1. FC Kaiserslautern - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2010/2011 - 8. Spieltag

0:3 (0:1)

Termin: So 17.10.2010, 15:30 Uhr
Zuschauer: 49.500
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Tore: 0:1 Theofanis Gekas (45.), 0:2 Theofanis Gekas (67.), 0:3 Alexander Meier (83.)

 

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1. FC Kaiserslautern Eintracht Frankfurt

  • Tobias Sippel
  • Florian Dick
  • Martin Amedick
  • Rodnei
  • Leon Jessen
  • Clemens Walch
  • Jiri Bilek
  • Christian Tiffert
  • Ivo Ilicevic
  • Erwin Hoffer
  • Srdjan Lakic

 


 

Wechsel
  • Oliver Kirch für Clemens Walch (46.)
  • Jan Moravek für Jiri Bilek (57.)
  • Adam Nemec für Erwin Hoffer (79.)
Wechsel
Trainer
  • Marco Kurz
Trainer

 

 

Der psychologische Hammerschlag

“Das ist ein besonderes Spiel, weil es ein traditionsreiches Derby ist. Wir freuen uns darauf und wollen drei Punkte entführen. Wir haben zuletzt bewiesen, dass wir gefestigt und spielstark sind und das werden wir auch in Kaiserslautern zeigen“, erklärt Michael Skibbe vor dem Spiel gegen den Tabellenvierzehnten selbstbewusst, um sein Team vor Nachlässigkeiten zu warnen: “Wir gestatten dem Gegner, ganz schnell zu zwei, drei Chancen zu kommen. Das müssen wir korrigieren.“ Nicht korrigieren will er hingegen die Startaufstellung, auch wenn Meier im Training gute Leistungen gezeigt hat. So setzt der Trainer erneut auf Altintop, Ochs und Köhler sowie auf Chris und Schwegler vor der Abwehr: “Mit diesen beiden im zentralen Mittelfeld hat unser Spiel an Sicherheit gewonnen, aber Meier ist bei Einwechslungen die erste Option.“ Gekas als einzige Spitze und die Abwehr mit Jung, Franz, Russ und Tzavellas vor Torhüter Nikolov komplettieren das Team, das heute in der Pfalz bestehen soll.

Auch Heribert Bruchhagen spricht von einem “schwierigen Spiel“, jedoch aus ganz anderen Gründen. Denn ein in martialischer Horrorfilm-Grafik gehaltener Aufruf der Ultras sowie ein “bluttriefendes“ Filmchen mit dem Motto “Pfalzüberfall 2010 – Schlachtfest in Kaiserslautern“ sorgt national in den Medien für mächtig Aufruhr und gewinnt mehr an Bedeutung als das Spiel selbst. 850 Polizeibeamte sollen dafür sorgen, dass die als “Gewalt- und Krawallaufruf“ hochstilisierte Provokation nicht umgesetzt werden kann. “Die Polizei ist gefordert. Es wird Scharmützel geben, aber ich kann mich der Dramaturgie, die entwickelt wird, nicht anschließen. Ich glaube nicht an Krawalle“, ergänzt Heribert Bruchhagen und er wird recht behalten.

“Wir wollen alles für einen Sieg geben. Die Kundgebungen von einigen sogenannten Fans aus Frankfurt haben nichts mit Fußball zu tun und berühren uns nicht“, gibt sich FCK-Trainer Marco Kurz gelassen, auch wenn sein Team nach zwei Auftaktsiegen in den letzten fünf Begegnungen nur einen Punkt geholt hat: “Das belastet uns nicht, wenn wir bei unseren Niederlagen total unterlegen gewesen wären, müsste man sich Gedanken machen“ und Kapitän Amedick ergänzt: "Wir müssen uns Gedanken über die Effektivität machen, nicht über die Art und Weise, wie wir spielen.“ Dennoch stellt der Trainer sein Team gegenüber der 1:2-Niederlage in Hamburg um. Anstelle von Mittelfeldspieler Kirch spielt Hoffer neben Lakic, der bereits 5 Treffer erzielte, im Sturm. Walch rückt dafür auf die rechte Außenbahn, Bilek, Tiffert und Ilicevic auf links komplettieren das Mittelfeld der roten Teufel.

49.500 Zuschauer, darunter über 7.000 aus Frankfurt, bereiten beiden Mannschaften einen lautstarken, farbenprächtigen Empfang und auch auf dem Rasen halten sie sich nicht mit Vorgeplänkel auf. Kaiserslautern spielt sofort engagiert nach vorne, um bei Ballbesitz der Eintracht den Ballführenden mit mindestens zwei Spielern zu attackieren. Aber auch die Frankfurter stehen zu Beginn konsequent im Mittelfeld, so dass die ersten Minuten ein zähes Ringen ohne Torraumszenen sind. Doch der Aufsteiger setzt nach und bedrängt insbesondere die linke Abwehrseite der Eintracht, bei der Tzavellas und auch Köhler nicht den sichersten Eindruck machen. Es läuft die 13. Spielminute, über Dick und Tiffert auf der linken Seite kommt das Leder zu Hoffer in den Strafraum, doch der 23-jährige Österreicher braucht zu lange, so dass Franz energisch dazwischen gehen und zur Ecke klären kann. Tiffert führt den Eckball von der rechten Seite aus, Rodnei kann sich durchsetzen, köpft aber weit über den Kasten von Nikolov (14.).

Fünf Minuten später schlägt Rodnei das Leder aus der eigenen Hälfte weit nach vorne, Hoffer setzt sich gegen Altintop durch und legt den Ball zu Ilicevic, der mit einem öffnenden Pass Walch auf die Reise schickt. Tzavellas setzt an der Strafraumlinie zur Grätsche an, zieht aber in letzter Sekunde zurück, so dass Walch freie Bahn hat, aber zum Glück ins Straucheln kommt, so dass die Kugel ins Toraus trudelt (19.). Noch immer hat vor allem Tiffert viel zu viel Platz, so dass er kurz darauf erneut freistehend in den Strafraum flanken kann. Nikolov hat jedoch aufgepasst und kann das Leder vor Lakic mit der Faust aus der Gefahrenzone befördern (21.). Aber nicht nur die linke Abwehrseite, auch das Aufbauspiel der Eintracht stockt noch gewaltig. Statt langen öffnenden Pässen spielt Schwegler zu oft quer, Köhler agiert umständlich und von Altintop ist noch gar nichts zu sehen, so dass Gekas ziemlich einsam in der Luft hängt.

Dann die 24. Spielminute, nach einer Flanke von Jung landet der Kopfball von Russ in den Armen von Torhüter Sippel, der den Ball sofort weit nach vorne schlägt. Die Eintrachtabwehr hetzt der Kugel hinterher, die kurz vor dem Strafraum aufkommt. Lakic kommt ran, doch Tzavellas ist bei ihm und bedrängt ihn so ungestüm, dass der 27-jährige Kroate fast mit einem Grinsen wie vom Blitz getroffen zu Boden sinkt. Schiedsrichter Zwayer zögert nicht und zeigt auf den Elfmeterpunkt, um dem schimpfenden Griechen die Gelbe Karte zu zeigen. Eine fragwürdige Entscheidung, meint auch Michael Skibbe: “Ich habe da kein Halten gesehen.“ Lakic schnappt sich den Ball, während Nikolov gut einen halben Meter vor der Linie lauert. Ein flacher Schuss ins linke Eck, aber Oka streckt sich mächtig und kann das Leder zur Seite abwehren, um es im Nachfassen unter Kontrolle zu bekommen (25.). Ein klasse Reflex vom 36-Jährigen, der am 9. September 1995 sein Bundesligadebüt gegen Kaiserslautern feierte: “Das war reine Intuition. Ich habe lange gewartet und das hat gut geklappt.“

Auch in den kommenden Minuten tut sich die Eintracht schwer, den Ball in die Hälfte der Lauterer zu bringen. Zu oft läuft der Ball quer, immer wieder wird statt dem direkten Weg der Rückpass zu Chris oder Schwegler gesucht. Doch insbesondere der Brasilianer ist zwar enorm zweikampfstark, doch seine Pässe finden heute zu selten einen Mitspieler. Genau wie die Flanken von Tzavellas, die aus dem Spiel heraus jenseits des Erträglichen sind. Dann die 31. Spielminute, endlich sieht Schwegler einmal die Lücke und spielt zu Köhler am linken Strafraumrand. Doch statt zu schießen, spielt Benny quer, so dass Amedick abblocken kann. Vielleicht jetzt, denn Gekas kann einen leichtsinnigen Rückpass von Jessen zu Torhüter Sippel abfangen, zieht in den Strafraum, um zu Altintop zu flanken. Aber Sippel hat aufgepasst und kann den Ball aufnehmen (39.).

Kaiserslautern spielt zwar nach wie vor druckvoll, erarbeitet sich jedoch keine Torchancen, so dass es torlos in die Pause zu gehen scheint. Dann ein schneller Gegenstoß der Pfälzer, doch Jung geht vehement am Mittelkreis dagegen und kann Ilicevic das Leder vom Fuß grätschen. Chris setzt nach, Jung kommt erneut an den Ball, um ihn direkt zu Ochs zu passen, der Jung das Leder in den Lauf spielt, um ihn sofort am rechten Strafraumrand wieder zu bekommen. Paddy ist schneller als Rodnei und spielt quer zu Gekas, der das Leder aus vier Metern ins Netz haut. Der erste Torschuss führt zum 1:0 der Eintracht. Welch ein toller Spielzug (45.)! "Neben Theofanis war Oka unser Matchwinner, dass Oka den Elfmeter hält, war sicherlich ein spielentscheidender Moment", erklärt Michael Skibbe, während sein Pfälzer Kollege Kurz mit dem Schicksal hadert: "Wenn wir das erste Tor erzielen, geht das Spiel in eine andere Richtung. Das war ein psychologischer Hammerschlag für uns.“

Zur zweiten Halbzeit kommt beim Aufsteiger Kirch für den angeschlagenen Walch und muss nun das Angriffsspiel forcieren, so dass die Adler mehr Raum haben. Die 47. Spielminute, nach einem Foul an Schwegler im rechten Halbfeld führt Tzavellas den Freistoß aus. Die Kugel fliegt zu Russ, der aus 6 Metern ins rechte Toreck köpft, aber mit einer phantastischen Reaktion bekommt Torhüter Sippel die Hand an den Ball. Gekas setzt nach, kann die Kugel aber nur mit dem Schienbein aufs Tor schießen, so dass Sippel erneut parieren kann. Da die Eintracht nun das Geschehen auf dem Rasen beherrscht, wechselt Trainer Kurz erneut und verstärkt mit Moravek für Bilek die Offensive (57.). Doch es nützt nichts, wieder können die Frankfurter einen Angriff abfangen, Altintop spielt das Leder auf die rechte Seite zum starken Jung, der sofort nach vorne sprintet und aus gut 20 Metern abzieht, aber Sippel kann zur Ecke klären (62.). Zwei Minuten später kommt Altintop nach einem Freistoß von Tzavellas freistehend an den Ball, legt ihn sich vor, um ihn jedoch passend zu seiner heutigen Leistung weit über den Kasten zu dreschen (64.).

Dann die 67. Spielminute, nachdem Jessen vor Schwegler klärt, gibt es Eckball von der rechten Seite, den Tzavellas ausführt. Das Leder wird abgeblockt, doch der 23-jährige Grieche bekommt die Kugel zurück, narrt Dick mit einem kurzen Haken und flankt erneut. Zunächst kann Rodney am kurzen Pfosten den Schuss von Gekas blocken, doch der setzt nach und haut die Kugel im zweiten Versuch zum 2:0 in die Maschen. “Ich bin sehr glücklich. Die Mannschaft spielt super. Sie sucht und findet mich im Moment einfach in diesen Situationen vor dem Tor“, freut sich Gekas nach seinem 7. Saisontreffer.

Das passt perfekt ins Konzept, abgebrüht und routiniert lassen die Adler nun Ball und Gegner laufen, der erst eine Viertelstunde vor dem Ende den Druck wieder verstärkt. Es gibt Ecke von der rechten Seite, die Tiffert hoch vor den Fünfmeterraum schlägt. Im Getümmel landet das Leder bei Moravek, der aus 9 Metern abzieht. Aber Köhler am linken Pfosten bleibt cool und blockt den Kracher mit dem Knie zur Ecke ab (76.). Kurz darauf bringt Kaiserslautern Nemec für Hoffer, während Gekas den Applaus der Frankfurter Fans genießt. Für ihn kommt Meier ins Spiel, so dass Altintop nun in die Spitze rückt (78.).

Fünf Minuten später wird eine Flanke von Jung abgefangen, Kaiserslautern will kontern, doch Schwegler grätscht im Halbfeld energisch dazwischen, so dass die Kugel wieder bei Jung landet, der sofort nach vorne sprintet. Er behält die Übersicht und passt den Ball von der Torauslinie genau zu Meier, der seine Gegenspieler zuvor mit einem schnellen Schritt zurück narrt, um nun aus 10 Metern überlegt ins rechte Toreck zu schlenzen. Zum 3:0 für die Eintracht (83.).

Die restlichen Minuten sind Schaulaufen vor den lautstark feiernden Frankfurter Fans. Mit dem dritten Sieg in Folge und nunmehr 12 Punkten klettert die Eintracht auf Platz 8. (tr)


Stimmen zum Spiel

Michael Skibbe: “Es war ein klarer Sieg und doch ein enges Spiel. Erst am Ende haben wir souverän gewonnen. In der zweiten Halbzeit hatte ich in keiner Phase das Gefühl, dass wir das Spiel noch abgeben könnten und die Tore haben wir sauber herausgespielt. Aber es ist eng in der Liga, fast jedes unserer Spiele hätte auch anders herum ausgehen können. Wir könnten schon 16, aber auch erst acht Punkte auf unserem Konto haben.“

Heribert Bruchhagen: “Ich bin froh, dass wir hier bestanden haben. Wir haben manchmal die Orientierung verloren und sind glücklich in Führung gegangen. Angesichts der zweiten Halbzeit war der Sieg aber verdient.“

Ioannis Amanatidis scherzend über Gekas: “Sieben Tore und 20 Ballkontakte in acht Spielen, nicht schlecht.“

 

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