Eintracht Frankfurt - SpVgg Unterhaching

Bundesliga 1999/2000 - 1. Spieltag

3:0 (1:0)

 

Termin: Sa 14.08.1999 15:30
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Uwe Kemmling (Kleinburgwedel)
Tore: 1:0 Rolf-Christel Guié-Mien (38.), 2:0 Jan-Aage Fjörtoft (48., Foulelfmeter), 3:0 Bachirou Salou (88.)

 

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Eintracht Frankfurt SpVgg Unterhaching

 

     

  • Jürgen Wittmann
  • Matthias Zimmermann
  • Jörg Bergen
  • Altin Rraklli
  • Alexander Strehmel
  • Markus Oberleitner
  • Dennis Grassow
  • Jochen Seitz
  • Danny Schwarz
  • Jan Seifert
  • Ludwig Kögl (79.)

 

Wechsel

Wechsel

  • Mark Zimmermann für Altin Rraklli (70.)
  • Björn Hertl für Matthias Zimmermann (71.)

Trainer

Trainer

  • Lorenz-Günther Köstner

 

 

 

Auftakt nach Maß gegen die Underdogs

Endlich geht es wieder los, zweieinhalb Monate nach dem Wunder gegen Kaiserslautern ist die Euphorie in Frankfurt riesengroß. 18.000 Dauerkarten wurden verkauft und 40.000 Zuschauer wollen das erste Spiel der neuen Saison im Waldstadion sehen. Gegen die “wahrscheinlich schlechteste Mannschaft der Welt“, wie Janßen den Aufsteiger aus Unterhaching ironisch nennt.

Eine Rolle, in der sich der Trainer des 20.000 Einwohner zählenden Vororts von München nur allzu wohl fühlt. “Drin bleiben wäre eine Sensation. Wir müssen erst mal sehen, dass wir unser altes Zweitliga-Niveau kriegen“, sagt Lorenz-Günther Köstner, dem ein Saisonetat von 18,5 Millionen Mark zur Verfügung steht. Das ist nur wenig mehr als die Adler in ihre Neuzugänge Salou, Guié-Mien, Heldt, Kracht, Bulut, Rasiejewski, Falk und Dombi investiert haben.

Dennoch, bundesligaerfahrene Spieler hat auch die SpVgg geholt. Neben Straube vom HSV und Grassow aus Köln kommt ein Mann aus Luzern zurück, der bereits für die beiden anderen Münchener Vereine gespielt hat: Ludwig „Wiggerl“ Kögl. Für den 33jährigen ist nicht 1860, sondern die Eintracht das Unterhachinger Vorbild: “Die mussten wie wir im Vorjahr auf Sparflamme kochen. Sie gaben nie auf, selbst als jeder sie abgeschrieben hatte. Sie schafften das Unmögliche und blieben oben. Ein gutes Beispiel, für den Fußball wie für alle Lebenslagen.“

Janßen hat recht, wenn er sagt: "Die Hachinger fühlen sich wohl in ihrem Image als Underdog“ und daher wird Trainer Berger auch nicht müde, vor dem Spiel zu warnen: "Wir haben absolut keinen Grund, jemanden zu unterschätzen. Es hätte nicht viel gefehlt, und wir würden eine Klasse tiefer als die Hachinger spielen. So groß kann der Unterschied also überhaupt nicht sein." Zudem sind die Münchener Vorstädter dafür bekannt, "sich hinten einzuigeln und auf Konter und Fehler des Gegners zu warten. Das können die ziemlich gut, immerhin sind sie mit dieser Taktik bravourös aufgestiegen“, sagt Horst Heldt, der Neuzugang von 1860 München.

Gegenüber dem Pokalsieg in Verl nimmt Trainer Berger nur eine Veränderung vor, für Rasiejewski übernimmt Weber die Rolle des verletzten Schur im defensiven Mittelfeld, Gebhardt rückt dafür auf die linke Außenbahn. Vor Nikolov in der Abwehr spielen somit Bindewald, Neuzugang Olaf Kracht und Janßen als Libero. Im nach den Abgängen von Bernd Schneider, Brinkmann und Sobotzik neuformierten Mittelfeld spielen Zampach, Neuzugang Rolf-Christel Guié-Mien, Kapitän Weber, Gebhardt sowie Neuzugang Horst Heldt. Für Tore sorgen soll neben Fjørtoft der vierte neu verpflichtete Spieler, Bachirou Salou. Dass er zuletzt nicht getroffen hat, findet der bislang teuerste Neuzugang in der Eintrachtgeschichte nicht weiter schlimm: "Ich schieße dann eben die wichtigen Tore".

Nicht im Kader der Adler steht Erol Bulut, weil er Berger harsch kritisiert hatte. Es gehe nicht nach Leistung, denn sonst hätte er schon längst spielen müssen, soll der türkische Nationalspieler gesagt haben. "Mit seinem Verhalten", erwidert Berger, "gefährdet er den Erfolg der Mannschaft. Ich hoffe, dass das nur ein Ausrutscher war." Nach einem Gespräch mit Trainer und Geschäftsstellenleiter Lötzbeier hat der Verein dem Spieler eine Geldstrafe aufgebrummt.

Auch Unterhachings Trainer Köstner nimmt nach dem blamablen Pokal-Aus gegen Babelsberg eine Änderung vor, für Hofmann spielt der Kölner Neuzugang Grassow in der Innenverteidigung und Strehmel rückt auf die rechte Abwehrseite. Im Mittelfeld spielt neben Kögl der Neuzugang vom KSC, Danny Schwarz, der die beiden nominellen Spitzen Rraklli und Seitz unterstützen soll.

Doch bereits zu Beginn des Spiels zeigt sich, dass die beiden Hachinger Stürmer gar nicht stürmen wollen. Im Gegenteil, sie ziehen sich in die eigene Hälfte zurück und versuchen, den Spielfluss der Adler am Mittelkreis zu stören, der Rest des Aufsteigers tummelt sich vor dem eigenen Strafraum.

Die Eintracht stürmt, angetrieben von Guié-Mien und Heldt, von Beginn an nicht hektisch, ruhig und schnell läuft das Leder durch die eigenen Reihen. Dennoch sind Chancen zunächst Mangelware, Grassow und Seifert folgen Fjørtoft und Salou auf Schritt und Tritt, auch das Mittelfeld der Adler erfreut sich einer ständigen Manndeckung. Aber die Eintracht bleibt ruhig und zieht das Spiel in die Breite. Immer wieder fordern und bekommen Zampach auf der rechten und Weber auf der linken Außenbahn das Leder, selbst Libero Janßen beteiligt sich an den Angriffen. Denn wenn der Aufsteiger einmal an das Leder kommt, wird es tumb nach vorne gedroschen. Keine Mühe für Kracht und Bindewald, den Ball anzunehmen und wieder ins Spiel zu bringen. Torhüter Nikolov langweilt sich indes in seinem Fünfmeterraum.

Es ist bereits über ein halbe Stunde gespielt, Angriff auf Angriff rollt in Richtung Unterhachinger Strafraum. Angetrieben von den lautstarken Fans ist es immer wieder Guié-Mien, der das Spiel an sich reißt, geschickt die Bälle verteilt und seinem Gegenspieler Zimmermann ein ums andere Mal Knoten in die Beine spielt. Aber das Abwehrbollwerk steht, Haching praktiziert Beton in einer neuen Dimension.

Dann die 38. Spielminute, es gibt Einwurf von der rechten Seite. Zampach wirft das Leder weit in die Mitte, Fjørtoft verlängert mit dem Kopf zu Salou vor den Fünfmeterraum. Der lässt Torhüter Wittmann aussteigen und passt quer zu Guié-Mien, der die Kugel ruhig ins Netz schiebt. Das 1:0 für die Eintracht! Ein Salto für die Fans und riesige Freude bei Guié-Mien: "Etwas Spaß muss sein, schließlich war das auch für mich ein gelungener Einstand."

Auch nach dem Rückstand das gleiche Bild, Unterhaching zieht sich sofort weit zurück, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, den Ausgleich zu erzielen. Nicht überraschend für die Adler, meint Fjørtoft: "Wir haben gewusst, wenn wir 1:0 in Führung gehen, können wir uns nur noch selbst schlagen." So geht es mit dem 1:0 in die Halbzeitpause. Null Torschüsse, null Ecken sagt die Spielstatistik für den Aufsteiger.

Zur zweiten Halbzeit wechselt Trainer Berger Zampach aus und bringt den offensiveren Dombi. Und der zeigt von Beginn an, welch ein Talent in ihm steckt. Kögl kann nur zusehen, als der 24jährige ungarische Nationalspieler ihn einfach stehenlässt und in den Strafraum zieht. Zimmermann probiert es gar nicht erst mit Technik, sondern haut Dombi von den Beinen. Keine Frage, Schiedsrichter Kemmling zeigt sofort auf den Elfmeterpunkt.

Fjørtoft schnappt sich das Leder, schielt kurz zu Kapitän Weber, der mit einem Kopfnicken sein OK gibt, und führt aus, obwohl “ich eigentlich kein guter Elfmeterschütze bin“, wie der Norweger zugibt. Ein kurzer Anlauf und die Kugel landet im linken unteren Toreck. Das 2:0 für die Eintracht (47.).

Doch selbst dieses Ergebnis rüttelt die Unterhachinger nicht auf. "Kein Selbstvertrauen, kein Mumm, kein Mut“, meint Janßen nach dem Spiel zu der tumben Betonmischerei der Hachinger, während Trainer Köstner genervt sagt: "Alle Welt hat doch erwartet, was da ablief. Dennoch, das haben wir uns auch anders vorgestellt." Immerhin gut, dass Torhüter Nikolov inzwischen nicht duschen gegangen ist, denn in der 67. Spielminute landet tatsächlich ein Schuss von Libero Bergen in seinen Armen. Es ist die erste und einzige kleine Torchance für Unterhaching. Bezeichnend auch das Eckenverhältnis von 12:1 am Ende des Spiels.

Währenddessen ist “Wiggerl“ Kögl, der einst von sich sagte: "Entweder ich gehe rechts vorbei - oder links“, mächtig frustriert, denn Dombi spielt ihn auf der rechten Seite schwindelig. Der Ungar ist so schnell, dass der Urmünchener nicht einmal zum Foulen kommt. Bis zur 79. Minute, als der 33jährige dem Ungarn von hinten in die Beine fährt und die gelb-rote Karte kassiert. "Das war eine Frustgrätsche“, sagt Hachings Trainer Köstner nur.

Dann die 87. Spielminute, es gibt Freistoß von der linken Seite. Gebhardt schlenzt den Ball hoch in die Mitte, Kracht verlängert mit dem Kopf zu Salou, der das Leder in die Maschen haut. Das 3:0 für die Eintracht und Salou ist glücklich: “Das ist der Beweis dafür, dass ich nicht nur ein Konterstürmer bin, wie viele meinen. Heute war es ganz eng für uns Angreifer. Trotzdem habe ich ein Tor gemacht." Zu seinem 90minütigen Duell mit Verteidiger Grassow sagt er: "Fußball ist auch Zweikampf, schließlich spiele ich da nicht gegen meine Frau."

"Deutscher Meister wird nur die SGE" und “Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey hey“ hallt es inzwischen von den begeisterten Rängen. Die Eintracht gewinnt ihr Auftaktspiel souverän mit 3:0 und steht an der Tabellenspitze. Bis Sonntag 19:15, denn die Hertha gewinnt ihr Auftaktspiel gegen Rostock mit 5:2. (tr)


Stimmen zum Spiel

Jörg Berger: "Wir wussten, dass es schwer werden würde, diesen Beton zu sprengen. Unser Spiel war ganz positiv, die Mannschaft ist geschlossen aufgetreten. Über den Erfolg können wir uns sicher freuen, aber es sind noch 33 Spiele zu absolvieren. Das nächste Spiel in Freiburg wird das Schwerste."

Lorenz-Günther Köstner: "Unser Spiel nach vorne war von Mangelhaftigkeit geprägt. Aber meine Spieler sind lernfähig, wir werden die Klasse halten."

Rolf Heller: “Der Gegner war extrem schwach. Trotzdem, die Tabelle hänge ich mir übers Bett. Man weiß ja nie, wann man so etwas noch einmal erleben darf. An unserer Zielsetzung, zwischen Platz acht und zwölf zu landen, hat sich dennoch nichts geändert.“

Olaf Janßen zur Erkenntnis, dass in den letzten beiden Jahre die ersten Tabellenführer KSC und Mönchengladbach am Ende der Saison abgestiegen sind: "Das sollten wir uns ans Schwarze Brett hängen."

 

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