FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1998/1999

0:4 (0:4)

Spielzeit 4 x 20 Minuten

 

Termin: 08.02.1999 in Sousse
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: Jan-Aage Fjørtoft (15.), Ansgar Brinkmann (22.) Christoph Westerthaler (29.), Jan-Aage Fjørtoft (36.)

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FSV Frankfurt Eintracht Frankfurt

     


Tore:


 

 

Wechsel

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Trainer

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Böen in Tunesien und ein “Nazi-Skandal“ stürmt gegen Gernot Rohr

Mit dem Wind im Rücken zum Sieg

Einen Tag vor dem Rückflug in den deutschen Winter nutzt die Eintracht noch einmal die Gelegenheit für ein Testspiel, denn der FSV hat sein Trainingslager nur wenige Kilometer von Sousse entfernt bezogen. Ex-Eintrachtler Michael Blättel, der nach dem 9. Spieltag Trainer Ronald Borchers beim Tabellenschlusslicht der Regionalliga Süd abgelöst hat, soll in der Rückrunde den Sprung auf die Nichtabstiegsplätze schaffen. "Ich will jedem mehrere Chancen geben", freut sich unterdessen Reinhold Fanz, der endlich den bislang grippekranken Bounoua in die Mannschaft einbauen kann. Zusammen mit Gebhardt soll er das Pärchen auf der linken Seite bilden, während auf rechts Brinkmann mit Zampach spielen soll.


Bounoua

Kurz nach dem Anpfiff auf dem Trainingsplatz des ESS Sousse ruft der Muezzin zum Gebot, doch die Eintracht lässt sich davon ebenso wenig beeindrucken wie vom böigen Wind. Der Bundesligist spielt druckvoll, ohne allzu sehr zu glänzen, während der Regionalligist vor allem in der Hintermannschaft sichtlich nervös agiert. Dies nutzt Fjørtoft, um die Führung zu erzielen (15.). Nach zwanzig Minuten gibt es eine kurze Pause ohne Seitenwechsel, nach der die Eintracht noch einmal den Druck erhöht. So kann sich Gebhardt auf der linken Seite fast bis zur Eckfahne durchsetzten, um den Ball vor den langen Pfosten zu ziehen, wo Brinkmann ihn volley zum 2:0 ins Toreck wuchtet (22.). Weiter geht es mit dem Wind im Rücken gegen die überforderten Bornheimer, die die Eintracht förmlich zum Tore schießen einladen. Westerthaler (29.) und Fjørtoft (36.) nutzen dies trefflich, bevor es nach 40 Minuten in die Halbzeit geht.

Während sich Michael Blättel über zwei "Geschenke" seiner Hintermannschaft ärgert, bemängelt Reinhold Fanz, dass zu wenig über die Flügel gespielt wird und bringt jetzt Yang, da Silva und Mutzel für Westerthaler, Zampach und Gebhardt in die Partie, die im zweiten Abschnitt wesentlich ausgeglichener ist. Denn jetzt spielt die Eintracht gegen den Wind, den resoluter auftretenden Regionalligisten und den eigenen Schweinehund. Den sie nicht überwinden kann. Zu zaghaft geht es jetzt nach vorne, viel zu oft läuft der Ball quer, als dass die Eintracht die Bornheimer noch einmal in Bedrängnis bringen könnte. So endet das Spiel nach 80 Minuten und Reinhold Fanz zieht ein insgesamt durchwachsenes Fazit: "Ich habe erneut einige Erkenntnisse gewonnen. Einiges war positiv, aber manches auch negativ. Die Abwehr stand in den drei Testspielen ganz gut, die Außenbahnen sind besser zugemacht, der Libero steht auch besser. Aber in der Offensive müssen wir noch an vielen Kleinigkeiten arbeiten. Es wäre schlecht, wenn morgen die Bundesliga fortgeführt würde." Ein Testspiel in der Heimat und zwölf Tage hat er noch Zeit, um die “Kleinigkeiten“ zu verbessern.

Erste kleine Fingerzeige für die Startformation zum Rückrundenstart gibt es bereits, so bleibt Oka Nikolov im Kasten: "Er ist die Nummer eins, weil er vor der Winterpause gut gehalten hat und auch jetzt den sichersten und ruhigsten Eindruck macht." Positiv aufgefallen sind ihm vor allem die gegen 1860 gesperrten Bindewald und Pedersen sowie Houbtchev, Amstätter und Uwe Schneider. Bei Chen Yang vermisst er dagegen taktisches Verständnis: "Er muss viel schneller die deutsche Sprache lernen. Alle 14 Tage muss er einen Erfolgsnachweis bringen, sonst gibt es keine Kohle." Darüber hinaus kündigt er an, vor dem nächsten Training in Frankfurt den Kader weiter zu verkleinern, so dass die “Ausgemusterten“ künftig mit Armin Kraaz und dem “59-er Meister“ Istvan Sztani trainieren sollen, der von Gernot Rohr in die Trainer-Riege aufgenommen wurde. Treffen wird es neben Patrick Glöckner, Donald Agu und Antonio da Silva auch Damir Stojak, der Leihspieler vom SSC Neapel.


“Hitler-Jugend“ - Eine heftige Entgleisung des Managers sorgt für Aufregung

Es ist ein langes Interview, das Klaus Veit von der Frankfurter Neuen Presse mit Gernot Rohr führte. Es geht um das Trainingslager in Tunesien und die bisherige Arbeit des Trainers. Der technische Direktor betont, dass die Mannschaft unter Reinhold Fanz “befreit wirkt, mitzieht und auch mal lacht.“ So weit, so gut, jeder hat längst verstanden, was er von Horst Ehrmantraut hält. Dann jedoch ergänzt Rohr den folgenschweren Satz, der zu Recht für viel Aufregung sorgt und so einiges über den Menschen hinter dem Manager aussagt:

“Ein Spieler übrigens hat einmal ein Wort genannt, das ist vielleicht etwas stark, aber er hat es genannt, der Fjørtoft: Er hat gesagt, vorher war es Hitler-Jugend und jetzt ist es korrekt.“

Am nächsten Tag ist die Aufregung groß, dass der Manager eine ironisch gemeinte und im Vertrauen heraus geplapperte Äußerung eines Spielers ohne Not heraus posaunt. Noch peinlicher ist hingegen, dass er sich juristischen Rat bei Verwaltungsratsmitglied Dr. Schindelmair, seines Zeichens Notar und Rechtsanwalt, einholt, um sodann abzuwiegeln, er habe dies "alles nicht so ernst gemeint" und nur "versucht, zu unterstreichen, dass es heute unter Fanz lockerer zugeht.“ Im Übrigen sehe er keine Veranlassung, sich bei Ehrmantraut zu entschuldigen, "warum soll ich auf ihn zugehen, ich habe ihn ja gar nicht gemeint."

Fjørtoft selbst ist heftig verärgert über den Manager und droht nach Informationen der norwegischen Tageszeitung “Verdens Gang“ sogar mit einer Vertragsauflösung, wenn Gernot Rohr dies nicht richtig stellt. Zudem nimmt er ausführlich Stellung zu dem Satz, der an der Hotelrezeption in Tunesien im Beisein von Fanz, Rohr und Pedersen gefallen ist: "Man hat mir erzählt, dass ein Journalist gesagt hat, dass bei uns jetzt trainiert wird wie bei der F-Jugend. Dazu habe ich gesagt, dass es mir lieber ist, wenn man locker zur Sache geht als Angst zu haben und nicht miteinander zu kommunizieren wie es früher bei der Hitler-Jugend war. Im Nachhinein sehe ich, dass meine Wortwahl schlecht war. Als Norweger bin ich auch so erzogen worden, dass mit solchen Themen sensibel umgegangen werden muss. Aber intern, wenn man dann zusammensitzt, wird ja viel gesagt."

Im Gegensatz zum Manager hat der Norweger so viel Anstand, sofort mit Horst Ehrmantraut zu telefonieren und sich bei ihm zu entschuldigen. Ehrmantraut meint, er habe "Jans Anruf respektiert. Ob ich ihn auch akzeptiere, werde ich mir in Ruhe überlegen." Nicht lange überlegen muss er hingegen mit seiner Meinung über den Frankfurter Manager, gegen den er zunächst eine Privatklage erwägt, dies dann aber fallen lässt: "Herr Rohr weiß, was eine solche Aussage ausdrückt und anrichten kann. Ich fühle mich extrem beleidigt. Das Ganze stinkt zum Himmel, ich bin absolut schockiert.“

Einen Anruf erhält Ehrmantraut auch von Präsident Heller, der offiziell jedoch die Meinung des Präsidiums vertritt, das Ganze auszusitzen und klein zu reden: "Die Äußerung von Gernot Rohr war sicher ungeschickt." Eine Zurechtweisung oder gar eine Abmahnung durch das Präsidium erfolgt nicht. Derweil strickt Gernot Rohr an seiner eigenen Wahrheit, einen Vertrauensverlust habe es aufgrund seiner Äußerung nicht gegeben: “Es besteht große Solidarität unter den Spielern, auch im Präsidium. Die merken schon, wie unfair die Sache gesehen wurde. Im Übrigen will ich mich zu diesem Thema nicht mehr äußern. Ich habe einen Fehler gemacht, und ich habe mich bei Jan Fjørtoft entschuldigt.“ (tr)

 

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