Eintracht Frankfurt - TSG Hoffenheim

Bundesliga 2018/2019 - 24. Spieltag

3:2 (1:1)

Termin: 02.03.2019, 15:30 Uhr
Zuschauer: 49.500
Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)
Tore: 1:0 Rebic (20.), 1:1 Joelinton (42.), 1:2 Belfodil (60.), 2:2 Haller (89.), 3:2 Paciencia (90.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt TSG Hoffenheim

  • Trapp
  • Toure
  • Hinteregger
  • Ndicka
  • Da Costa
  • Kostic
  • Rode
  • Hasebe
  • Gacinovic
  • Haller
  • Rebic

 


  • Baumann
  • Adams (65.)
  • Grillitsch
  • Posch
  • Brenet
  • N. Schulz
  • Demirbay
  • Amiri
  • Kramaric
  • Joelinton
  • Belfodil

 

Wechsel
  • Jovic für Rebic (46.)
  • Willems für Toure (68.)
  • Paciencia für Rode (80.)
Wechsel
  • Szalai für Demirbay (37.)
  • Nelson für Belfodil (78.)
  • Amade für Amiri (82.)
Trainer Trainer
  • Julian Nagelsmann

 

 

Paciencias Kopfball ins Glück

Die Eintracht gewinnt das packende Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim mit 3:2 (1:1) durch Goncalo Paciencias Premierentreffer in der Nachspielzeit.

Die Schlussphase war vor 49.500 Zuschauern dabei an Dramatik nicht zu überbieten. Die Gastgeber waren in Überzahl und rannten dem 1:2-Rückstand hinterher, ehe Sébastien Haller (89.) und Goncalo Paciencia (90.+6) doch noch für den Dreier sorgten. Basis war der Glaube der Mannschaft und der grandiose Frankfurter Anhang, der das Team nach vorne gepeitscht hat. Ante Rebic hatte die Eintracht in der 20. Minute in Führung gebracht. Alle drei Frankfurter Treffer fielen mit dem Kopf, für Goncalo Paciencia war es das erste Bundesliga-Tor überhaupt. Die Eintracht ist damit weiterhin 2019 ungeschlagen, knackte ganz nebenbei die 40-Punkte-Marke und steht auch nach dem Spieltag auf einem Europa League-Platz.

Personal: Gacinovic für Jovic

Adi Hütter nahm im Vergleich zum 3:0-Auswärtserfolg in Hannover eine Änderung in seiner Startelf vor: Top-Torjäger Luka Jovic saß zunächst auf der Bank, für ihn durfte Mijat Gacinovic von Anfang an ran. Kapitän David Abraham stand wegen leichten muskulären Problemen nicht im Kader. Er wurde wie schon in der Vorwoche von Winterzugang Almamy Toure in der Dreierabwehrkette vertreten. Makoto Hasebe agierte wieder auf der Sechserposition neben Sebastian Rode.

Kalte Dusche kurz vor der Pause

Beide Mannschaften wurden den Vorschusslorbeeren gerecht, suchten den schnellen Weg nach vorne und sorgten für eine rasante Partie. Mit einer guten Zweikampfquote erstickten die Gastgeber die Bemühungen der Nagelsmann-Elf aber zumeist vor der gefährlichen Zone, bis zur Pause verzeichnete die TSG keinen gefährlichen Abschluss. Die Eintracht zeigte sich nach vorne zielstrebig, der letzte Pass aus dem Spiel heraus kam jedoch zu selten an – wie bei einigen Kontersituationen. Beispielsweise kam Rode nur zu einem harmlosen Abschluss, obwohl der Drei-gegen-zwei-Konter vielversprechend begann (37.). Die gefährlichsten zwei Situationen resultierten demnach aus Standards. Rodes Freistoß köpfte Ndicka vorbei (15.). Fünf Minuten später machten es zwei andere Adlerträger besser, wenn auch etwas Glück dabei war. Ante Rebic hielt seinen Kopf in den scharf getreten 20-Meter-Freistoß von Kostic, und der Ball landete zum 1:0 im Netz. Kurz vor der Pause fiel etwas überraschend der Ausgleich, auch wenn einige Distanzschüsse Zeugnis Hoffenheimer Bemühungen waren. Brenets flache Hereingabe von der rechten Seite verlängerte Szalai mit der Hacke auf den zweiten Pfosten. Dort grätschte Joelinton das Leder über die Linie (42.).

Haller mit zwei Scorerpunkten

Den Schwung aus der Schlussphase der ersten Halbzeit hatte die TSG offensichtlich mitgenommen, denn die Gäste drückten auf die Führung. Szalai fand aus spitzem Winkel in Trapp seinen Meister (50.), ehe er aus der Distanz die Latte anvisierte (54.) – es war der 17. (!) Alutreffer der Hoffenheimer in dieser Saison. In derselben Minute kam Amiri aus 15 Metern frei zum Abschluss, wieder war Trapp auf dem Posten. Zwar scheiterte Jovic per Kopf an Baumann (57.), doch die Gäste ließen sich nicht beirren. Adams‘ Seitenverlagerung fand Belfodil, der Toure aussteigen ließ und ins kurze Eck einschoss (60.). Die Kräfteverhältnisse änderten sich wieder in der 65. Minute, als Adams Haller foulte und seine zweite Gelbe Karte der Partie sah. Den fälligen Freistoß von Kostic lenkte Baumann Richtung Eckfahne ab. Danach schnürte die Eintracht die Gäste in deren Hälfte ein, Hütter brachte mit Goncalo Paciencia den dritten Stürmer - doch es sollte zunächst nicht reichen. Hasebes 18-Meter-Knaller lenkte Baumann zur Ecke (83.), auch gegen Paciencias Kopfball blieb der TSG-Keeper Sieger (84.). Dazu verfehlte Gacinovic das Ziel knapp (84.). Doch die Partie war noch lange nicht zu Ende. Zunächst erlöste Sébastien Haller den heimischen Anhang mit seinem platzierten Kopfball in der 89. Minute nach einer Gacinovic-Flanke. In der sechsminütigen Nachspielzeit wollten die Adlerträger den Sieg, und Goncalo Paciencia köpfte eine gefühlvolle Haller-Flanke zum 3:2 in der sechsten Minute der Nachspielzeit ein.

Fazit: Alles Kopfsache

Es war ein rasantes Bundesliga-Spiel mit einer furiosen Schlussphase. Hoffenheim hatte sich durch 25 starke Minuten die Führung erkämpft, musste aber dann den Platzverweis gegen Adams hinnehmen. Dies bedeutete Überzahl für die Eintracht und damit immer mehr Druck auf das TSG-Gehäuse. Die Kopfballtore zwei und drei der Frankfurter brachten den Last-Minute-Sieg - auch, weil die Mannschaft sich nicht mit dem Remis zufrieden geben wollte und an den Sieg glaubte. Alles Kopfsache eben.

Stimmen zum Spiel

Sportvorstand Fredi Bobic: Heute hat man gesehen, welche Kraft bei uns von den Zuschauern kommt. Das war gegen einen starken Gegner ein tolles Comeback. Das war in dieser Phase der Saison unglaublich wichtig. Ich gönne es Goncalo Paciencia, weil er während seiner Verletzungszeit sehr hart gearbeitet hat. Er hat sich dieses Erfolgserlebnis verdient.

Goncalo Paciencia: Spielen und Tore schießen sind immer meine Ziele. Ich bin sehr glücklich, dass es heute geklappt hat. Danke an ganze Mannschaft für das Vertrauen in der ganzen Zeit, in der ich verletzt war. Die Jungs haben mir geholfen, es gab immer eine positive Grundeinstellung. Natürlich ist es schwer, wenn du nicht spielst. Aber es ist einfacher, wenn die Mannschaft in dieser Zeit erfolgreich ist. Séb hat mir nach meiner Einwechslung gesagt, dass ich das machen soll, was ich kann. Das habe ich gemacht. Ich will der Mannschaft immer helfen. Heute war es ein Kopfballtor, nächstes Mal treffe ich vielleicht mit dem Fuß. Es war ein sehr dynamisches, intensives Spiel. Nur eine Mannschaft wie wir mit diesem Charakter und der Einstellung kann so ein Spiel drehen. Heute genieße ich den Abend, morgen arbeiten wir weiter. Jetzt haben wir Blut geleckt, das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. In der Europa League stehen sich nun zwei große Mannschaften gegenüber. Wir haben eine super Wettbewerbsmentalität und hauen alles raus.

Sebastian Rode: Die letzten zehn Minuten waren rasant. Wir haben immer an uns geglaubt und sind mithilfe der Fans zum verdienten Ausgleich gekommen. Unglaublich, auch wenn es ein bisschen glücklich war. Wir hatten zwischenzeitlich zu wenig Kontrolle über das Spiel, wir müssen ab und zu bisschen geduldiger sein. Der Sieg war enorm wichtig, um sich abzusetzen von Hoffenheim. Jetzt freuen wir uns riesig auf Inter.

Kevin Trapp: Sowas gibt‘s nur hier. Jetzt sind alle zufrieden. Wir müssen aber lernen, dass wir viel einfacher spielen und Gegner nicht zu leicht ins Spiel zurückkommen lassen müssen. Da müssen wir einen Schritt mehr machen. Müssen dann sehr viel investieren. Was wir heute gezeigt haben, zeigt unsere Moral. War ein klassisches Sechs-Punkte-Spiel, deswegen war der Sieg unheimlich wichtig. Goncalo hat sich das verdient, weil er unheimlich viel arbeitet. Sein Tor tut ihm und uns sehr gut.

Cheftrainer Adi Hütter: Für die Zuschauer war es ein tolles Bundesligaspiel. Es ging rauf und runter, es gab viele Torchancen. Mit dem Beginn des Spiels war ich zufrieden, vor dem Seitenwechsel haben wir allerdings den Faden verloren. Da sah es zwischenzeitlich nicht so gut aus. Der Knackpunkt war sicher der Platzverweis. Danach haben wir es wieder gut gemacht, wir haben eine großartige Moral gezeigt. Die Mannschaft wollte diese Partie unbedingt gewinnen, das war eindrucksvoll zu sehen. Es war letztlich ein glücklicher Sieg, bei dem ich mich vor allem für Goncalo Paciencia freue. Es ist toll, dass er nach all den Rückschlägen diesen Treffer erzielen konnte. Es ist auch schön, dass wir weiterhin ungeschlagen sind. Das gibt uns Kraft und Motivation. Und die brauchen wir am Donnerstag wieder. Ante Rebic hat sich leicht das Knie verdreht. Ihn rauszunehmen war eine Vorsichtsmaßnahme. Er hätte es noch mal versuchen können. Aber wenn man die Partie am Donnerstag im Hinterkopf hat und auch die Chance hat, einen Spieler wie Luka Jovic zu bringen, dann war es die richtige Entscheidung, ihn runterzunehmen.

Julian Nagelsmann (Trainer TSG Hoffenheim): Eine Mannschaft, die solche Spiele heute gewinnt, landet in meinen Augen am Ende auch oben. In der ersten Halbzeit war das Spiel noch relativ offen. Es ist munter in beide Richtungen gegangen, weil es viele Lücken gab. Das war für die Zuschauer vielleicht schön anzusehen, für uns als Trainer eher nicht. Zu Beginn der zweiten Hälfte haben wir es sehr gut gemacht, da haben wir uns die Führung auch verdient. Wir hätten sogar ein drittes Tor nachlegen können. Nach der Gelb-Roten Karte war der Druck der Eintracht sehr groß, aber wir haben es zunächst eigentlich gut verteidigt. Ärgerlich war es, dass wir den Ausgleich dann ausgerechnet nach einem Standard kriegen. Und auch der dritte Gegentreffer war eigentlich nicht so schwer zu verteidigen. Letztlich tut dieser Spielverlauf natürlich weh. Auch, weil einmal mehr unsere dünne Personaldecke zum Vorschein gekommen ist.

Stefan Posch (TSG Hoffenheim): Das ist der ganz große Vorteil, den Frankfurt hier alle zwei Wochen hat. Vor diesem Publikum zu spielen, das hilft ihnen natürlich.

Frühlingsgefühle im Stadtwald

Der Last-Second-Triumph der Adler war in vielerlei Hinsicht ein Spiel für Romantiker – und nicht zuletzt auch eine Geduldsprobe.

Es ist nach den zurückliegenden Wochen und Monaten sicher nicht die neueste Erkenntnis, dass die Adler über Nerven wie Drahtseile verfügen. Doch mit welcher Unbeirrbarkeit die Hessen am späten Samstagnachmittag den nächsten Champions-League-Vertreter nach Donetsk, Dortmund und Leipzig in die Schranken wiesen, setzte der bisherigen Entwicklung die Krone auf, wie selbst der leidtragende Gästetrainer Julian Nagelmann hinterher neidlos anerkannte: „Eine Mannschaft, die solche Spiele gewinnt, landet in meinen Augen am Ende auch oben.“ Zumindest stellen 40 Punkte nach 24 Saisonspielen die beste Bilanz seit 26 Jahren dar und sorgen pünktlich zum meteorologischen Jahreszeitenwechsel im Stadtwald für schönste Frühlingsgefühle. Ausgelöst und gleichermaßen personifiziert durch Goncalo Paciencia, der mit seinem Siegtreffer in der sechsten Minute der Nachspielzeit das Zünglein an der Waage spielte und die Commerzbank-Arena mitten in der Faschingswoche in ein Tollhaus verwandelte. Zahlenzauber am Rande: Zum 2019 nun schon neunten ungeschlagenen Match am Stück trugen mit Neuzugang Almamy Toure 29 Frankfurter Profis aus 19 verschiedenen Nationen bei, während der Mittelstürmer mit der Nummer 39 über 49.000 Zuschauer in Ekstase versetzte – einen Tag nach dem 59. Geburtstag von Co-Trainer Armin Reutershahn.

Dessen 49-jähriger Chefcoach Adi Hütter mochte in der Analyse zwar nicht auf die Euphoriebremse treten, zeigte aber sachlich und reflektiert die Entwicklungen und Unwägbarkeiten jener rasanten Achterbahnfahrt mit drei wechselnden Führungen auf und wog ab: „Für die Zuschauer war es ein tolles Bundesligaspiel. Es ging rauf und runter, es gab viele Torchancen“, was in solchen Fällen aber selten ein Genuss für die Trainer sei, wie auch Kollege Nagelsmann anmerkte: „Das war für die Zuschauer vielleicht schön anzusehen, für uns als Trainer eher nicht.“ Wieder Hütter: „Mit dem Beginn des Spiels war ich zufrieden, vor dem Seitenwechsel haben wir allerdings den Faden verloren.“ Doch zumindest der Geduldsfaden wollte nicht reißen, weshalb ganz zum Schluss der Knoten platzte. Namentlich eben durch den eingewechselten Rekonvaleszenten Paciencia, was im Spanischen nichts anderes als Geduld bedeutet.

Nichts zu teilen

Dass daneben zwischenzeitlich auch etwas Glück eine Rolle spielte, mochte Hütter gar nicht verhehlen. Gleichzeitig betonte der Österreicher aber auch die großartige Mentalität seiner Schützlinge, die sich selbst nach dem Ausgleich in der vorletzten Minute der regulären Spielzeit nicht mit einem Punkt begnügte: „Die Mannschaft wollte diese Partie unbedingt gewinnen, das war eindrucksvoll zu sehen.“ Womit letztlich sowohl der siegreiche Trainer als auch das scheinbar buchstäblich unschlagbare Publikum komplett auf ihre Kosten gekommen waren. „Sowas gibt‘s nur hier“, war auch der schon international gestählte Kevin Trapp vom Schlussspektakel angetan. Weshalb am Ende selbst die mit elf Unentschieden als Remiskönige geltenden Gäste mit komplett leeren Händen abreisten. Was insofern ungewöhnlich ist, weil die Kraichgauer nach dem 1:2 gegen die SGE im Hinspiel in der Bundesliga einzig den Rückrundenstart gegen die Bayern verloren hatten. Die übrigen Niederlagen setzte es im DFB-Pokal gegen Leipzig sowie in der Champions League, wo unter anderem zwei Mal Manchester City sowie ein gewisses Shakhtar Donetsk die Oberhand behielten.

Wie die Ukrainer im Hinspiel der Zwischenrunde kassierte auch die TSG in Frankfurt einen Platzverweis, aus dem es die Adler diesmal schafften, Profit zu schlagen. Die Gelb-Rote Karte gegen seinen früheren Spieler in Bern Kasim Adams bezeichnet auch Hütter als „Knackpunkt.“ Zumal die Gäste etwa durch einen Lattentreffer von Adam Szalai die mögliche Vorentscheidung verpassten.

Blaues Wunder

Als Folge der Überzahl agierte die Eintracht fortan mit einer Viererabwehrkette, sodass nach dem reaktivierten Sechser Makoto Hasebe auch Filip Kostic in der verbleibenden halben Stunde auf seiner gelernten Position als linker offensiver Mittelfeldspieler ran durfte. Unabhängig von den Feldbereichen gehörte der Serbe auch gegen Hoffenheim zu den absoluten Antreibern: 15 gewonnene Zweikämpfe, acht Flanken, vier Schüsse, 38 Sprints und 75 Ballkontakte waren allesamt teaminterne Topwerte. Auch Landsmann Mijat Gacinovic gilt es an dieser Stelle hervorzuheben, der mit 12,9 Kilometern die größte Strecke aller Akteure auf dem Rasen abspulte. Und nicht zu vergessen Flügelpendant Danny Da Costa mit 106 intensiven Läufen, was mit Abstand Bestwert war. Was umso bemerkenswerter erscheint, weil Da Costa bisher jedes Pflichtspiel in dieser Runde absolviert hat, und davon gab es wettbewerbsübergreifend immerhin 34 – das kommt schon Anfang März einer kompletten Bundesligasaison gleich.

Dabei geht das an Highlights nicht arme Spieljahr gefühlt erst richtig los. Für einen sowieso: „Jetzt haben wir Blut geleckt, das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein“, ließ Paciencia, der Held des Tages, wissen. Denn das nächste blaue Wunder nach Hoffenheim steht schon in den Startlöchern: Am Donnertag schlägt die FC Internazionale Milano in der Mainmetropole auf.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de






 

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