

  • Alexander Bade
  • Uwe Grauer
  • Hasan Vural
  • Guido Schmitz
  • Robert Nikolic
  • Marcus Wedau
  • Jörg Scherbe
  • Oliver Straube
  • Claus-Dieter Wollitz
  • John van Buskirk
  • Dirk van der Ven

 

 

Wechsel

  • Miroslaw Spizak für John van Buskirk (57.)
  • Lars Müller für Dirk van der Ven (78.)
  • Robert Middleby für Guido Schmitz (83.)

Wechsel

Trainer

  • Jürgen Gelsdorf

Trainer

 

 

Schwamm drüber, Hauptsache gewonnen

"Wir schauen von Spiel zu Spiel, alles Weitere ist nicht planbar. Wir haben uns eine hervorragende Ausgangsposition geschaffen, und die werden wir uns auch nicht verderben lassen", antwortet Horst Ehrmantraut stoisch auf alle Fragen zum Thema Bundesliga und den zuletzt eher bescheidenen Leistungen mit drei Remis in Folge. "Wir wollen nicht auf Unentschieden spielen, weder in der Konzeption noch auf dem Platz. Wir wollen einiges an Risiko gehen", kündigt er daher kämpferisch vor dem Spiel beim Tabellensechsten aus Uerdingen an. Was sich auch in der Aufstellung widerspiegelt, denn ohne die angeschlagenen Brinkmann und Gebhardt lässt er mit Güntensperger auf rechts, Epp in der Mitte und Westerthaler auf der linken Seite gleich drei Stürmer beginnen. Damit soll der zuletzt so heimschwache KFC überrumpelt und ein riesen Schritt Richtung Bundesliga gemacht werden. Was zudem die Entscheidung für eine Verlängerung des Vertrages von Kapitän Weber forcieren würde, wie zumindest das Kicker-Sportmagazin glaubt.

Während in Frankfurt die Vorfreude auf die Entscheidung im Aufstiegskampf stetig wächst, ist es in Uerdingen trist und grau. Wie groß war doch die Euphorie nach dem Hinspiel-Erfolg, als der einst vom Bayer-Werk eifrig unterstützte KFC die Eintracht an der Tabellenspitze ablöste und sich dort bis zum 14. Spieltag festsetzte. Doch nach zwölf weiteren Spielen mit nur zwei Siegen und zuletzt fünf Heimniederlagen in Folge muss der Tabellenfünfte heute unbedingt punkten, um den Anschluss an die Aufstiegsplätze nicht vollends zu verlieren. Von solchen Rechenspielen will Trainer Gelsdorf zwar nichts wissen, bezieht aber dennoch mit seinem Team ein Kurz-Trainingslager vor dem Montagsspiel gegen die Eintracht: “Wir wollen endlich den gordischen Knoten durchschlagen. Wir müssen weiter aufpassen, damit nach unten nichts anbrennt, bevor wir nach einem Sieg wieder vom Aufstieg sprechen. Natürlich werden im Erfolgsfall neue Kräfte frei, aber die anderen sind auch nicht dumm und müssen erst einmal verlieren.“

Mit van Buskirk und van der Ven bieten die Gastgeber zwei Sturmspitzen auf, doch die nominell offensiven Mannschaften setzen vor vermutlich handgezählten 4328 Zuschauern im Nieselregen nicht um, was sie versprechen. Im Gegenteil, statt schneller Angriffe versuchen beide Teams sich erst einmal in Ballsicherung. Quer- und Rückpässe prägen die Anfangsphase, der gegenseitige Respekt ist spürbar, Gemächlichkeit im Spielaufbau Trumpf. So dauert es knapp 30 Minuten bis Nikolov erstmals eingreifen muss, als er einen Distanzschuss von Grauer von der Linie fischt, um Sekunden später zuzusehen, wie ein Schussversuch von van Ven neben seinen Kasten hoppelt (32.).

Der Dreiersturm der Frankfurter ist hingegen noch gar nicht wach, Güntensperger kann sich kaum einmal durchsetzen und auch Westerthaler versteckt sich meist erfolgreich, während Epp eher wackelt als wirbelt. So ist es Sobotzik vorbehalten, für die einzige halbwegs vernünftige Möglichkeit der Frankfurter im ersten Abschnitt zu sorgen. Prima setzt er sich im Halbfeld durch und marschiert in den Strafraum, doch statt selbst zu schießen, entscheidet er sich für einem Pass auf Güntensperger, der im Abseits steht. Immerhin verdienen sich der nimmermüde Schur vor der Defensive und die Abwehr Fleißkärtchen, in dem sie die Uerdinger Angriffsversuche meist bereits im Keim ersticken. Nachdem ein Freistoß von Wollitz in der 38. Minute, der knapp am Tor vorbei segelt, die Zuschauer aus ihren Nickerchen reißt, geht es mit dem tristen 0:0 in die Pause.

"Unsere Ideenarmut, unser Mangel im kreativen Bereich, die vielen Ballverluste im Mittelfeld, das fehlende Flügelspiel - all das hat mir in der ersten Halbzeit überhaupt nicht gefallen", schimpft Horst Ehrmantraut in der Halbzeit und nimmt Epp aus dem Spiel, da “ihm etwas die Frische und Dynamik fehlte.“ Dafür kommt Gebhardt, so dass Westerthaler und auch Güntensperger in die Sturmmitte und Zampach nach vorne rücken. Tatsächlich scheint die Umstellung zu fruchten, denn die Eintracht nimmt Heft des Handelns zusehends in die Hand und beherrscht Ball und Gegner. Nur das Spiel in die Spitze bleibt weiterhin blass, zumal über die Außen weiterhin kaum Druck kommt und die Fehlpassquote erschreckend hoch bleibt.

So plätschert das Spiel bis zur 62. Spielminute, als Houbtchev sich im Mittelfeld schön durchsetzt und auf den startenden Güntensperger passt, der das Leder aber vor Bade vertändelt, so dass sich der Torhüter ebenso wie Nikolov auf der anderen Seite wieder dem gelangweilten Herumstehen widmen kann. Das fünf Minuten später nur kurz unterbrochen wird, als sich Sobotzik in den Strafraum dribbelt, dann aber zu lange braucht, um Fuß und Ball zu sortieren, so dass sein Schuss abgeblockt werden kann.

So läuft bereits die 79. Spielminute. Nachdem ein Angriffsversuch der Hausherren unterbunden werden kann, schlenzt Zampach die Kugel auf der rechten Seite zu Güntensperger. Der düpiert mit zwei kurzen Haken die gesamte weit aufgerückte Abwehr des KFC, um den Ball quer auf den mitlaufenden Westerthaler zu legen, der ihn eiskalt an Torhüter Bade vorbei zum 1:0 in die Maschen haut. "Güntensperger hat nach seiner langen Verletzungspause zuletzt einen großen Sprung gemacht. Seine Laufleistung war enorm“, freut sich der Trainer, um ein Sonderlob an Westerthaler auszusprechen: "Seine Verpflichtung hat sich millionenfach gelohnt. Für Null Mark Ablöse, das muss man sich mal vorstellen." Und darf dabei nicht vergessen, dass Schatzmeister Gaetano Patella den 33-jährigen Österreicher zusammen mit anderen Privatinvestoren das Gehalt bezahlt. Der Torschütze jedenfalls geht mit dem Lob seines Trainers gelassen um: "Dafür hat mich die Eintracht schließlich geholt."

Die einzig gelungene Aktion reicht tatsächlich für den Sieg, denn die laut Präsident Heller “wie ein Absteiger“ spielenden Uerdinger können sich gegen die nun konsequent im Mittelfeld stehenden Frankfurter nicht einmal mehr zu Angriffsversuchen entschließen. Kopfschütteln hier, grenzenloser Jubel auf der anderen Seite bei den Frankfurter Fans, die den Rasen des Grotenburg-Stadions stürmen und Trainer Horst Ehrmantraut auf den Schultern tragen, während sich Thomas Zampach als Fahnenschwenker auf der Laufbahn übt. “Nie mehr zweite Liga“, skandieren sie, während “Hotte“ meint: "Ich bin nicht der elitäre Trainer, für den mich vielleicht viele halten. Gefeiert werden sollten aber alle, ob Co-Trainer, Spieler, Masseur, Zeugwart oder die Fans.“


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "In der ersten Halbzeit haben wir nicht gut gespielt, aber danach haben wir uns den Sieg verdient. Wenn wir jetzt nicht aufsteigen, dann sind wir selber schuld."

Jürgen Gelsdorf, KFC-Trainer: “Es war ein typisches Unentschieden-Spiel, aber Frankfurt war in der entscheidenden Situation cleverer als wir."

Thomas Sobotzik: "Schwamm drüber, Hauptsache gewonnen."

Ralf Weber zu seiner Vertragsverlängerung: “Je mehr Punkte wir haben, um so absehbarer ist die Situation.“


Der “Fall Vöge“ - wieder droht der Eintracht Ungemach mit den Finanzbehörden

“Wir haben viel Arbeit hineingesteckt und hatten den Verein gerade glatt. Ich hoffe nicht, dass jetzt alles wieder von vorn losgeht. Aber es gibt keine Unterlagen, es gibt nichts offenzulegen“, stöhnt Präsident Heller nach der Rückkehr aus Uerdingen. Hintergrund ist die Verhaftung des internationalen Spielervermittlers Wolfgang Vöge wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung unter der Amtszeit von Präsident Ohms. Der ehemalige Stürmer von Borussia Dortmund hat in der Schweiz ein Netzwerk als Makler von rund 70 Fußballern aufgebaut, die er als Berater betreut.

Auf Anfrage der Staatsanwaltschaft Nürnberg hat die Eintracht Zahlungen in Höhe von etwa zwei Millionen Mark an Honoraren für Beratung und Vermittlungen in den Jahren 1994 bis 1996 offengelegt. Etwa eine Million Mark an Beratungskosten sind dabei allein bei den Transfers von Thomas Doll, Andreas Köpke, Anthony Yeboah und Maurizio Gaudino geflossen. Die Verwendung und der Empfänger von weiteren 700.000 Mark, welche die Eintracht im Mai 1994 im Zusammenhang mit dem Transfer von Thomas Doll auf ein Konto in Vaduz in Liechtenstein überwiesen hat, werden von der Staatsanwaltschaft jetzt geprüft.

Immerhin geht dieser Fall für die Eintracht ohne Steuernachzahlungen aus, während Vöge nach 19 Tagen in Untersuchungshaft mit Strafzahlungen und einer Bewährungsstrafe davon kommt, um danach einfach weiterzumachen. So ist er im Jahr 2001 als Partner der International Management Group (IMG) unter anderem Berater von Serge Branco.

Warum so wenig passierte, zeigt das Beispiel des Hamburger SV, bei dem es um Steuern auf Beratungsgelder in Höhe von 5 Millionen Mark geht, unter anderem auch für den Kauf von Anthony Yeboah von Leeds United im Herbst 1997. "Der HSV bestreitet diese Steuerverpflichtungen dem Grunde und der Höhe nach. Gleichwohl wird der HSV zur Vermeidung kostenträchtiger Verfahren und um ein beiderseits akzeptierbares Ergebnis zu erzielen, versuchen, mit der Finanzverwaltung eine gütliche außergerichtliche Regelung über nachzuzahlende Steuern zu finden", verkündet der Verein offiziell im November 2000. (tr)

 

 

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