Eintracht Frankfurt - Benfica Lissabon

UEFA Europa League 2018/2019 - Viertelfinale, Rückspiel

2:0 (1:0)

Termin: 18.04.2019, 21:00 Uhr
Zuschauer: 48.000
Schiedsrichter: Daniele Orsato (Italien)
Tore: 1:0 Kostic (36.), 2:0 Rode (67.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt
Benfica Lissabon

  • Trapp
  • Abraham
  • Hasebe
  • Falette
  • Da Costa
  • Rode
  • Fernandes
  • Gacinovic
  • Kostic
  • Jovic
  • Rebic

 


  • Vlachodimos
  • André Almeida
  • Ruben Dias
  • Jardel
  • Grimaldo
  • Fejsa
  • Samaris
  • Rafa
  • Gedson
  • Joao Felix
  • Seferovic

 

Wechsel
  • Paciencia für Jovic (76.)
  • Torró für Rode (86.)
  • Willems für Falette (90.)
Wechsel
  • Pizzi für Samaris (70.)
  • Salvio für Rafa (72.)
  • Jonas für André Almeida (79.)
Trainer Trainer
  • Bruno Miguel Silva do Nascimento

 

 

Der Wahnsinn geht weiter

Dank einer kämpferisch, taktisch und spielerisch unnachahmlichen Leistung besiegt die Eintracht SL Benfica 2:0. Kostic (36.) und Rode (67.) öffnen das Tor zum Halbfinale.

Die Eintracht ist insbesondere in der ersten Halbzeit die spielbestimmende Mannschaft im Frankfurter Hexenkessel und lässt sich auch von einem nach dem Seitenwechsel wehrhafteren SL Benfica nicht beirren. Nach dem 2:4 im Hinspiel genügt das verdiente 2:0 aufgrund der mehr erzielten Auswärtstore zum Weiterkommen.

Ausgangssituation: Kontrollierte Offensive

Nach dem 2:4 im Hinspiel lag die Marschroute auf der Hand: Bei einem für den Einzug ins Halbfinale notwendigen Sieg von mindestens zwei Treffern Differenz war der Weg zum eigenen Torerfolg unumgänglich. Gleichzeitig wusste der Gastgeber um die einzudämmende Offensivwucht des Tabellenführers aus Portugal. Beiden Seiten gemein war die Pflichtspielpause von drei Tagen. Während der Bundesligavierte Eintracht die Generalprobe gegen den FC Augsburg 1:3 verloren hatte, konnte sich SL Benfica am Sonntagabend Vitoria Setubal 4:2 entledigen. Bei allem Theoriegeplänkel und Rechenspielchen war der Eintracht eines Gewiss: Eine bis zum letzten Mann unermüdliche Unterstützung von den Rängen der mit 48.000 Zuschauern bis unters Dach ausverkauften Commerzbank-Arena.

Personal: Hinteregger fehlt, Abraham zurück

Die bis zum letzten Moment erhoffte Blitzgenesung von Martin Hinteregger sollte sich nicht erfüllen. Für den Österreicher rückte Simon Falette auf den Posten des linken Innenverteidigers. Im Vergleich zum Ligaspiel gegen Augsburg begann außerdem Kapitän David Abraham für den international nicht spielberechtigten Almamy Toure. Die zentrale Achse komplettierten erwartungsgemäß Torwart Kevin Trapp und Abwehrdirigent Makoto Hasebe. Dazu komplettierte Mijat Gacinovic anstelle Goncalo Paciencias das zentrale Mittelfeld neben Gelson Fernandes und Sebastian Rode. Danny Da Costa und Filip Kostic bildeten die Flügelzange, Luka Jovic und Ante Rebic die Doppelspitze. Bei den Gästen stand neben dem Dreierpacker aus dem Hinspiel Joao Félix aus Frankfurter Sicht Rückkehrer Haris Seferovic im Blickpunkt.

Permanentes Powerplay

Vom Start weg nahmen die Frankfurter Adler ihr Herz in beide Hände, aber ohne es bei ihrem Auftreten an Verstand vermissen zu lassen. Der direkte Weg vors Tor war die erste Option, jedoch nicht um den Preis eines Ballverlustes. In der Frankfurter Hälfte blieben die Scharlachroten weitgehend ohne Zugriff, was zum einen dem geduldigen Passspiel, zum anderen der kompromisslosen Zweikampfführung der Hessen geschuldet war. Öffnete sich, insbesondere nach eigenen Ballgewinnen, nach vorne eine Lücke, gab es für die Hausherren nach vorne kein Halten mehr. So, als Danny Da Costa an der Mittellinie das Leder eroberte und eine blitzschnelle Verlagerung über Jovic und Rebic zu Kostic gelangte, dessen harten, aber zu zentralen Abschluss Odysseas Vlachodimos zur Seite abwehrte (8.).

Nach wenigen halbherzigen Gegenstößen Lissabons, welche die Frankfurter Hintermannschaft geschickt ablaufen konnte, übernahm der letzte international verbliebene Bundesligist endgültig das Kommando, drückte den portugiesischen Rekordmeister immer tiefer in die eigene Hälfte, ohne aber im letzten Drittel zu zielführenden Aktionen zu finden. Zeugnis des Frankfurter Dauerdrucks: SL Benfica verzeichnete in der ersten Halbzeit nicht einen einzigen Schuss aufs Tor. Den verpasste in der 36. Minute auch Rebic, als er sich an der Strafraumkante beinahe verdribbelte, im entscheidenden Moment aber zurücklegte auf Gacinovic, der aus dem Hinterhalt den linken Pfosten traf, wovon der Ball vor die Füße von Filip Kostic sprang, der aus halblinker Position zum 1:0 abstaubte (36.)! Bis zur Halbzeit kannte der Frankfurter Vorwärtsdrang keine Pause mehr. Nach einer Chance Jovics, der eine Kostic-Flanke knapp über die Querlatte köpfte (43.), ging es mit 1:0 in die Kabinen.

Die Visiere öffnen sich

Es war zu erwarten, dass sich die Gäste nicht auf das Verwalten des geschmolzenen Vorsprungs ausruhen würden, weil dies schlicht nicht in ihrem Naturell lag. Entsprechend drängten die Hafenstädter mit Wiederbeginn auf den Ausgleich. Erst tänzelte Joao Félix an der Grundlinie zwei Verteidiger aus, ehe die Hessen die folgende Hereingabe zur Ecke klären konnten (47.). Dann köpfte Seferovic einen Chippass freistehend in die Arme von Trapp (52.). Doch der DFB-Pokalsieger ließ sich von den forschen Gegenwehr nicht beirren, schon im Gegenzug zog Gacinovic von der linken Seite nach innen und verfehlte den Kasten um wenige Zentimeter (57.). Nach einer Stunde zog sich die Schlinge der Schwarzhemden wieder zusehends fester um die Águias, die sich einem Gegenpressing oberster Güteklasse ausgesetzt sahen. Erst kratzte Rebic einen schon verloren geglaubten Ball von der Außenlinie, tankte sich in den Strafraum durch und legte quer auf Kostic, ehe die Hauptstädter im letzten Augenblick einen Fuß dazwischen bekamen (60.). Überhaupt nicht mehr aus der eigenen Box schafften es die Gäste Mitte der zweiten Halbzeit, als der kroatische Vizeweltmeister mehrfach die Kugel scheinbar magnetisch anzog, schließlich die Pille auf Rode durchsteckte, der ins kurze Eck zum 2:0 abschloss (67.)! Der allgegenwärtige Dauerbrenner war kurz darauf erneut brandgefährlich, als er einen Ballgewinn aus halblinker Lage aufs lange Eck schlenzte, Vlachodimos aber noch die Fingerspitzen an das Spielgerät bekam (71.). Längst drohte der Frankfurter Hexenkessel überzuschwappen, was vor allem an den Nerven der Portugiesen zehrte, während die Adler aus den Anfeuerungsrufen eine Energiezufuhr nach der anderen absorbierten. Gleichwohl häuften sich gegen Ende ob der hektischen Gemengelange die Gelben Karten (Abraham, Falette, Rebic). Für zusätzliche Stabilität sorgte in der Schlussphase Rückkehrer Lucas Torró, der für Rode aufs Feld kam. Was die Zuschauer im Stadtwald und vor den Monitoren erlebten, war an Dramatik nicht zu überbieten, die Gäste warfen buchstäblich alles nach vorne und trafen nach einer Flanke auf Eduardo Salvio den Außenpfosten (85.). Dabei blieb es aber auch, das die Frankfurter gegen die Lissaboner Adler nochmals energischer die Krallen ausfuhren und das 2:0 mit allem was sie hatten, dem Publikum inklusive, über die Zeit kämpften.

Fazit: Das perfekte Spiel

Cheftrainer Adi Hütter hatte im Vorfeld nicht weniger als „das perfekte Spiel“ von seinen Mannen gefordert, um das Wunder möglich zu machen. Die Frankfurter Profis waren auf den Punkt bei der Sache, ließen sich weder von personellen Engpässen noch von der Gefährlichkeit des Gegners beirren, meisterten den Balanceakt auf bravouröse Weise und bestanden auch die Feuertaufe in einem maximal nervenzerreißenden Schlussakkord.

Stimmen zum Spiel

Cheftrainer Adi Hütter: Die Reise geht weiter. Was die Mannschaft gezeigt hat, die Choreo und die Stimmung sorgten für einen überragenden Europapokal-Abend. Es war eine ganz starke Leistung der Mannschaft. Am Ende hat Benfica alles reingelegt um noch ein Tor zu erzielen, aber wir haben standgehalten. In Summe haben wir sicherlich verdient gewonnen. Auf dem Weg hat das Team jetzt drei Mannschaften aus der Champions League ausgestaltet. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft und sie ist zurecht da, wo sie ist. Es passt dann alles so zusammen. Es war ein perfektes Spiel und ein perfekter Abend. Ich möchte an dieser Stelle zwei Spieler hervorheben: Simon Falette und Ante Rebic, er war der beste Mann auf dem Platz. Und Simon hat genau das verkörpert, was uns auszeichnet. Wir haben in der Europa League immer tolle Leistungen abgeliefert. Beim 1:0 hatten wir das notwendige Glück. Die Mannschaft hat ein großes Kompliment verdient. Wichtig war die taktische Disziplin. Wir haben die Emotionen des Publikums aufgesaugt. Die Fans sind in der gesamten Europa League-Saison ein wichtiger Faktor. Sie sind unser zwölfter Mann! Wir sind vielleicht der am wenigsten erwartete Halbfinalist. Chelsea ist Favorit. Der freie Dienstag hat uns im Kopf die nötige Frische zurückgegeben. Am Freitag gibt es frei, am Samstag startet die Vorbereitung auf Wolfsburg.

Vorstandsmitglied Axel Hellmann: Ich gehe schon lange zu Heimspielen der Eintracht, kann mich aber nicht erinnern, jemals ein solch überkochendes Stadion erlebt zu haben. Die komplette Europa Leauge-Saison war die Stimmung schon am Siedepunkt, aber das heute hat alles getoppt. Diese Mannschaft strotzt vor Mentalität, das hat sie heute wieder bewiesen, exemplarisch war Simon Falette, der lange nicht gespielt hat, aber heute auf den Punkt bereit war. Diese Stimmung im Umfeld hat aus jedem die letzten Prozentpunkte herausgekitzelt. Das braucht man auch, um Gegner wie Benfica schlagen zu können. Das war ein historischer Abend! Halbfinale, Europa League, Chelsea, Stamford Bridge – das muss man sich einfach auf der Zunge zergehen lassen. Vielleicht müssen wir uns langsam daran gewöhnen, dass wir Endspiele können!

David Abraham: Es ist ein überragendes Gefühl, für diesen Verein und diese Fans zu spielen. Es war wichtig, bei allen Emotionen nicht blind nach vorne zu spielen. Wir wussten: Wir haben 90 Minuten Zeit, erst recht im Bewusstsein um unsere Offensivqualitäten, jederzeit für ein Tor gut zu sein. Was Simon Falette geleistet hat, war unglaublich, vor allem weil er zuletzt nicht gespielt hat. Ob wir müde sind? Noch nicht, dafür ist das Adrenalin noch zu stark. Morgen mit Sicherheit. (lacht) Wir haben einen breiten Kader und einen Tag länger Pause als üblich. Ich bin stolz, Kapitän dieses Vereins zu sein.

Kevin Trapp: Am Ende galt es, mit allen Mitteln das 2:0 zu verteidigen. Wir mussten nochmal alles in die Waagschale werfen, jeder ist über seine Schmerzgrenze gegangen, sodass es am Ende gereicht hat. Ich finde, der Schiedsrichter hat heute einen guten Job gemacht. Dass wie vor dem 1:0 für das Gespann mal alles zu schnell gehen kann, kommt vor. Wir haben an der Grenze zum Erlaubten gearbeitet, aber selten darüber hinaus. Ohne das geht es nicht. Am Ende haben auch bei mir die Kräfte nachgelassen. Jetzt haben wir vier Tage zur Regeneration bis zum nächsten wichtigen Spiel in Wolfsburg. Es geht Schlag auf Schlag. Prag hat in London drei Tore geschossen, von daher wird auch dort alles möglich sein.

Mijat Gacinovic: Die Hauptsache ist, dass wir weiter sind. Ich hatte mir vor dem Spiel vorgenommen zu treffen, ich mag solche Spiele. Das ist mir zwar nicht gelungen, aber entscheidend für mich ist das Weiterkommen! Von jetzt an zählt die Vorbereitung auf das Spiel in Wolfsburg. Wir haben nicht viel Zeit zum Jubeln, weil wir auch in der Liga noch etwas erreichen wollen. Die Gründe für eine solche Leistung wie heute sind unsere super Mannschaft, diese unbeschreiblichen Fans und unser top Trainerteam. Wir haben heute Charakter und Mentalität bewiesen, das war der Schlüssel. Nach Benfica kommt jetzt Chelsea, was soll ich dazu sagen? Das ist ein Verein von Welt! Doch wir glauben an uns. Finden wir zu unserem Spiel, haben wir immer eine Chance.

Simon Falette: Ich war ein bisschen müde, wir haben heute gut gespielt. Es war nicht einfach für mich nach drei Monaten ohne Einsatz. Aber unsere Leistung war sehr gut, dazu der Einzug ins Halbfinale. Meine Kollegen haben mir sehr dabei geholfen, ins Spiel zu finden. Der Trainer hat mir gesagt, ich soll einfach mein Spiel spielen. Ich war immer bereit und bin froh, meinem Team heute geholfen zu haben.

Von wegen letztes Abendmahl

An Gründonnerstag feiert Frankfurt eine vorgezogene Auferstehung. Dank einer irdischen Spielidee und übernatürlicher Unterstützung.

Der entscheidende Unterschied zur Bibelgeschichte: Cheftrainer Adi Hütter konnte sich am späten Donnerstagabend der unumstößlichen Treue seiner zwölf Jünger, pardon: Männer, sicher sein. Denn neben der Startelf verwandelte sich zudem die dauerbrodelnde Commerzbank-Arena in den fleischgewordenen zwölften Mann. Eine Überzahlsituation, die SL Benfica im Hinspiel über 70 Minuten im Nachhinein nicht konsequent genug ausnutzen konnte. Trotzdem schien der 4:2-Vorsprung komfortabel, zumal der mit 81 Toren treffsicherste Verein und Spitzenreiter der portugiesischen Liga sportliche Sturmwarnungen im frühsommerlichen Stadtwald mitzubringen schien. Im Nachhinein waren die Hausherren darauf eindeutig besser eingestellt als die Gäste von der Atlantikküste auf das donnerhallende Stimmungsgewitter rund um das satte Grün. Sollte Insider Haris Seferovic seine neuen Kollegen mit Blick auf den zu erwartenden Ausnahmezustand im Frankfurter Tollhaus alarmiert haben, die Alarmglocken blieben während den 90 Minuten nur Schall und Rauch, das Nervenflattern des jüngsten Viertelfinalisten der UEFA Europa League war unübersehbar.

Drahtseilakt ohne Netz

Genau wie das wie verwandelte Gesicht der (Stein-)Adlerträger, die bei allen notwendigen Emotionen nicht nur mit Herz, sondern auch Hirn auftraten, wie Kapitän David Abraham im Anschluss betonte: „Es war wichtig, bei allen Emotionen nicht blind nach vorne zu spielen. Wir wussten, dass wir 90 Minuten Zeit haben.“ Dagegen hatte Martin Hinteregger kurz vor dem Anpfiff den Kampf gegen die Zeit verloren, weshalb Simon Falette erstmals seit dem 26. Januar im Bundesligaspiel beim SV Werder Bremen auf dem Feld stand – bereits an der Weser war der Linksfuß an der Seite von Makoto Hasebe und Abraham aufgelaufen. Hatten damals noch teilweise kraterartige Löcher zwischen den Mannschaftsteilen geklafft, bewegte sich über drei Monate später ein wahrlich homogenes Bollwerk über alle Ebenen des Feldes, presste mal tiefer, häufiger höher, doch immer im Verbund. Nur die Besucher blieben – bis weit nach Spielschluss – auf ihrem Fleck. Was auch für Cheftrainer Adi Hütter elementar war: „Wichtig war die taktische Disziplin.“ Welche die Frankfurter Profis individualtaktisch mit einer gesunden Grundaggressivität anreicherten. Nach kaum zehn Minuten bekam Joao Félix, das Schreckgespenst aus dem Hinspiel, vom 16 Jahre älteren Makoto Hasebe auf robuste, aber nicht unfaire Weise zu spüren, was auf die Portugiesen, die in den vorangegangenen zwölf internationalen Auswärtsspielen nie ohne Gegentor geblieben waren und auf deutschem Grund vier Mal am Stück verloren hatten, zukommen würde. Der Auftritt des Wunderknaben blieb bis auf ein feines Solo kurz nach der Pause entgegen seines Namenursprungs: unglücklich. Kevin Trapp, selten gefragt, aber wie alle Feldspieler in den Schlüsselszenen auf der Hut, wusste: „Wir haben an der Grenze zum Erlaubten gearbeitet, aber selten darüber hinaus. Ohne das geht es nicht.“

Die kompromisslose Kompaktheit, die den Edeltechnikern aus der Hafenstadt in der ersten Halbzeit nicht einen Schuss auf das Tor von Kevin Trapp gestattete, war umso bemerkenswerter, als die Hessen in den vorangegangenen drei Pflichtspielen acht Gegentore zugelassen hatten. Doch als es darauf ankam, den Drahtseilakt zwischen Sturmlauf und Abwehrschlacht zu meistern, hatten die Schleusen wieder geschlossen. Oder um es mit den Worten des Captains zu sagen: „Wir wussten, dass wir jederzeit für ein Tor gut sind.“ So wie zehn Minuten vor der Pause, als der nimmermüde Ante Rebic vier Gegenspieler auf sich zog, dem für Goncalo Paciencia gestarteten Mijat Gacinovic den Pfostenschuss ermöglichte, in dessen Konsequenz Filip Kostic zum 1:0 abstaubte, als er seinen früheren Kollegen vom VfB Stuttgart Odysseas Vlachodimos überwand. Dass der Dosenöffner knapp aus der verbotenen Zone fiel – vielleicht ein vorweggenommenes Ostergeschenk, für dessen Suche die Hausherren aber auch physisch, taktisch und fußballerisch alles investiert hatten.

Die Definition von Perfektion

Sinnbildlich dafür stand auch Sebastian Rode, der seinen omnipräsenten Auftritt Mitte der zweiten Halbzeit mit dem Tor zum Halbfinale krönte, dem ersten Europapokaltreffer überhaupt für die Winterleihgabe, die in der diesmal durchgängig bewährten 3-5-2-Anordnung als Antriebsfeder auf der Acht nicht zu halten war.

Als die Batterie beim Dauerbrenner kurz vor Schluss bis aufs letzte Ampere entladen war, versetzte die folgerichtige Einwechslung des wiedergenesenen Lucas Torró das Endorphinchaos auf den Rängen endgültig in Ekstase, zumal wenige Sekunden später noch der Pfosten für die SGE rettete. Es war bezeichnend für diese magischste aller Nächte: Der Eintracht springt der Ball vom Aluminium in die verbotene Zone und führt zur Führung, den Südländern vom Außenpfosten ins Toraus. Der epischen Abwehrschlacht bis zum Schlusspfiff um kurz vor 23 Uhr war es auch geschuldet, dass letztlich eine Passquote von 66 Prozent zu Buche stand, genau wie vier Tage zuvor gegen den FC Augsburg – Perfektion, wie von Coach Hütter eingefordert und bravourös umgesetzt, kann folglich viele Facetten haben.

Zeitenwende

Dass erstmals seit Wochen beziehungsweise Monaten die rekonvaleszenten Marco Russ und Timothy Chandler wieder im Kader standen, zählt zu den vielen weiteren unendlichen Nebenhandlungssträngen dieser Eintracht, die vor drei Jahren mit eineinhalb Beinen in der zweiten Liga stand – frag nach bei Russ und Gacinovic auf der einen oder Seferovic auf der anderen Seite – und nun erstmals seit 39 Jahren in ein Europapokalhalbfinale einzog! Gewissermaßen wie der Adler aus der Asche oder wie Vorstandsmitglied Axel Hellmann befand: „Vielleicht müssen wir uns langsam daran gewöhnen, dass wir Endspiele können.“

Gleichzeitig hält der Traditionsverein als letzter international verbliebener Bundesligist weiter die deutsche Flagge hoch. Als nächstes gegen keinen Geringeren als Chelsea FC, der, so kurios das klingen mag, der erste Gegner in der K.o.-Runde ist, der nicht aus der UEFA Champions League abgestiegen war, aber nichtsdestotrotz zweifelsohne die höchste Hürde der Saison darstellt. Bevor es aber „London Calling“ heißt, wartet am Montag die nächste schwere und nicht weniger wichtige Aufgabe beim VfL Wolfsburg, wo die Adlerträger wieder als die bekannten Jäger, die immer öfter die Gejagten sind, auftreten möchten und an den Osterfeiertagen die eifrige Punktesuche fortsetzen möchten.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de







 

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