SC Freiburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2000/2001 - 27. Spieltag

5:2 (2:0)

Termin: Sa 31.03.2001 15:30
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Herbert Fandel (Kyllburg)
Tore: 1:0 Alexander Iaschwili (32.), 2:0 Levan Kobiaschwili (40.), 3:0 Adel Sellimi (53.), 3:1 Pawel Kryszalowicz (70.), 3:2 Pawel Kryszalowicz (72.), 4:2 Sebastian Kehl (83.), 5:2 Adel Sellimi (90.)

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SC Freiburg Eintracht Frankfurt

     

  • Richard Golz
  • Daniel Schumann
  • Sebastian Kehl
  • Boubacar Diarra
  • Tobias Willi
  • Levan Zkitischwili
  • Vladimir But
  • Levan Kobiaschwili
  • Soumaila Coulibaly
  • Adel Sellimi
  • Alexander Iaschwili

 

 

Wechsel

  • Ferydoon Zandi für Levan Zkitischwili (17.)
  • Zoubaier Baya für Soumaila Coulibaly (72.)
  • Marco Weißhaupt für Vladimir But (82.)

Wechsel

Trainer

  • Volker Finke

Trainer

 

 

Willkommen im Frankfurter Tollhaus

Als ob sich die Eintracht bei der Trainersuche der letzten Wochen und Monaten nicht genug mit "Ruhm" bekleckert hätte, legt nun die "Sport-Bild" noch einen drauf und veröffentlicht die Spielerverträge von Bulut, Zampach sowie dem Ex-Co-Trainer und jetzigen Amateurtrainer Lippert. Während Heldt das Possenspiel amüsiert zur Kenntnis nimmt: "Wenn ihr meinen Vertrag haben wollt, geht hoch ins Bistro, da wird er wohl am schwarzen Brett hängen", findet dies Sportdirektor Dohmen gar nicht witzig und erstattet Strafanzeige. "Es ist eindeutig der Versuch, bei uns Unruhe reinzubringen", sagt er verärgert. Als ob es dazu noch solch pikanter Details wie sechsstelliger Vorschüsse bräuchte … Aber auch die Konkurrenz des "kicker-Sportmagazins" schläft nicht, vier Tage vor dem Spiel in Freiburg bringt das Blatt den "Abstiegs-TÜV" von Jörg Berger mit dem Titel: "Frankfurt steigt ab". Berger zählt die strategischen Fehler der Eintracht auf und schließt mit den Worten: "Nichts gegen Rolf Dohmen, aber er weiß selbst, dass er im eigentlichen Sinne kein Trainer ist."

Da trifft es sich gut, dass die Frankfurter die Länderspielpause genutzt haben, um ein Kurztrainingslager in der Nähe von Valencia zu beziehen, um dem Trubel in Frankfurt zu entfliehen. "Hotel gut, Essen hervorragend und das Wetter top. Die Spieler brauchen auch mal eine Abwechslung. Alle ziehen an einem Strang, aber wenn sich die Spieler jetzt nicht in der Pflicht fühlen, dann sind sie hier sowieso fehl am Platze", meint Rolf Dohmen, der von Horst Heldt Unterstützung erfährt: "Ich will und kann nicht glauben, dass es Spieler gibt, die den Trainer kritisieren. Wenn wir absteigen, dann nicht wegen Dohmen. Wenn einige Kollegen hinter vorgehaltener Hand Dohmen Autoritätsverlust unterstellen, lenken die nur von den eigenen Problemen ab. Der eine war ihnen zu streng, der andere zu lau - da frage ich mich doch: Gibt es überhaupt einen Trainer, der diese Mannschaft trainieren kann?"

Verändern kann der aktuelle Trainer die Mannschaft zumindest beim Auswärtsspiel in Freiburg. Für den gelbgesperrten Gebhardt kommt Sobotzik, so dass Preuß heute auf der linken Außenbahn und Mutzel auf Rechts spielt. Komplettiert wird das Mittelfeld mit Heldt und Schur, der für Guié-Mien in die Mannschaft kommt.

Im Gegensatz zu dem stetigen Trubel in Frankfurt geht es im Breisgau spätestens mit Beginn der Rückrunde langweilig-beschaulich zu. Seit dem 16. Spieltag pendeln sie zwischen Rang 7 und 10 ohne Abstiegssorgen und mit einem scheuen Blick auf die UEFA-Cup-Ränge. Nur ein Heimsieg, der lässt auf sich warten, zuletzt gewann Freiburg am 19. Spieltag zuhause. Doch mit einer sehr offensiven Aufstellung will Trainer Volker Finke dies ändern. Auf den Außenbahnen spielen Kohl und Zkitischwili, so dass Kobiaschwili für den gesperrten Zeyer ins zentrale Mittelfeld rückt. Im Sturm spielen Sellimi sowie Iaschwili und Schumann ersetzt in der Abwehr Müller, der sich beim Aufwärmen verletzt hat.

Es ist ein sehr verhaltener Start von beiden Seiten. Insbesondere Freiburg spielt längst nicht so offensiv, wie die Aufstellung vermuten lässt. Im Gegenteil, sie wirken lethargisch und lassen den Frankfurtern viel Platz, den Kryszalowicz in der 2. Spielminute dazu nutzt, aus 18 Metern abzuziehen, doch Torhüter Golz kann zur Ecke klären, die nichts einbringt. Danach jedoch lassen sich die Adler vom Sommerfußball im März anstecken, obwohl sie doch lautstark von den fast 3000 Frankfurter Fans nach vorne gepeitscht werden. Doch Heldt verweigert genau wie Sobotzik jede konstruktive Teilnahme am Offensivspiel, so dass sich der emsige Kryszalowicz immer wieder zurück fallen lässt, um wenigstens in die Nähe des Balles zu kommen.

Es läuft die 18. Spielminute, nach einem weiten Pass in den Strafraum der Frankfurter springt Torhüter Heinen dem Ball entgegen und hat ihn schon unter Kontrolle, als er von Coulibaly brutal gecheckt wird. Er windet sich vor Schmerzen im Strafraum und muss behandelt werden, kann jedoch mit schmerzverzerrtem Gesicht weitermachen, um sich in den nächsten Minuten immer wieder am Seitenrand behandeln zu lassen. Da all dies Sportskamerad Fandel viel zu lange dauert, zeigt er Heinen die Gelbe Karte wegen Spielverzögerung. In der Tat, nachdem er beim nächsten Angriff der Breisgauer vor Kobiaschwili an das Leder kommt, windet er sich erneut vor Schmerzen und muss vom Feld. Eine spätere Untersuchung im Krankenhaus ergibt, dass sich Heinen einen Bänderanriss im Schultereckgelenk, ein leichtes Schleudertrauma sowie zahlreiche Stauchungen zugezogen hat. Für ihn hütet nun Oka Nikolov den Kasten (29.).

Nach weiterem fünf Minuten gibt es für die Breisgauer von der linken Außenbahn einen Freistoß, den But in den Strafraum schlenzt. In der Mitte verpassen Freund und Feind, so dass die Kugel beim von Mutzel völlig alleingelassenen Iaschwili landet, der sie sich vorlegt und aus zwölf Metern durch die Arme von Torhüter Nikolov in den linken Torwinkel zimmert. Zum 1:0 für Freiburg (35.).

Von Aufbäumen keine Spur, stattdessen kann Freiburg dank der Frankfurter Stockfehler nun locker aufspielen. Erneut läuft ein schneller Angriff über Sellimi, der im Strafraum quer auf Kobiaschwili legt. Doch Torhüter Nikolov reagiert diesmal glänzend und kann den Schuss aus sechs Metern zur Ecke klären. But schlenzt das Leder von der rechten Seite in den Strafraum, diesmal segelt Torhüter Nikolov am Ball vorbei, so dass der völlig freistehende Kobiashwili am linken Fünfmeterraumeck den Ball ins Netz hauen kann. Zum 2:0 für Freiburg (40.).

Zum Glück ist kurz darauf Pause, denn erträglich ist das Spiel der Eintracht auch für stark Besaitete längst nicht mehr. So soll auch Rolf Dohmen in der Pause ungewohnt laut gewesen sein. "Was wir in der ersten Halbzeit geboten haben, war eine Frechheit. Das war teilweise hundsmiserabel. Das kann man sich nicht bieten lassen. Mit solch einer Leistung kann man im Abstiegskampf einfach nicht bestehen", schimpft er jedenfalls öffentlich und bringt Branco für den heute völlig indisponierten Mutzel.

Kurz scheint Besserung in Sicht, denn im Zusammenspiel mit Branco flankt Preuß vor den Strafraum, Sobotzik köpft, doch der Ball landet nur auf der Latte, um ins Toraus zu springen (47.). Aber dies war wohl nur ein Strohfeuer, auch wenn Branco Schwung ins Spiel der Frankfurter zu bringen scheint. Dann aber vertändelt er in der Vorwärtsbewegung den Ball an Willi, der nach vorne sprintet und den Ball quer auf Sellimi am Elfmeterpunkt passt. Wieder kommt Oka Nikolov zu spät raus, so dass der 28-jährige Tunesier den Ball genüsslich ins linke Toreck schieben kann. Zum 3:0 für Freiburg in der 53. Spielminute.

Im Gefühl des sicheren Sieges lässt es Freiburg nun locker angehen und will die Frankfurter mit schönen Kombinationen vorführen. Doch das will so gar nicht klappen, vor lauter Abspielfehlern der Breisgauer können die Frankfurter gar nicht anders, als plötzlich zu mehr Ballbesitz zu kommen. So scheitert Kryszalowicz in der 66. Spielminute freistehend an Torhüter Golz. Aber dann die 70. Spielminute, im Zusammenspiel mit Preuß sprintet Branco die linke Außenbahn entlang, um kurz vor der Torauslinie scharf in den Strafraum zu flanken. Diarra schläft, Kryszalowicz aber steht goldrichtig und haut das Leder volley ins kurze Toreck zum 1:3. Zentnerlasten scheinen von den Schultern zu purzeln, denn plötzlich legt die Eintracht nach, während Trainer Dohmen mit Reichenberger für Kutschera einen weiteren Stürmer bringt. Nur zwei Minuten später ist es Yang, der von der linken Seite eine Flanke an den Elfmeterpunkt schlägt. Kryszalowicz gewinnt das Kopfballduell gegen Diarra und köpft den Ball ins rechte Toreck zum 2:3-Anschlußtreffer (72.).

Ist das die Wende? Zumindest die mitgereisten Fans glauben dies und peitschen die Eintracht nach vorne. Doch nun konzentrieren sich die Breisgauer wieder, der für Coulibaly eingewechselte Baya hat die rechte Seite im Griff und durch die Mitte kommt kein gescheites Zuspiel von Heldt oder Sobotzik, der einmal mehr durch unterirdische Standards auffällt. Bezeichnend, dass Reichenberger noch immer keinen gescheiten Ball bekommt, obwohl er stets in Bewegung und anspielbar ist.

Dann die 83. Spielminute, wieder ist die Eintracht im Angriff, aber Heldt verliert den Ball leichtfertig und verzichtet auf ein Nachsetzen. Das Leder wird nach vorne zu Iaschwili geschlagen, der es unter Kontrolle bekommt und in den Strafraum sprintet, um die Kugel bedrängt von Rada und Kracht zurück auf Kehl zu legen. Der hat keine Mühe, sie aus elf Metern ins linke Toreck zu knallen. Zum 4:2 für Freiburg. Noch einmal probieren die Frankfurter nachzulegen, doch alles wirkt nun wie Alibi, ist viel zu bieder und ungefährlich, während Freiburg immer wieder gefährlich kontert. So in der 90. Spielminute, als einmal mehr ein Pass im Mittelfeld den Gegner findet. Baya passt das Leder zu Sellimi, der in den Strafraum sprintet. Oka Nikolov wirft sich ihm entgegen, doch der Tunesier kann den Ball über ihn zum 5:2-Endstand ins Netz heben.

Nur ein schwacher Trost ist es da, dass sowohl Stuttgart als auch Unterhaching verlieren, während Cottbus einen Punkt in Hamburg holt. Die Eintracht bleibt mit 29 Punkten auf Rang 15 und hat inzwischen ein miserables Torverhältnis von 33:52 Toren. Während die Spieler mit hängenden Schultern vom Platz schlurfen, ist man im Fanblock fassungslos. Die Stimmung schwankt zwischen Trauer, Resignation und Wut. So macht sich ein kleiner Teil auf den Weg, um die Abfahrt des Mannschaftsbusses mit einer Sitzblockade zu verhindern. Mit heftigen, jedoch nicht ernst gemeinten Sprüchen macht sich die Gruppe Luft, auch wenn Sprüche wie "Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot" nur zu gut in das mediale Bild der Frankfurter Fans passen. Nach knapp einer Stunde ist die Belagerung des Busses zu Ende und die sogenannten Profis können ins wenig verdiente Wochenende fahren.


Stimmen zum Spiel

Rolf Dohmen: "Wir wollten aggressiv antreten, aber haben die Freiburger zu Toren eingeladen. Durch dumme Fehler von Serge Branco und Horst Heldt haben wir die Bälle verloren und Tore kassiert. Das darf nicht passieren. Wenn einige von uns nicht wissen, um was es geht, sollen sie ihre Spielerpässe zurückgeben. Lieber steigen wir mit Amateuren ab, aber dafür wird bis zum Schluss gekämpft."

Alexander Kutschera: "Jeder spielt für sich, wir treten nicht als Team auf. Taktisch passt nichts zusammen. Man hat gesehen, dass das Trainingslager überhaupt nichts gebracht hat. Wenn man in Freiburg so untergeht, ist das schon traurig."

Kapitän Torsten Kracht: "Mir geht diese Diskussion um den Trainer auf den Wecker. Wenn man nicht zugehört hat und bei Standardsituationen nicht die Gegner deckt, ist es klar, dass man Tore kassiert. Da kann auch ein Beckenbauer, Cruyff oder Capello an der Seitenlinie stehen."

Rolf-Christel Guié-Mien in einer Tageszeitung: "Dieser Trainer hat keine Ahnung. Er stellt Leute auf, die nicht in Form sind. Mit ihm steigen wir ab." Als Konsequenz wird der Kongolese mit einer Geldstrafe bedacht und soll bei den Amateuren trainieren. Doch er setzt nach: "Ich habe nur gesagt, was alle denken. Nur, die anderen trauen sich nicht."

Rolf Dohmens Reaktion: "Von solchen Strömungen gegen mich habe ich nichts gespürt, das Verhalten von Guié-Mien ist charakterlich eine Sauerei. So etwas kann ich mir nicht bieten lassen, so etwas kann sich auch der Klub nicht bieten lassen."

Steven Jedlicki am Samstag: "Dohmen bleibt Coach bis zum Ende der Saison."

Reinhard Gödel, Aufsichtsrats-Vorsitzender, am Sonntag: "Die Mannschaft hatte den Wunsch geäußert, mit Dohmen weiter zu arbeiten. Doch nun hat sie ihn im Stich gelassen, und wir müssen uns nicht mehr an den Wünschen der Spieler orientieren."


Friedel Rausch wird Trainer

Nach heftigen Diskussionen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat tritt der Aufsichtsratsvorsitzende Gödel am Sonntagabend vor die Presse: "Rolf Dohmen hat einen guten Job gemacht, er hat bei uns als Sportdirektor eine gute Zukunft." Innerhalb kürzester Zeit soll nun ein neuer Trainer präsentiert werden, denn, so Gödel: "Wir wollen uns später nicht von den Fans wegen Untätigkeit an die Wand nageln lassen."

Zwei Tage später kann Steven Jedlicki verkünden: "Nach über zwei Stunden waren wir uns einig. Ich bin froh über die Zusage eines solch erfahrenen Trainers." Tatsächlich erklärt sich Friedel Rausch dazu bereit, die Eintracht bis zum Saisonende zu trainieren. Der inzwischen 61-Jährige, der die Frankfurter bereits von Januar 1979 bis Juni 1980 trainierte, war zuletzt Privatier, nachdem er mit dem 1. FC Nürnberg am 29. Mai 1999 in die zweite Liga abstieg. "Das ist eine schwere, aber lösbare Aufgabe. Der Klassenerhalt ist absolut machbar, denn es gibt schwächere Mannschaften als die Eintracht", erklärt Friedel Rausch an seinem ersten Arbeitstag. Hieran wird es sich messen lassen müssen. (tr)

 


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