27.12.2006

Eine schöne Bescherung oder Momentaufnahmen
„Einträchtlicher Weihnachten“ seit 1994

Weihnachten ist vorüber, die Bescherung auch.

Ich habe die Weihnachtszeit genutzt, um mal einen Blick zurück zu werfen. Auf das Erreichte, das Verpasste, das Verlorene und das Gewonnene.
Dieser Blick ist jedoch nicht auf das aktuelle Jahr begrenzt, sondern wühlt etwas tiefer in der Schatzkiste der Erinnerungen (sowie in Büchern und im Internet).
Manchmal hilft Einem ja ein Blick in die Vergangenheit, die Gegenwart besser zu verstehen und einzuordnen.

Wo unsere Eintracht an Weihnachten 2006 in der Tabelle und im Pokal steht, das wissen wir alle. Aber wie hat es an den letzten Dutzend Weihnachten davor ausgesehen?
Wer sich an alle „Einträchtlichen Weihnachten“ seit 1994 erinnert, kann – aber muss nicht - hier mit dem Lesen aufhören. Ich werde euch nichts Neues erzählen können.
Die anderen bitte ich beim Lesen meiner subjektiven weihnachtlichen Momentaufnahmen eine Zeile aus Joni Mitchells Song „Big Yellow Taxi“ im Hinterkopf zu haben:
„Don´t it always seem to go, that you don´t know what you´ve got ´til it´s gone.”

Weihnachten 1994

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 5.
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 3
UEFA-Pokal: Ausgeschieden im Viertelfinale

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Spieltag): 11. (6 Punkte Rückstand auf Platz 5, 6 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2
UEFA-Pokal: Viertelfinale erreicht

„Weihnachtsgeschichten“:
Im DFB-Pokal ist man bereits im Vorjahr in der dritten Runde durch ein 3:5 n.V. in Freiburg ausgeschieden. Im UEFA-Cup verspielt man im Waldstadion gegen 10 Salzburger die Chance auf das Halbfinale und scheitert im Elfmeterschiessen.
In der Bundesliga gelingt es der Eintracht nach der Trennung von Klaus Toppmöller und Uli Stein unter Karl-Heinz Körbel immerhin noch den wichtigen 5. Tabellenplatz zu erreichen. Mit Uwe Bein, den es nach Japan zieht, verlässt die Eintracht jedoch ein über Jahre spielbestimmender – wenn auch zuletzt sehr verletzungsanfälliger – Spieler.

Die Eintracht holt zu Saisonbeginn den „Meistertrainer“ Heynckes, der bekräftigt nicht an den Main gekommen zu sein, um Zweiter zu werden. Außerdem hat er sich vorgenommen, die Uhren bei der Eintracht neu zu stellen. Anfangs nimmt an diesem seltsamen Hobby des eigentlich als Trainer verpflichteten Heynckes auch keiner Anstoß.

Die Eintracht überwintert nach den Spielen gegen den SSC Neapel im UEFA-Cup. Damit sind die guten Nachrichten aber auch schon erzählt.

Heynckes stellt seine Führungsqualitäten schon recht früh unter Beweis, in dem er dem erfolgreichsten Torschützen seiner Truppe, Yeboah, öffentlich nicht nur Übergewicht sondern auch Schwierigkeiten „sich zu artikulieren“ vorwirft – was den stolzen Mannschaftskapitän sicher nicht beleidigen sondern anspornen soll...
Die angesichts spielerisch eher dürftiger Vorstellungen der Mannschaft öffentlich aufgeworfene Frage nach der „Legatisierung der Okochas“ beantwortet Heynckes mit der – allerdings von den drei Spielern provozierten - Suspendierung Gaudinos, Okochas und Yeboahs. Heynckes schlägt mit den Adlern den HSV und erhält Ovationen in der Pressekonferenz. Eine Woche später hat sich die Begeisterung allerdings bereits merklich gelegt: Am 17. Spieltag wird bei 1860 München mit 1:2 verloren. 1860 verlässt durch diesen Sieg die Abstiegsränge, während die Eintracht zum Ende der Hinrunde auf Platz 11 verharrt.

Im Pokal ist man übrigens bereits in der zweiten Runde ausgeschieden, nach einer Heimniederlage im Elfmeterschießen gegen den Zweitligisten VFL Wolfsburg. Ralf Weber erlaubt sich einen Platzverweis und Binz und Komljenovic je eine „Fahrkarte“ im Elfmeterschießen.

Weihnachten 1995

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 9. (10 Punkte Rückstand auf Platz 6, 11 Punkte Vorsprung auf Platz 16)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Spieltag): 10. (6 Punkte Rückstand auf Platz 5, 4 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2

„Weihnachtsgeschichten“:
Heynckes, der zumindest einen Teilerfolg erzielt, indem er die Uhren in Frankfurt verstellt hat, bemerkt früh richtig, dass er auch das zweite ausgegebene Ziel erreichen und nicht 2. werden wird. Wahrscheinlich sieht er seine Aufgabe als erfüllt an, zieht sich lediglich zufällig nach dem Europacup-Aus gegen Juventus und einer 0:3-Heimpleite gegen Schalke zurück und stellt sein Amt am 2. April zur Verfügung.

Offiziell findet Heynckes allerdings: „dass der Verein und ich nicht zueinander passen“, weil die „Auffassungen von professioneller Arbeit und dem Aufbau einer Spitzenmannschaft“ zu unterschiedlich sind. Wahre Worte, Josef! Vielleicht ist er aber auch verärgert, dass niemand in Frankfurt mehr über seinen und Legats gespielten Witz mit der Nummer „10“ lachen will. Den meisten Fans ist das Lachen wohl ohnehin im Halse stecken geblieben als sie merken, dass Yeboah nicht wie Okocha wieder in Gnaden aufgenommen, sondern tatsächlich an Leeds United verkauft wird.

Nachdem man bei der Eintracht an einem Startrainer geknabbert und sich dabei gehörig verschluckt hat, steigt man nun wieder auf Hausmannskost um. Die gut bürgerliche Küche des Präsidiums präsentiert am 3. April „den treuen Charly“ Körbel als Nachfolger.

Alles andere als Hausmannskost tischt die Mannschaft am 4. November auf, als sie den Tabellenführer Bayern München reichlich einschenkt und mit einer schwer verdaulichen 1:4-Niederlage nach Hause schickt.

Auf Dauer scheinen aber nicht die vielen Köche den Brei zu verderben, sondern allzu phantasielose Zutaten, die den Verein allerdings insgesamt 5 Millionen Mark an Ablöse gekostet haben. Zumindest ist die Eintracht am 17. Spieltag chancenlos und verliert auch in dieser Höhe verdient mit 1:5 beim HSV. In Frankfurt lässt man sich aber nicht in die Suppe spucken und man träumt weiter vom UEFA-Cup. Schließlich ist Weihnachten...

So verschmerzt man auch, dass es wieder nichts mit einem Pokalsieg wird: Nach einem 2:1 n.V. in Saarbrücken gerät man bereits in der zweiten Runde bei 1860 mit 1:5 unter die Räder. Ein Ausrutscher halt.
Wie ein bekannter Frankfurter Bub mal niederschrieb: Den Teufel merkt das Völkchen nie, und wenn er sie am Kragen hätte.

Weihnachten 1996

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 17. (1. Abstieg)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (2. Bundesliga): 14. ( 9 Punkte Rückstand auf Platz 3, punktgleich mit Platz 15)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2

„Weihnachtsgeschichten“:
Heynckes ist seit über einem Jahr weg, doch die Uhren scheinen sich in Frankfurt von der Zeitumstellung nicht erholt zu haben. Die Uhr der Eintracht in der 1. Bundesliga läuft zumindest zum ersten Mal ab...

Schupp stellt ein ums andere Mal unter Beweis, dass er nicht der Spieler ist, für den er sich hält und die Bayern ihn zu Recht aussortiert haben. Rauffmann und Ekström werden in der gesamten Saison in der Liga nur 6 mal treffen – ein Dieter Müller hat diese Arbeit in den 70ern mal in einem einzigen Spiel verrichtet. Ivica Mornar, der Mitte der Hinrunde von Hajduk Split geholt trifft in 19 Spielen auch nur zweimal, bekommt aber immerhin eine Rote Karte. Erfolgreichster Torschütze wird mit 10 Treffern Matthias Hagner, der auch geholt wird – von den eigenen Amateuren.

Ned Zelic soll die mit 33 Gegentoren schwächste Abwehr der Liga um Nationaltorhüter Köpke stabilisieren und wird von den Queens Park Rangers geholt – vielleicht wäre auch hier ein Spieler von unseren Amateuren die bessere Wahl gewesen. Nix für ungut, Ned.

Körbel erfährt, dass hinter seinem Rücken angeblich „Geheimverhandlungen“ mit Löwen-Trainer Werner Lorant geführt werden, was die Eintracht-Spitze und Lorant umgehend abstreiten. Körbel erklärt öffentlich: „Ich werde noch mehr die Augen und Ohren aufhalten.“ Holzauge sei wachsam – nützen wird es ihm nichts.

Später wird auch Manager Bernd Hölzenbein Spekulationen der Medien zu einer öffentlichen Erklärung nutzen: „Solange ich bei der Eintracht bin, kommt Stepi nicht zurück.“ Oh, Desdemona hätte reden sollen, aber: Hättest du geschwiegen, Holz! Shakespeare hin, Hölzenbein her – zehn Wochen später ist Stepanovic wieder da... Stepi übernimmt am 1. April von Körbel den Trainerjob, holt aus den nächsten 9 Spielen ganze 5 Punkte und steigt mit den Adlern ohne Feuer aber zigarillorauchend ab. Aber was soll´s – Lebbe geht ja weider, gelle..

Das Kicker-Sportmagazin nimmt den sportlichen Niedergang der einstigen Diva weniger leicht und wiederholt Wochen vor dem Abstieg die bereits zwei Jahre zuvor gestellte vernichtende Diagnose über den flügellahmen Patienten vom Main: „Selbstüberschätzung, schlechte Einkaufspolitik, falsche „Ausländerpolitik“, zu hohe Gehaltsstruktur, schwache Führungsstruktur, Sündenbockstrategie, Blauäugigkeit, Nervenschwäche, Hinterhältigkeit und Intrigantenspiele.“

Am Ende des Kalenderjahres wird die Eintracht neben 3 Trainern auch 3 Präsidenten gehabt haben:
Ohms stellt dem Verwaltungsrat nach dem Abstieg die Vertrauensfrage. (Vielleicht ist ihm ein Zweitligist nicht mehr schick genug?) Ob dem jahrelang ruhig zusehenden Verwaltungsrat plötzlich seine eigene Tatenlosigkeit bewusst wird und man hartnäckig weiter an der beliebten Sündenbockstrategie basteln mag, ist nicht überliefert. Sicher ist nur, dass Ohms das Vertrauen entzogen wird. Schatzmeister Erbs geht mit ihm.

Der erst am 2. Oktober präsentierte Präsident Otto und sein Schatzmeister Thate treten am 5. November zurück, nach dem 24 Stunden vorher die Steuerfahndung wegen eines Ermittlungsverfahrens gegen Yeboah die Geschäftsräume am Riederwald durchsucht hat. Neuer Präsident wird am 11.11. Rolf Heller. Ein Teilzeitpräsident allerdings, eine Art „Mini-Jobber“, der wegen seiner Arbeit bei der AOK Thüringen wöchentlich nur 2-3 Tage in Frankfurt sein kann. Klaus Lötzbeier führt für ihn die Geschäfte. Bernd Hölzenbeins im November auslaufender Managervertrag wird nicht verlängert, dafür findet man mit Gaetano Patella am 8. Dezember einen Schatzmeister.

Bei der Eintracht zeigt man sich wie immer gänzlich unbeeindruckt von den tatsächlichen Verhältnissen: Als Ziel wird der direkte Wiederaufstieg ausgegeben. Psychologen würden so ein Verhalten vermutlich als Realitätsflucht bezeichnen. Immerhin drücken den Verein, der vor Jahresfrist noch als finanziell gesund galt, 10 Millionen Mark Schulden. Die Zweitligalizenz gibt es nur bei einem Überschuss der Transfererlöse in Höhe von 7,5 Millionen. Wer nicht bei „3“ auf den Bäumen am Riederwald ist, wird verkauft und für Neuverpflichtungen bleibt nicht viel übrig. Selbst der mittlerweile 39-jährige Rudi Bommer schnürt noch einmal seine Fußballstiefel um...

Am letzten Spieltag der Hinrunde verlieren die Adler ihr Heimspiel gegen den bisherigen Tabellen-18. VFB Oldenburg mit 2:3. Lautern, Mainz und Hertha stehen auf den Plätzen 1 bis drei. Dann folgen Wolfsburg, der SV Meppen, Fortuna Köln und die Stuttgarter Kickers. Unterhaching, Leipzig, Jena, Uerdingen, Waldhof Mannheim und der FSV Zwickau rangieren in der Tabelle ebenfalls vor unserer Eintracht. Nur die gegenüber Gütersloh bessere Tordifferenz (beide Club haben minus 5, aber die Adler haben mehr Tore erzielt) verhindert, dass die Eintracht, die sofort wieder aufsteigen will, auf einem Abstiegsplatz überwintern muss.

Auch der DFB-Pokal-Wettbewerb kann das Weihnachtsfest der Adler nicht retten. Im Gegenteil: Nachdem man in der ersten Runde Holstein Kiel mit 4:2 bezwingen konnte, scheidet man in Runde zwei aus. In Meppen. Mit einem 1:6. So schwer kann einem Eintrachtfan keine Weihnachtsgans im Magen liegen...

Stepi wird nach der Pleite gegen Oldenburg noch in der Kabine entlassen, Rudi Bommer übernimmt und macht sich Hoffnungen. Diese werden jedoch am 19. Dezember enttäuscht: Horst Ehrmantraut – als Spieler UEFA-Cup-Sieger mit der Eintracht und bisher Trainer des SV Meppen - soll die Adler vor dem Absturz in die Drittklassig- und Bedeutungslosigkeit retten und sodann zum Höhenflug Richtung 1. Liga bringen. Ein Himmelfahrtskommando. Unsere späte Rache für das 1:6 in Meppen?

Weihnachten 1997

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (2. Bundesliga): 7. (10 Punkte Rückstand auf Platz 3, 8 Punkte Vorsprung auf Platz 15)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (2. Bundesliga): 2. (1 Punkt Vorsprung auf Platz 4)
DFB-Pokal: Ausgeschieden im Achtelfinale

„Weihnachtsgeschichten“:
Über mangelnde Arbeit kann sich die Führungsriege der Eintracht im ersten Halbjahr nicht beklagen. Dennoch findet Heller offensichtlich, dass Lötzbeier noch nicht ausgelastet ist, denn im Januar wird Detlev Romeiko als Geschäftsführer abgelöst und Heller überträgt Lötzbeier zusätzlich dessen Aufgaben.
Ein von Heller, Patella und Dr. Wallmann neu entwickeltes Finanzkonzept sichert nach Hellers Worten am 21. April eine 'Lizenz erster Klasse'. Danach müssen jedoch noch mit allen Spielern Vertragsverhandlungen geführt werden, weil außer Patrick Glöckner kein Spieler über den 30. Juni 97 hinaus einen Vertrag hat.

Ehrmantraut, als Spieler noch unter dem Spitznamen Festus bekannt, wird als Trainer anfangs nicht weniger belächelt. Er verschafft den Adlern aber einen souveränen Klassenerhalt und sich Respekt, in dem man die Aufstiegshoffnungen kurzzeitig wiederbelebt. Rudi Bommer, der „Hotte“ einen „Möchtegerntrainer“ nennt, weil er selbst gerne Eintracht-Coach geworden wäre, verschafft sich im April mit diesem Spruch seinen vorzeitigen und unrühmlichen Abgang.

Die Eintracht geht mit einem stark verjüngten Kader in das zweite Jahr in der 2. Bundesliga. 11 Spieler haben den Verein verlassen, 12 neue Spieler sind dazugekommen. Weber feiert nach 2 Jahren sein nicht mehr für möglich gehaltenes Comeback, Wolf und Sobotzik kehren zur Eintracht zurück. Gaudino will in der laufenden Saison ebenfalls nach Frankfurt zurück, wird aber von allen Beteiligten wegen des „Effenberg-Effektes“ (Heller) zurückgewiesen.

Ehrmantraut bastelt und puzzelt indessen unbeirrt an seiner Mannschaft der Namenlosen, Gescheiterten und Aussortierten und wird belohnt: Die Eintracht gewinnt am 17. Spieltag bei Fortuna Köln nach einem 0:1 Pausenrückstand noch mit 2:1 und überwintert auf Platz 2.

Im Pokal schickt man Werder Bremen in der zweiten Runde in einem begeisternden Spiel mit 3:0 zurück an die Weser. Im Achtelfinale in Duisburg kommt aber das Aus durch ein Tor von Salou in der 83. Minute.

Weihnachten 1998

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (2. Bundesliga): 1. (1. Wiederaufstieg)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Bundesliga): 15. (11 Punkte Rückstand auf Platz 6, einen Punkt Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2

„Weihnachtsgeschichten“:
Der oft als kauzig beschriebene Mann aus Einöd schafft, was zu Saisonbeginn kaum einer für möglich gehalten hätte: Am 32. Spieltag ist es vollbracht - die Eintracht ist wieder erstklassig! Thomas Zampach, der immer alles gibt, gibt nach dem letzten Spiel gegen Fortuna Köln zur Feier des Tages mehr als sein letztes Hemd und steht splitterfasernackt im Waldstadion. Ansgar Brinkmann steht nicht hinten an, sondern liegt – und zwar wie versprochen - eine Nacht mit Schlafsack und Bierkasten vor dem Römer. Thomas Zampach wiederum nutzt dann die Gunst der Stunde bei der Aufstiegsfeier auf dem Römer, um seiner Annette einen Heiratsantrag zu machen...

Zum Saisonbeginn fehlt überraschend der beliebte Güntensperger. Urs hat sich leider im wahrsten Sinne des Wortes nicht rechtzeitig „frei“ machen können – er nutzt die Sommerpause, um in der Schweiz eine Haftstrafe abzusitzen. Sein Vertrag mit der Eintracht wird aufgelöst...

„Wir sind dabei, eine neue Eintracht aufzubauen. ... dazu gehört, dass ich zwei, drei Jahre Zeit bekomme“, fordert Ehrmantraut am 7. Juni. Er bekommt fünf – allerdings nur Monate. Am 8. Dezember muss Ehrmantraut seinen Plastikstuhl an der Seitenlinie räumen, obwohl die Mannschaft Bayern München schlägt und nicht mal auf einem Abstiegsplatz steht! Co-Trainer Lippert übernimmt für die letzten beiden Spiele des Jahres. Trotz einer 1:2 Niederlage in Lautern halten die Adler Platz 15, einen Punkt vor Hansa Rostock.

Ehrmantraut wird dem Aufstieg zum Trotz bereits im Sommer im Präsidium zur Disposition gestellt. Seine bereits beschlossene Entlassung, die nach dem Spiel gegen die Bayern verkündet werden soll, wird mit dem Sieg gegen die Münchner aber nur vorübergehend durchkreuzt.

Angriffsflächen bietet der Liebhaber von billigen Plastik-Gartenstühlen aus dem Baumarkt freilich genug. Ist es die Angst, dass die Uhren in Frankfurt doch anders gehen könnten, oder doch nur einer von „Hottes“ Spleens, dass er den Busfahrer anraunzt, wenn dieser eine Minute zu früh oder zu spät am Ziel vorfährt? Ein Spleen wie die negativen Schwingungen, die er bei seinem Co Lippert ausmacht und diesen aus der Kabine weist? Oder hatte Gernot Rohr, den die „Sport-Bild“ einen „eiskalten Killer“ nennt, tatsächlich den „Auftrag Ehrmantraut wegzumobben“?

Rohr, als Technischer Direktor eingestellt und mittlerweile mit Sitz und Stimme im Präsidium ausgestattet, erfreut sich zumindest einer beachtlichen Machtfülle, zumal sich Präsident Heller wieder verstärkt der AOK Thüringen widmen muss. Noch im Dezember wird die Verpflichtung von Reinhold Fanz von Hannover 96 als neuem Cheftrainer (ab Januar 1999) bekannt. Irgendeiner wird sich bei der Verpflichtung des im Profigeschäft relativ unbeschriebenen Trainerblattes schon etwas gedacht haben. Oder vielleicht doch nicht....

Im Pokal ist übrigens bereits mal wieder in der zweiten Runde nach einem 2:3 beim VFB Stuttgart Schluss.

Weihnachten 1999

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 15. (18 Punkte Rückstand auf Platz 6, 0 Punkte Vorsprung auf Platz 16, Klassenerhalt bei gleicher Tordifferenz aufgrund der mehr geschossenen Tore)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Bundesliga): 17. (16 Punkte Rückstand auf Platz 6, 8 Punkte Rückstand auf Platz 16)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 3

„Weihnachtsgeschichten“:
An Trainerwechseln hat es bei der Eintracht seit 1976 keine Not gehabt, aber in diesem Kalenderjahr übertreffen sich die Adler selbst. Bis 10. Januar 99 ist Lippert übergangsweise in Amt und Würden. Dann erweist sich der Favorit von Gernot Rohr, Reinhold Fanz, dessen personelle und taktische Überlegungen immer wieder überraschen aber um so seltener von Erfolg gekrönt sind, als echter „Rohr-Krepierer“. Schnell macht der Begriff vom „Firle-Fanz“ die Runde. Fanz darf am 18. April gehen, Rohr zwei Tage später. Ansgar Brinkmann feiert die Entlassung des ungeliebten Übungsleiters mit Ebbelwoi.

Fanz treibt vorher allerdings nicht nur die Fans sondern selbst einen gutmütigen Spieler wie Jan-Aage Fjörtoft zur Weißglut. Fjörtoft, der von Rohr geholt aber nach eigenen Worten nur nach Frankfurt gekommen ist, um für seinen guten Freund Tore Pedersen „eine Frau zu finden“, hat nach dem Spiel gegen Bochum vor laufender Kamera einen Wutausbruch. Der Grund: Fanz verhilft nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Chen Yang dem Jugendspieler Stefan Zinnow zu seinem Bundesligadebüt und erkennt erst nach einer Stunde, dass der junge Mann völlig überfordert ist. Als er Zinnow endlich durch die Höchststrafe erlöst, erzielt der für den bedauernswerten Youngster eingewechselte Fjörtoft den Siegtreffer und sagt öffentlich seine Meinung über diese Art von Jugendförderung.

Am 19. April übernimmt Jörg Berger (Bernd Hölzenbein zu Rolf Heller: „Zu spät. Die Eintracht ist leider nicht mehr zu retten. Da hilft ein Jörg Berger, der wirklich ein guter Mann ist, nicht mehr. Spart euch die Mühe, spart euch das Geld.“) die Eintracht als Tabellen-17. mit vier Punkten Rückstand auf Platz 15. Berger soll die Eintracht zum zweiten Mal nach ´89 vor dem Abstieg retten.

Der Rest ist Geschichte: Die Adler müssen ihre letzten vier Spiele gewinnen und sie gewinnen sie. Die Fans wissen es schon vor dem entscheidenden Spiel und zeigen es auch auf der Gegentribüne in angemessener Größe: „Helden leben lange, doch Legenden sterben nie!!!“

Jan-Aage Fjörtoft versteht und erwirbt sich mit einem Übersteiger zum 5:1 gegen Lautern, die sich eigentlich in Frankfurt für die Champions League qualifizieren wollen, um 17.16 Uhr am 29. Mai 1999 die fußballerische Unsterblichkeit – aber nur, weil der Nürnberger Baumann eine Minute später aus kürzester Distanz den Freiburger Keeper Golz aber nicht das Tor trifft, was Radiomann Günter Koch in der Schlusskonferenz zum legendären Satz treibt: „Hallo, hier ist Nürnberg – wir melden uns vom Abgrund...“
Nürnberg steigt ab, weil Frankfurt bei gleicher Punktzahl und Tordifferenz vier Tore mehr erzielt hat. Dabei hatte Nürnberg den Champions League-Finalisten Bayern München am 32. Spieltag 2:0 geschlagen, sich als gerettet gefühlt und den traurigen Alex Schur erzürnt: „Für mich ist das alles eine Mafia.“ Der andere „mafiöse“ Teil bekommt übrigens einige Tage vor dem 34. Spieltag im Finale der Champions League von Manchester United innerhalb von zwei Minuten die gerechte Strafe.

Jörg Berger mahnt: „Die größten Fehler werden in der Stunde des Erfolges gemacht.“ Richtig. Und woanders mag man aus Fehlern vielleicht sogar lernen, in Frankfurt macht man sie dagegen gerne noch mal, vielleicht um festzustellen, ob es auch wirklich ein Fehler war...

Im Sommer benimmt sich das Frankfurter Management auf jeden Fall wie ein unbeaufsichtigtes Kind in der Süßigkeiten-Abteilung eines Kaufhauses. Frei nach Grönemeyers Song „Kaufen“ geht man auf Einkaufstour: „Ich kauf mir was. Kaufen macht so viel Spaß. Ich könnte ständig kaufen gehen. Kaufen ist wunderschön.“ Thorsten Kracht (1,5 Millionen), Horst Heldt (2,5 Millionen) und Rolf-Christel Guié-Mien (5 Millionen) werden dabei noch übertroffen vom teuersten Einkauf der Vereingeschichte: Als hätte man für die bereits genannten Spieler eines Absteigers oder eines Zweitligisten noch nicht genug hingelegt, kauft man anstelle von Asamoah direkt von der Ersatzbank des BVB Bachirou Salou – für sieben Millionen Mark.

Auch sonst ist man in Frankfurt nicht bereit, aus Fehlern zu lernen – der Intrigantenstadel wird ungehemmt fortgesetzt: Im September wirft der auf Sparsamkeit bedachte Gaetano Patella, den seine Versetzung vom Schatzmeister zum Vizepräsidenten persönlich verletzt, das Handtuch. Vorher wurden bereits mit Hilfe eines Nachwuchsjournalisten des Anzeigenblattes „Sunday“ gezielt Unwahrheiten über Patella verbreitet.

Nach verheißungsvollem Saisonstart verliert man das Heimspiel gegen die Bayern mit 1:2, vergibt trotz Führung einen Elfmeter und schafft es nach dem Ausfall von Kahn nicht, dessen Vertreter Dreher, und nach dessen Ausfall, den Feldspieler Tarnat im Tor der Münchner zu überwinden. Danach geht es mit der Berger-Truppe bergab: 4 Punkte in 14 Spielen.

Am 17. Spieltag verliert die Eintracht beim Aufsteiger Ulm mit 0:3 und überwintert mit 11 Punkten als Tabellen-17. Der Rückstand auf den rettenden 15. Platz (Ulm) beträgt 8 Punkte! Berger, dem man womöglich immer noch zutraut die Titanic aber eben nicht mehr die Adler zu retten, wird am 19. Dezember auf die Suche nach einem neuen Job geschickt – als Trainer oder Kapitän.

Der vierte Trainer wird am zweiten Weihnachtsfeiertag vorgestellt: Felix „Quälix“ Magath. Die Fans sind nicht unzufrieden: Wenn wir schon das zweite Mal absteigen, sollen die Spieler diesmal wenigstens dafür büßen, in dem sie leiden. Magath ist dafür der richtige Mann...

Nebenbei bemerkt: Im Pokal hat man wieder mal die dritte Runde erreicht. Dort ist nach einem 1:2 beim 1. FC Köln allerdings schon wieder Endstation.

Weihnachten 2000

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 14. (11 Punkte Rückstand auf Platz 6, 4 Punkte Vorsprung auf Platz 16)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 18. Spieltag (1. Bundesliga): 15. (8 Punkte Rückstand auf Platz 5, 0 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 1

„Weihnachtsgeschichten“:
Nikolov muss Heinen weichen, der aus Leverkusen kommt, und Janßen Houbtchev, der mit seinen 36 Lenzen von den Amateuren in den Profikader zurückkehrt. Der zu Saisonbeginn ablösefrei in die Pfalz gewechselte Sobotzik kommt – nicht ganz so ablösefrei – wieder mal an den Main und mit Reichenberger (Leverkusen) kommt ein Stürmer. Und tatsächlich – Magath erreicht mit harter Hand und noch härterer Arbeit das schier Unmögliche: Bereits am 29. Spieltag schafft man nach den Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz.

Die Freude währt indes nicht lang: Kurz darauf bekommt die Eintracht wegen ihrer Verstöße gegen die Lizenzauflagen 2 Punkte vom DFB für die laufende Saison abgezogen und eine Geldstrafe von 500.000 Mark auferlegt. Das ist die Konsequenz auf Reiner Lebens (Patellas Nachfolger) im Januar aufgemachter folgenschwerer Rechnung: Ein Anwachsen des Schuldenberges bis 30. Juni auf 13 Millionen Mark, nahezu 9 Millionen vom DFB nicht genehmigte Personalkosten (28,88 statt 20,12 Millionen Mark) sowie im Bereich „Kapital ohne Spielerwerte“ eine Unterdeckung von 23,61 (statt 5,35) Millionen. Präsident Heller tritt daraufhin am 31. Januar auf der Jahreshauptversammlung des Vereins zurück.

Die Mannschaft zeigt sich unbeeindruckt, holt alles aus sich heraus und sichert den sportlichen Klassenerhalt am letzten Spieltag mit einem 2:1 gegen den direkten Konkurrenten Ulm. Obwohl der drittbesten Rückrundenmannschaft ein Unentschieden gereicht hätte und Heldt per Elfmeter in der letzten Minute den Siegtreffer erzielt, will sich nicht die selbe überschäumende Freude wie ein Jahr zuvor einstellen. Gegen Lautern gab es nur zu gewinnen, gegen Ulm in letzter Sekunde alles zu verlieren.

Letztendlich stehen die Mitglieder des Vereins aber auch weiterhin mit dem Rücken zur Wand oder besser gesagt: einen Schritt vor dem Abgrund. Damit für die Lizenzerteilung bis 31. Mai beim DFB ein Nachweis vorliegt, wie eine im Etat ausgewiesene Deckungslücke von 19,191 Millionen Mark geschlossen wird, bleibt den Mitgliedern am 18. Mai keine andere Wahl als der Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung als „Eintracht Frankfurt Fußball AG“ und dem Einstieg des strategischen Partners und Investors Octagon zuzustimmen. Das US-Marketing-Unternehmen erwirbt für 49,9 Millionen Mark 49,9 Prozent der AG-Anteile. Am 1. Juli 2000 wird die Eintracht Frankfurt Fußball AG als Tochtergesellschaft des Eintracht Frankfurt e.V. gegründet.

Schatzmeister Leben, der den Kontakt zu Octagon hergestellt hatte, lässt am 10. März den unterschriftsreifen Vertrag mit dem von der Stadt Frankfurt ausgesuchten Stadionbetreiber IMG platzen und zieht sich den Verdacht zu, zum einen den Steigbügelhalter für einen Investor zu spielen und zum anderen Präsident Heller durch das Zurückhalten von Informationen zum Rücktritt getrieben zu haben. Leben beendet diese Spekulationen mit seinem Rücktritt am 9. Mai.

Dafür wird Peter Fischer zum neuen Präsidenten des Eintracht Frankfurt e.V. gewählt und tritt die Nachfolge von Rolf Heller an. Ein gewisser Rolf Dohmen wird dank Octagon Manager von Eintracht Frankfurt.

Die Saison beginnt gut, aber nachdem man am 13. Spieltag bei Bayern München einen 2:1-Sieg (den ersten Liga-Sieg seit 1976) landet, folgen nur noch Niederlagen. Zum Ende des Jahres verliert man auch beim Tabellen-17. VFB Stuttgart und beim bisherigen Tabellen-15. Unterhaching und steht nach dem 18. Spieltag punktgleich mit dem Tabellen-16. auf Platz 15.

Salou, der Trainer Magath als letzten Diktator Europas“ bezeichnet, ist trotz 3 Millionen Jahresgehalt sichtlich unmotiviert und wechselt nach Rostock. Fjörtoft drückt die Stimmung in der Mannschaft später so aus: „Wenn man die Weihnachtsfeier ... im Fernsehen übertragen hätte, dann hätte man Weihnachten abgesagt!“

Im Pokal ist man wieder mal in der ersten Runde ausgeschieden. Sicher kann beim VFB Stuttgart verlieren. Aber sicher nicht 1:6 und schon gar nicht bei den Amateuren des VFB...

Weihnachten 2001

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 17. (2. Abstieg)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 18. Spieltag (2. Bundesliga): 5. (5 Punkte Rückstand auf Platz 3, 10 Punkte Vorsprung auf Platz 15)
DFB-Pokal: Ausgeschieden im Achtelfinale

„Weihnachtsgeschichten“:
Rekorde sind zum Brechen da. Gebrochen wird der vereinsinterne Trainer-Rekord zwar nicht, dafür wird aber manchem Eintrachtfan auch in diesem Jahr ganz übel, denn wieder sind vier Trainer am Werk, die am Ende vor allen Dingen eines gemein haben: ihre Erfolglosigkeit beim Erreichen gesteckter Ziele.

Nachdem man Magath die Mannschaft zur Rückrundenvorbereitung überlassen hat, entlässt man den Trainer gewohnt vorausschauend pünktlich nach dem ersten Rückrundenspiel am 27. Januar nach einer 1:5 Heimpleite gegen den 1.FC Köln und dem 16. Tabellenplatz. Magath begibt sich allerdings nicht auf die Suche nach Überlebenden der Titanic, um diese topfit zu machen, sondern übernimmt den stark abstiegsbedrohten VFB Stuttgart und rettet die Schwaben.

In Frankfurt versucht man dagegen wieder einmal die fehlenden Punkte durch ein sich immer schneller drehendes Personalkarussell auszugleichen: Auf Magath folgt der bisherige Sportdirektor Rolf Dohmen, der am 3. April von einem erfahrenen Kuhhirten mit trockenen Satteltaschen abgelöst wird, nachdem ein gewisser Lothar M. aus dem Fränkischen von den Eintracht-Verantwortlichen ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Friedel Rausch ist danach noch für manchen flotten Spruch aber nicht für die notwendigen Punkte gut. Am 33. Spieltag ist man nach der Niederlage in Wolfsburg bereits abgestiegen. Guié-Mien erhält die Höchststrafe (sein als Dank an die mitgereisten Fans in den Fanblock geworfenes Trikot wird ihm wieder zurückgeworfen) und Rolf Dohmen erhält seine zweite Kündigung, diesmal als Sportdirektor. Dieses Amt übernimmt Rausch anstelle seines Trainerjobs, jedoch nur bis Juli, weil der alte Cowboy sich von Tony Woodcock nicht in die Satteltaschen pinkeln lassen will, während Friedel die zweite Geige spielen muss. Friedel überlasst dem Octagon-Mann seinen Job, sattelt seine Hühner und reitet – nicht in den Sonnenuntergang – in die Schweiz zurück.

Die Schweiz? Hm, da war doch was... Ach ja! Bei der Eintracht hat man lange vor der Werbung die Antwort auf die Frage gefunden, wer es erfunden hat: Die Schweizer! Bevor sich allerdings jemand überlegen kann, was die Schweizer erfunden haben und dass es bestimmt nichts mit Fußball zu tun haben kann, wird auch schon Martin Andermatt als neuer Trainer präsentiert.

Die Hinrunde verläuft wechselhaft. Noch ist der Aufstieg nicht abgehakt, obwohl die Eintracht im Dezember nur in Babelsberg gewinnt, aber zu Hause gegen Ahlen, in Oberhausen und am 18. Spieltag in Reutlingen verliert.

Dass den Eintrachtfans die Weihnachtsgans wieder einmal schwer im Magen liegt, hat noch einen anderen Grund: Zwar hat man seit Dezember mit dem Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) Volker Sparmann als Nachfolger für den Octagon-Vertreter Steven Jedlicki einen neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats, aber da Octagon nicht Betreiber des neuen Stadions werden will, verliert die Frankfurt Fußball AG das US-Unternehmen als strategischen Partner: Verluste in Höhe von 30 Mio. DM werden bekannt. Da kann einem schon mal der Appetit auf das Weihnachtsgebäck vergehen...

Im DFB-Pokal wird das Achtelfinale erreicht, nachdem man bei den Amateuren von Werder Bremen mit 7:5 n.E. die Oberhand behält. Gegen Hertha geht es im Waldstadion dann auch in die Verlängerung. Das wieder mögliche Elfmeterschießen verhindert allerdings der Berliner Siegtreffer zum 1:2.

Weihnachten 2002

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (2. Bundesliga): 7. (11 Punkte Rückstand auf Platz 3, 16 Punkte Vorsprung auf Platz 15)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (2. Bundesliga ): 2. (3 Punkte Vorsprung auf Platz 4, Punkte 19 Vorsprung auf Platz 15)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2

„Weihnachtsgeschichten“:
In diesem Jahr kommt die Eintracht mit nur drei Trainern aus. Ein Fortschritt, zweifellos. Als der Aufstieg nach dem 25. Spieltag endgültig zu den Akten gelegt werden muss, wird Andermatt am 8. März von seinem Amt als Trainer buchstäblich befreit. Nachfolger wird sein bisheriger Co-Trainer Armin Kraaz, der zur neuen Saison von Willi Reimann abgelöst werden soll. Soll, denn Reimann hat klargestellt, für die Regionalliga nicht zur Verfügung zu stehen. Regionalliga? Moment, wieso denn Regionalliga? Die Adler schwebten doch nicht in Abstiegsgefahr?

Das nicht, denn die Eintracht beendet die Saison auf Platz 7. Dafür ist aber wieder einmal die Lizenzerteilung höchst fraglich: Im April bekommt man von der DFL mitgeteilt, dass der Eintracht die Lizenz für die 2. Bundesliga nur erteilt wird, wenn sie der DFL 11,5 Millionen Euro Liquidität nachweist.

Anfang Mai wird mit einem ungarischen Multimillionär namens Gábor Várszegi, der sich mit seinem Unternehmen Fortex an der AG beteiligen will, ein Vorvertrag unterschrieben. Am 31. Mai macht Várszegi, den man bereits als ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden präsentiert hat, einen Rückzieher, weil er „nicht wie Octagon enden“ wolle.

Eine Zusammenarbeit mit der Landesbank Schleswig Holstein (LSH) verhindert in letzter Sekunde das Veto der Aufsichtsratsvorsitzenden der LSH und Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein Heide Simonis.
Die Zeit drängt, aber es ist noch Zeit genug, um den Octagon-Mann Tony Woodcock als Sportvorstand zu entlassen und erfolglose Verhandlungen mit Christoph Daum zu führen.

Am 17. Juni beginnt mittags der Abriss des alten Waldstadions, fünf Stunden später sind die Lizenzunterlagen rechtzeitig bei der DFL abgeben. Investor und Sponsoren (u.a. Fraport AG, Mainova, Messe Frankfurt, RMV) waren dank der exzellenten Kontakte von Volker Sparmann gefunden.

Am 19. Juni teilt die DFL überraschend telefonisch mit, dass sie keine Spiel-Lizenz für die Saison 2002/2003 erhalten wird. Streitpunkt ist eine HELABA-Bürgschaft, die nach Ansicht der DFL die geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt. Von dem Lizenzentzug der Adler profitieren die sportlich abgestiegenen Unterhachinger, deren Präsident Engelbert Kupka nicht nur wegen seines Interessenkonfliktes – Kupka ist Mitglied des Vorstandes der DFL - unangenehm auffällt.

Rechtsanwalt Christoph Schickhardt ruft für die Eintracht das ständige Schiedsgericht an, um die Entscheidung der DFL anzufechten. Am 3. Juli wird die Entscheidung der DFL-Gremien wird vom neutralen Schiedsgericht in einer nicht öffentlichen Sitzung in Stuttgart aufgehoben, weil die Eintracht alle Unterlagen korrekt und rechtzeitig eingereicht hat.

Zwei Tage später fordert die SpVgg Unterhaching die DFL auf, den Schiedsspruch des Schiedsgerichts nicht anzuerkennen und dessen Aufhebung vor einem Gericht zu beantragen. Die Klagewelle der Unterhachinger beginnt, die das Landgericht Frankfurt sowie die Stuttgarter Oberlandesgerichte in Stuttgart und Frankfurt in den nächsten Wochen beschäftigen wird.

Erst nachdem alle Unterhachinger Klagen abgewiesen sind, erteilt die DFL am 18. Juli Eintracht Frankfurt die Lizenz für die Spielzeit 2002/2003 in der 2. Bundesliga. Wegen der klagefreudigen Bayern müssen die Frankfurter den Trainingsauftakt kurzerhand verschieben, da man zu dieser Zeit gerade einmal 14 Spieler unter Vertrag hat... Dennoch gelingt es Reimann und den anderen Frankfurter Verantwortlichen – ähnlich wie Ehrmantraut einige Jahre zuvor – in solider Puzzlearbeit auch ohne große Namen ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen, dem allerdings kaum ein Journalist ernsthaft Chancen einräumt, um den Aufstieg mitspielen zu können.

Zum Ende der Hinrunde liegen die Adler trotz einer 1:0-Niederlage beim Tabellen-14. SSV Reutlingen auf dem 2. Tabellenplatz. Das Saisonziel lautet aber nach wie vor "7. Tabellenplatz".

Guié-Mien, der die mit der Änderungskündigung verbundene Gehaltskürzung im Sommer nur zusammen mit einer vertraglich festgeschriebenen Ablösesumme und der Möglichkeit eines Vereinswechsels in der Winterpause akzeptierte, wechselt tatsächlich – zum SC Freiburg. Der Saubermann Volker Finke, der Trainer der Breisgauer, die damit wie ein Bayern München der zweiten Liga dem direkten Aufstiegskonkurrenten den bis dahin besten Mann abspenstig machen, gibt in einer Pressekonferenz an, dass Guié-Mien in Freiburg natürlich nicht mehr Geld verdient und er ausschließlich wegen der besseren sportlichen Perspektive wechselt. Finke wird bei dieser Aussage nicht einmal rot und kommt in den engeren Kreis der Oscar-Kandidaten.

Im Pokal reicht es wieder mal nur für die zweite Runde: In Erfurt weist man die Rot-Weißen zwar mit einem 3:2 n.V. durch Skelas Treffer in der 118. knapp in die Schranken, bei Hansa Rostock unterliegt man jedoch nach beherztem Kampf durch ein Gegentor in der 90. Minute mit 0:1.


Weihnachten 2003

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (2. Bundesliga): 3. (2. Wiederaufstieg)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Bundesliga): 18. (14 Punkte Rückstand auf Platz 5, 3 Punkte Rückstand auf Platz 15)
DFB-Pokal: Ausgeschieden in Runde 2

„Weihnachtsgeschichten“:
Reimann versteht es in angespannter Situation seiner Mannschaft den Rücken freizuhalten, von der Medienvertreter mittlerweile forsch den Aufstieg fordern. Den völlig überraschten Journalisten bringt Reimann vor dem Heimsiel gegen Lübeck im April „aus dem Keller“ einen Stapel Zeitungen mit, um sie mit ihren eigenen Prognosen zu Saisonbeginn zu konfrontieren.

„Wir haben die ältesten Fans der Liga, bei uns sehen 16-jährige aus wie dreißig“, sagte Alex Schur nach dem Spiel gegen Ulm im Mai 2000. Am 34. Spieltag beweisen die Adler, dass man alt aussehen aber dennoch glücklich sein kann: Jones, Schur und Skela haben gegen Reutlingen getroffen, aber es steht Mitte der zweiten Halbzeit nur 3:3 gegen den Absteiger. Mainz liegt dagegen dank Benjamin Auer beim anderen Absteiger in Braunschweig mit 4:0 vorne.

10 Minuten vor dem Ende hat Mainz in der Tabelle 4 Tore Vorsprung vor den Adlern und liegt scheinbar uneinholbar auf dem dritten Platz, als der Braunschweiger Thiam gegen den Karnevalsverein auf 1:4 verkürzt. Nur noch drei. Diakité bringt die Eintracht drei Minuten später wieder in Führung. Nur noch zwei. In der 90. Minute trifft der nach Frankreich wechselnde Stürmer noch einmal. Nur noch eines. Ein einziges Tor... Die 93. Minute läuft. Diakités drittes Tor wird knapp auf Kosten einer Ecke verhindert. Kapitän Keller führt die Ecke kurz auf Bürger aus, Bürger flankt direkt vor das Tor, dort steigt Alex Schur, der Frankfurter Bub schlechthin, hoch und köpft den Ball zum 6:3 ein!

Jener Alex Schur, der ein Jahr vorher, auf die Frage, welche Überschrift er gerne über sich in der Zeitung lesen würde, antwortete: „Alexander Schur schießt Eintracht Frankfurt mit zwei Toren in die Bundesliga.“
Es gibt nun keinen Rand und kein Band, der Spieler und Fans noch halten könnte. Radioreporter Chris Berdrow von FFH ist kurz vor dem Infarkt oder zumindest vor etwas, das er für geiler als Sex hält.

Alex Schur nimmt nach dem Schlusspfiff das Mikrofon, weil er der Westtribüne etwas zu sagen hat:
„Es gibt drei Kategorien von Fans: Die ersten sind immer kritisch, die zweiten kommen nur, wenn Erfolg da ist, und dann gibt es Euch – die, die immer da sind!“

Die Aufstiegsfeier der Mannschaft sichert eine der treuesten Eintrachtseelen: Rainer Falkenhain beweist sein unerschütterliches Vertrauen in die Adler, in dem er dem Wirt des Frankfurter Hauses daran hindert, sein Personal nach dem Reutlinger 3:3 nach Hause zu schicken.

Petra Roth, Frankfurts Oberbürgermeisterin, hat dagegen das Waldstadion schon 8 Minuten vor dem Ende verlassen, um pünktlich zur Premiere von „Tristan und Isolde“ in der Oper zu sein. Den Empfang der Mannschaft am selben Abend im Römer erledigt dann auch Bürgermeister Achim Vandreike.

Nach dem Saisonstart hat der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Neppe bereits nach wenigen Wochen von der Uneinigkeit im Aufsichtsrat die Nase voll und tritt von seinem Amt zurück. Herbert Becker vom Hauptsponsor Fraport übernimmt.

Der Saisonstart läuft unbefriedigend, aber wie von den üblichen Experten erwartet: Die Eintracht steht auf dem letzten Platz der 1. Bundesliga. Zu allem Überfluss verletzt sich Kapitän Jens Keller bereits im ersten Heimspiel schwer und fällt monatelang aus.

Die Rückkehr von Christoph Preuß auf Leihbasis aus Leverkusen ergibt Sinn. Warum sich die Eintracht allerdings darauf einlässt, den Fußball-Rentner Andreas Möller vom Strand auf den Platz zurückzuholen, wird auf immer ihr Geheimnis bleiben. Möller beweist schon sehr bald, dass er nicht nur seinen Turbo-Antritt verloren hat sondern körperlich bestenfalls noch in der Lage ist, im Mittelfeld anstelle des Dirigenten einen überflüssigen Stehgeiger zu geben. Während Möllers Rückkehr für alle Beteiligten ein Griff ins Klo ist, stellt sich das zeitgleiche Engagement des Brasilianers Chris vom FC St. Pauli als Glücksgriff heraus.

Fehl- und unerlaubte Griffe sind auch sonst in diesen Tagen nichts außergewöhnliches. Leider kann Montero nicht das Bechern lassen und Tsoumou-Madza nicht das Grapschen. Ob Montero Reimann, der der Mannschaft beharrlich die Qualität abspricht, beim Training nur noch alkoholisiert ertragen kann und Tsoumou-Madza unter der Trennung von seinem Glaubensbruder Guié-Mien leidet? Wie dem auch sei: Montero wird vom Verein wegen fortgesetzter Trunkenheit gekündigt, Tsoumou-Madza von einem Gericht wegen sexueller Belästigung zu sechs Monaten auf Bewährung sowie 10.000 € Geldstrafe verurteilt.

Verschiedene Schiedsrichter scheinen es sich in den nächsten Wochen zur Aufgabe zu machen, mit haarstäubenden Fehlentscheidungen in einer mit Zufall nicht zu erklärenden Häufung die Disziplin und Leidensfähigkeit von Trainer und Mannschaft auf die Probe zu stellen. Die Fehlentscheidungen nehmen auf die Spielausgänge derart massiven Einfluss, dass der Vorstand am 25. November das Gespräch mit den für das Schiedsrichterwesen verantwortlichen DFB-Mitarbeitern sucht. Das Teeren und Federn einiger Herren in Schwarz wäre in den Augen der Fans sicher angebrachter und abschreckender gewesen...

Im letzten Spiel der Hinrunde wird gegen den HSV zwar ein 0:2-Rückstand ausgeglichen, doch erzielen die Hanseaten den Siegtreffer zum 2:3 während Skela kurz vor dem Ende einen Elfer vergeigt. Die Eintracht rutscht auf den letzten Tabellenplatz ab.

In der ersten Runde des Pokals stellt die Eintracht auf dem Bieberer Berg – wenn auch erst nach Elfmeterschießen – klar, wer die Macht vom Main und die Nr. 1 ist. Bereits in der zweiten Runde kommt dann wieder das übliche Aus durch ein unnötiges 1:2 n.V. gegen den Zweitligisten MSV Duisburg.

Besondere Hoffnung legen die Fans in den neuen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen, der sein Amt zum 1. Dezember antritt. Endlich der richtige Mann am richtigen Platz? Frisch ist noch die Erinnerung an einen Vorstandvorsitzenden, der im August gegen seinen Willen aus dem Amt des Vorstandsvorsitzenden entfernt werden muss. Der Aufsichtsrat zieht damit die Konsequenzen aus den öffentlichen Auftritten des ehemaligen Hoechst-Managers Dr. Schuster, der unter dem Namen „Dr. Seltsam“ und mit dem Spruch „den Job, den ich zur Zeit mache, ist ein Kinderspiel, gegen das, was ich früher getan habe“ in das Kuriositätenkabinett der Adler einzieht.

Weihnachten 2004

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 16. (3. Abstieg)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (2. Bundesliga): 5. (8 Punkte Rückstand auf Platz 3, 7 Punkte Vorsprung auf Platz 15)
DFB-Pokal: Ausgeschieden im Achtelfinale

„Weihnachtsgeschichten“:
Mit den Neuzugängen Hertzsch und Amanatidis werden 10 Punkte aus 4 Spielen geholt, die die Adler auf Platz 14 bringen. Der Klassenerhalt scheint wieder in greifbare Nähe zu rücken.

Plötzlich wird jedoch Trainer Reimann zum ernstzunehmenden Problem. Alle haben sich damit abgefunden, dass Reimann, der sich selbst für introvertiert und erfolgsorientiert hält, von anderen aber eher als überheblich und selbstgerecht angesehen wird, mit seinen Golfbällen wahrscheinlich mehr Gespräche führt als mit seinen Spielern. Dann aber mag Reimann sich nicht mehr an die Regel halten, die er selbst aufgestellt hat: Wochenlang lässt er einen Spieler (Möller) trainieren aber nicht spielen, weil dieser nicht fit sei, wechselt aber den seit 3 Tagen im Training befindlichen Spielers Nascimento in der Schlussphase in Lautern ein. Nascimentos haarsträubender Fehler ermöglicht Lautern den Siegtreffer und kostet die Adler in der Endabrechnung vielleicht den Klassenerhalt

Aber noch etwas Gravierenderes vervollständigt das Bild eines beratungsresistenten Trainers, der sich manchen Widerspruch erlaubt und sich dennoch nie in Frage stellt: Nach seinem Angriff auf den vierten Unparteiischen beim Spiel in Dortmund erhält der vorerst völlig uneinsichtige Trainer eine Sperre im Innenraum für 5 Spiele und eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 Euro. Reimann nimmt auswärts auf der Haupttribüne und bei Heimspielen einen Platz in einem Baucontainer ein, statt konsequenterweise seinen Platz zu räumen. Schließlich sortiert Reimann auch Spieler mit der Begründung aus, dass sie durch ihr Fehlverhalten dem Team schaden. Was aber für Montero und Cipi gilt, gilt nicht für Reimann selbst.

Erst als sich Reimann direkt nach dem letzten Saisonspiel zum Urlaub nach Sylt absetzt, ist das Maß auch für Heribert Bruchhagen endlich voll: Am 22. Mai wird Willi Reimann in einen einjährigen, bezahlten Golfurlaub geschickt. Zu seinem Abschied prophezeit er: “Willi Reimann war nicht das Problem. Die werden jetzt erst kommen.“

Bruchhagen hingegen geht seinen Weg trotz des Abstiegs unbeirrt und konsequent weiter. Sein Programm scheint den Namen „der richtige Mann am richtigen Platz“ zu tragen: Mit Bernd Hölzenbein, der von Bruchhagens Vorgänger Dr. Schuster knapp ein Jahr vorher noch verhöhnt und verärgert wurde, verstärkt er die Scouting-Abteilung. Nachdem Bruchhagens Wunschkandidat Rangnick wegen fehlender Qualität der Mannschaft keine Aufstiegschance sieht und absagt, wird am 9. Juni Friedhelm Funkel neuer Trainer und Armin Reutershahn sein Co.

Neu verpflichtet werden außer van Lent, Russ und Reinhard auch Hoffmann, Weissenberger, Husterer, Köhler, Lenze, Meier und Ochs. 10 Neuzugängen, denen 11 Abgänge (wie Skela, Hertzsch, Amanatidis und Preuß) gegenüber stehen.

Markus Kreuz, der unter dem chronischen Markus-Schupp-Syndrom leidet – sich also stets für besser hält als er tatsächlich spielt - kündigt wegen Funkels Verpflichtung so lange seinen Wechsel an bis sich in Frankfurt nicht einmal mehr der hartgesottenste Boulevard-Journalist sein tägliches Gejammer anhören mag.

Sein peinlicher Singsang stoppt erst mit dem Wechsel nach Erfurt, wo Kreuz – wenn man den Gerüchten Glauben schenken mag – seine wahre Klasse beweist und sich umgehend für höhere Aufgaben empfiehlt. Angeblich ist der Mann, der in Erfurt die Flutlichtmasten wartet, allerdings nicht bereit, mit Kreuz den Job zu tauschen, obwohl ihn der Erfurter Trainer inständig darum gebeten haben soll. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Autor die letzten Zeilen aufgrund seiner besonderen Wertschätzung für Markus Kreuz einfach frei erfunden hat...

Bei Chris dagegen ist die Sache etwas komplizierter. Zuerst erscheint er nicht zum Auftakttraining und ist auch sonst nicht gewillt, seinen Vertrag zu erfüllen, der er nicht verstanden haben will. Später bittet er um Entschuldigung und will wieder für die Adler spielen. Leider sperrt dann die Dispute Resolution Chamber der FIFA Chris für alle offiziellen Begegnungen für eine Dauer von vier Monaten und belegt ihn mit einer Strafe in Höhe von 300.000 US-Dollar, die der Spieler an den brasilianischen Verein Prudentopolis SC als Entschädigung zahlen muss. Chris legt Berufung ein, kann aber vorerst nicht mehr für die Eintracht auflaufen.

Dafür gehen in Frankfurt – 11 Jahre nach Heynckes Ankündigung – die Uhren wirklich anders: Trainer Funkel wird auch nach vier Niederlagen in Folge und dem Abrutschen auf Platz 14. nach dem 11. Spieltag nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil: Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen lässt keinen Zweifel an der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Trainer, der im Sommer nur zweite Wahl war und stellt damit gegenüber Medien und Öffentlichkeit klar, wer das Sagen hat.

Beim folgenden Heimspiel gegen Aue trenne sich nun auch bei den Fans die Spreu vom Weizen, sagt Alex Schur der Presse. Nach dem 2:0-Sieg lobt Trainer Funkel vor allem die "phantastische Leistung" der Fans, die seine Mannschaft nie ausgepfiffen und immer wie eine Wand zu ihr gestanden haben.

Am Ende der Hinrunde gewinnen die Adler in Burghausen endlich ein Auswärtsspiel. 8 Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz sind dennoch eine ganze Menge, zumal das Team auswärts zu wenig Punkte holt.

Im Pokal verliert man nach Siegen in Erfurt und gegen Fürth im Achtelfinale gegen Schalke 0:2, obwohl Pröll einen Elfer von Lincoln hält.

Weihnachten 2005

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (2. Bundesliga): 3. (3. Wiederaufstieg, aber der erste direkte!)

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Bundesliga): 10. (5 Punkte Rückstand auf Platz 5, 9 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Viertelfinale erreicht

„Weihnachtsgeschichten“:
Bei noch 13 ausstehenden Spielen haben die Adler 9 Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Vorstand und Trainer nehmen jedoch den Druck von der jungen und unerfahrenen Mannschaft. Der Aufstieg wird – offiziell – zu den Akten gelegt: Das Ziel sei „mehr Punkte als in der Vorrunde zu holen.“ Als sei eine lähmende Last von ihnen genommen spielen die Adler in der Folge endlich auch auswärts befreit auf und punkten gegen Ende der Runde auf ihrer Tournee durch den Osten Deutschlands nach Belieben. Auch vom Kreuzbandriss ihres Kapitäns Alex Schur lassen sich die Adler nicht mehr aus der Bahn werfen.

1860 dagegen schwächelt und büßt gegen Saarbrücken durch das 1:1 vom Ex-Frankfurter Ortülü in der 90. Minute einen ganz wichtigen Punkt ein, der die Eintracht auf den 3. Platz bringt. Bei 1860 versucht sich daraufhin ein Trainer-Novize namens Maurer als eine Art „Westentaschen-Daum“ und scheitert kläglich. Die Eintracht steigt trotz des unsportlichen verbalen Störfeuers aus München nach einem 3:0 gegen Burghausen auf. (Leider beschließt an diesem Tage die Polizei vorzeitig ihre WM-Tauglichkeit unter Beweis zu stellen: Erinnert der unnötige und überflüssige Polizeiaufmarsch im Waldstadion noch eher an einen Maskenball zu Ehren von George Lucas, werden in der Nacht in Sachsenhausen bei den Fans Assoziationen anderer Art geweckt... Im Stadion verläuft die Situation dank der Aufforderung von Alex Schur und des Einsatzes von Stefan Lexa im Block noch relativ glimpflich, in Sachsenhausen allerdings spielen sich in der Nacht dagegen „Jagdszenen“ ab. Die offiziellen Erklärungsversuche und „Ermittlungsergebnisse“ hinterlassen bis heute einen mehr als bitteren Nachgeschmack.)

Für einen schalen Nachgeschmack sorgt auch „Container-Willi“, dem das Jahr bezahltes Golfspielen offensichtlich nicht genug ist. Wenn jemand zu viel Zeit hat, kommt er eben auf dumme Gedanken. In diesem Fall kommt der passionierte Golfer auf den Einfall statt eines guten Buches doch einmal seinen Vertrag genauer zu lesen. Und siehe da: Da wird doch von einer Nichtabstiegsprämie von 120.000 Euro für die zweite Saison gesprochen? Sicher, die Mannschaft ist nicht zuletzt dank Container-Willi mittlerweile in der zweiten Liga, gesehen oder gar trainiert hat er die Buben auch schon seit Mai des Vorjahres nicht mehr und sie spielen auch nicht gegen den Abstieg aus der ersten sondern um den Aufstieg in die erste Liga, aber – bitte schön – Vertrag ist eben Vertrag, nicht wahr?

Obwohl die Eintracht vorbringt, dass der Ex-Trainer einen Anspruch herzustellen versucht, der unmöglich von den Vertragsparteien gemeint und gewollt gewesen sein kann, macht der Arbeitsrichter sehr schnell klar, dass er das von Volker Sparmann unterschriebene, unpräzise formulierte Vertragswerk ähnlich interpretieren muss wie es der maulfaule aber lesefreudige ehemalige Gelegenheits-Golfer in seiner Klage beantragt. Am Ende einigt man sich auf einen Vergleich, der dem Richter ein Urteil erspart und die Eintracht etwa 80.000 Euro kostet.

Auch in der ersten Liga gehen in Frankfurt die Uhren – sehr zum Ärger des Boulevard - immer noch wohltuend anders. Die andernorts bei anhaltendem Misserfolg ebenso üblichen wie einfallslosen Mechanismen greifen bei Heribert Bruchhagen einfach nicht: „Er (Funkel) ist kompetent, sehr ehrgeizig und arbeitet leidenschaftlich mit dem Team. Der Trainer ist authentisch - unsere Mannschaft ist es auch.“

So deutlich wie die Worte des Vorstandsvorsitzenden ausfallen, so überzeugend sind die folgenden Auftritte der Mannschaft: Nach einem 1:0-Sieg in Duisburg wird auch der andere Mitaufsteiger aus Köln unter Attilas wachsamen Augen mit 6:3 abgefertigt.

Wenige Tage später wird der Meisterschaftskandidat aus Gelesenkirchen in „Schalke 06“ umgetauft: Die Adler zerlegen die Millionen-Truppe aus dem Ruhrpott nach allen Regeln der Kunst, führen sie vor wie einen bedauernswerten Tanzbär an der Nase, um sie ebenfalls mit einem „six-pack“ nach Hause zu schicken. Auf der Bank der überheblichen Schalker sitzt übrigens Ralf Rangnick, der der Eintracht vor etwas mehr als einem Jahr die Klasse abgesprochen hatte, um den Aufstieg in die erste Liga ernsthaft mitspielen zu können... Auch sogenannte „Professoren“ schwätzen eben manchmal dummes Zeug.

Ein Wermutstropfen dieses überragenden Jahres mit 21 Siegen in 37 Pflichtspielen ist lediglich die Niederlage im letzten Hinrundenspiel in Mönchengladbach nach einer 2:0-Führung. Die Eintracht steht nach dem 17. Spieltag auf Platz 10 und hat sage und schreibe 9 Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge.
Im Weihnachtsfieber fabulieren einige Fans bereits wieder von einem Platz unter den ersten 5...

Nun ja, es ist auch schwer sich der Euphorie um die Adler zu entziehen, besonders nach dem sie kurz vor Weihnachten zum ersten Mal seit 13 Jahren im DFB-Pokal ins Viertelfinale einziehen. Nürnberg wird nach dem Platzverweis für Spycher dank Oka Nikolov mit 10 Mann bezwungen: 5:2 n.E.

Weihnachten 2006

Vom „Sommerfest“ zum Saisonabschluss sind übrig geblieben:
Platzierung am 34. Spieltag (1. Bundesliga): 14. (16 Punkte Rückstand auf Platz 5, 3 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Finaleinzug
UEFA-Pokal: Qualifiziert

Unterm Christbaum liegen:
Platzierung am 17. Spieltag (1. Bundesliga): 10. (7 Punkte Rückstand auf Platz 5, 5 Punkte Vorsprung auf Platz 16)
DFB-Pokal: Viertelfinale erreicht
UEFA-Pokal: In der Gruppenphase ausgeschieden

„Weihnachtsgeschichten“:
Im Frühjahr schlägt das Verletzungspech bei den Adlern besonders hart zu und setzt kurz nacheinander drei Leistungsträger außer Gefecht. Chris – wie Jones eigentlich kaum zu ersetzen – erleidet einen Bandscheibenvorfall. Nachdem bei Preuß ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen wird, stellt man wenig später genau diesen bei ihm fest. Im Gegensatz zu Chris kommt Preuß allerdings um eine Operation herum.
Die Leidenszeit von Jones - der sich über Monate trotz starker Schmerzen in den Dienst der Mannschaft stellt - Chris und Preuß beginnt allerdings erst und soll nach weiteren Verletzungen (Preuß) und weiteren Operationen (Jones) erst kurz vor Weihnachten enden...

Die Adler geraten in der Rückrunde nicht mehr ernsthaft in Abstiegsgefahr, verdanken dies aber auch der Schwäche der unmittelbaren Konkurrenten und dem eigenen Punktepolster aus der Vorrunde. Während die anderen Mitaufsteiger aus Köln und Duisburg direkt wieder absteigen, bleibt ausgerechnet der sichere Abstiegskandidat der „Experten“ in der ersten Liga.

Außerdem erreicht die Mannschaft - trotz der Verletztenmisere - neben dem Klassenerhalt auch noch das Pokalfinale in Berlin. Sie unterliegt dort nach großem Kampf den Bayern mit 0:1, auch weil sich Oliver Kahn ausgerechnet kurz vor Schluss bei einem Schuss von Amanatidis daran erinnert, mal ein Weltklassetormann gewesen zu sein...

In der neuen Saison etablieren sich die Adler weiter in der ersten Liga. Trotz durchwachsener Leistungen bleibt die Eintracht lange ungeschlagen und erreicht über Brøndby sogar die Gruppenphase im UEFA-Cup.

Während es Francisco Copado früh auf die Provinzbühne nach Hoffenheim zieht, wo er ungestört den kleinen Prinzen auf der Erbse geben darf, freuen sich die Fans zum Ende der Hinrunde über das Comeback der monatelang verletzten und schmerzlich vermissten Chris, Jones und Preuß, der zwar noch nicht auf dem Platz aber schon wieder im Kader steht. Die Aussichten sind nicht zuletzt auch deswegen - trotz einer unnötigen 0:1-Niederlage in Berlin am 17. Spieltag - gut. Die Eintracht steht mit 20 Punkten auf dem 10. Tabellenplatz, 5 Punkte vor den Abstiegsrängen.

Im Pokal schlägt man nach Erfolgen in Siegen und Essen den 1. FC Köln nach Verlängerung mit 3:1 und steht wie im Vorjahr im Viertelfinale.

Damit enden meine sehr subjektiven „Weihnachtsgeschichten“. Wer tatsächlich bis hierher durchgehalten hat, muss nun auch noch mein Fazit ertragen: Früher war nicht Alles schlecht und heute ist längst nicht Alles gut – aber so gut wie heute war es schon sehr lange nicht mehr.

Ich wünsche allen Eintrachtlern einen guten Rutsch in das neue Jahr.

Euer Kid

PS: Körbel hat in einem Interview 2003 folgendes über die Eintracht gesagt: „Wir hatten (1996) eine junge Mannschaft, mit einem Anicic, Becker und Hagner. Da waren wir auf einem guten Weg. Nur dann kam wieder diese Unruhe auf, und man setzte sich als Tabellenzwölfter Ziele, die nicht zu erreichen waren. Mit der Konsequenz, dass man am Ende abgestiegen ist. ...

Wenn wir es nicht schaffen, in der Führung ein in sich geschlossenes Team aufzustellen – in Verbindung mit einem Trainer, den man in Ruhe arbeiten lässt – dann werden wir immer Probleme haben. ...
Die Eintracht hat riesiges Potenzial, gehört von der Tradition her zu den ganz großen Vereinen in Deutschland. Aber man muss verstehen, dass es momentan nur das Ziel sein kann, sich in der Bundesliga zu etablieren. Das ist schwer genug, denn die vorderen Plätze sind vergeben. Wir müssen uns Gedanken machen ab Platz 10... Wenn du dir selbst Probleme machst und nicht hellwach bist, dann hast du keine Chance in der Bundesliga.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Endlich. Doch. Etwas ist da noch:

Ein „Danke“ an meine Frau, die mich während der Feiertage mit der Eintracht teilte und mich bei diesem Beitrag unterstützt hat: Du bist die Beste!

Quellen:
„Schlappekicker und Himmelsstürmer“ von Ulrich Matheja
„Frankfurter Fußballwunder“ von Jörg Heinisch
http://www.eintracht-archiv.de
http://www.fussballdaten.de

KidKlappergass ist Eintrachtfan seit 1974.

 

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