Eintracht Frankfurt - Hertha BSC Berlin

Bundesliga 1999/2000 - 11. Spieltag

4:0 (3:0)

Termin: Sa 06.11.1999 15:30
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Florian Meyer (Burgdorf)
Tore: 1:0 Rolf-Christel Guié-Mien (17.,) 2:0 Ralf Weber (22.), 3:0 Jan-Aage Fjörtoft (28.), 4:0 Horst Heldt (89., Foulelfmeter)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin

 

     

  • Gabor Király
  • Kostas Konstantinidis
  • Eyjölfur Sverrisson
  • Dariusz Wosz
  • Dick van Burik
  • Ali Daei
  • Andreas Thom
  • Kjetil-André Rekdal
  • Andreas Schmidt
  • Andreas Neuendorf
  • Ilija Aracic

 

Wechsel

Wechsel

  • Kai Michalke für Dick van Burik (36.)
  • Anthony Sanneh für Andreas Neuendorf (46.)
  • Michael Preetz für Kjetil-André Rekdal (59.)

Trainer

Trainer

  • Jürgen Röber

Sieg am Tag des Kopfes

"Ich möchte das erreichen, was ich hier vor zehn Jahren schon einmal geschafft habe, nämlich eine Mannschaft aufbauen, die oben mitspielt“, sinniert Jörg Berger unter der Woche. Zunächst geht es jedoch nach zuletzt drei Heimniederlagen in der Liga darum, die Fans zu versöhnen und wieder Anschluss an das Mittelfeld zu finden. “Wir brauchen einen Sieg zum Durchatmen“, fordert daher auch der Trainer, der seine Mannschaft nach dem glücklichen Punktgewinn in Bielefeld umstellen muss. Neben dem gesperrten Schur fehlen Bindewald und Salou aufgrund von Muskelfaserrissen, Kapitän Weber plagen zwar Bauchmuskelschmerzen, aber er will die Zähne zusammenbeißen. (Anmerkung: Die „Bauchmuskelschmerzen“ Webers werden sich später als “weiche Leiste“ herausstellen.)

So kommt heute Rasiejewski für Schur zu seinem ersten Bundesligaeinsatz von Beginn an und wird sich verstärkt um Dariusz Wosz, dem Spielmacher der Hertha, kümmern. Im zentralen Mittelfeld spielt Heldt anstelle von Bulut neben Guié-Mien, Weber rückt dafür auf die linke Außenbahn und neben Fjørtoft stürmt Yang. Hoffentlich platzt bei beiden heute der Knoten: Yang erzielte in dieser Saison noch kein Tor und auch dem Norweger gelang außer seinem verwandelten Elfmeter am 1. Spieltag bislang erst ein Treffer aus dem Spiel heraus.

Immerhin kommt mit der Hertha ein Team ins Waldstadion, das auswärts bislang nicht gewonnen hat. Es hat noch immer nicht geklappt, die alte Schwäche auszumerzen, die René Tretschok vor Saisonbeginn beschrieb: “Auswärts hatten wir zu oft Glück. Da müssen wir unser Spiel besser durchsetzen.“ Dabei war die Euphorie in Berlin nach Platz 3 in der Vorsaison riesengroß: Hertha hatte die Qualifikation zur Champions League erreicht und zudem durch den Verkauf der Fernsehrechte genug Geld, um sich für über 18 Millionen Mark mit Marko Rehmer, Konstantinidis, Michalke, Ali Daei und Sebastian Deisler zu verstärken. Dennoch reicht es nach 10 Spieltagen nur zu Rang 12. Dafür haben sie am Mittwoch trotz einer 0:2-Niederlage beim FC Chelsea die Zwischenrunde in der Champions League erreicht, da der AC Mailand überraschend gegen Galatasaray Istanbul verloren hatte.

Im Vergleich zum Mittwochspiel ändert Hertha-Trainer Röber seine Elf auf fünf Positionen: Für die verletzten Deisler und Helmer spielen Konstantinidis sowie Van Burik und anstelle von Michalke und Sanneh beginnen Zecke Neuendorf und Thom auf den Außenbahnen. Eine Überraschung gibt es im Sturm, statt Preetz wird heute Aracic neben Daei auflaufen.

Und Hertha hat sich etwas vorgenommen, zu Beginn des Spiels drängen sie die Adler in die eigene Hälfte, Wosz und Schmidt haben im Mittelfeld viel zu viel Platz, die Bälle zu verteilen. Gut nur, dass Neuendorf auf der linken Seite sehr hektisch agiert, zudem stehen Kutschera und Kracht den beiden Hertha-Stürmern ständig auf den Füßen. Torchancen ergeben sich für die Berliner in den ersten 15 Minuten nicht, aber auch die Adler haben noch keinen einzigen Konter gestartet, und dies im eigenen Stadion, wohlgemerkt.

Aber dann kommt die 17. Spielminute: Die Hertha verliert den Ball und endlich läuft einmal ein schneller Konter der Hausherren über Yang, der sich an van Burik vorbei bis an den linken Strafraumrand durchsetzt. Eine harte Flanke vor den Fünfmeterraum und der aufgerückte Guié-Mien schiebt das Leder mit Rechts vorbei an Torhüter Király ins Netz. Das 1:0 für die Eintracht!

Und die Adler setzen nach. Plötzlich klappt auch das Kombinationsspiel im Mittelfeld, während die Hertha ihre Linie verliert. Immer wieder sind es Guié-Mien und Yang, die nun für Verwirrung bei Rekdal und seinen Abwehrkollegen sorgen, die sich oft nur noch durch kleine Fouls zu helfen wissen. So auch in der 23. Spielminute, als der Schiedsrichter wieder auf Freistoß für die Eintracht entscheiden muss. Aus halblinker Position, etwa 18 Meter Torentfernung, läuft Weber an und drischt das Leder mit dem linken Fuß einfach zum 2:0 in die Maschen!

Welch ein Spielverlauf nach den so schwachen ersten Minuten. Und es kommt noch besser. Hertha ist nun völlig von der Rolle, erneut kommt Yang an das Leder und lässt van Burik wie einen Schulbuben stehen. Yang flankt zu Fjørtoft, der seinem Bewacher Sverrisson entwischt ist und den Ball vorbei am verduzten Torhüter Király ins Netz schlenzt. Unglaublich, es steht 3:0 nach 28. Spielminuten! "Das hat uns gut getan, vor allem, weil wir in der ersten Viertelstunde unheimliche Probleme in der Raumaufteilung hatten", meint der erleichterte Kapitän Weber.

Hertha hat zwar weiterhin mehr Ballbesitz, doch die Pässe in die Spitze sind fahrig, so dass sich weder Daei noch Aracic in Szene setzen können. Die Schüsse aus der zweiten Reihe sind zudem eine sichere Beute für Torhüter Nikolov. Trainer Berger kann es sich deswegen bereits in der 36. Spielminute erlauben, den grippegeschwächten Guié-Mien gegen Falk auszuwechseln. Jürgen Röber bringt auf der anderen Seite Michalke für van Burik, der Yang zu keinem Zeitpunkt in den Griff bekommen hat.

Mit der eigentlich beruhigenden Führung geht es in die Pause. Erneut wechseln beide Trainer aus, für Rasiejewski kommt Bulut in die Partie und bei der Hertha spielt nun Sanneh für Neuendorf auf der linken Außenbahn. Und zu Beginn der zweiten Halbzeit ist es zunächst das alte Bild: Umständlich versuchen die Berliner, sich Chancen zu erarbeiten, während die Adler aus einer sicheren Abwehr heraus auf Konter lauern.

In der 51. Spielminute weckt jedoch ein Pfiff von Schiedsrichter Meyer die zufriedenen Fans aus ihren Träumen, es gibt Elfmeter für die Hertha. Rekdal läuft an und schießt, aber Oka Nikolov spekuliert richtig und kann das Leder um den Pfosten lenken. Oka ballt die Faust, Riesenjubel, erneut hält der Torhüter einen Elfmeter und auch Fjørtoft freut sich für ihn: "Wir haben alle schwere Zeiten durchgemacht, doch am schwersten war es für den Oka. Da sieht man, dass er Charakter hat."

Die folgenden Minuten sind Schaulaufen, Hertha ist völlig zusammengebrochen und übt sich in vielen Querpässen, während die Eintracht eine viel zu große Lockerheit beim Nutzen der nun entstehenden Lücken an den Tag legt. Dies regt Ralf Weber auch nach dem Spiel noch auf: "Wir haben viele Fehler gemacht, zum Beispiel sind wir unsere Konter beschissen gefahren. Ich habe immer gedacht, wenn es hinten bei uns klingelt, dann wird es noch mal eng." Trainer Berger hingegen lobt den tapferen Kapitän: “Hut ab, wie der Ralf sich durchgebissen hat.“

Eng wird es nicht mehr, im Gegenteil. Kurz vor Schluss gibt es erneut einen Elfmeter, diesmal jedoch für die Adler. Heldt verwandelt sicher zum 4:0-Endstand. Welch ein schönes Bild nun: Spieler, Trainer und Präsident Heller freuen und umarmen sich auf dem Spielfeld, während die Fans lauthals jubeln.

Die Eintracht klettert damit vor der Länderspielpause auf Rang 14 in der Tabelle mit 11 Punkten. Für den Sieg gibt Berger den Spielern zunächst zwei Tage frei, danach geht es in ein Kurztrainingslager nach Rotenburg mit dem Motto: “Sieg genießen, Seele baumeln lassen, Muskeln pflegen.“ (tr)


Stimmen zum Spiel

Jörg Berger: "Heute war ein Tag des Kopfes, nicht der Beine.“

Ralf Weber zum Trainingslager: "Die Trainerdiskussion, das Gerede um Verstärkungen und das ganze Gelaber kann ich sowieso nicht mehr hören. Ein paar ruhige Tage in Rotenburg sind mir lieber als Jubel, Trubel, Heiterkeit am Riederwald."

 

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