Eintracht Frankfurt - SSV Ulm 1846

Bundesliga 1999/2000 - 34. Spieltag

2:1 (1:1)

Termin: Sa 20.05.2000 15:30
Zuschauer: 58.000
Schiedsrichter: Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Tore: 1:0 Bachirou Salou (24.), 1:1 Hans van de Haar (41.), 2:1 Horst Heldt (90., Foulelfmeter)

 

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Eintracht Frankfurt SSV Ulm 1846

 

     

  • Philipp Laux
  • Frank Kinkel
  • Joachim Stadler
  • Oliver Otto
  • Marco Konrad
  • Hans van de Haar
  • Leandro Fonseca
  • Oliver Unsöld
  • Bernd Maier
  • Rui Marques
  • David Allen Zdrilic

 

Wechsel

Wechsel

  • Janusz Gora für Hans van de Haar (63.)
  • Dragan Trkulja für Frank Kinkel (69.)
  • Rainer Scharinger für Bernd Maier (76.)

Trainer

Trainer

 

 

Und wieder ein Endspiel für die Nerven

"Einmal noch" steht auf den Spielplakaten. Wie im Vorjahr gibt es ein Endspiel um den Verbleib in der Bundesliga, auch wenn dieses Mal bereits ein Unentschieden gegen den Tabellensechzehnten reicht. “Ulm hat eine bravouröse Runde gespielt und wird sich sicher auch am letzten Spieltag gut verkaufen. Aber wir haben in der Rückrunde im Waldstadion noch nicht verloren und zuletzt trotz großen Drucks auch spielerisch überzeugt. Wir sind selbstbewusst genug, wir wollen gewinnen", meint Felix Magath vor dem Spiel der Spiele, nachdem er sich zuvor mit seiner Mannschaft in ein Trainingslager in Bad Nauheim zurückgezogen hatte. Bei einem Sieg wartet zudem eine von PDS-Politikern versprochene Trabi-Ladung Bier auf die Eintracht, da die mit Ulm punktgleichen Rostocker in diesem Fall den Klassenerhalt feiern könnte. Die Hanseaten spielen zeitgleich mit der Eintracht auf Schalke.

Für das große Ziel stellt Felix Magath seine Mannschaft gegenüber dem 1:4 in Leverkusen kräftig um, auch weil Gebhardt aufgrund von Leistenproblemen ausfällt. Yang stürmt zusammen mit Salou und auf der rechten Seite spielen Sobotzik sowie Guié-Mien neben Heldt im zentralen Mittelfeld. Rasiejewski rückt auf die linke Seite zur Unterstützung von Schur. Die Abwehr bilden Kutschera, Houbtchev und Kracht.

"Wir haben uns nach zuvor acht erfolglosen Spielen das nötige Selbstvertrauen geholt. Jetzt entscheiden Kampf, Wille und die besseren Nerven", meint Ulms Trainer Andermatt nach dem 2:0-Sieg gegen Wolfsburg. Rund 5.000 Ulmer Fans wollen die Mannschaft unterstützen, was Vorstandschef Feucht euphorisch werden lässt: "Wenn wir es in Frankfurt schaffen, haben wir hier südländische Verhältnisse. Sie können mit dieser Mannschaft alles erleben. Nur nicht das, was Sie erwarten."

Zu erwarten war hingegen die Aufstellung des Aufsteigers, Martin Andermatt geht auf Nummer sicher und lässt seinen zuletzt angeschlagenen Spielmacher Gora zunächst auf der Bank. Für ihn spielt wieder Leandro hinter den Spitzen van de Haar und Zdrilic, das Mittelfeld bilden Maier rechts, Unsöld links und vor der Abwehr spielt wie gewohnt Otto. Die Viererabwehrkette wird von Stadler organisiert, dem Marques, Konrad und Kinkel zur Seite stehen.

Knisternde Spannung im schon seit Wochen ausverkauften Waldstadion. Angetrieben von den eigenen Fans übernimmt die Eintracht mit dem Anpfiff die Initiative. Vor allem die rechte Seite mit Guié-Mien und Sobotzik sorgt für viel Wirbel, so dass es kein Wunder ist, dass Sobotzik die erste Torchance hat. Doch sein Schuss von der Strafraumlinie geht gut einen Meter am linken Torposten vorbei (5.). Die Eintracht greift weiter an und lässt die Ulmer gar nicht erst ins Spiel kommen. Die wehren sich zunächst nur mit überhartem Einsatz, ein ums andere Mal gibt es nach “erfolgreichen“ Grätschen auf dem regennassen Rasen Freistoss für die Adler, ohne dass sich zunächst weitere Chancen ergeben.

Dennoch, Yang und Salou sind heute kaum zu bremsen, ständig anspielbereit gehen beide weite Wege. Auch nach fast 20 Minuten ist vom Aufsteiger noch nichts zu sehen. Tief stehen sie in der eigenen Hälfte und versuchen sich mit weiten Bällen auf Zdrilic oder van de Haar, die meist ins Leere gehen oder mit einem Abseitspfiff enden. “Nie mehr, zweite Liga, nie mehr...“ schallt es immer wieder durch das Waldstadion, doch dann ein kurzer Aufschrei um 15:50 Uhr. Agali bringt Rostock mit 1:0 auf Schalke in Führung, bei einem Tor für Ulm wären die Adler auf einem Abstiegsrang (20.).


Salou erzielt das 1:0

Es läuft die 24. Spielminute, die Eintracht ist im Angriff mit Heldt, der die Kugel in den Strafraum schlägt. Guié-Mien auf halblinks springt höher als sein Gegenspieler und legt den Ball quer zu Salou, der schneller reagiert als Stadler und die Kugel aus 5 Metern volley an Torhüter Laux vorbei in die Maschen haut. Tor! Das 1:0 für die Eintracht, Riesenjubel im Waldstadion, das nun einem Hexenkessel gleicht.

Nach der Führung lässt es die Eintracht etwas ruhiger angehen. Der Aufsteiger muss jetzt kommen, aber noch immer wirken sie gehemmt. Leandro ist bei Schur in guten Händen und auch Unsöld und Maier können sich kaum einmal auf Außen durchsetzen. Die Eintracht bestimmt das Spiel weiter souverän. Immerhin wirkt nun die Abwehr der Ulmer sicherer, auch weil die Eintracht die letzte Konsequenz vermissen lässt. Dann vielleicht über einen Standard, erneut gibt es Ecke für die Eintracht. Hoch fliegt der Ball in den Strafraum, Guié-Mien ist zur Stelle und köpft ins linke Toreck. Aber Torhüter Laux reagiert blitzschnell und lenkt das Leder auf die Latte (35.).

Dann die 41. Spielminute, die Adler wirken nun fast ein wenig lässig. Leandro kommt im Halbfeld an das Leder und hat plötzlich Platz. Er sprintet ein paar Meter und schlenzt den Ball aus knapp 20 Meter über den weit vor seinem Kasten stehenden Torhüter Heinen. Kutschera und Kracht schauen entgeistert zu, während das Leder an die Latte knallt und ins Feld zurückspringt. Van de Haar reagiert am schnellsten und schiebt den Ball aus 7 Metern ins leere Tor. Die erste Chance für Ulm führt zum 1:1-Ausgleich. Entsetzen auf dem Rasen und auf den Rängen, während der Ulmer Gästeblock das Tor feiert, als hätten sie die Meisterschaft gewonnen. Noch 50 Minuten zu spielen, nur kein Tor mehr fangen ...

Zum Glück bleibt Heldt in dieser Situation cool, reißt das Spiel an sich und verteilt klug die Bälle, bis Schiedsrichter Krug zur Pause pfeift. Zeit zum Luftholen für die Eintracht. Rostock führt noch immer auf Schalke. Nur kein Tor mehr fangen ...

Ohne Wechsel geht es in die zweite Halbzeit, in der es vorbei ist mit der Frankfurter Herrlichkeit. Sobotzik scheint nun völlig von der Rolle zu sein, immer wieder vertändelt er den Ball und auch beim Rest ist die Verunsicherung greifbar. Querpässe bestimmen das Spiel, über die Außen geht bei der Eintracht nun kaum noch etwas. Ulm wird dafür immer offensiver, auch wenn vieles Stückwerk bleibt. Dann die 51. Spielminute, Zdrilic setzt sich auf halbrechts gegen Kracht durch, sein Schuss aus 16 Metern geht aber ein paar Meter rechts am Tor vorbei. Drei Minuten später ist sogar Manndecker Stadler im Angriff, bekommt im Strafraum den Ball, aber Houbtchev kann den Schuss aus zehn Metern zur Ecke klären. Und auf Schalke erzielt Brand das 2:0 für Rostock (56.).

Nun bringt Trainer Andermatt Spielmacher Gora für Stürmer van de Haar, Zdrilic rückt in die Mitte (64.) und auch Felix Magath wechselt aus. Für Salou, der viel unterwegs war, kommt Fjørtoft (67.), während Ulm nun die Adler in die eigene Hälfte drängt. Gut nur, dass sie viel zu zögerlich im Spielaufbau und die Distanzschüsse ein gefundenes Fressen für die nun immer langsamer werdenden Balljungen sind. Ab der 70. Minute versucht es Trainer Andermatt schließlich mit der totalen Offensive, bringt mit Trkulja für Linksverteidiger Kinkel einen weiteren Stürmer und beordert Leandro in die Spitze. Zwei Minuten später setzt sich Unsöld auf der linken Seite durch, sprintet nach vorne und schlägt den Ball in den Strafraum. Zdrilic kommt an den Ball und hätte Zeit, doch zum Glück haut er das Leder aus 12 Metern überhastet über die Latte.


Vor dem Ulmer Tor: Sobotzik, Yang
und Kutschera

Endlich löst sich die Schockstarre auf den Rängen, immer lauter schreien die Adler auf den Rängen die Adler auf dem Rasen an. Und es scheint zu wirken, endlich geht es mal wieder nach vorne. Fjørtoft kommt vor dem Strafraum an den Ball, trifft ihn jedoch nicht richtig, so dass er zu Sobotzik trudelt. Der zieht aus zehn Metern ab, aber erneut reagiert Torhüter Laux schnell und kann den Ball um den rechten Torpfosten lenken (74.). Kurz darauf zieht auch Yang aus 16 Metern ab, verfehlt den Kasten jedoch knapp (75.). Während Andermatt nun Scharinger für Maier bringt (76.), setzt Felix Magath auf Defensive. Für Sobotzik kommt Bindewald in die Partie (78.). Und nicht nur Schur meint: “Ich hatte weiche Knie“, während Fjørtoft ergänzt: “Der Ulmer Ausgleich hatte schlimme Folgen für unsere Hosen.“ Nur kein Tor mehr fangen...

In der kurz aufflammenden Sturmphase der Adler kontert Ulm plötzlich. Schnell geht es über die linke Seite mit Unsöld, der in den Strafraum flankt. Aber Heinen ist zur Stelle und wirft das Leder weit nach vorne. Dann ein Steilpass auf Fjørtoft, der nun freie Bahn hat, doch Torhüter Laux sprintet schnell aus seinem Kasten und schlägt den Ball in letzter Sekunde weg (79.). “Eintracht, Eintracht!!“ hallt es im Waldstadion und die Adler kämpfen nun ebenso verbissen wie die Ulmer um jeden Ball. Ein Foul folgt dem Nächsten, für Schönspielen ist nun keine Zeit mehr.

Die 85. Spielminute, Ulm schlägt einen weiten Ball in den Strafraum. Torhüter Heinen kommt weit aus dem Kasten, doch was macht er da? An der Strafraumgrenze faustet er den Ball genau vor die Füße von Scharinger. Völlig überrascht knallt der das Leder aus 20 Metern über die Latte, anstatt ihn einfach gefühlvoll zu lupfen. Nur kein Tor mehr fangen ...


Der Elfmeter von Heldt zum 2:1

Elend langsam verrinnen die Sekunden, Ulm ist im Angriff, verliert aber den Ball und nun wird es schnell. Reichenberger, der in der 84. Spielminute für Guié-Mien kam, kommt vor dem Strafraum an den Ball, schirmt ihn geschickt ab, um sich in den Strafraum zu drehen. Stadler zerrt und dann holt er Reichenberger auf der Strafraumlinie von den Beinen. Elfmeter entscheidet Schiedsrichter Krug sofort! Riesenjubel, dann wird es ganz leise. Horst Heldt schnappt sich die Kugel, legt sie sich ganz ruhig zurecht und läuft an. Er schießt in die linke Torecke, Laux hechtet richtig, aber der Ball zappelt im Netz. Toooor!! Das 2:1 für die Eintracht, welch ein Jubel. Geschafft, oder? “Ich habe noch nie so gelitten. Man will ja verzweifelt der Mannschaft helfen, obwohl es überhaupt keinen Sinn hat. Selbst beim Elfmeter habe ich noch gezittert“, gibt Felix Magath hinterher zu.

Der nächste Pfiff des Schiedsrichters geht im Jubel unter. Geschafft! Grenzenlose Erleichterung auf dem Rasen und den Rängen, nur langsam löst sich die Anspannung. Ein riesiges "Felix for President"-Plakat an der Anzeigentafel wird entrollt und die ersten Fans stürmen den Rasen. Jetzt wird gefeiert. (tr)


Stimmen zum Spiel

Felix Magath: “Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir nicht bis zur letzten Minute zittern müssen. Bis zum 1:1 haben wir auch gut gespielt. Durch eine Unachtsamkeit haben wir das 1:1 bekommen, danach hat sich das Spiel gekehrt. Der Druck ist dann immer größer geworden. In der 2. Halbzeit haben die Ulmer die Partie mehr bestimmt. Gegen diesen Gegner ist immer ein Tor drin. Aber wir mussten bis zum Elfmeter zittern. Das war dann die Erlösung. Das war mein bisher größter Erfolg, weil es in jedem Spiel praktisch um Alles ging, was sehr viel Kraft gekostet hat. Die Rettung war ein noch größeres Wunder, als das im Vorjahr, sensationell. Wir mussten mindestens acht Siege machen. Nachdem der DFB uns noch ein Hindernis eingebaut hat, waren es sogar neun. Aber wir hätten dieses Erfolge nicht gehabt, wenn die Mannschaft nicht so mitgezogen hätte“

Jan-Aage Fjørtoft: “Ich weiß nicht, ob Magath wie Berger die Titanic gerettet hätte. Aber auf jeden Fall wären alle Überlebenden sehr fit gewesen. Unser nächstes Trainingslager ist in Alcatraz.“

Vize-Präsident Bernd Ehinger zu Felix Magath: "Vielen Dank, das war sensationell!" und mehr zu sich selbst: "Jetzt ist fast schon wieder vergessen, was in dieser Saison für ein Scheiß passiert ist."

Alexander Schur: "Die Einzigen, die sich hier auf die Schultern klopfen können, sind Trainer und Spieler."


Pressemitteilungen vom Tag zuvor

“Der Deutsche Fußball Bund hat am Mittag die Beschwerde von Eintracht Frankfurt gegen die Entscheidung des Lizenzierungsausschusses abgewiesen. Dies erörterte DFB-Schatzmeister Karl Schmitt in der Zentrale des DFB. Ob Eintracht Frankfurt in die nächste Instanz geht, wird das Präsidium voraussichtlich in den nächsten Tagen entscheiden.“

"Eintracht Frankfurt hat am heutigen Freitag die Entscheidung getroffen, dass das Sportmarketing-Unternehmen Octagon der strategische Partner der Zukunft sein wird. Wie bekannt, steht die Wirksamkeit des Beteiligungsvertrages unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Mitgliederversammlung am 28. Mai zu der Ausgliederung der Lizenzabteilung in die Eintracht Holding AG. Vize-Präsident und Vorstandssprecher Bernd Ehinger: "Wir sind sehr froh, nach den intensiven Verhandlungen der letzten Wochen mit dem Unternehmen Octagon einen Partner gefunden zu haben, mit dessen Kompetenz und Erfahrung im Bereich Sportvermarktung wir in Zukunft in der Lage sein werden, aus Eintracht Frankfurt wieder einen in allen Bereichen erstklassigen Fußballverein zu machen."

 


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