07.11.2006

 

Von Okocha und Pippi Langstrumpf

Meine ersten Erinnerungen führen mich dahin, dass ich als kleiner Knirps von vielleicht 4 Jahren Dortmund super fand. Mir gefielen einfach die schönen, schwarz-gelb geringelten Söckchen… Hierbei muss ich erwähnen dass ich damals auch Pippi Langstrumpf toll fand, eben wegen jener Söckchen. Aber dazu später mehr. Jeden Samstag lief die Sportschau und mit zunehmender Zeit, fiel mir ein Spieler auf, welcher mich immer mehr faszinierte: Jay-Jay Okocha. Ich weiß nicht mehr genau, wann es war, aber ich sah zum ersten Mal, dass es Leute gibt, die auch unterm Hemd dunkel waren! Für mich als kleiner Junge ein Meilenstein, denn ich nutzte diese Tatsache von nun an, um der ungeliebten Badewanne zu entgehen. Oft hatte ich die Ausrede parat: „Aber der Okocha badet auch net, sonst wär der net so schmutzig unterm Hemd“, (was natürlich für allgemeine Erheiterung sorgte, mich aber nicht vor der Badewanne rettete…) Nun ja, ich versteifte mich darauf, den Okocha toll zu finden. Und wenn der Mann schon so toll ist, dann kann der Rest vom Verein doch gar nicht so schlecht sein, dachte ich mir! Also musste ein Trikot her. Da ich in Rheinland-Pfalz, in der Nähe von Idar-Oberstein wohne, bekommt man hier nichts von Frankfurt, sondern nur Zeug vom FCK.

Glücklicherweise wohnte meine Tante zu der Zeit in Bad Homburg und wir waren dort auf Besuch. Ich wollte unbedingt ein Trikot! Also, auf nach Ffm… Ich weiß noch, dass wir auf dem Römer waren und Passanten fragten, wo man denn ein Trikot herbekommt… Wir wurden zu einem kleinen Laden geleitet, welcher in irgend einer Gasse lag, wenn ich mich recht erinnere. Es stellte sich heraus, dass das kleinste Trikot, das da war, Größe M hatte! „Viel zu groß!“ sagte meine Mutter.. Nix da! Ich wollte das Ding haben, koste es, was es wolle! Die dummen Blicke der anderen waren mir egal, als ich mit meinem Frankfurt-Trikot, welches auf dem Boden schleifte, nach Hause kam. "Da wachs´ ich schon noch rein!" Stolz wie Bolle zog ich es bei jedem Training an, was ich heute bereue, denn die Spuren sind unübersehbar auf diesem heiligen Stück Textil…

Bald darauf folgte mein erster Schultag. Wie jedes Kind bekam ich eine Schultüte. In dieser Tüte war ein Zettel, auf welchem geschrieben stand:

Gutschein
1 Besuch im Frankfurter Waldstadion
Viel Spaß in der Schule, Mama und Papa

Ich konnte es nicht fassen (und lesen..), aber als meine Eltern mir das offenbarten, war ich überglücklich! Endlich durfte ich mal in ein richtiges Stadion! Wir besuchten das Spiel Frankfurt gegen Duisburg. Ich erinnere mich noch genau daran, dass Frankfurt in blauen Trikots spielte, was ich sehr verwunderlich fand. Waren die Vereinsfarben nicht Schwarz-Rot? Sind wir beim falschen Spiel? Nun ja, vor dem Spiel brauchte ich noch was zum Schwenken…also ab zum nächsten mobilen Fanshop. Der Verkäufer fand schnell heraus, dass wir nicht aus Hessen waren. Als er erfuhr, dass das mein erster Besuch im Riederwald war, schenkte er mir einen Schal, eine Mütze und viele Aufkleber. Zusammen mit der neuen Fahne und meinem Frankfurt-Trikot war ich ein lebender Fanartikel! Frankfurt gewann das Spiel hoch und ich durfte die Spieler nach dem Spiel abklatschen! Ich schwor mir, diese Hände nie wieder zu waschen, (was allerdings am nächsten Tag zunichte gemacht wurde… leider.)

Meine nächste Erinnerung, ist mein Geburtstag im Jahre 1999. Es war der 29.05.1999, mein elfter Geburtstag. Ich hatte mich schon damit abgefunden, den Hohn und Spott der Lautern-Fans auf mich zu ziehen, mindestens für ein Jahr. Also widmete ich mich meiner Geburtstagsfeier. Als wir gerade Schnitzeljagd spielen wollten, kam mein Opa zu mir und fragte mich, ob ich wüsste, wie Frankfurt gespielt habe. Ich wusste es nicht und mein Opa klärte mich auf. Die Schnitzeljagd bestritten wir trotz der frohen Botschaft, aber die 500-Seelen Gemeinde musste ganz schön staunen, als ein jubelnder Jüngling mit einer Frankfurt-Fahne durchs Dorf stürmte. Fünf zu Eins! Klassenerhalt in letzter Minute! Oft habe ich mir das Video angesehen, welches ich noch am selben Abend - unter Protesten der Lautern-Fans - aufgenommen habe.

Es half nichts, der Spott ging weiter…wie oft musste ich mir Witze anhören über die Fahrstuhlmannschaft Frankfurt. Aber ich stand zu meinem Verein. Immer größer wurde meine Sammlung an allen möglichen Fanartikeln, welche ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zur Schau trug.

Dann folgte die Saison 2002/2003… Der letzte Spieltag stand an. Konnte Frankfurt das Unmögliche schaffen? Mainz schoß Tore, viele Tore.. In Frankfurt stand es gerade mal unentschieden. Also, noch ein Jahr „Zweite Liga - Frankfurt ist dabei“-Gesänge.. schade.. aber ich guckte weiter, war da nicht was 99? Keiner glaubte mir. Ich saß zuhause im Wohnzimmer. Vater und Mutter fieberten mit.. ersterer Kölner, gönnte es aber der Eintracht.

4:1 für Mainz. 3 Tore brauchen wir noch… 7 Minuten noch, Diakité.. TOR! Jawoll! Kurz darauf wieder, Diakité! 5:3!! Passiert es wirklich? Mein Herz überschlägt sich….Die Eintracht drückt und drückt.. Immer wieder ist der Ball im 16er. Dann… TOR!! Zählt nicht! Das gibt’s doch nicht… Immer wieder ist der Ball in Tornähe, ein abgefälschter Schuss bringt einen Eckball ein. Flanke…Schui…Tor. Nichts.

Mein Herz steht still, das gibt’s nicht. Ich breche in Tränen aus. Keiner spricht. Ich kann mich 10 Minuten kaum bewegen. „Das gibt’s doch nicht“ sagt mein Vater, genau so fassungslos wie ich. „Das hier… das war ein Fußballmärchen. Ein Stück Fußballgeschichte..“ Dann auf einen Schlag überkommt mich eine Welle der Euphorie! Mann, ist das GEIL! Überall gratulieren mir die Leute zum Aufstieg. Warum eigentlich? Ich stand doch gar nicht auf dem Platz. „Aber du hast an sie geglaubt“. Stimmt. Sie haben Recht. Ich habe geglaubt, wie Tausende andere auch. Und wir sollten nicht enttäuscht werden.

Ich liebe diesen Verein; ich lebe diesen Verein. Besuche in Frankfurt folgten in immer kürzeren Abständen. Aufstieg 2005, Pokal-Halbfinale gegen Bielefeld, UEFA-Cup gegen Brøndby. Meine Kumpels wundern sich, warum ich so verrückt auf Frankfurt bin. „Ich zeig´s euch“, hab´ ich denen gesagt, „kommt doch mal mit“. Und sie kamen mit. Mein Bruder ist Lautern- Fan durch und durch. Aber als er mit mir 2005 zum Aufstieg nach Frankfurt fuhr, und wir nach dem Spiel so durch den Wald gingen, da meinte er zu mir: „Flo, das war der geilste Stadionbesuch, den ich je erlebt habe. Und ich verspreche dir: Sollte Lautern eines Tages den Verein auflösen, werde ich auch Frankfurter.“

Immer wieder begleiten mich Freunde oder mein Bruder zur Eintracht. Keiner ist Frankfurt-Fan. Lautern oder Bayern. Warum sie trotzdem mitgehen? „Weil die Eintracht verdammt geil ist“, um meinen Kumpel zu zitieren. Und so feiern wir. Bei der WM stimmt mein Freund Pippi Langstrumpf an, nach dem Sieg gegen Argentinien. Wir stimmen ein und hüpfen. Doch anstatt „Hey super Deutschland“ singen alle „Hey Eintracht Frankfurt“… Ich habe diesen Jungs die Augen geöffnet, zumindest teilweise. Frankfurt ist geil. Stimmt. Auch wenn sie nicht offiziell den Adler tragen, so tragen sie doch immer ein Stück in ihren Herzen.

Leid und Freude - alles hatte ich mit der Diva vom Main. Ich stand immer zu ihr und ich werde immer zu ihr stehen.

So wurde ich also Frankfurter… wurde ich Frankfurter? Heute zitiere ich gerne einen Spruch, den ich mal hier gelesen habe:

Frankfurt-Fan wird man nicht - man wird als Frankfurt-Fan geboren.

 

Autor EintrFlo ist Florian aus Berglangenbach und Eintrachtfan seit 1995 .


 

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