Eintracht Frankfurt - Borussia Dortmund

Bundesliga 2012/2013 - 5. Spieltag

3:3 (0:2)

Termin: 25.09.2012, 20:00 Uhr
Zuschauer: 51.500
Schiedsrichter: Florian Meyer (Burgdorf)
Tore: 0:1 Lukasz Piszczek (25.), 0:2 Marco Reus (28.), 1:2 Stefan Aigner (49.), 2:2 Takashi Inui (51.), 2:3 Mario Götze (54.), 3:3 Anderson (73.)

 

 

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Eintracht Frankfurt
Borussia Dortmund

 


  • Roman Weidenfeller
  • Lukasz Piszczek
  • Neven Subotic
  • Mats Hummels
  • Marcel Schmelzer
  • Moritz Leitner
  • Sebastian Kehl
  • Jacub Blaszczykowski
  • Marco Reus
  • Ivan Perisic
  • Robert Lewandowski

 

Wechsel
Wechsel
  • Mario Götze für Marco Reus (46.)
  • Kevin Großkreutz für Ivan Perisic (68.)
  • Ilkay Gündogan für Jacub Blaszczykowski (85.)
Trainer Trainer
  • Jürgen Klopp

 

 

Eine Halbzeit lang der absolute Wahnsinn

"Natürlich schauen wir uns von dort was ab. Das frühe Pressing, das Spiel mit hoch stehenden Außenverteidigern. Von dieser Mannschaft kannst Du viel lernen", erklärt Armin Veh über den kommenden Gegner, um Experten, welche bereits Parallelen zwischen der Eintracht und dem deutschen Meister ziehen, sogleich in die Schranken zu weisen: "Wenn man uns vergleichen will, dann wäre der BVB der ganz, ganz große Bruder. Dortmund ist klarer Favorit, eine der beiden besten Mannschaften in Deutschland. Sie haben ihr Spiel in den letzten drei Jahren perfektioniert. Dennoch gehen wir mit Respekt, aber auch mit Selbstvertrauen in diese Partie." Allerdings muss der Trainer im Sturm auf Occéan verzichten, der sich in Nürnberg eine Oberschenkelzerrung zugezogen hat, so dass Hoffer als Spitze beginnt. Dafür beißt Kapitän Schwegler mächtig auf die Zähne, obwohl sein rechtes Auge nach dem Zusammenprall mit Balitsch noch immer grün und blau geschwollen ist und die Stirn zudem ein mit zwölf Stichen genähter Riss ziert. So spielt Schwegler vor der Abwehr und Rode rückt ins offensive Mittelfeld neben Aigner, Meier und Inui.

“Es ist blöd, dass die Dortmunder in Hamburg verloren haben“, meint Bruno Hübner und in der Tat, bei der Borussia ballt nicht nur Trainer Klopp die Fäuste, sondern auch die Mannschaft will es wissen, nachdem die Serie von 31 Spielen ohne Niederlage an der Alster gerissen ist: “Wir haben das Gefühl, etwas gutmachen zu wollen - und zwar unbedingt.“ Wie bereits in den Spielen zuvor ändert der Trainer für dieses Unterfangen seine Startaufstellung. Blaszczykowski beginnt anstelle von Götze im rechten offensiven Mittelfeld, Perisic rückt auf links, um Schmelzer gegen die Frankfurter Außen zu unterstützen und Reus agiert im zentralen Mittelfeld hinter Lewandowski, der es wohl mit Zambrano zu tun bekommt.

Ausverkauftes Waldstadion, es herrscht bereits kurz vor Spielbeginn eine tolle Stimmung, während die Nordwestkurve unter einer riesigen schwarz-weißen Blockfahne verschwindet und die Frankfurter vom Anpfiff weg überfallartig nach vorne sprinten, als wollen sie ein Zeichen setzen. Hoffer dribbelt die Abwehr ein wenig schwindelig, um sich dann festzulaufen und Inui gibt nach einer Kopfballvorlage von Meier sogleich einen ersten Warnschuss ab (2.). Sie bleiben bissig und aggressiv, so dass es gut 8 Minuten dauert, bis Piszczek für ein wenig Entlastung sorgen kann, als er sich auf der linken Seite gegen Inui und Oczipka durchsetzt und quer auf Leitner passt. Der zieht aus halblinker Position wuchtig ab, doch Trapp bekommt die Fäuste hoch und lenkt den Ball ins Toraus. Dies beeindruckt die Gastgeber wenig, nur eine Minute später sprintet Inui nach Pass von Meier nach vorne, versetzt Schmelzer und Piszczek, verfehlt aber das Tor bei seinem Schuss von der Strafraumgrenze knapp.

Das Spiel behält sein hohes Tempo, die Eintracht attackiert aggressiv, leistet sich aber zu viele unnötige Fehler im Aufbauspiel, um ernsthaft gefährlich zu werden. Die Gäste spielen da abgeklärter und drücken die Frankfurter jetzt peu à peu stärker in die Defensive, so dass diese nur noch reagieren und kaum noch agieren können. Gut nur, dass beim BVB die Genauigkeit beim entscheidenden Pass fehlt, so dass Chancen Mangelware bleiben. Bis zur 25. Minute, als Hummels von der Mittellinie einen schönen Diagonalball auf die rechte Seite spielt, wo Piszczek den Turbo zündet, Oczipka schwindelig spielt und nach innen zieht, um aus zwölf Metern abzuziehen. Was für ein Pech, Anderson, der den klärenden Oczipka zu Hilfe eilen will, springt der Ball gegen den Oberkörper, so dass der an Trapp vorbei zum 0:1 ins Netz trudelt.

Nun wirken sie irritiert und Schwegler meint, “wir hatten zu viel Respekt.“ So sieht es aus und der deutsche Meister nutzt diese Schwächephase. Vier Minuten später kann Kehl den Ball aus der eigenen Hälfte zwischen Meier und Rode hindurch zu Blaszczykowski spielen, der wiederum die Lücke zwischen Inui und Oczipka nutzt, um zu Piszczek zu passen. Der setzt sich auf rechts durch, um die Kugel hart und flach zurück vor den Strafraum zu spielen. Lewandowski lässt passieren, nicht aber Reus, der mutterseelenallein an den Ball kommt und ihn aus 20 Metern an den linken Innenpfosten zimmert, von wo aus er zur 2:0-Führung für Dortmund ins Netz springt (28.). “Da habe ich nur noch an Schadensbegrenzung gedacht“, stöhnt Heribert Bruchhagen, während die Frankfurter an diesen Doppelschlag zu kauen haben, auch wenn ein Freistoß von Meier nur zwei Minuten später knapp neben dem linken Pfosten landet.

Doch sie können keinen Druck aufbauen, immerhin versucht es Meier nach schönem Querpass von Rode mit einem Direktschuss, der aber weit über die Latte segelt (37), Inui scheitert mit einem Dribbling und Jung mit einem Volleyschuss, während auf der anderen Seite Blaszczykowski sich mit einem Distanzschuss versucht, den Trapp aber sicher pariert (39.). Gefährlicher wird es da bei einer scharfen Flanke von Oczipka, die Weidenfelder unterläuft, aber Subotic klärt für seinen in dieser Szene unsicheren Keeper (43.). Glück hat auch der tüchtige Trapp Sekunden vor der Pause, als Perisic einen Eckball von Reus gut verlängert, Lewandowski am langen Pfosten aber einen Schritt zu spät kommt.

“Ich hätte mir gewünscht, dass wir frecher und nicht so ängstlich agieren. In der Pause habe ich dann zu den Jungs gesagt: Egal, ob wir nun 0:5 verlieren, wir spielen weiter mutig nach vorne und wenn wir den Anschlusstreffer schießen, dann geht hier im Stadion die Post ab“, motiviert Armin Veh seine Jungs und lässt Rode jetzt als zweiten Sechser neben Schwegler vor der Abwehr spielen. Dies zeigt sofort seine Wirkung, während beim BVB Götze für den angeschlagenen Reus kommt. Wie aufgedreht kommen sie aus den Kabinen, vor allem Inui scheint die Predigt verinnerlicht zu haben und wirbelt wie ein Irrwisch durch die Dortmunder Hälfte.

Zunächst landet jedoch ein Freistoß von Schmelzer im Frankfurter Strafraum, wo Blaszczykowski das Leder zu Kehl zurück köpft. Statt direkt zu schießen, versucht er ihn zu stoppen, aber Schwegler will genau diesen Ball und erkämpft ihn sich, um sofort nach vorne zu rennen und Inui am Mittelkreis zu bedienen. Der startet den Turbo, sieht aber, dass Aigner sich vor dem rechten Strafraumrand freiläuft und spielt ihm die Kugel mit einem tollen Pass auf den Schlappen. Aigner versetzt Schmelzer mit einem Haken, zieht nach innen und von dort per Dropkick aus 15 Metern ab. Wie an der Schnur gezogen landet der Ball zum 1:2-Anschluss im linken Toreck (49.).

Keine zwei Minuten später rollt die Frankfurter Offensive über Meier, Rode und Jung erneut. Jung sprintet bis zur Mitte der gegnerischen Hälfte und passt flach an Schmelzer vorbei in den Lauf von Aigner, der weder von Schmelzer noch von Hummels zu halten ist, um das Leder butterweich in den Strafraum zu flanken. Während Kehl, Subotic und Piszczek den freien Raum konsequent decken, kann sich Inui vor den langen Pfosten schleichen und köpft das Leder gegen die Laufrichtung von Weidenfelder per Aufsetzer in die Maschen (51.). “Wir haben uns in den ersten fünf Minuten der zweiten Halbzeit einfach überrennen lassen“, ärgert sich Kehl über den Ausgleich, während TV-Kommentator Fritz von Thurn und Taxis ob Inuis erstem Kopfballtor zu Höchstform aufläuft: “Die jungen wilden Frankfurter überfallen den Deutschen Meister!“

Die Borussia wirkt kurz völlig von der Rolle, demonstriert danach aber mentale Stärke und greift ebenso munter an, wie die Eintracht dagegen hält. Dann die 54. Minute, Kehl erläuft einen zu kurzen Befreiungsschlag von Oczipka und spielt die Kugel prompt zurück. Anderson erläuft sich vor Götze den Ball, doch statt diesen sofort zu Trapp zu spielen oder ins Aus zu schlagen, lässt er sich im Strafraum prompt vom hinter ihm drängenden Götze düpieren und verliert das Leder. Der 20-jährige Nationalspieler bedankt sich und schiebt den Ball an Trapp vorbei zur erneuten Führung ins Netz.

Diesmal gibt es kein Verzagen, angetrieben von den Fans stürmen die Frankfurter sofort los. “So eine Stimmung habe ich noch nie erlebt“, meint Rode, der unter den kritischen Augen des Bundestrainers ebenso wie Schwegler zu Höchstform aufläuft. Währenddessen zimmert Hoffer einen Distanzschuss nur um Zentimeter über die Latte, Trapp kann beim direkten Gegenzug den Schuss von Götze glänzend mit dem Fuß parieren und Zambrano rauscht an der Seitenlinie mit mehr als vollem Einsatz in Lewandowski, um völlig zu Recht die gelbe Karte zu kassieren (58.). Es ist wahrlich ein offener Schlagabtausch der feinsten Sorte, bei dem jetzt Matmour für den unauffällig spielenden Hoffer kommt. “Ab dem Anschlusstor haben wir das Spiel dominiert“, ist Heribert Bruchhagen ebenso begeistert wie der Kapitän: "Das war ein Stück weit schon Wahnsinn.“

In der Tat, nach schwacher erster Halbzeit dreht Inui weiterhin auf und zieht wieder einmal gekonnt in den Strafraum, scheitert aber innerhalb von einer Minute zwei Mal an Torhüter Weidenfelder (66.). Aufregende sieben Minuten später gibt es Ecke für die Eintracht von der rechten Seite, die Inui kurz auf Oczipka ausführt. Mit dem linken Fuß zirkelt der das Leder an den Fünfmeterraum, wo Anderson am höchsten springt und den Ball an Weidenfelder und Piszczek vorbei zum Ausgleich in die Maschen köpft. Was für ein Wahnsinn!

Der weitergeht, denn während sich das Waldstadion längst in ein Tollhaus verwandelt, denkt die Eintracht gar nicht daran, das Ergebnis zu verwalten. Das Spiel wogt weiterhin hin und her, auch wenn es jetzt nicht die großen Möglichkeiten gibt und nur ein Freistoß von Oczipka, den Weidenfelder parieren kann, für Gefahr sorgt (80.). In den Schlussminuten wirft der deutsche Meister dafür noch einmal alles nach vorne, in der 85. Minute klärt die Eintracht-Abwehr gemeinsam, zwei Minuten später wuselt sich Götze durch den Sechszehner, aber Trapp kann das Leder unter sich begraben. Ein Fehler von Anderson bringt den BVB noch einmal gefährlich vor das Tor, doch zum Glück kann Zambrano mit einer Grätsche aufräumen (90.). Aber als Subotics Fallrückzieher von Schwegler auf der Linie geklärt werden kann, die Abseitsfahne aber bereits oben ist und Aigner sofort den Turbo einschaltet, ist es um Jürgen Klopps Nervenkostüm endgültig geschehen. “Das war ein Foul! Das war ein Foul! Das war ein Foul!“ schreit er den vierten Offiziellen an und darf die letzte Ecke der Frankfurter, bei der ganz Dortmund noch einmal das kollektive Zittern bekommt, aus der Kabine verfolgen.

Nachdem diese nichts bringt, reißen sie unter dem ohrenbetäubenden Jubel der Zuschauer die Arme hoch. Ein 3:3, dass sich nach einer herausragenden zweiten Halbzeit wie ein Sieg anfühlt. Die Eintracht bleibt auch im fünften Spiel ungeschlagen und liegt weiterhin auf Rang 2 in der Tabelle, nachdem die Bayern ihren fünften Sieg einfahren können. (tr)


Stimmen zum Spiel

Armin Veh: "Das war einfach ein geiles Spiel, es erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz, wie wir nach den beiden Rückständen immer wieder zurückgekommen sind. Im Spiel hatten wir eine unheimliche Leidenschaft, mussten unglaublich viel laufen, um die Zweikämpfe zu gewinnen. Leider geraten wir nach dem 2:2-Ausgleich wieder in Rückstand. Aber auch diesen haben wir weggesteckt, was das eigentliche Besondere ist. Ich freue mich, dass wir diese Moral gezeigt und eine klasse Leistung abgeliefert haben."

Jürgen Klopp, BVB-Trainer: “Wir haben ein spektakuläres Spiel gesehen, das spektakulärer wurde, als wir das wollten. Das lag daran, dass wir ein paar Dinge falsch gemacht haben, aber die Eintracht hat auch sensationell gut umgeschaltet. Jeder Pass ist auf den Millimeter angekommen, jeder Laufweg hat gepasst. Das ist außergewöhnliche Qualität, die sie da an den Tag gelegt haben. Im Umschaltspiel war es das Beste, was ich je von einer Frankfurter Mannschaft gesehen habe - und es gab hier schon große Mannschaften. So ist noch keine Mannschaft von Defensive auf Offensive abgegangen.“

Heribert Bruchhagen: "Es war ein tolles Spiel, wir haben mit großem Herz gespielt und uns der Überlegenheit der Borussia entgegengestemmt. Körperlich sind wir topfit und dann gelingt es auch einer Mannschaft, die spieltechnisch unterlegen ist, so ein Spiel zu drehen. Und das haben wir heute eindrucksvoll getan. Es war eines der besonderen Spiele, die wir hier die letzten Jahre gesehen haben."

Schlagzeile “Spiegel-Online“: “Das überrannte Tempo-Team.“

 

 


 

 

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