24.03.2007

Eine Fanhistorie der anderen Art

Es fing alles 1991- ich bin noch ein junger, fast 16jähriger Eintrachtfan - in einem kleinen Ort namens Hösbach an (40 Km vom FFM entfernt). In meinen ersten Lebensjahren, bis zur 2. oder 3. Klasse, habe ich einfach nur mit Freunden auf dem Schulhof oder nachmittags Fußball gespielt und Spaß gehabt. Mein Onkel hat, seit ich ihn kenne, eine Dauerkarte. Früher hatte er sogar eine zweite für seine Frau, und wenn diese nicht konnte, nahm er mich ins Stadion mit. Bei meinem ersten Stadionbesuch war ich fünf Jahre alt und ich kann mich an absolut nichts mehr erinnern. Aber ich war seitdem jede Saison vier bis fünf mal mit meinem Onkel im Stadion. Er wohnte damals noch in Frankfurt und immer, wenn ich mit ihm ins Stadion ging, fuhr mich meine Mutter nach Frankfurt, verbrachte den Tag mit meiner Tante, und mein Onkel und ich gingen zusammen zur Eintracht.

Ich kann mich nicht an viel aus dieser Zeit erinnern. Wer kann sich schon noch daran erinnern, als er acht oder neun war? Aber an große Spieler wie Okocha, Zico und Schui kann ich mich noch gut erinnern, da ich sie damals schon „vergöttert“ habe. Ich begann mich seit dieser Zeit immer intensiver mit der Eintracht zu beschäftigen. Samstags wurde der Live-Ticker verfolgt und abends „ran“ geschaut. Das Ganze ging so bis zu meinem 13. Lebensjahr weiter. Jede Saison ein paar Mal ins Stadion und samstags immer Ticker und „ran“. Vor zwei Jahren zog mein Onkel dann zu uns in die Nähe und hatte - zu meinem Leidwesen - nur noch eine Dauerkarte. In meinem 13. Lebensjahr war ich dann mit meinem Vater 4- bis 5-mal im Stadion und es war einfach nur geil. Leider habe ich das 5:1 gegen Lautern und das 6:3 gegen Reutlingen nicht mitbekommen, da ich einfach zu jung war.

Letztes Jahr war ich dann ein paar Mal im Stadion, darunter der wirklich geile 6:0-Erfolg gegen Schalke und der 1:0-Erfolg gegen Bielefeld im Pokal sowie ein paar Bundesligaspiele. Ich verfolgte das Pokalfinale am Fernseher und war nach dem Spiel traurig aber auch stolz auf meine Eintracht. Wir im Pokalfinale, das hat nicht jeder vorher erwartet. Wir waren meiner Ansicht nach besser als die Bayern, aber es war einfach geil, erst einmal das Finale erreicht zu haben. Seit dieser Saison war ich dann auch mit allem, was ich hatte, bei der Eintracht - vorher war ich einfach noch zu jung. Die Stadionbesuche mit meinem Vater waren klasse und mit ihm zusammen die Sportschau zu schauen, war schön. Ich habe ihn damit wahrscheinlich mit dem Eintracht-Virus infiziert. Er ist zwar bis heute kein „richtiger“ Eintrachtfan, aber er hofft immer, das wir gewinnen und freut sich immer mit mir.

Seit dieser Saison haben ich und ein Freund je eine Dauerkarte, die wir durch meinen Onkel bekommen haben. Ich habe mit ihm geredet, ob er uns zwei Karten organisieren kann. Es hat quasi in letzter Minute geklappt. Leider sind es Sitzplätze, aber nächste Saison versuchen wir „Steher“ zu bekommen. Jetzt ist es uns egal. Hauptsache, freitags/samstags/sonntags mit meinem Onkel zusammen ins Stadion fahren, bei jedem Spiel mitfiebern und singen zu können. Mein Freund und ich sitzen neben netten Leuten, auch wenn sie alle mit Abstand älter sind. Wir wurden freundlich „aufgenommen“ und freuen uns mit ihnen zusammen, leiden aber auch mit ihnen zusammen. Alles in allem eine geile Saison. Der UEFA-Cup gegen Brøndby und Newcastle daheim, wo einfach eine geile Stimmung herrschte - besonders im Brøndby-Spiel – und die nervenzerreisenden Spiele daheim.

Mal glücklich gewonnen, mal unverdient verloren und - am häufigsten in dieser Saison – unentschieden gespielt. Am Anfang wurde immer gesungen „Und schon wieder ungeschlagen SGE“, doch mit der Zeit kamen Niederlagen - aber auch Siege. Nach der Hinrunde, kurz vor Weihnachten und meinem Geburtstag, wohl das beste Geburtsaggeschenk (ich habe am 20.12. Geburtstag und das Spiel war bekanntlich am 19.12.), der 3:1-Heimsieg gegen Köln. Die Winterpause war schön, aber auch quälend: Ich wollte ins Stadion, aber wenn man auf die Tabelle geschaut hat, war es einfach schön. Ich habe die Hinrunde noch einmal durchlebt und alles in allem war sie fast perfekt. Die vielen Unentschieden haben mit der Zeit ein bisschen genervt, aber gut.

Dann bin ich mit - wahrscheinlich zu - hohen Erwartungen in die Rückrunde gegangen. Gegen die Spitzenmannschaften wurde verloren und gegen Wolfsburg und Mainz gab es nur zwei unverdiente Unentschieden. Beim Stuttgart-Spiel haben sich noch ein paar Kumpels von uns Karten besorgt und wir sind zusammen nach Frankfurt gefahren. Getrunken, gesungen, gefeiert und nach dem Spiel enttäuscht heimgefahren. Das Spiel hat eigentlich den bis dahin perfekten Tag zerstört, aber im Zug haben wir mit anderen Eintrachtfans gesungen, sind gehüpft - ich glaube, das ist das Schönste am Eintrachtfansein: nach einer Niederlage trotzdem zu feiern, als hätte man gewonnen.

Die nächsten Spiele liefen auch schlecht. Wir rutschten bis auf Platz 16 ab und ich fragte mich, wie der in der Hinrunde so große Abstand zu den Abstiegsplätzen so schnell schrumpfen konnte. In dieser Zeit war ich einfach nur „traurig“ darüber. Aber dann kam die Wende gegen die Oxxen. Wir sind mit dem Zug nach Frankfurt auf die Konstabler gefahren, trotz Schule am nächsten Tag. Es war einfach ein geiles Spiel und wir waren schließlich um ein Uhr nachts daheim und sind alle am nächsten Tag verschlafen, aber glücklich in die Schule gegangen. Dann kam der Sieg gegen Hannover, bei dem ich wegen Grippe daheim bleiben musste, und ihn am Ticker und in der Sportschau verfolgte. Der Sieg war wegen der bis dahin schlechten Rückrunde einfach eine Genugtuung. Ich war heiß aufs Bayern-Spiel und habe 2:1 für uns getippt. Mein Freund meinte, ich wäre verrückt - wir tippen vor jedem Spiel. Das Spiel war dann einfach das Größte - so etwas hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Ab der 60. Minute ein einziges Pfeifkonzert gegen die Bayern und eine Euphorie, wenn wir in Ballbesitz waren. Dann das Tor des Monats durch Preuß und alles ist aus den Nähten geplatzt. Wir lagen uns alle in den Armen und ich habe gehofft, dass wir es durchhalten bis zum Schluss. Meine Nerven waren am Ende. Aber wir schafften es und es wurde nur gefeiert. Mein bis jetzt - mit dem Derbysieg und dem Brøndby-Spiel - schönstes Spiel, das ich live miterlebte. Jetzt freue ich mich auf das nächste Heim- und auch Auswärtsspiel, in denen einfach zwei Siege Pflicht sind. Und ich freue mich noch auf den Rest der Rückrunde, das Pokalhalbfinale in Nürnberg und vielleicht wieder das Pokalfinale, zu dem wir versuchen werden, Karten zu bekommen. Aber eines nach dem anderen. Die Priorität hat natürlich der Klassenerhalt. Ich gebe alles, dass wir drin bleiben.

In diesem Sinne:

„Einmal Adler, immer Adler“

Nachtrag:
Was ich noch hinzufügen möchte, ist, das sich an Weihnachten 2005 mein Vater von meiner Mutter getrennt hat. Da brach für mich eine Welt zusammen: Keiner mehr, der mit mir ins Stadion ging. Keiner, mit dem ich die Sportschau schauen konnte, und der auch Ahnung hatte. Natürlich auch, dass ich alleine mit meiner Mutter, die alles für mich macht, über die Runden kommen musste/muss. Aber mein Vater fehlt mir in vielen Belangen schon sehr...


Der Autor „MainAdler16“ ist Simon Rosenberger aus Hösbach und Eintrachtfan seit ca. 1999.

 


 

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