Eintracht Frankfurt - Alemannia Aachen

2. Bundesliga 2011/2012 - 15. Spieltag

4:3 (2:0)

Termin: So 20.11.2011, 13:30 Uhr
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Harm Osmers (Hannover)
Tore: 1:0 Mohamadou Idrissou (9.), 2:0 Benjamin Köhler (12.), 2:1 Benjamin Auer (78.), 3:1 Erwin Hoffer (81.), 3:2 Sergiu Radu (83.), 3:3 Aimen Demai (87.), 4:3 Karim Matmour (89.)



 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt
Alemannia Aachen

 


  • Boy Waterman
  • Seyi Olajengbesi
  • Thomas Stehle
  • Tobias Feisthammel
  • Timo Achenbach
  • Aimen Demai
  • Bas Sibum
  • Kim Falkenberg
  • Reinhold Yabo
  • Manuel Junglas
  • Benjamin Auer

 

Wechsel
Wechsel
  • Sergiu Radu für Thomas Stehle (46.)
  • Shervin Radjabali-Fardi für Bas Sibum (46.)
  • David Odonkor für Manuel Junglas (78.)
Trainer Trainer

 

 

Ein souverän glücklicher Sieg

"Die Deutsche Fußball Liga und wir haben das schlichtweg übersehen. Uns tut das Leid, wir wollen uns auch nicht mit der Kirche anlegen, aber das Spiel zu verlegen ist nun mal schwierig", erklärt Pressesprecher Knoop, während die Stadt Frankfurt aufgrund einer Anzeige der Grünen Jugend Hessen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Eintracht eröffnen wird. Denn das Heimspiel gegen Aachen findet am Totensonntag statt, an dem laut dem hessischen Feiertagsgesetz von 1952 "öffentliche sportliche Veranstaltungen gewerblicher Art" nicht gestattet sind. Die als offener Brief formulierte Anzeige der Parteijugend sei zwar gegen die Stadt und nicht gegen die Eintracht gerichtet, aber "wir haben eine Anzeige vorliegen und dann müssen wir das machen" sagt Frankfurts Ordnungsdezernent Frank, der wohl eine Ordnungsstrafe in vierstelliger Höhe verhängen wird.

Während dessen regt sich Armin Veh über die seiner Meinung nach zu kritische Stimmung in Medien und bei den Anhängern auf: “Vier Punkte aus zwei Auswärtsspielen, das ist kein kleiner Einbruch, das ist der totale Einbruch“, meint er ironisch, um zu ergänzen: “Es wird nicht genug gewürdigt, was die Mannschaft leistet, alle tun so, als sei es normal, dass wir Zweiter sind. Aber das ist es nicht. Da steckt sehr viel Arbeit dahinter. Die Mannschaft zieht richtig gut mit, sie hat sich ihre Platzierung mit Leidenschaft und Fleiß verdient. Krise? Das ist doch eine Farce.“ Gleichzeitig betont der Trainer, dass seine Mannschaft auch gegen die wohl sehr defensiv eingestellten Aachen die nötige Geduld aufbringen muss und vertraut hierbei auf die Startelf, die in Ingolstadt in allerletzter Sekunde den Dreier geholt hat.


Veh und Funkel

“Ich glaube, dass wir zusammen in der Konstellation niemals abgestiegen wären. Ich glaube, dass meine Kritiker im letzten Jahr froh gewesen wären, wenn die Spielweise in Frankfurt konservativ gewesen wäre“, betont unterdessen Friedhelm Funkel, der nur sechs Tage nach seiner Entlassung in Bochum Nachfolger von Peter Hyballa beim Tabellensiebzehnten wurde, der auswärts erst zwei Punkte einfahren konnte. “Wir wollen den Frankfurtern nicht den Raum geben, den sie brauchen, um ein gutes Spiel zu machen und versuchen, sie zu ärgern“, droht der 57-Jährige an und setzt heute auf eine Dreierabwehr mit Feisthammel, Olajengbesi und Stehle, vor der fünf defensive Mittelfeldspieler agieren werden. Um die magere Torausbeute von acht Treffern zu erhöhen, sollen Junglas und Kapitän Auer vorne für Torgefahr sorgen.

Doch nach Gästekontern sieht es zunächst nicht aus, denn die Eintracht setzt sich mit ordentlichem Druck sofort in der Hälfte der Alemannen fest und kommt sogleich zu Chancen. So setzt sich Hoffer auf der linken Außenbahn gegen zwei Abwehrspieler durch und passt den Ball quer zu Meier, dessen Schuss verunglückt. Feisthammel tritt beim Klärungsversuch ein Luftloch, so dass Torhüter Waterman eingreifen muss, die Kugel aber am rechten Fünfmeterraumeck nicht festhalten kann. Idrissou stibitzt sie ihm und passt scharf in die Mitte, wo Olajengbesi das Leder ins eigene Netz lenkt. Doch das Tor zählt nicht, denn angeblich hatte Idrissou den Torhüter unfair angegangen (3.). Sekunden später zappelt die Kugel nach einem Freistoß von Schwegler fast wieder im Netz, doch zwei Aachener Verteidiger können sich erfolgreich in den Schuss von Hoffer werfen.


Jimmy Hoffer

Weiterhin spielt die Eintracht druckvoll nach vorne, während die Gäste mit Mann und Maus in der eigenen Hälfte verteidigen, ohne ernsthaft an eigene Angriffe zu denken. Es läuft die 9. Spielminute, fast von der Mittellinie aus läuft der von Djakpa bedrängte Falkenberg zurück in Richtung des eigenen Strafraums, um den Ball zu seinem Torhüter zu spielen. Waterman will sich das Leder vorlegen, um es mit links nach vorne schlagen, legt es sich aber selbst so blöd vor, das die Kugel gegen sein Standbein prallt und er nach seinem Tritt über den Ball ausrutscht. Statt zu lachen, was naheliegend gewesen wäre, schiebt Idrissou die Kugel einfach zum 1:0 ins Netz. Welch eine kuriose Führung, die Aachen noch passiver werden lässt. Nur drei Minuten später spielt Köhler einen tollen Pass auf den am rechten Strafraumeck völlig freistehenden Idrissou, der sich die Kugel vorlegt und kurz vor der Torauslinie zurück an den Elfmeterpunkt flankt. Perfekt für Köhler, der Platz hat und den Ball zum 2:0 ins linke Toreck schießt (12.).

“Die ersten 20 Minuten waren unterirdisch, da waren wir nicht zweitligatauglich“, schimpft Aachens Trainer Funkel, während die Eintracht im Gefühl der sicheren Führung zwei Gänge zurückschaltet und das Spiel jetzt verwalten will. So kommt Aachen nach knapp 20 Minuten fast zu einer Chance, doch Köhler kann Falkenberg vor dem linken Fünfmeterraumeck prima abdrängen, so dass Nikolov nicht eingreifen braucht. Danach wird es langweilig, denn Aachen hat weiter extreme Probleme im Spielaufbau, während den Gastgebern trotz knapp 70 Prozent Ballbesitz kein gefährlicher Angriff mehr gelingen will. “Von denen kam ja selbst nach dem 0:2 nichts“, wundert sich Köhler, um kritisch einzuräumen: “Im Hinterkopf schaltest du nach so einer Führung ein wenig ab, suchst nur noch die Lücke, wir müssen da viel souveräner auftreten.“

Nachdem Yabo mit einem harmlosen Drehschuss vergeblich testet, ob Nikolov bereits fest eingeschlafen ist (45.), melden sich mit dem Pausenpfiff trotz der Führung einige Zuschauer mit einem Pfeifkonzert zu Wort. Lauter ist es wohl in der Aachener Kabine, in der Trainer Funkel um die richtigen Worte ringt und seine Mannschaft umstellt. Stehle und Sibum werden ausgewechselt, Junglas rückt ins zentrale Mittelfeld, um Platz für Stürmer Radu zu machen, während Radjabali-Fardi jetzt auf der linken Seite spielt.


Alex Meier

Aber zunächst startet die Eintracht mit neuem Schwung und erspielt sich sogleich die erste Chance mit einen schönen Doppelpass zwischen Köhler und Rode, der den Ball im Strafraum quer auf Meier legt, dessen Schuss jedoch von Demai geblockt wird (47.). Nur eine Minute später versucht es Hoffer mit einem Flachschuss ins linke untere Eck, doch Waterman kann ebenso parieren wie beim Kopfball des ansonsten kaum auffallenden Meier (50.). Aachen gestaltet das Spiel jetzt zwar offener, doch noch immer verweigern sie das Angriffsspiel konsequent. So ist es Köhler, der mit einem Freistoß vor dem rechten Strafraumeck die nächste Möglichkeit hat, die Waterman mit einem tollen Reflex aber vereiteln kann (59.).

Immerhin meldet sich Aachen sechs Minuten später doch einmal mit einer Ecke von der rechten Seite zu Wort, die Achenbach hoch vor den Fünfmeterraum schlägt. Auers Kopfball misslingt, Radu versucht den trudelnden Ball ins Tor zu lenken, doch Köhler am linken Pfosten hat aufgepasst und kann vor der Linie klären (65.). Kurz darauf muss Rode, der Minuten zuvor nach einem Zusammenprall behandelt wurde, mit einer leichten Gehirnerschütterung vom Platz, so dass jetzt Lehmann ins Spiel kommt, das nun wieder verflacht, um erst ab der 78. Minute so richtig Fahrt aufzunehmen. Denn nach einer Flanke von Yabo, die Olajengbesi vor dem Strafraum auf die linke Außenbahn verlängert, kann Feisthammel die Kugel kurz vor der Torauslinie zurückspielen. Genau zu Auer, der von Schildenfeld kaum bedrängt wird und den Ball mit der Hacke zum überraschenden 1:2 ins rechte Toreck schießt (78.).

Aachen versucht jetzt, Druck aufzubauen, doch Jung geht kurz darauf energisch dazwischen und trägt die Kugel im Zusammenspiel mit dem kurz zuvor für Idrissou gekommenen Matmour nach vorne. Köhler vertändelt den Konter mit einem schlechten Pass in den Rücken von Meier, der ihn dennoch zu Hoffer spielt. Der schaut, legt sich den Ball kurz vor und hämmert ihn fast aus dem Stand vom linken Strafraumeck aus ins kurze Toreck zur 3:1-Führung (81.). “Und spätestens danach muss doch Ruhe sein“, schimpft Armin Veh, während es auf dem Platz vogelwild wird. Denn im direkten Gegenzug hat Achenbach auf der rechten Außenbahn viel zu viel Platz und kann in aller Ruhe in den Strafraum flanken. Genau zu Radu, für den sich weder Djakpa noch Schildenfeld zuständig fühlen, so dass der 34-Jährige die Kugel aus elf Metern zum 2:3 ins linke Toreck köpfen kann (82.).

Trainer Veh reagiert sofort und bringt Tzavellas für den unkonzentriert spielenden Djakpa, obwohl kurz zuvor bei Aachen mit Odonkor ein schneller Mann für die rechte Außenbahn gekommen ist. Es läuft die 87. Spielminute, nach einem Foul von Matmour an Auer gibt es Freistoß für die Gäste. Demai zirkelt den Ball scharf über die Mauer, der dabei den hochsteigenden Meier am Kopf streift, so dass die abgefälschte Kugel erst gegen das Lattenkreuz und dann gegen den Arm von Nikolov prallt, um erst Millimeter hinter der Linie von Schildenfeld geklärt zu werden. Doch der Linienrichter hat aufgepasst und entscheidet zurecht auf Tor für Aachen, wie die Standbilder des Fernsehens zeigen (87.).


4:3 durch Matmour

Die Eintracht reagiert wütend und wirft sofort alle nach vorne. Meier spielt auf Tzavellas, der kurz vor dem linken Strafraumeck rüde von Falkenberg von den Beinen geholt wird. Schwegler schnappt sich die Kugel und zirkelt sie vor den Fünfmeterraum, Waterman zögert beim Herauslaufen, nicht aber Matmour, der die Kugel am Torhüter vorbei ins leere Tor köpft. Zum 4:3 für die Eintracht (89.)! Welch ein Wahnsinn in der Schlussviertelstunde, die Armin Veh nicht nur die Zornesröte ins Gesicht trieb. Doch sei es drum, die Eintracht gewinnt glücklich souverän und ist erstmals in dieser Saison Tabellenführer.


Stimmen zum Spiel

Armin Veh: "Es war kein glücklicher Sieg, weil wir die klar bessere Mannschaft waren, wir haben das Spiel klar im Griff gehabt und zumindest bis zur 75 Minute dominiert. Eine 2:0-Führung muss eigentlich schon reichen und spätestens nach dem 3:1 muss Ruhe sein. Was dann folgte, darf uns nie und nimmer passieren.“

Bruno Hübner: “Es hat einfach an der Zielstrebigkeit gefehlt, wir hätten klarer auf das 3:0 hin spielen müssen, denn eine gewisse Überlegenheit war ja schon da. Aber wir kommen jederzeit zurück, auch wenn es nicht so gut läuft. Das zeichnet uns aus."

Oka Nikolov: "Zu Hause darf so etwas nicht passieren. Wenn alle fünf Prozent nachlassen, reicht es auch nicht für die 2. Liga. Irgendwann ist unser Glück auch mal aufgebraucht.“


Änderungen im Vorstand zur neuen Spielzeit

“Der Vorstand ist keine Selbstfindungsgruppe. Sie sollen nicht zusammen in Urlaub fahren, aber wir erwarten, dass die Zusammenarbeit menschlich klappt.“ Sagt Aufsichtsratschef Wilhelm Bender, nachdem die Eintracht überraschend früh den Vertrag mit Heribert Bruchhagen um weitere zwei Jahre verlängert hat, ihm allerdings ab Juni 2012 einen neuen Vorstand an die Seite stellt, der sich um die Bereiche Finanzen und Organisation kümmern wird. Denn nachdem der 71-jährige Klaus Lötzbeier bereits durchsickern ließ, dass er nicht mehr zur Verfügung steht, hat auch Finanzvorstand Dr. Pröckl verkündet, nach insgesamt elf Jahren aufzuhören.


Dr. Pröckl

Axel Hellmann, der 40 Jahre alte Vizepräsident, Geschäftsführer des Vereins und Mitglied des Aufsichtsrates der AG übernimmt die Funktionen der beiden und bekommt einen Dreijahresvertrag bis zum 30. Juni 2015.“Die solide Arbeit, die eng mit Heribert Bruchhagen verbunden ist, soll fortgesetzt werden und mit Axel Hellmann soll eine noch bessere Verzahnung der Arbeit zwischen AG und e.V. erreicht werden“, erklärt Wilhelm Bender, der zu Vermutungen, dass Dr. Pröckl zum Aufhören gedrängt worden sei, keinen Kommentar abgibt, jedoch ergänzt: “Nachfolger von Heribert Bruchhagen wird er aber nicht.“ Ansonsten sind die vielzitierten Spannungen zwischen Heribert Bruchhagen und Axel Hellmann aus der Welt, sagt der künftige Vorstand für die Bereiche Finanzen und Organisation: “Alles, was in der Vergangenheit zwischen uns lag, ist ausgeräumt worden.“ Für Vereinspräsident Peter Fischer sind beide die “ideale Kombination“, um die Eintracht in die Zukunft zu führen: “Das ist ein guter Tag für Eintracht Frankfurt.“. (tr)

 

 

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