30.05.2006

Eisschrank G-Block Anno 1993

Es war der 23.11.1993, es war der Tag des UEFA-Cup-Achtelfinals, Hinspiel gegen Deportivo La Coruná. Ich kann mich noch genau daran erinnern, denn es war das erste Europapokalspiel, wo ich alleine hin bin. So ganz ohne Vaddern und so. Der alte Mann hatte Nachtdienst, also konnte er sich nicht herablassen zu seiner Eintracht zu gehen. So war er so nett, mir seine Karte für den G-Block zu überlassen. Ziemlich aufgeregt war ich für meine 17 Lenze, wie 'nen kleiner Bub.

Es ging schon damit los, dass ich Mittags meine Kutte ausgepackt hatte und mir überlegt habe welches Trikot ich anziehen sollte. Das Kurze von Hoechst oder doch lieber das (Schande über mich, ich hab es immer noch) Blaugelbe von Tetra Pak. Da es an diesem Tage blauen Himmel zu sehen gab, entschied ich mich lieber für das Langärmelige von Tetra Pak, da es doch etwas kühler werden könnte (Hätt ich an diesem Abend gewusst, WIE kalt es werden würde, dann hätt' ich wohl mehr als nur das Trikot mit 'nem dicken Rollkragen drunter getragen, aber man kennt ja, die Jugend, man wollte ja cool sein).

Endlich war es soweit. Ich fuhr mit der Bahn nach Eschhofen und stieg von da aus in den Zug gen Frankfurt (Villmar liegt soooooo am Arsch der Welt, versucht da mal als Eintrachtfan zur Eintracht zu kommen, wenn man keinen Führerschein hat). Überrascht war ich über die Leere im Zug. Außer den allseits bekannten und nicht sehr beliebten Eschhöfern stieg sonst keiner mehr ein, bis wir in Camberg waren (zumindest fiel mir niemand auf, aber damals waren die Züge auch noch länger als heute). Das war schon erschreckend für 'nen 17-jährigen Bub, der auf eine volle Hütte gegen einen attraktiven spanischen Gegner gehofft hat. In Camberg stiegen dann wieder ein paar mehr ein, aber es war wirklich nicht soooo viel los. Bis Frankfurt blieb der Zug so gut wie leer.

Egal, frohen Mutes die Schals umgewickelt, die Fahne über die Schulter und laut krakeelend aus dem Zug gehüpft. "Hurra, Hurra die Frankfurter sind da." Brrrrrr, war das empfindlich kühl im Bahnhof. Na egal, auf die Anzeige geschaut und Stirn runzelnd festgestellt, dass kein Sonderzug gen Sportfeld fuhr. Na ja, Schulter zuckend ging’s dann in die Tiefebene, wo man dann auf die S-Bahn gewartet hat, welche dann auch nicht sehr viel später einfuhr. Rein gehüpft und mitgehüpft, hätte ich gewusst, wie viel ich an diesem Abend noch hüpfen würde, hätt ich mich lieber hingesetzt die paar Minuten. Am Sportfeld angekommen, wurde sofort die Tür geöffnet und ich blieb, erschrocken über die Eiseskälte die mir entgegen schlug, stehen. Es waren mindestens -10 Grad und es war noch nicht mal 20:00 Uhr. Bibbernd zwängte ich mich in den Minimob welcher sich gen Stadion aufmachte

Vorm Stadion das übliche Prozedere, Karte wurde entwertet, man wurde kurz gemustert (Harrrrch war das hübsch früher, so von wegen Leibesvisitation, wenn die Ordner keine Lust hatten, dann hatten sie auch keine Lust) und erst mal flott hinter den G-Block an den einen Bierstand (k. A. wo der genau noch war, es ist einfach vieeeeeel zu lange her, ich weiß nur, dass es dort verführerisch nach Glühwein gerochen hat und ich da bis kurz vor der Mannschaftsaufstellung vier Geglühte reingezogen hatte). Kurz vor der Mannschaftsaufstellung bin ich dann die altersschwachen Stufen hoch in den G-Block. Grinsend streckend, aber doch frierend, nahm ich die letzten Stufen und erschrak. So kurz vor Anpfiff und das Stadion war so gut wie leer. So leer wie es eigentlich nur gegen Uerdingen oder so ist und nicht gegen einen spanischen Top-Club.

Na ja egal. Es wurde immer kälter und die Fans rückten immer näher zusammen, damit man nicht ganz erfror. Die ersten "Wer nicht hüpft ist Offenbacher" Chöre erschallten in das weite Rund und es wurde ein wenig wärmer. Die Laune stieg und stieg, die Nase wurde kälter und kälter und im Block hüpfte man wie besessen, um warm zu bleiben. Das Spiel war wirklich keine Augenweide. Das Stadion fast leer und die Temperaturen erreichten die 20° minus (so kam es mir jedenfalls vor damals). Das einzige Positive war der Pausenpfiff, denn nun konnte ich mich ganz flott in Richtung Toilettenbunker machen (erinnert ihr euch noch an dieses hässliche, dreckige Ding hinter dem G-Block? Wenn man ihn nicht sehen konnte, dann zumindest riechen), um mich aufzuwärmen.

Nur leider war ich nicht der Einzige mit dieser "glorreichen Idee". Die Schlange vor der Toilette war, ehm..., gelinde gesagt riesig. So blieb mir nix anderes übrig, als gen Hecke zu gehen und wild in die Walachei zu pieseln. Danach ganz, ganz schnell zum Glühweinstand und noch mal zwei Geglühte gepichelt. Dass ich den Anpfiff verpasste zur zweiten Halbzeit war mir da grad wurschtegal.

Nach dem Geglühten torkelte ich mehr als das ich ging die Treppen wieder hoch und muss ehrlich gestehen, dass ich vom Spiel so gut wie nix mehr mitbekam. Ich hüpfte mehr oder weniger mit der Masse mit und versuchte, wach und warm zu bleiben bei diesen arktischen Temperaturen. Irgendwann, es war wohl die 90. Minute, kam zu dem Hüpfen noch ein Jubeln hinzu, und tatsächlich, nachdem ich irgendwie geschafft hab', auf die Anzeige zu linsen, erkannte ich, dass ein gewisser Mirko Dickhaut mir noch den Tag gerettet hatte. Ich hatte das Tor nicht gesehen, wie er es gemacht hat, aber es war 'nen ganz wichtiges. Die Spieler sind nach dem Abpfiff dann zu uns rüber und ließen sich dann erst mal kurz feiern, ehe sie sich ins Warme verzogen.

Na ja das Stadion leerte sich verdammt schnell dann. Die Temperaturen wurden immer brutaler und die Stimmung verflog ebenso schnell wie sich das Stadion leerte. Man wartete mehr murrend als feiernd auf die S-Bahn am Sportfeld und freute sich um so mehr, als sie dann kam. Im Hauptbahnhof hatten wir dann knapp 'ne Stunde Aufenthalt, also hieß es wieder Glühwein trinken. Ab diesem Zeitpunkt verschwamm der Tag immer mehr im Nebel. Ich stieg irgendwie in meine S-Bahn gen Niedernhausen. In Niedernhausen wurde ich dann von einem Fan geweckt und mehr oder weniger rüber geschleift zur Bahn nach Limburg. Irgendwann stieg ich dann in Niederbrechen aus und nen Kumpel fuhr mich dann nach Hause, wo ich total verfroren, aber doch glücklich, ins Bett fiel.

Erst am nächsten Tag realisierte ich wirklich was passiert war, die Eintracht hatte tatsächlich gegen einen spanischen Topclub gewonnen! Ha, danke Klaus Toppmöller für diesen Sieg, danke Eintracht anno 1993 für die schöne Saison! Danke Eintracht Frankfurt für diese schönen Erinnerungen.

Vael aka Daniel Stephan ist Eintrachtfan seit 1992.


 

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