Standard Liège - Eintracht Frankfurt

EuropaLeague 2019/2020 - Gruppe F, 4. Spiel

2:1 (0:0)

Termin: 07.11.2019, 18:55 Uhr
Zuschauer: 18.526
Schiedsrichter: Matej Jug (Slowenien)
Tore: 1:0 Vanheusden (56.), 1:1 Kostic (65.), 2:1 Lestienne (90.+4)

 

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Standard Liège
Eintracht Frankfurt

  • Bodart
  • Fai
  • Vanheusden
  • Laifis
  • Gavory
  • Cimirot
  • Bastien
  • Amallah
  • Emond
  • Cop
  • Carcela-Gonzalez

 


  • Rönnow
  • Abraham
  • Hasebe
  • Hinteregger
  • da Costa
  • Fernandes
  • Kostic
  • Rode
  • Sow
  • Paciencia
  • Silva

 

Wechsel
  • Mpoku für Amallah (73.)
  • Lestienne für Carcela-Gonzalez (81.)
  • Oularé für Cop (81.)
Wechsel
  • Kamada für Silva (62.)
  • Dost für Paciencia (73.)
  • Chandler für da Costa (89.)
Trainer
  • Michel Preud'homme
Trainer

 

 

K.o. in der Schlusssekunde

Die Eintracht kommt in Lüttich nach Rückstand durch Kostic auf 1:1 zurück (65.), muss sich jedoch ganz zum Schluss 1:2 geschlagen geben (90.+4).

Ausgangssituation: Zwei Blickwinkel

Was nach der Auftaktniederlage gegen den Arsenal FC schwer vorstellbar gewesen war, war im Rückspiel bei R. Standard de Liège plötzlich zum Greifen nah. Denn zwei Arbeitssiege gegen Vitória SC und eben die Belgier später würde ein Dreier in Wallonien den sicheren Einzug in die Zwischenrunde bedeuteten. Gleichzeitig hätte ein Erfolg für die Hausherren für die verbleibenden zwei Spieltage wieder alle Möglichkeiten offengelassen – ein Sechs-Punkte-Spiel in Reinform. Während die Eintracht beim 5:1 gegen die Bayern einiges dafür getan hatte, weniger denn je unterschätzt zu werden, hatte Standard beim 1:3 gegen den KAA Gent die erste Liganiederlage seit zwei Monaten ereilt.

Personal: Hasebe fix, Silva stürmt

Mit nur zwei Änderungen im Vergleich zum Kantersieg im Stadtwald untermauerte Cheftrainer Adi Hütter die unbedingten Willen, das Weiterkommen frühzeitig klarzumachen. So kehrte Makoto Hasebe zurück in die zentrale Innenverteidigung, Martin Hinteregger rückte dafür anstelle von Evan Ndicka zurück auf die linke Seite. In der Doppelspitze begann André Silva für Bas Dost an der Seite von Goncalo Paciencia. Beide Portugiesen waren unlängst für die bevorstehenden Länderspiele ihres Heimatlandes nominiert worden.

Tiefes Geläuf, niedriger Unterhaltungswert

Der endgültig wiedergenesene Silva, gegen die Bayern noch eingewechselt und gleich Vorbereiter des Endstandes durch Paciencia, hatte auch prompt die erste Gelegenheit, als von der Strafraumkante aus der Drehung nicht lange fackelte, Torwart Arnaud Bodart aber fest zupackte (10.). In der Folge entwickelte sich auf tiefem Geläuf ein zerfahrene Auseinandersetzung mit vielen Zweikämpfen und nicht weniger Ungenauigkeiten. Das Duell nahm erst auf der Zielgeraden des ersten Durchgangs etwas Fahrt auf.

Erst durfte sich Frederik Rönnow nach einem Distanzversuch von Gojko Cimirot auszeichnen (33.). Die folgende Ecke fing der Keeper selbst ab, leitete einen Konter über Hasebe ein, der erst Filip Kostic zu ungenau bediente, ehe das Leder über Djibril Sow den am rechten Pfosten lauernden Silva erreichte, welcher die Kugel aber ans selbige Aluminium köpfte (34.). Auf der anderen Seite war erneut Rönnow nach einem scharfen Freistoß von Selim Amallah zur Stelle (38.), ehe Duje Cop im Sechzehner mit langem Bein an den Ball kam, den Kasten aber zum wenige Zentimeter verfehlte (45.).

Kostic erst listig, dann tragisch

Das zunehmende Chancenplus des Gastgebers sollte sich zehn Zeigerumdrehungen nach Wiederbeginn in der fast folgerichtigen Führung niederschlagen, indem Zinho Vanheusden ohne Gegenwehr einen Eckstoß einköpfen durfte (56.). Fortan erhöhten die Adler allmählich die Schlagzahl, etwa über den bis dato weitgehend nicht zur Geltung gekommenen Kostic, der erst nahe der Grundlinie von zwei Gegenspielern aufzuhalten war (61.). Dann, nachdem Emond Frankfurts Gehäuse um Haaresbreite verfehlt hatte (62.), schlug endgültig die Stunde des Serben. Der unmittelbar zuvor eingewechselte Daichi Kamada war nur durch ein Foul zu bremsen und Kostic verwandelte den zwangsläufigen Freistoß frech aus halbrechter Position im linken unteren Eck (65.). Bis zum Schluss war beiden Seiten der Wille anzumerken, vorne für den Lucky Punch zu sorgen. Genauso mochte aber auch keiner der Kontrahenten durch Niederlage in eine auswegslose beziehungweise verschlechterte Ausgangslage geraten. Ausgerechnet nachdem Kostic einen seiner unwiderstehlichen Läufe freistehend nicht verwerten konnte (90.+3), schlug Standard nach einem weiten Schlag und Kopfballablage mit Offensivstar Maxime Lestienne in buchstäblich letzter Sekunde mit dem 2:1 zu (90.+4).

Vermeidbar, nicht vorbei

Viel vorgenommen, das Mindeste vor Augen, mit leeren Händen auf der Heimreise. Die Eintracht findet selten zu ihrem Powerfußball, was angesichts des aktuellen Mammutprogramms auch nicht zu verlangen ist. Trotzdem wäre ein Punktgewinn nicht unverdient gewesen. Der Knockout in der Schlussekunde ist bitter und vermeidbar, ändert aber nichts daran, dass die Eintracht ihr internationales Schicksal in den eigenen Händen behält.

Stimmen zum Spiel

Cheftrainer Adi Hütter: Respekt vor der Leistung von Standard. Es ist ärgerlich, dass wir zwei Minuten vor Schluss nicht das 2:1 machen und dann noch das Gegentor mit der letzten Aktion bekommen. Das war nicht verdient. Die Aktion mit Rode war eine Fehlentscheidung. Wenn es schon keine Rote Karte gibt, muss es Gelb für die Nummer 34 geben, der schon Gelb hatte. Mit einem Spieler mehr hätten wir uns leichter getan. Die Ausgangsposition hat sich schon stark verändert. Standard hat möglicherweise die bessere Situation jetzt. Das haben wir uns aber selbst zuzuschreiben.

Sportdirektor Bruno Hübner: Wir bleiben total optimistisch. Das Spiel dürfen wir so nicht verlieren, aber das wirft uns nicht um. Wichtig war, dass wir heute ein Tor geschossen haben. Somit sind wir neutral im direkten Vergleich. Natürlich sitzt der Frust sehr tief. Aber so etwas kommt im Fußball vor. Und deshalb gilt es den Kopf hochzunehmen und weiterzumachen. Am Sonntag wollen wir wieder ein gutes Spiel machen und in Freiburg etwas holen.

Gelson Fernandes: Wenn wir schon nicht gewinnen, dann müssen wir einen Punkt holen. Das Gegentor ist unnötig. Das war nicht gut von uns. Wir wollen nach vorne spielen, müssen aber auch lernen zu verteidigen. Wir müssen entschlossen sein, das Tor zu verteidigen. Alle, auch mich mit eingeschlossen. Kein Vorwurf an Filip, das ist das Spiel. Wir haben viel investiert, sind aber nicht belohnt worden. Jetzt ist alles offen. Lüttich kann beide Spiele gewinnen. Wir aber auch. Die Freistoßszene?! Wenn er keinen Elfmeter pfeift, dann ist es eine Rote Karte. Wir haben aber das Spiel wegen uns verloren, nicht wegen des Schiedsrichters.

Martin Hinteregger: Das ist ein kleiner Rückschlag, mit dem wir umgehen müssen. Wir werden am Sonntag wieder stark zurückkommen. Die Szene mit dem Freistoß ist ganz klar: Elfmeter und Gelb oder Freistoß und Rot.

Sebastian Rode: Wir haben ein ordentliches Spiel gemacht und haben am Ende selbst die große Chance, das 2:1 zu machen. Das ist sehr bitter, aber es hilft alles nichts. Für mich ist es eine Rote Karte. Wir haben noch zwei Spiele, um weiterzukommen. Zwischen uns und Lüttich ist noch alles offen. Jetzt steht uns ein schweres Spiel in London bevor, Arsenal ist durch. Wir müssen vier Punkte holen, um weiterzukommen. Momentan haben wir alle drei, vier Tage ein Spiel, die Belastung ist hoch. Nun gilt es, bis Freiburg nochmal alle Kräfte zu mobilisieren. Ich bin guter Dinge.

Von allen guten Geistern

Nach der denkwürdigen 1:2-Niederlage in Lüttich zählt in den verbleibenden 180 Minuten jedes Tor. Der Ritt auf der Rasierklinge beginnt.

Nun steht es also fest. Anstatt im Dreisatz von Guimaraes über Frankfurt und Lüttich direkt die Ziellinie zur Zwischenrunde zu überschreiten, steht der Eintracht im Rahmen der verbleibenden zwei Vergleiche mit dem Arsenal FC und Vitória SC ein Fernduell mit R. Standard de Liège um die K.-o.-Phase bevor. Die Aufgabe: ein Tor wettzumachen. Oder um es mit Sebastian Rode zu halten: „Wir müssen vier Punkte holen, um weiterzukommen.“ Zugegeben, dass beim Zwischenstand von 0:1 aus Frankfurter Sicht die Lage aufgrund des verlorenen direkten Vergleichs gar schlechter ausgesehen hatte, ist angesichts der Entstehungsgeschichte nur ein schwacher Trost. Erst recht kein Mitleid wegen des entscheidenden Gegentreffers mit der letzten Aktion des Spiels mochte Gelson Fernandes aufkommen lassen: „Das Gegentor ist unnötig. Das war nicht gut von uns. Wir wollen nach vorne spielen, müssen aber auch lernen zu verteidigen.“

Farbfehler

Dabei gelang dies den Hessen nicht unbedingt weniger als den Hausherren. Bei 55 Prozent Ballbesitz ließen die Adler einen Abschluss weniger zu (13:12) und vollbrachten laut UEFA mehr gefährliche Angriffe (46:40). Was allerdings nicht darüber hinwegtäuschte, dass die Belgier nach dem Pfostenkopfball von André Silva die größeren Möglichkeiten besaßen, wenn auch nicht in allzu großer Zahl. Am Ende standen 6:5 Schüsse aufs Tor zugunsten Standards zu Buche – wovon bekanntlich der allerletzte von Maxime Lestienne saß. „Das war nicht verdient“, befand im Anschluss Adi Hütter, bekanntlich kein Analytiker der unsachlichen Art, weshalb der Cheftrainer seine Bewertung auch gleich mit Argumenten unterfütterte: „Es ist ärgerlich, dass wir zwei Minuten vor Schluss nicht das 2:1 machen und dann noch das Gegentor mit der letzten Aktion bekommen. Mit einem Spieler mehr hätten wir uns leichter getan“, nahm der Coach zugleich Bezug auf die Szene in der 69. Minute, als Konstantinos Laifis als letzter Mann Rode am Durchbruch in den Strafraum hinderte. „Für mich ist es eine Rote Karte“, urteilte der Gefoulte kurz nach Spielschluss selbst. Dass nach intensiver Rücksprache mit dem Linienrichter der an der Szene unbeteiligte Gojko Cimirot Gelb sah, machte das Kuriosum perfekt.

„Das ist sehr bitter, aber es hilft alles nichts“, ließ Rode denn aber auch im schwersten Moment sein Kämpferherz durchblitzen und forderte, „bis Freiburg nochmal alle Kräfte zu mobilisieren. Ich bin guter Dinge.“ Zumal sich mit Filip Kostics Freistoßtreffer – dem bereits dritten des Serben 2019, keinem Bundesligaakteur gelangen mehr – eine neue Qualität in den Frankfurter Reihen manifestierte: Kein Team kommt im laufenden Wettbewerb auf mehr Standardtreffer als die vier der Eintracht. Und Tore sind nun mehr denn je das höchste Gut – egal wie. Egal wann.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de





 

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