Eintracht Frankfurt - Bayer 04 Leverkusen

Bundesliga 2019/2020 - 8. Spieltag

3:0 (2:0)

Termin: 18.10.2019, 20:30 Uhr
Zuschauer: 50.800
Schiedsrichter: Christian Dingert (Gries)
Tore: 1:0 Paciencia (4.), 2:0 Paciencia (17., Handelfmeter), 3:0 Dost (80.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt
Bayer 04 Leverkusen

  • Rönnow
  • Toure
  • Hasebe
  • Hinteregger
  • da Costa
  • Fernandes
  • Kostic
  • Sow
  • Rode
  • Paciencia
  • Dost

 


  • Hradecky
  • Dragovic
  • S. Bender
  • Wendell
  • Baumgartlinger
  • Demirbay
  • Weiser
  • Havertz
  • Amiri
  • Volland
  • Alario

 

Wechsel
  • Abraham für Toure (30.)
  • Kohr für Sow (84.)
  • Gacinovic für Dost (85.)
Wechsel
  • Bellarabi für Weiser (30.)
  • L. Bender für Wendell (64.)
  • Diaby für Alario (82.)
Trainer Trainer
  • Peter Bosz

 

 

Eintracht gnadenlos

Frankfurt zieht Bayer beim 3:0 (2:0)-Erfolg in der ersten Halbzeit den Zahn und geht durch Paciencia in Führung (4., 17.). Nach der Pause überragt Rönnow, Dost besorgt die Entscheidung (80.).

Ausgangssituation: Freitag, Flutlicht, volles Haus

Abgesehen, dass die Eintracht als Spitzenreiter der imaginären Heimtabelle den achten Spieltag eröffnete, bot sich beiden Seiten nach der Länderspielpause die Möglichkeit, mit einem Erfolgserlebnis zumindest für eine Nacht ins obere Drittel vorzustoßen. Bayer Leverkusen winkte sogar die Tabellenführung. Es gab also vor mit 50.800 Zuschauern fast ausverkauftem Haus keinen Anlass zur falschen Zurückhaltung.

Personal: Staubsauger statt Spielmacher

Zwölf Tage nach dem letzten Bundesligaspiel gegen den SV Werder Bremen sah sich Adi Hütter nur zu zwei Änderungen gezwungen. So fiel kurzfristig André Silva aus, dessen Platz in der Doppelspitze Bas Dost einnahm. Außerdem befand sich Daichi Kamada nach seiner Weltreise zur japanischen Nationalmannschaft noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, wofür Gelson Fernandes im defensiven Mittelfeld begann, wodurch Sebastian Rode und Djibril Sow von der Doppelsechs auf die Doppelacht rückten.

Wie aufgezogen…

…präsentierten sich die Hausherren insbesondere in den ersten 20 Minuten. Die Werkself war gegen bissige Adlerträger meist einen Schritt zu spät und in den Zweikämpen zweiter Sieger. Die erste mehrerer zielstrebiger Aktionen mündete prompt im 1:0, als Danny da Costa von der Außenbahn Goncalo Paciencia auf die Reise schickte, der Aleksandar Dragovic und Mitchell Weiser abschüttelte und Lukas Hradecky keine Chance ließ (4.). Im Gegenzug war einmal Martin Hinteregger im letzten Moment zur Stelle (6.), entschied jenes Tackling aber ebenso für sich wie die Eintracht insgesamt die entscheidenden Duelle. Außer die mit Hradecky, der nach einer Flanke von Filip Kostic gegen Rode zur Stelle war (7.). Wieder nur unmittelbar darauf köpfte Paciencia einen Eckstoß von Djibril Sow (9.) knapp über den Kasten.

Auf der anderen Seite zeigte allenfalls Lucas Alario mit zwei Drehschüssen Präsenz. Einer pfiff von der Strafraumkante neben das Gehäuse (15.), beim zweiten war Frederik Rönnow reaktionsstark zur Stelle (42.). Als Anwort auf den ersten Versuch feuerte Paciencia aus eigentlich ungünstiger Lage, erzwang dadurch aber einen Handelfmeter, den der Portugiese höchst selbst verwandelte (17.). Nach dem 2:0 drosselten die energiegeladenen Hausherren etwas die Intensität, hielten die ballsicheren Rheinländer aber weitgehend vom eigenen Gehäuse weg. Die größte Gelegenheit bot sich Julian Baumgartlinger nach einer Hereingabe von Kai Havertz, doch der Österreich zielte mutterseelenallein zu hoch (37.). Nicht so Paciencia, dessen etwas unkontrollierten Abschluss Hradecky mit einem Arm entschärfte (41.).

Riese Rönnow

Nachdem Bayer-Coach Peter Bosz parallel zur verletzungsbedingten Auswechslung von Almamy Toure bereits nach einer halben Stunde mit Karim Bellarabi für Mitchell Weiser den ersten offensiven Wechsel vorgenommen hatte, öffneten sich nach dem Seitenwechsel alsbald die Visiere endgültig. Teilweise gab es fast kein Mittelfeldspiel, doch aus den Aktionen in Strafraumnähe konnte das nach einer Stunde immer dominantere Bayer keinen Profit schlagen. Gleich drei Mal zeigte sich Rönnow bei mehr oder weniger harten Schüssen gegen Bellarabi (53., 56.) und Havertz (58.) fangsicher. Die dickste Möglichkeit vereitelte der Däne gegen den glockenfrei einköpfenden Alario (66.). Und auch im Eins-gegen-eins-Duell mit dem heranrauschenden Bellarabi ließ der Nationalkeeper die Gäste verzweifeln (69.). Kurz der Atem stockte dem Frankfurter Anhang nach einem Handelfmeterpfiff gegen Fernandes, den Schiedsrichter Christian Dingert jedoch unter Anwendung des Videobeweises revidierte (72.). Wenige Augenblicke später, na klar, Rönnow gegen Havertz (76.). Wie aus dem Nichts kam dann Dost im Sechzehner an die Kugel, verlor scheinbar Ball und Balance und stocherte das Leder zum 3:0 über die Linie (80.).

Fazit: So einfach, so schwer

Im eigenen Kasten einen Teufelskerl, vor dem gegnerischen Gehäuse ein treffsicheres Sturmduo. Hinter dieser so einfach anmutenden Erfolgsformel steckte gegen ein technisch starkes Leverkusen aber nicht weniger über 90 Minuten Kampf, Kollektiv und Cleverness. Die Eintracht eröffnet den achten Spieltag mit einem Paukenschlag.


Stimmen zum Spiel

Cheftrainer Adi Hütter: Ich freue mich riesig über den heutigen Sieg. Die Grundlage haben wir in den ersten 25 Minuten gelegt, als wir Bayer den Schneid abgekauft und auch guten Fußball gespielt haben. Die erste Halbzeit war sicher unsere beste in dieser Saison. In der zweiten Halbzeit hat man die Klasse von Leverkusen gesehen. Da hatten wir auch die nötige Portion Glück, die man gegen ein Spitzenteam braucht. Wir haben viel Emotionalität in das Spiel gelegt und verdient gewonnen. Wir müssen uns auch bei Frederik Rönnow bedanken, der gestern Vater geworden ist und heute großartig gehalten hat.

Makoto Hasebe: Wir haben vor dem Spiel besprochen, dass wir anders auftreten müssen als beim 1:6 in Leverkusen im Mai. Wir haben von Anfang an unser Spiel durchgezogen, waren aggressiv, zweikampfstark, leidenschaftlich. Wenn wir so spielen, können wir viel erreichen. Wichtig ist auch, dass wir von der Bank nachlegen konnten. David hat Almamy eins zu eins ersetzen können, das war für die defensive Stabilität wichtig. Heute war nicht nur das Ergebnis sehr gut, sondern auch die Leistung. Das war Powerfußball!

Gelson Fernandes: Frederik Rönnow hat sich diesen Tag heute absolut verdient. Er hat über ein Jahr lang die richtige Mentalität beweisen und heute gezeigt, dass er der Mannschaft helfen kann. Hätten wir das dritte Tor früher gemacht, hätten wir etwas einfacher gehabt, weil Leverkusen in der zweiten Halbzeit viel Druck gemacht hat. Es war viel Tempo im Spiel, dazu gehören immer zwei Mannschaften. Der Sieg heute gibt uns mit Blick auf die nächsten schwierigen Wochen ganz viel Selbstvertrauen.

Frederik Rönnow: Es ist heute ein sehr emotionaler Tag für mich, weil mein Baby gestern morgen um 6 Uhr geboren wurde und ich sehr wenig geschlafen habe. Umso glücklicher bin ich über den Sieg und unsere Leistung heute. Es war ein schweres Spiel, weil lange wenig auf mein Tor kam und dann auf einmal sehr viel. Da musst du als Torhüter sofort hellwach sein. Ich bin im Moment einfach nur glücklich und stolz, es war ein sehr emotionales Spiel für mich. Ich habe immer hart trainiert und auf den Moment hingearbeitet, als ich gebraucht wurde. Der ist nun gekommen.

Goncalo Paciencia: Die Stürmer stehen immer besonders im Fokus. Deswegen bin ich glücklich, heute wieder zwei Tore erzielt zu haben. Es ist mein Job, der Mannschaft mit Toren zu helfen. Wir freuen uns alle für Freddy, er hatte keine leichte Zeit. Vor kurzem wurde seine Tochter geboren, heute hat er ein großartiges Spiel gemacht. Mit wem ich vorne zusammenspiele, ist egal. Wir verstehen uns alle sehr gut und wollen immer gewinnen. Wir haben viele Spiele, da bekommt jeder seine Einsatzzeit.

Peter Bosz (Trainer Bayer 04 Leverkusen): Gratulation an Adi und die Eintracht zu einem verdienten Sieg. Wir haben es heute nicht verdient, vor allem, weil unsere ersten 20 Minuten einfach schlecht waren. Bei Ballbesitz waren wir nicht gut genug und ohne Ball noch schlechter. Wenn man dann 0:2 zurückliegt, hat man gesehen, wie schwierig es ist, das Spiel gegen eine Mannschaft wie Frankfurt zu drehen.

Lukas Hradecky: Die ersten 20 Minuten haben wir verpennt und Frankfurt zu viel Raum gelassen. Da war das Spiel schon verloren. In der zweiten Halbzeit waren wir zu ineffizient. Auch im eigenen Strafraum müssen wir besser verteidigen. So dürfen wir nicht mehr auftreten. Frederik Rönnow hat bewiesen, dass er ein starker Torwart ist. Ich freue mich für ihn, er ist ein super Typ.

Wie aus dem Lehrbuch

Passend zur Buchmesse veröffentlicht Adi Hütter einen Ratgeber zum Thema „Teamgeist“. Am Freitagabend nahmen seine Mannen den Praxistest vorweg.

Der Prolog des ersten Spieltags war keine zehn Minuten jung, Eintracht Frankfurt führte 1:0 gegen Bayer 04 Leverkusen und die imaginäre Heimtabelle an, da vollzog auf dem Rasen eine schlichte Positionsrotation, die aber viel über das Selbstverständnis der Adlerträger aussagt. Die Hausherren hatten sich erfolgreich einer Ecke erwehrt, Filip Kostic war aus seiner Lauerstellung heraus zum Konter durchgestartet, erreichte die Kugel aber nicht. Also Ballbesitz Bayer, immerhin der in dieser Saison der Bundesligist mit den höchsten Spielanteilen und auch in der Commerzbank-Arena knapp zwei Drittel der Spielzeit am Ball, Linksverteidiger Kostic isoliert auf dem rechten Seitenstreifen. Noch ehe die Gäste überhaupt dessen vermeintlich verwaisten Posten zu bespielen vermochten, hatte Goncalo Paciencia den linken Part der Fünfer- respektive Dreierkette eingenommen. Der nach seinen Pflichtspieltoren sieben und acht und gleichzeitig dem schnellsten Doppelpack seit Albert Streit 2006 treffsicherste Adlerträger übernahm die Abwehraufgaben des mit je elf Treffern und Vorlagen Topscorers 2019 – Symbolsprache in Vollendung.

Generell verlief der erste Abschnitt des ersten Durchgangs mehr oder weniger wie, nun ja, aus dem Lehrbuch. Während Bayer-Trainer Peter Bosz „unsere ersten 20 Minuten einfach nur schlecht“ bewertete, setzte Pendant Hütter noch fünf Zeigerumdrehungen drauf und lobte: „Die Grundlage haben wir in den ersten 25 Minuten gelegt, als wir Bayer den Schneid abgekauft und auch guten Fußball gespielt haben.“ Im Vorfeld der Begegnung mit der Werkself, die über Nacht die Tabellenführung hätte übernehmen können, hatte der Österreicher mit Blick auf die Hinrunde 2018/19 von „unserem besten Heimspiel“ gesprochen. Dieser Bezeichnung hatte es nach der Darbietung vor über 50.000 Besuchern nicht nochmal bedurft.

Wenn privates und berufliches Glück verschmelzen

Der frenetische Eintracht-Anhang konnte sich schon – Bas Dosts Grätsche zum 3:0 sei Dank – voller Beruhigung und Euphorie ganz ihrem Mann des Abends widmen: Frederik Rönnow. Über ein Jahr gefühlsmäßig durch die Fußballhölle gegangen schwebte der dänische Nationaltorwart buchstäblich über Nacht auf Wolke Sieben. „Es ist ein sehr emotionaler Tag für mich, weil mein Baby gestern morgen um sechs Uhr geboren wurde und ich sehr wenig geschlafen habe“, verriet der frischgebackene Vater mit leicht wässrigen Augen, der sich mit ordentlichem Schlafdefizit mit zehn abgewehrten Schüssen zu einem neuen ligaweiten Saisonrekord parierte. Insbesondere gegen Lucas Alario bewies der 27-Jährige mehrfach, weshalb er im Sommer 2018 mit dem Ruf als bester Torwart im Eins-gegen-eins-Duell der dänischen Superligaen dem Lockruf des Adlers gefolgt war. Dass er gleichzeitig erstmals seinem dreimaligen Vorgänger Lukas Hradecky in Deutschland gegenüberstand, machte das Märchen perfekt. Der Pokalheld war trotz dreier Gegentreffer bei der höchsten Leverkusener Niederlage im Stadtwald seit 1982 noch einer der wenigen Lichtblicke und vergaß trotz gehörig Schaum vorm Mund nicht, seinem Gegenüber Respekt zu zollen: „Frederik Rönnow hat bewiesen, dass er ein starker Torwart ist. Ich freue mich für ihn, er ist ein super Typ.“

Aber freilich nicht der einzige Musterschüler des Fußballlehrer Adi Hütter, der in den vergangenen zwei Wochen mitsamt den Athletiktrainern etwa dem zuvor etwas instabil wirkenden Dost zu beinahe maximaler Spielfitness führte, sodass der Niederländer den kurzfristigen Ausfall von André Silva, zuvor immer 90 Minuten im Einsatz, kompensieren konnte. Zum einen konnte der Sturmtank die schnurgeraden Abschläge Rönnows behaupten, zum anderen glänzte die Torbestie sogar noch öfter als Zuspieler denn Empfänger. Dass er am Ende sogar seiner Hauptaufgabe nachkam, war letztlich das i-Tüpfelchen. Auch wenn Gelson Fernandes meinte: „Hätten wir das dritte Tor früher gemacht, hätten wir etwas einfacher gehabt, weil Leverkusen in der zweiten Halbzeit viel Druck gemacht hat. Es war viel Tempo im Spiel, dazu gehören immer zwei Mannschaften. Der Sieg heute gibt uns mit Blick auf die nächsten schwierigen Wochen ganz viel Selbstvertrauen.“ Auf dass der Erfolgsgeschichte viele weitere Kapitel folgen mögen.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de







 

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