Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart

Bundesliga 1998/1999 - 4. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: Fr 11.09.1998 20:00
Zuschauer: 31.500
Schiedsrichter: Jürgen Aust (Köln)
Tore: 0:1 Krassimir Balakov (72.), 1:1 Ansgar Brinkmann (89., Foulelfmeter)

 

 

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Eintracht Frankfurt VfB Stuttgart

 

     

  • Franz Wohlfahrt
  • Frank Verlaat
  • Kristijan Djordjevic
  • Sreto Ristic
  • Thomas Berthold
  • Krassimir Balakov
  • Gerhard Poschner
  • Fredi Bobic
  • Jens Keller
  • Mitko Stojkovski
  • Pablo Thiam

 

Wechsel

Wechsel

  • Michael Zeyer für Gerhard Poschner (58.)
  • Krisztian Lisztes für Kristijan Djordjevic (68.)
  • Martin Spanring für Sreto Ristic (82.)

Trainer

Trainer

  • Winfried Schäfer

 

 

Ein Punktgewinn in letzter Sekunde

"Unentschieden sind zu wenig, jede Mannschaft in der Bundesliga ist schlagbar", macht sich Horst Ehrmantraut nur drei Tage nach dem Unentschieden auf dem Bökelberg Mut. Denn der VfB Stuttgart steht vor der Tür, der den amtierenden deutschen Meister Kaiserslautern am Dienstag mal eben mit 4:0 nach Hause geschickt hat. Die Stärken des Tabellendritten? "Abwehr, Mittelfeld und Angriff. Der VfB hat eine extrem gute Mannschaft, aber unser Selbstvertrauen ist gestiegen", erklärt der Trainer, der keinen “triftigen Grund“ sieht, seine Taktik zu verändern. So soll sich Bindewald vor der Abwehr um Stuttgarts Superstar Balakov kümmern, während Kutschera und Schur es mit Bobic und Ristic zu tun bekommen. Yang bleibt im Sturm Alleinunterhalter, soll aber im Mittelfeld wieder von Sobotzik, Pisont und Bernd Schneider Unterstützung bekommen, während Kapitän Weber die linke und Brinkmann die rechte Seite bearbeiten sollen.

Rang vier in der Vorsaison, dazu das Erreichen des Finales im europäischen Pokalsieger-Wettbewerb, dass sie gegen Chelsea verloren haben. So oder etwas besser noch soll es auch in dieser Saison laufen, wenn es nach dem mächtigen Vereinsboss Meyer-Vorfelder und dem von ihm im Alleingang verpflichteten Trainer geht, der ausgerechnet aus Karlsruhe kommt. Unmittelbar nach der Demontage und Entlassung von Joachim Löw heuerte Winfried Schäfer an, der kurz zuvor nach zwölf Jahren beim KSC entlassen wurde, um ständig zu wiederholen: "Ich habe mit der Ablösung von Löw nichts zu tun. Ich bin kein Jogi-Mörder." Doch besonders beliebt macht er sich bei den Stuttgarter Fans so nicht, zumal er sich in der Vorbereitung das ein oder andere Mal mit den Stuttgarter Ikonen Balakov und Bobic anlegte. Doch bislang sind sie auf Kurs, dem Auftaktsieg gegen Dortmund und der Niederlage auf Schalke folgte das beeindruckende 4:0 gegen Kaiserslautern, bei dem Rechtsaußen Djordjevic, der es heute mit Weber zu tun bekommt, alle Tore vorbereitete und auch Bobic erstmals wieder traf.

Drei Punkte, mit dieser Marschroute startet die Eintracht sehr gefällig in die Partie auf dem nassen Rasen im Waldstadion. Sie kombinieren schön und schnell im Mittelfeld, während sich die Schwaben zunächst darauf beschränken, den Spielaufbau der Frankfurter bereits kurz hinter der Mittellinie zu stören. Zumindest gelingt das so gut, dass sich kaum eine Lücke auftut, so dass Torhüter Wohlfahrt ebenso wie Chen Yang in den ersten zwanzig Minuten weitgehend beschäftigungslos sind. Zu oft geht es durch die Mitte bei der Eintracht, dabei sagte der Trainer noch vor dem Spiel: "Die rechte Seite soll unsere Gewinnerseite sein." Doch im ersten Abschnitt wird Brinkmann so selten angespielt, dass er sich “schon einen Stuhl holen wollte.“ Zum Glück wird dies sich ändern.

Auch auf der linken Seite kann sich Weber zunächst nur selten einbringen, denn wenn die Schwaben einmal nach vorne kommen, dann meist über Djordjevic. Zum Glück spielen sie jedoch so behäbig, dass die Abwehr meist alles im Griff hat. Lediglich Bobic kann sich nach zwanzig Minuten einmal gegen Kutschera durchsetzen, sein Schuss aus zwölf Metern geht allerdings ebenso in die Wolken wie sein Versuch gut fünf Minuten später. Beide Male war Kutschera nicht im Bilde, der mit teilweise kapitalen Querschlägern beim Publikum für Belustigung oder Kopfschütteln sorgt. Es ist nicht sein Tag und nach 33 Minuten ist er auch schon vorbei, als er mit einer Prellung des Mittelfußes ausgewechselt werden muss. Horst Ehrmantraut stellt um, so dass Bindewald zurück in die Abwehr geht, um Bobic zu decken und der eingewechselte Kaymak sich mit Balakov auseinandersetzt. Torchancen? Bleiben weiterhin Mangelware. Immerhin kann Yang kurz vor dem Halbzeitpfiff Torhüter Wohlfahrt einmal mit einem Schuss aus 18 Metern prüfen, ansonsten ist der Sturm der Eintracht ein laues Lüftlein, zumal sich Schneider allzu oft zurückfallen lässt.


Epp in der Klemme

Nach der Pause verstärken die Frankfurter den Druck und erspielen sich im Mittelfeld ein Übergewicht, doch Gefährliches springt nach wie vor nicht raus. Es mangelt am Tick Entschlossenheit, dem schnellen Schritt, dem Überraschungsmoment. Yang ist viel unterwegs, doch ihm fehlt offensichtlich der Sturmpartner, der Bernd Schneider nicht ist. Immerhin zeigt sich jetzt Brinkmann immer öfter in Strafraumnähe und er ist es auch, der Wohlfahrt nach 60 Minuten zu einer Glanzparade zwingt. "Der weiß, wann und wie er laufen muss", zeigt sich der “weiße Brasilianer“ kurz darauf erleichtert, denn mit Westerthaler für Sobotzik kommt endlich die zweite echte Sturmspitze ins Spiel (68.). Die Eintracht verstärkt weiter den Druck, doch dann gibt es auf der anderen Seite Freistoß, nachdem ein Konter unsanft beendet wird. Balakov tritt aus gut 20 Metern an, trifft aber zunächst nur die Frankfurter Mauer. Der Ball trudelt nach vorne, aber statt ihn einfach weg zu bolzen, zaudert Schur so lange, dass der Bulgare sich bedankt und seinen Nachschuss zum 1:0 für die Schwaben unter die Latte setzt (72.).

Nur drei Minuten später folgt der zweite Schock, als Nikolov Bindewald mit einem missratenen Abschlag in Bedrängnis bringt. Denn Bobic bekommt die Kugel und will in den Strafraum starten, so dass Zico ihn rustikal von den Beinen holt und von Schiedsrichter Aust mit Gelb-Rot zum Duschen geschickt wird. War das die Entscheidung zugunsten der Schwaben? Bindewald schleicht mit gesenktem Kopf Richtung Kabine, während Präsident Heller von seinem Tribünensitz aufspringt, um den Abwehrrecken zu trösten: "Der Binde ist sensibel." Unterdessen kämpft der Aufsteiger gegen die drohende Niederlage, während Horst Ehrmantraut am Seitenrand brütet und die Schwaben vor lauter Lässigkeit die entstehenden Lücken nicht nutzen, was vor allem Bobic mächtig auf die Palme bringt: “Dreimal habe ich bei unseren Kontern blank gestanden, völlig ungedeckt, ohne dass der entscheidende Pass zu mir kam.“

Das wird sich rächen, denn mit Epp für den erst in der 33. Minute eingewechselten Kaymak kommt ein dritter Stürmer ins Spiel (81.), während die Eintracht jetzt mit viel Engagement gegen das Stuttgarter Bollwerk anrennt. "Eine Spitzenmannschaft macht das zweite Tor, aber bei uns geht es gegen einen dezimierten Gegner im Mittelfeld nur noch ungeordnet zu“, schimpft der Ex-Frankfurter Thomas Bertold, während Brinkmann und Weber auf den Außenbahnen die Bälle fast wie am Fließband Richtung Strafraum bolzen. Dann die 88. Spielminute, mit viel Schwung sprintet Epp verfolgt von Verlaat in den Strafraum, der zu einer Grätsche ansetzt, aber nicht den Ball, sondern das Standbein von Epp trifft. Der kleine Stürmer fällt mit vielen Drehungen und nicht nur für Schiedsrichter Aust ist es eine klare Sache, auch der Foulende gibt zu: “Man kann ihn geben, denn ich habe den Ball nicht getroffen. Wie so viele deutsche Spieler ist der Thomas Epp aber wunderschön abgehoben und fast auf der Laufbahn gelandet.“

Zur Überraschung aller schnappt sich nicht der Kapitän den Ball, sondern Ansgar Brinkmann, der “sich ganz sicher war, das Ding zu verwandeln.“ Tatsächlich drischt er die Kugel unhaltbar für Torhüter Wohlfahrt zum 1:1 unter die Latte (89.). Es ist der umjubelte Endstand, der der Eintracht allerdings nur den zweiten Punkt bringt, so dass sie sich zwischen den ebenfalls noch sieglosen Teams aus Wolfsburg und UEFA-Cup-Teilnehmer Bremen mit Rang 17 nach vier Spieltagen begnügen muss.


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Respekt für meine Jungs, wie sie nach dem Rückstand und dem Platzverweis reagiert haben. Die Unentschieden bringen uns allerdings nur für den Moment voran. Perspektivisch müssen wir dazu kommen, Spiele zu gewinnen."

Präsident Rolf Heller: "Am Dienstag hatten wir in Mönchengladbach das Pech, in der letzten Minute um den Sieg gebracht zu werden. Heute stand uns Fortuna zur Seite. So gleicht sich alles aus im Leben."

Ansgar Brinkmann: "Wir können mit zwei Punkten nicht zufrieden sein, aber ich bin überzeugt, dass wir noch erheblich stärker spielen können."

Dr. Peter Lämmerhirdt, Geschäftsführer der Marketing GmbH zur Eröffnung des Fan-Shops in der 6. Etage der Zeilgalerie, der ein Flop werden wird: "Damit sind wir Kundenwünschen entgegenkommen. Untersuchungen haben ergeben, dass 60 Prozent der gekauften Fanartikel Geschenke sind. Diese Kunden kommen aber nicht an den Riederwald, weshalb wir in die Innenstadt gehen.“


"Mieses Spiel mit Güntensperger"

…titelt das kicker-Sportmagazin am 14. September und veröffentlicht neue Details zu den Wirrnissen um Urs Güntensperger, der nach offiziellen Angaben “Trainingsrückstand habe und deshalb nicht zum Einsatz kommt. “Die Wahrheit ist eine andere“, schreibt das Blatt: “Die Eintracht hat schon im Juli den Vertrag mit dem Publikums-Liebling gekündigt, so dass dieser im Moment keine Spielberechtigung besitzt“, was Güntensperger bestätigt. Während Präsident Heller auf alle Nachfragen beharrlich schweigt, muss Pressesprecherin Katja Kraus erklären, dass die Eintracht Güntensperger ein neues Vertragsangebot unterbreitet habe und nun der Spieler "am Zug" sei. “Dieses deutlich geringer dotierte Angebot hatte Urs Güntensperger allerdings bereits vor einer Woche abgelehnt“, schreibt die FAZ.

Während Güntensperger anbietet, bis Ende des Jahres zu den Bedingungen des alten Zweitliga-Vertrages zu spielen, bleibt die Eintracht stur. Der Gegenvorschlag beinhaltet nicht nur eine deutliche Reduzierung seiner Bezüge, sondern auch eine Klausel, dass sich Güntensperger bis zur Winterpause in den 18-Mann-Kader spielen müsse, ansonsten könne die Eintracht den Vertrag einseitig auflösen und eine Ablösesumme verlangen. “Dieser Vorschlag ist unannehmbar, damit wäre ich total abhängig vom Verein", schimpft Güntensperger und ergänzt: "Wenn sie mich loshaben wollen, sollen sie es doch einfach sagen." Eine Woche später zieht die Eintracht ihr Angebot kommentarlos zurück und Güntensperger wechselt zum schweizerischen Erstligisten Lausanne Sports. (tr)

 

 

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