Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Bundesliga 2019/2020 - 16. Spieltag

2:4 (2:1)

Termin: 18.12.2019, 20:30 Uhr
Zuschauer: 50.300
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
Tore: 1:0 Hinteregger (6.), 2:0 Paciencia (30.), 2:1 Hector (44.), 2:2 Bornauw (72.), 2:3 Drexler (81.), 2:4 Jakobs (90.)

 

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt
1. FC Köln

  • Wiedwald
  • Toure
  • Hasebe
  • Hinteregger
  • Chandler
  • Kohr
  • Rode
  • Kostic
  • Kamada
  • Dost
  • Paciencia

 


  • T. Horn
  • Schmitz
  • Bornauw
  • Czichos
  • Katterbach
  • Skhiri
  • Hector
  • Thielmann
  • Drexler
  • Jakobs
  • Cordoba

 

Wechsel
  • Sow für Rode (33.)
  • Ndicka für Paciencia (63.)
  • Silva für Kohr (84.)
Wechsel
  • Kainz für Thielmann (62.)
  • Terodde für Drexler (90.)
  • Modeste für Cordoba (90.+2)
Trainer Trainer
  • Markus Gisdol

 

 

Verdiente Pleite gegen Köln

Die Eintracht verspielt nach starkem Beginn eine von Hinteregger (6.) und Paciencia (30.) erzielte 2:0-Führung, nach dem Anschlusstreffer (44.) läuft nicht mehr viel zusammen.

Ausgangssituation: Festakt geplant

Das letzte Heimspiel des Jahres sollte in jeder Hinsicht etwas Besonderes werden. So stand die Eintracht nicht nur vor ihrem 55. von 56 Auftritten in 2019 sowie dem 30. Saisonspiel, sondern auch vor einem dreiköpfigen Jubiläum: Makoto Hasebe bestritt sein 300., Timothy Chandler sein 200. und Adi Hütter sein 50. Bundesligaspiel. Die Festtagsstimmung auf den Rängen beider Lager vor und während des Spiels ließ nicht darauf schließen, dass Frankfurt aus den vergangenen fünf Ligaspielen einen Punkt geholt hatte und der 1. FC Köln der Abstiegszone entfliehen wollte.

Personal: Aus Not und Überzeugung

Im Vergleich zur 0:1-Niederlage am Sonntag auf Schalke nahm Chefcoach Hütter quasi eine Rückrotation vor. Für Evan Ndicka und Mijat Gacinovic kehrten Makoto Hasebe und Goncalo Paciencia in die Startelf zurück, Daichi Kamada begann für Djibril Sow. Felix Wiedwald und der wieder spielberechtigte Dominik Kohr ersetzten die verletzten Frederik Rönnow und Lucas Torró. Damit einher ging eine Systemanpassung zurück zur Doppelsechs und Doppelspitze.

Kostics Ecken und Hectors Hammer

Mit den Anfeuerungsrufen der Mehrzahl der 50.300 Zuschauer im Rücken suchten die Adler mit Anpfiff den Weg nach vorne. Zwar schlichen sich auch in der Abwehrkette wiederkehrende Pass- und Stellungsfehler ein, insgesamt präsentierte sich der Gastgeber aber tonangebend. Einmal mehr war insbesondere nach Eckbällen von Filip Kostic regelmäßig Gefahr im Verzug. Erst Martin Hinteregger per Kopfballaufsetzer vorbei (2.), dann mit Links in die Maschen (6.).

In der Folge blieben klar herausgespielte Möglichkeiten Mangelware, ein zu hoher Distanzversuch Kamadas war das höchste der Gefühle (18.). Jedenfalls bis Paciencia den nächsten Eckstoß formvollendet ins rechte obere Eck köpfte (30.) – 2:0 nach einer halben Stunde. Die Hausherren ruhten sich auf dem Vorsprung nicht aus und ließen das Visier bis zur Pause geöffnet. Paciencia hatte den dritten Treffer auf dem Kopf, doch Rafael Czichos blockte auf Kosten einer Ecke ab, in deren Konsequenz Kohr aus dem Rückraum zum Abschluss kam, aber Timo Horn den Ball festhielt (36.). Mehr Fortune hatte unmittelbar vor dem Gang in die Kabinen Jonas Hector, als sein von Toure abgefälschter Schuss aus fast 30 Metern hinter Wiedwald zum 2:1 einschlug (44.).

Plötzlich passiv

Vergleichbar mit dem letzten Gruppenspiel gegen Guimaraes verloren die Hessen nach dem Wiederanpfiff zusehends den Faden und der Gegner damit seine Zurückhaltung. Nach dem ersten zarten Vorstoß über Noah Katterbach, den Wiedwald abwehrte (47.), erarbeiteten sich die Rheinländer immer größere Spielanteile, auch weil sich bei Frankfurt die Räume und Fehlpassquote gleichermaßen vergrößerten. Ausgerechnet nachdem sich Bas Dost einmal durchtanke, unter Bedrängnis aber Horn nicht überwinden konnte (69.), kamen die Domstädter zum Ausgleich: Hatte Wiedwald zunächst eine direkt aufs kurze Eck gezirkelte Ecke von Florian Kainz noch von der Linie kratzen können (71.), landete der nächste Eckstoß von der rechten Seite im zweiten Versuch bei Sebastiaan Bornauw, der nur noch den Fuß hinhalten musste (72.). Schon im Gegenzug ließ Kamada nach einem energischen Ballgewinn Timothy Chandlers einen Gegenspieler stehen, unterlag aber Horn im Eins-gegen-eins (73.). Dann der Super-GAU: Scharfe Hereingabe von der rechten Seite, Dominick Drexler aus nächster Nähe zum Kölner 3:2 (81.). Frankfurt ging folglich vermehrt ins Risiko, Ismail Jakobs vollstreckte den entscheidenden Konter zum 2:4-Endstand (90.).

Fazit: Vermeidbare Höchststrafe

Dass die Eintracht am Ende mit komplett leeren Händen dasteht, müssen sich die Adlerträger angesichts einer aus den Händen gegebenen 2:0-Führung selbst ankreiden. Sicher fiel der Anschlusstreffer zum berühmten psychologisch ungünstigen Zeitpunkt und auf unglückliche Weise, kann aber nicht als Erklärung dafür dienen, dass bei der Eintracht nach dem Seitenwechsel der Stecker gezogen schien.


Stimmen zum Spiel

Cheftrainer Adi Hütter: Ich breche eine Lanze für die Mannschaft. Sie ist mental und körperlich müde. Wir haben trotzdem versucht, den Kampf anzunehmen. Der Knackpunkt ist das Tor kurz vor der Pause für Köln. Hinten heraus ist das Ergebnis verdient. Wir sind enttäuscht, denn wir wollten uns im letzten Heimspiel des Jahres belohnen. Seppl und Goncalo haben Schläge abbekommen, auch ein paar andere sind auf dem Zahnfleisch gegangen. Wir hatten dadurch große Probleme. Wir müssen den Karren jetzt gemeinsam aus dem Dreck ziehen und am Sonntag alles raushauen. Danach ist Winterpause. Das Trainingslager in Florida hat uns vergangenes Jahr geholfen, das wird es auch dieses Mal. Wir hatten im Mittelfeld nicht mehr die Ruhe am Ball, zudem hatte Köln noch einen zweiten Stürmer auf der Bank. Deswegen haben wir Evan gebracht.

Makoto Hasebe: In der zweiten Halbzeit waren wir zu passiv. Kraft und Leidenschaft haben gefehlt. Wir haben noch ein Spiel vor der Winterpause, da müssen wir alles geben und Charakter zeigen. Córdoba hat es uns schwer gemacht, deswegen haben wir kurz nach der Pause umgestellt. Das war aber nicht ursächlich für die Niederlage. Die Pfiffe der Fans akzeptiere ich.

Dominik Kohr: Gemessen an der zweiten Halbzeit geht der Sieg für Köln in Ordnung. Wir haben verdient verloren. Das 1:2 fällt natürlich sehr unglücklich, so ein Schuss geht eigentlich nie rein. Mit dem 2:0 hätten wir mehr Ruhe gehabt, so ist Köln vor der Pause nochmal rangekommen und wir hatten ein etwas mulmiges Gefühl. Nach dem Seitenwechsel hat es der FC auch gut gemacht und wir hatten keine Lösungen mehr. Wir brauchen nicht auf die Tabelle gucken, sondern müssen am Sonntag drei Punkte holen.

Markus Gisdol (Trainer 1. FC Köln): In den ersten zehn Minuten hatte die Eintracht viel Wucht, da haben wir richtig Probleme gehabt. Dann sind wir besser ins Spiel gekommen und waren gut drin. Das 0:2 kassieren wir wieder durch einen Standard. Das ist zu einfach. Was mir gefallen hat ist, dass wir immer fußballerische Lösungen finden wollten. Meine Ansage in der Pause war, dass wir ruhig bleiben, nicht hektisch werden dürfen und weiter mit Tiefgang spielen. Nach dem 2:2 hatte die Eintracht eine Riesenchance, da haben wir Glück. Der Sieg war letztlich verdient und tut uns gut. Wir haben als Mannschaft gut funktioniert. Das war Schlüssel zum Erfolg.

Wenn nicht jetzt, wann dann

Was ein Festtag hätte werden sollen und können, entwickelt sich nach der Pause zum Trauerspiel. Ein Erklärungsversuch.

Allein die statistischen Werte zu Rate zu ziehen, griffe sicher zu kurz, auch wenn 69,6 Prozent Passquote, 45,4 Prozent Ballbesitz und 45,1 Prozent gewonnener Zweikämpfe sicher nicht die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht haben. Gerade aber vom noch am Sonntag auf Schalke angepriesenen Laufvermögen war gegen den 1. FC Köln wenig zu sehen. Ob Durchschnittsgeschwindigkeit (6,5 zu 6,9 Stundenkilometer), Gesamtdistanz (112,9 zu 116,2 Kilometer) oder Sprints (220 zu 286) – insbesondere in der zweiten Halbzeit befanden sich die Geißböcke immer öfter im Galopp, während die Adler wirkten, als spielten sie mit Gegenwind. Oder wie Adi Hütter es auf den Punkt brachte: „Die Mannschaft ist mental und körperlich müde.“ Wen wundert’s, angesichts des 30. Spiels in dieser Saison, der 55. Partie im Jahr 2019 und der kürzesten Sommerpause aller Bundesligisten durch die Teilnahme an der Qualifikation zur Europa League.

Was sich im Juli wie Dezember gleichen, sind wiederkehrende personelle Ausfälle. Ob Djibril Sow am ersten Tag des Trainingslagers oder kurz darauf Frederik Rönnow, der wiederum seit Herbst Kevin Trapp glänzend vertrat, ehe eine Woche vor der Winterpause beide Torhüter außer Gefecht sind. Dazu Jonathan de Guzman seit Herbst und Lucas Torró ausgerechnet nach seinem soliden Comeback auf Schalke, leidvoll ergänzt durch André Silva, der verletzt von der Nationalmannschaft zurückkam, und Bas Dost, dessen Leistenmysterium endlich gelöst scheint. Hinzu kamen Platzverweise und Sperren, wie sie nun Martin Hinteregger nach seiner fünften Gelben Karte in Paderborn am Sonntag erfahren wird.

Sinnbilder Chandler und Sow

Dabei ließ es Chefcoach Hütter an Rotationsmaßnahmen zuletzt nicht vermissen. Gegen Köln stand Timothy Chandler zum zweiten Mal in Folge in der Startelf und gehörte, in dieser Spielzeit noch weniger beansprucht, zu den frischeren Akteuren. 26 Sprints und 74 intensive Läufe sind beiderseits Topwerte im Team. Gegenteilig verhält es sich mit Sow, der schon am Wochenende eine gewisse Müdigkeit eingeräumt hatte und am Mittwoch ein schöpferisches Päuschen erhielt, was fast einem Ausnahmezustand glich, weil der 22-Jährige seit dem 14. September in Augsburg in jedem Spiel zur ersten Elf gezählt hatte – mit Ausnahme des DFB-Pokal-Spiels auf St. Pauli, in dem er geschont wurde.

Doch die Auszeit geriet kürzer als geplant, weil Sebastian Rode nach einer halben Stunde angeschlagen nicht mehr weiterspielen konnte. „Seppl und Goncalo haben Schläge abbekommen“, erklärte Hütter hinterher. Mit Paciencia und Hinteregger würden in Paderborn die beiden Toptorjäger fehlen: Das siebte Pflichtspieltor des Österreichers und das zehnte des Portugiesen entsprang einmal mehr jeweils einer Ecke. Als Paciencia nach der 2:0-Führung das Trikot des längerfristig ausfallenden Torró in die Höhe reckte, schien das 28. Heimspiel in diesem Jahr auf dem besten Wege, für besinnliche Weihnachtstage zu sorgen. Bis Jonas Hectors Sonntagsschuss am Mittwochabend die wenig greifbare Wende einleitete. „In der zweiten Halbzeit waren wir zu passiv. Kraft und Leidenschaft haben gefehlt“, hatte Makoto Hasebe zwar eine Erklärung für die Ergebnisentwicklung, aber nicht für das Rückzugsverhalten. Nach Paciencias verletzungsbedingter Auswechslung war Hasebe im Zuge einer vierfachen Positionsverschiebung ins defensive Mittelfeld gerückt. „Das war aber nicht ursächlich für die Niederlage“, stellte der Kapitän klar. Ebenso unmissverständlich die Ansage von Nebenmann Dominik Kohr: „Wir brauchen nicht auf die Tabelle gucken, sondern müssen am Sonntag drei Punkte holen.“ Ab 18 Uhr ist die Eintracht dann beim Tabellenletzten in Paderborn zu Gast.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de




 

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