Hamburger SV - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1998/1999 - 13. Spieltag

0:1 (0:1)

Termin: Sa 14.11.1998 15:30
Zuschauer: 23.500
Schiedsrichter: Bernhard Zerr (Ottersweier)
Tore: 0:1 Thomas Sobotzik (33.)

 

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Hamburger SV Eintracht Frankfurt

     

  • Jörg Butt
  • Nico-Jan Hoogma
  • Martin Groth
  • Jacek Dembinski
  • Ingo Hertzsch
  • Andreas Fischer
  • Martin Dahlin
  • Anthony Yeboah
  • Bernd Hollerbach
  • Harald Spörl
  • Thomas Vogel

 

 

Wechsel

  • Sergej Kirjakow für Harald Spörl (61.)
  • Vanja Grubac für Thomas Vogel (83.)

Wechsel

Trainer

  • Frank Pagelsdorf

Trainer

 

 

Die Eintracht imponiert Yeboah

Es gibt keine Atempause, nur drei Tage nach dem Sieg gegen Freiburg steht das Auswärtsspiel beim Hamburger SV auf dem Programm. "Viele sind am Ende der englischen Woche müde, weil alle in jeder Partie bis an ihre Grenze gehen müssen. Doch wir haben diesmal wenig zu verlieren und wollen unsere Chance nutzen", erklärt Horst Ehrmantraut, dem die jüngste Vorstellung der Hanseaten gar nicht gefallen hat: "Mir schmeckt es nicht, dass der HSV in Kaiserslautern nicht nur schlecht gespielt, sondern auch verloren hat. Jetzt haben sie etwas gutzumachen, aber ich setze darauf, dass wir unser Spiel in gewissen Phasen durchsetzen werden. Wir dürfen nicht nur reagieren." Und zwar mit verändertem Personal, denn sowohl Weber als auch Brinkmann sind wieder genesen und werden die Außenpositionen besetzen, auf denen gegen Freiburg noch Yang und Pisont begannen. Da den Chinesen kurz vor der Abreise zu den Asienspielen nach Bangkok eine Grippe plagt, verzichtet der Trainer komplett auf seinen bislang besten Stürmer, so dass Epp es mit Unterstützung von Sobotzik richten soll. In der Abwehr ersetzt zudem Uwe Schneider Kutschera, der noch an den Folgen seines Pferdekusses aus dem Freiburgspiel laboriert. Er wird es mit Dahlin zu tun bekommen, während Bindewald den wieder erstarkten Anthony Yeboah ausschalten soll.

Stürmisch war es noch im Frühjahr im hohen Norden, nachdem Uwe Seeler als Präsident zurück getreten war und der HSV tief in den Tabellenkeller stürzte. Doch inzwischen haben sie reagiert und mit ihrem Ex-Spieler Holger Hieronymus einen Manager geholt, der trotz zahlreicher Fehden mit dem Übungsleiter wohl den richtigen Riecher bei den Neuzugängen hatte, obwohl im Umfeld nur die Nase gerümpft wurde. Denn Thomas Doll (vom AS Bari), Sergej Kirjakow (zuvor KSC), sowie Straube, Bade und Grammozis (alle aus Uerdingen) waren jetzt nicht die Kracher, die vom titelhungrigen Hamburger Publikum erwartet wurden. Aber die Leistung stimmt bislang und Anthony Yeboah, der in der letzten Saison bereits als Fehleinkauf verspottet wurde, spielt und trifft wieder wie zu seinen besten Eintracht-Zeiten. Dennoch warnt der Trainer der seit zwölf Heimspielen ungeschlagenen Hanseaten: "Es wartet enorm viel Arbeit auf uns, die Elf ist noch lange nicht da, wo ich sie hin haben will" und auch Abwehrspieler Bernd Hollerbach hebt nach der Niederlage in Kaiserslautern den Mahnfinger: "Wir müssen gegen Frankfurt gewinnen, sonst besteht die Gefahr, dass wir nach unten durchgereicht werden." Siegen will auch Frank Pagelsdorf, der auf Yeboah und Dahlin als Doppelspitze setzt, hinter der Dembinski und Spörl für Offensivkraft sorgen sollen. Ingo Hertzsch bekommt es mit Sobotzik zu tun, während Bernd Schneider sich an der Sonderbewachung durch Groth erfreuen darf.

Zu Beginn tasten sie sich noch friedlich ab, doch dann sorgt Herr Bernhard Zerr aus Ottersweier schnell für helle Aufregung rund um den Frankfurter Strafraum. Denn bei einem Zweikampf mit Schur am Rande des Sechzehners geht Spörl zu Boden, was den Schiedsrichter dazu veranlasst, Beifall heischend nicht auf Freistoß, sondern auf Elfmeter zu entscheiden. Eine klare Fehlentscheidung, wie die TV-Bilder beweisen, doch dem Gefoulten, der sich die Kugel schnappt, ist dies herzlich egal. Spörl schießt hart, aber ziemlich mittig, so dass Nikolov die Arme hochreißen kann und pariert (5.). “Eine solche Aktion zu Beginn ist natürlich wertvoll“, freut sich der 24-jährige Torhüter, während HSV-Trainer Pagelsdorf mit Leichenbittermine verkündet: "Danach haben wir nie unsere Linie gefunden." Seinen letzten Elfmeter hat Harald Spörl übrigens am 3. Dezember 1994 verschossen. Bei der 0:2-Niederlage in Frankfurt…

In der Tat, trotz der offensiven Aufstellung wirkt der HSV wie gelähmt. Ohne Konzept und Ideen daddeln sie durch die Gegend. Spörl hängt sein Elfmeter offensichtlich noch nach und Dembinski übt eifrig Fehlpässe, während auf der anderen Seite Schneider und vor allem der immer wieder in die Spitze stoßende Sobotzik die Initiative übernehmen. So hat Torhüter Butt einiges zu tun, kann aber die Null halten. Bis zur 33. Spielminute jedenfalls, als Schneider einmal mehr Groth einfach stehen lässt und den Ball blitzgescheit nach halblinks in die Gasse legt, wo Vogel nur schaut, wie Weber startet. Der Kapitän zieht im Strafraum ab, Butt kann zwar parieren, muss die Kugel aber nach vorne prallen lassen, wo der nachsetzende Sobotzik sie zum 1:0 für die Eintracht ins Netz hämmert.

Die Frankfurter setzen sofort nach und nur drei Minuten später ist es erneut Schneider, der Sobotzik mit einem tollen Pass in Szene setzt. Diesmal kann Butt allerdings mit einer Glanzparade retten und die Vorentscheidung verhindern. Hamburg agiert weiter konfus, Kapitän Fischer auf der rechten Seite macht keinen Stich gegen Weber und sorgt mit leichten Ballverlusten dafür, dass er vom Kicker-Sportmagazin die Note 6 erhält und vom eigenen Publikum ausgepfiffen wird. Immerhin ist Yeboah ständig in Bewegung und sorgt so für ein wenig Unruhe vor dem Frankfurter Strafraum, während sein Sturmkollege Dahlin, auch wegen des Einsatzes von Uwe Schneider wie ein “Alt-Herren-Kicker“ wirkt, wie die Hamburger “Welt“ süffisant anmerkt. So geht es mit der verdienten Führung für die Gäste in die Pause.

Ohne Wechsel beginnt die zweite Halbzeit, in der die Hanseaten zwar ihren Druck verstärken, doch die Aktionen sind bieder und berechenbar für die SGE-Defensive, die weiterhin sehr sicher agiert. So versucht es Yeboah ein ums andere Mal auf eigene Faust, holt sich die Bälle sogar im Mittelfeld ab, um nach vorne zu stoßen. Aber wenn er Bindewald einmal stehen lässt, dann ist sofort Pedersen zur Stelle und putzt aus. Überhaupt ergänzen sich heute die Kreativen Schneider und Sobotzik prima mit den Defensiv-Spezialisten Pedersen sowie Schur. Auf den Außen ackern zudem Weber und Brinkmann, um sich immer wieder Kontergelegenheiten zu erarbeiten. Doch vorne fehlt einfach ein Stürmer, der die Bälle halten und verarbeiten kann. Wie Epp leider in der 60. Spielminute beweist, als er von Bernd Schneider prima frei gespielt wird. Doch allein vor Butt scheitert er wieder einmal an seinen Nerven, so dass der Hamburger Torhüter Schlimmeres verhindern kann.

Frank Pagelsdorf tobt schimpfend am Seitenrand und bringt schließlich mit Kiriakov für Spörl eine weitere Offensivkraft, während bei der Eintracht gewechselt werden muss. Pedersen humpelt vom Platz, für ihn kommt Gebhardt, so dass Weber vor die Abwehr rutscht (66.). Der HSV versucht es nun mit dem Kopf durch die Wand, aber anders als noch gegen Leverkusen wackelt die Frankfurter Defensive nicht. Und wenn einmal ein Schuss aus der zweiten Reihe kommt, ist Nikolov zur Stelle, der für seine Leistung ebenso wie Sobotzik in die “Kicker-Elf des Spieltages“ gewählt wird. Doch noch müssen die Gäste kämpfen, sie kommen kaum aus der eigenen Hälfte, während Dahlin selbst bei Ballverlusten der Hanseaten am Frankfurter Sechzehner verharrt. Einen Stich gegen Uwe Schneider macht er dennoch nicht, was dem Verteidiger natürlich sehr gefällt: "Der Trainer und ich hatten ja schon einige Meinungsverschiedenheiten, weil wir unterschiedliche Spielauffassungen haben. Aus Nürnberger Zeiten war ich eher die Raumdeckung gewohnt, aber hier bei der Eintracht will Ehrmantraut eine strikte Manndeckung. Aber auch diese Spielweise macht Spaß, wenn man gewinnt".

Denn nach knapp 95 Minuten ist es endlich soweit, im Frankfurter Lager bricht Feiertagsstimmung aus und selbst der Trainer lässt sich von der Ausgelassenheit seiner Spieler, die ihre Trikots in den Frankfurter Fanblock werfen, anstecken. So springt er freudestrahlend Assistent Lippert um den Hals, um sogleich alle Spieler zu herzen, die auf dem Weg in die Kabine auch noch überschwänglich von Präsident Heller getätschelt werden. Was für eine tolle englische Woche! Sieben Punkte geholt und sich auf Rang elf ein schönes Sechs-Punkte-Polster auf die Abstiegsränge verschafft. (tr)


Stimmen zum Spiel und zum Trainer

Horst Ehrmantraut: "Das war schon eine taktische Meisterleistung, das ist der Tag der Mannschaft. Ein Tag der Teambildung und der Einheit. Wenn meine Jungs wollen, können sie heute ruhig in Hamburg bleiben. Aber am Sonntag, zum Training, sollten sie doch wieder am Riederwald sein. Dafür müssten sie natürlich schon die erste Frühmaschine nehmen."

Ansgar Brinkmann: "Unser Trainer arbeitet sachlich-fachlich. Er hat uns fit gemacht und lässt sich nicht verbiegen."

Anthony Yeboah: "Es ist natürlich traurig für mich, dass wir verloren haben. Aber die Frankfurter haben mir imponiert, vor allem im Mittelfeld haben sie heute sehr gut gespielt."

Präsident Rolf Heller auf die Frage nach einer Vertragsverlängerung mit Horst Ehrmantraut: “Und wenn wir das nächste Mal verlieren, dann kommen Sie wieder und fragen, ob der Trainer der richtige für uns ist. Die Vertragsverlängerung mit Horst Ehrmantraut ist derzeit kein Thema für uns. Das kommt irgendwann auf uns zu, aber wann, kann ich jetzt nicht sagen.“

Präsident Heller zu den Behauptungen von Werner Lorant, er habe ihn “mehrmals angebaggert“: “Es ist eine Unverschämtheit. Ich habe noch nie mit Werner Lorant geredet, nicht einmal ein paar Sätze mit ihm gewechselt. Wenn wir uns mal begegnet sind, ist es bei einem "Grüß Gott" und "Auf Wiedersehen" geblieben. Das würde ich auch beschwören.“

 

 

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