SC Paderborn - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 2011/2012 - 23. Spieltag

4:2 (2:2)

Termin: So 26.02.2012, 13:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Guido Winkmann (Kerken)
Tore: 1:0 Nick Proschwitz (6.), 2:0 Mehmet Kara (18.), 2:1 Benjamin Köhler (26.), 2:2 Alexander Meier (42.), 3:2 Lukas Rupp (58.), 4:2 Jens Wemmer (64.)


 

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SC Paderborn
Eintracht Frankfurt

  • Lukas Kruse
  • Diego Demme
  • Florian Mohr
  • Christian Strohdiek
  • Jens Wemmer
  • Enis Alushi
  • Lukas Rupp
  • Sören Brandy
  • Alban Meha
  • Mehmet Kara
  • Nick Proschwitz

 


 

Wechsel
  • Daniel Brückner für Sören Brandy (81.)
  • Matthew Taylor für Mehmet Kara (89.)
  • Rolf-Christel Guié-Mien für Alban Meha (90.)
Wechsel
Trainer
  • Roger Schmidt
Trainer

 

 

Statt Europa nur unter aller Sau

“Schön ist das nicht, solche Entscheidungen gehören zu den Sachen, die einem Trainer keinen Spaß machen. Aber die Stimmung ist gut und die Mannschaft arbeitet konzentriert“, erklärt Armin Veh, der aus dem vollen schöpfen kann, da neben Amedick und Idrissou auch Schwegler wieder mittrainiert, so dass er die Qual der Wahl hat, wenn es um Kader und Startelf für das Spiel beim Tabellenfünften aus Paderborn geht. Keine Berücksichtigung wird hierbei Ricardo Clark finden, der beim Trainer sowieso keine Rolle mehr spielte, denn der 29-jährige US-Amerikaner wird bis zum Ende der Saison an den norwegischen Club Stabaek IF, bei dem vor 10 Jahren Fjørtoft seine Karriere ausklingen ließ, ausgeliehen.

“Eigentlich gibt es keinen Grund etwas zu ändern, wenn die Mannschaft gut funktioniert“, meint Armin Veh schließlich, nachdem Matmour im Abschlusstraining Schwegler auf den gebrochenen Zeh getreten ist, so dass dieser noch einmal pausieren wird. Zudem hat Hoffer zuletzt als alleiniger Stürmer überzeugt, so dass er ergänzt: “Die stehen nicht zufällig in der Spitzengruppe. Wir müssen kompakt stehen, laufstark sein und dem Gegner möglichst keine Torchancen zulassen. Wir dürfen uns keine Fehler mehr erlauben.“ So wird die Eintracht wie schon beim 6:1-Sieg gegen den FSV mit einem Fünfer-Mittelfeld aus Matmour, Meier und Köhler sowie Lehmann und Rode vor der Abwehr beginnen, in der erneut Butscher den Vorzug vor Djakpa erhält.

Im Gegensatz zu seinem Kollegen hat Roger Schmidt Probleme mit gleich sechs angeschlagenen Spielern und wird sein Team gegenüber dem 2:2 gegen Dresden erneut umbauen müssen. Dennoch bleibt der 44-Jährige zuversichtlich, zumal Paderborn in dieser Saison erst einmal zuhause verloren hat: “Es ist nicht so, dass wir sagen: Jetzt kommt die große Eintracht, deshalb präsentieren wir hier die drei Punkte. Mit einem Sieg wären wir punktgleich mit der Eintracht, das ist unser Ansporn.“ Und zwar mit 14-Tore-Stürmer Proschwitz, der von einer Dreierreihe mit Brandy, Kara und Meha sowie den nachrückenden Alushi und Rupp unterstützt werden soll.

SK Slavia Paderbornska, “die Diva in Europa dabei“ lautet das Motto der knapp 4000 Frankfurter Fans, die die Eintracht mit einem Meer aus goldenen Fahnen und einem großen Europapokal lautstark in der ostwestfälischen Metropole gegrüßen. Die Paderborner Kurve kontert mit einem tschechischen Spruchband “Alle Wege führen nach Paderborn“ ironisch. Doch nach einem internationalem Auftritt sieht es bei den Gästen nicht aus, die früh angegangen werden und so überhaupt nicht ins Spiel kommen, während Paderborn den schnellen Weg über die Außen sucht. Sie wirken beeindruckt, die Gäste und Schildenfeld gar völlig verunsichert. Ohne Not spielt er die Kugel erst ins Seitenaus, um nur eine Minute später im Strafraum nicht nach vorne zu spielen, sondern völlig unbedrängt zur Ecke zu “klären“, was seine Kollegen mit kollektivem Armzucken quittieren und den Trainer zürnen lässt: “Was für ein Zeichen an die andere Mannschaft, da signalisiert man denen doch: Wir haben die Hosen voll“ (2.).

Es läuft die 6. Spielminute, nach einer Abseitsposition von Matmour am Strafraum wird der Ball von Wemmer weit nach vorne geschlagen, während Jung locker nach hinten trabt. So kommt Kara auf der linken Außenbahn an das Leder. Schildenfeld begleitet ihn nur, so dass der 28-Jährige quer spielt, wo Meha eher startet als der inzwischen zurück gekehrte Jung, um erneut quer zum Elfmeterpunkt zu spielen, als Andersen ihn bedrängen will. So steht Proschwitz völlig frei, kann sich die Ecke aussuchen und schiebt sie ins rechte Toreck zum 1:0 für Paderborn. “Das war unter aller Sau“, ärgert sich Armin Veh über die erbärmliche Abwehrleistung, während die Heimfans höhnisch singen: “Und ihr wollt in Europa spielen…“

Kein Ruck geht durch die Mannschaft, zwar hat die Eintracht mehr Ballbesitz, doch es fehlen Mut und die Ideen für einen durchdachten Angriff, zumal zahllose Ballverluste die hauchzarten Offensivbemühungen fast ad absurdum führen. Denn genau darauf warten die Ostwestfalen. So wie in der 18. Spielminute, als es endlich mal eine Ecke für die Eintracht gibt, die Köhler von rechts viel zu kurz spielt, so dass sie abgefangen wird. Brandy sprintet aus dem eigenen Strafraum nach vorne und passt die Kugel nach links zu Kara, der erst Rode und dann Andersen düpiert, um vor dem Strafraum locker in die Mitte zu dribbeln. Er legt ab auf Meha, Schildenfeld geht dazwischen, doch die Kugel landet wieder bei Kara, um den sich drei Frankfurter scharen, ohne einzugreifen. Also schießt er aus 18 Metern und versenkt den Ball zum 2:0 im linken Eck. Au Backe, jetzt stehen die Weißen am Strafraum und schauen sich nur ratlos an.

Es bleibt chaotisch, fünf Minuten später spielt Rode einen Ball genau vor die Füße von Alushi und sofort geht es über Proschwitz und Meha nach vorne, doch diesmal klärt Schildenfeld vor Rupp im Fünfmeterraum. Dafür kann nun der erste gelungene Angriff über Meier, Butscher und Köhler bestaunt werden, der das Leder vor den langen Pfosten schlenzt. Jung kommt ran, aber ein Paderborner ist schneller und klärt zur Ecke (23.). Die Eintracht bleibt am Drücker, diesmal jedoch wird Meier durch ein Foul vor dem Sechzehner gestoppt. Aus zentraler Position nimmt Köhler zwei Schritte Anlauf und schlenzt die Kugel wunderbar ins obere rechte Toreck zum 1:2 (26.). Ist dies die Initialzündung? Die Eintracht jedenfalls spielt plötzlich druckvoll und schnürt Paderborn zeitweise in der eigenen Hälfte ein. Und erneut ist es Köhler, der mit einer tückischen Flanke für Gefahr sorgt, doch Strohdieck klärt vor Hoffer und Meier auf der Linie für seinen Torhüter (31.).


.. meist einen Schritt zu spät ...

Nachdem Nikolov gegen Meha einen tückischen Freistoß aus 25 Metern parieren muss, probiert es Lehmann fünf Minuten später ebenfalls mit einem Distanzschuss, den Torwart Kruse problemlos halten kann. Der Abschlag wird abgefangen und Rode tankt sich auf der rechten Seite nach vorne, um zu Köhler zu spielen, der den Ball auf Jung weiterleitet. “Sebi“ flankt halbhoch in den Strafraum, Strohdieck will klären, lässt aber zur Seite prallen, so dass Rode das Leder unter Kontrolle bekommt und mit viel Gefühl quer vor den Elfmeterpunkt spielt. Meier ist zur Stelle, sein linkes Bein wird immer länger und die Kugel landet zum 2:2 im linken Toreck (42.), mit dem es in die Pause geht.

Zur zweiten Halbzeit meldet sich die Eintracht mit einem schnellen Angriff über Matmour, Rode und Jung zu Wort, der zurück auf Rode spielt, der sich am rechten Strafraumeck durchsetzt und quer passt. Genau zu Köhler, der mit links flach einschieben will, aber Torhüter Kruse reagiert blitzschnell und hat die Finger noch rechtzeitig dran (47.). Doch die Gastgeber denken gar nicht daran, nachzulassen. So prüft Meha Torhüter Nikolov mit einem tückischen Heber vom linken Strafraumrand, den dieser über die Latte lenken kann (50.). Was jetzt folgt, hinterlässt Armin Veh mächtig ratlos: “Eigentlich läuft es psychologisch nach dem Ausgleich eher für uns. Aber wir sind in genau dasselbe Strickmuster verfallen wie am Anfang. Das ist mir schleierhaft.“ Denn erneut laufen sie hinterher, Paderborn führt die Hintermannschaft der Frankfurter vor, während vorne sich die Ballverluste wieder unerträglich häufen. Nichts ist zu sehen von Spielaufbau, von Kombinationen, Ordnung und Laufwegen.

Es läuft die 58. Minute, nach einem Einwurf von der Mittellinie lässt Paderborn den Ball quer laufen, aber die Hintermannschaft der Eintracht steht. Eigentlich. Denn nun folgt ein einfacher diagonaler Ball auf Proschwitz im Halbfeld, als Schildenfeld und Andersen auf Abseits spielen wollen, Butscher aber einen Tick zu lange zögert. Proschwitz ist dies recht, er schiebt die Kugel genau in die Gasse zum startenden Rupp, der sie aus 12 Metern Nikolov durch die Beine zum 3:2 ins Netz schiebt. “Wieder haben wir geschlafen, sind gedoppelt worden mit einem einfachen Pass und haben bei dem 3:2 ausgesehen wie eine Schülermannschaft“, zürnt Armin Veh, der jetzt Idrissou für den schwachen Matmour bringt (60.).


... verzagt ..

Bei den Ostwestfalen klappt alles, bei den Hessen nichts. Nach einem Frustfoul von Rode, für das er die gelbe Karte kassiert, kommt die Kugel zu Wemmer auf der linken Außenbahn, der mit einem einfachen Doppelpass mit Meha gleich drei Frankfurter stehen lässt, in den Strafraum sprintet und Lehmann versetzt, um aus spitzem Winkel abzuziehen. Schildenfeld steht staunend da, während das Leder zum 4:2 für Paderborn im rechten Toreck einschlägt. “Das war unter aller Sau, dass wir insgesamt so schlecht stehen, hätte ich nicht für möglich gehalten. Wir waren nur in einem konsequent: Wir haben in der Abwehr immer geschlafen, wir waren immer zweiter Sieger. So kannst du keinen Punkt holen“, flucht der Trainer, nachdem Meha Lehmann locker ausspielt und Rupp keine zwei Minuten später die Chance zum 5:2 hat, aber freistehend an Nikolov scheitert.

Und die Eintracht? Nach knapp 70 Minuten drischt erst Schildenfeld den Ball hoch in die Luft und ins Aus. Dann, nur Sekunden später, donnert auch Anderson die Kugel auf die Tribüne, wie dies Vorstopper in der Kreisliga bisweilen tun, um sich kopfschüttelnd an den Kopf zu greifen. Meckernd über das holprige Geläuf, obwohl er dies eher über seine Leistung und die der Mannschaft tun sollte. Immerhin sorgt der für Hoffer eingewechselte Friend noch einmal für ein Ausrufezeichen, als er nach Flanke des für Schildenfeld gekommenen Djakpa hochsteigt und mit seinem Kopfball Torhüter Kruse überwindet. Doch Mohr steht auf der Linie goldrichtig und kann das Leder wegschlagen (76.).

“Ihr könnt nach Hause fahrn", singt der Paderborner Anhang höhnisch und die Frankfurter Fans antworten höflich: "Wir wollen nach Hause fahrn." Denn der Rest ist Schaulaufen, Brückner hat in der Nachspielzeit die Chance, das Ergebnis zu erhöhen, scheitert aber freistehend vor Nikolov, so dass es bei der verdienten 2:4-Niederlage bleibt. Immerhin kommen Düsseldorf und St. Pauli in ihren Spielen nicht über Nullnummern hinaus, so dass die Eintracht mit einem Punkt Rückstand hinter dem neuen Tabellenführer Greuther Fürth nur auf Rang zwei rutscht..“ (tr)


Stimmen zum Spiel

Armin Veh: “Die Paderborner haben richtig gut gespielt und von daher auch in der Höhe verdient gewonnen. Momentan habe ich keine Erklärung dafür, dass wir hinten so schlecht gestanden haben. Aber so kann man sich nicht präsentieren. Wir haben immer geschlafen, waren immer zweiter Sieger. So kannst du keinen Punkt holen, geschweige denn gewinnen. Insgesamt war das unter aller Sau."

Heribert Bruchhagen: "Nach den Niederlagen gegen St. Pauli und 1860 war ich enttäuscht, weil wir nicht die schlechtere Mannschaft waren. Aber heute war der Gegner schneller, besser, aggressiver, konzentrierter, antizipierender. Paderborn war uns in allen Belangen überlegen. In dieser Woche haben bei einigen Spielern Homestorys stattgefunden. Von den jeweiligen Spielern war hier nichts zu sehen. Wie immer im Fußball.“ Die Bemerkung zielt wohl in Richtung Matmour, der nach seinen drei Treffern gegen den FSV in einer Boulevardzeitung zusammen mit seiner Frau als die "Beckhams von Frankfurt" präsentiert wurde.

Matthias Lehmann: "Wir haben komplett versagt und zu recht einen vor den Latz gekriegt, wir haben in der Defensive viel zu weit auseinander gestanden, hatten auf dem Platz keine Kommunikation und am Ende haben wir es nur noch mit Kick and Rush versucht. Ich war überrascht, wie schlecht wir spielen können. Das war kollektives Versagen. Das war richtig Scheiße und ein herber Rückschlag.“

 

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