Erich Meier - 'Flutlicht-Meier'

*30. 03. 1935 · † 08. 02. 2010

Bis 1956 FV Breidenbach, 1956 bis 1962 Eintracht, 1962 bis 1965 1. FC Kaiserslautern, 1965/66 VV Alkmaar '54, 1966 AGOVV Apeldoorn.

Oberliga
DM-Endrunde
SFV-Pokal
1956/57
6
2
-
-
-
-
1957/58
7
3
-
-
2
-
1958/59
13
7
2
1
-
-
1959/60
14
4
-
-
6
4
1960/61
2
1
5
5
-
-
1961/62
1
-
1
-
1
-
Gesamt:
43
17
8
6
9
4

Weitere Einsätze: Flutlicht-Pokal 1957 5/3, 1958 4/1 (insgesamt: 9/4); Europapokal 1959/60 6/4.
Saison 1958/1959 Saison 1958/1959 Heinerle Sammelbild 1961/62

 

„Flutlicht-Meier“

„Flutlicht-Meier“. Der Spitzname erinnert an eine Zeit, in der Spiele unter Flutlicht noch etwas Besonderes waren. So besonders, dass sogar eine Flutlichtmeisterschaft ausgespielt wurde, die die Eintracht 1957 für sich entscheiden konnte. Schalke 04 wurde in zwei Finalspielen (3:3 und 0:0) bezwungen: Die Eintracht war am Ende den Knappen zwei Ecken voraus.


Trainer Patek, Erich Meier und
Spielausschussvorsitzender Berger

An diesem Titelgewinn war Erich Meier mit drei Toren in fünf Spielen beteiligt, aber er war natürlich trotz seines Spitznamens auch bei Tageslicht zu außergewöhnlichen Leistungen in der Lage. So wie beim 4:0-Auswärtssieg seiner Eintracht am 3. Spieltag der Meistersaison 1958/59, zu dem Ludwig Dotzert in "Der neue Sport" schrieb: "Und dann plötzlich aus der scheinbaren Stagnation ein schneidender Diagonalpaß zu Meier hinüber, der sich förmlich durch seine Angreifer hindurchmeißelte und immer wieder wie der Leibhaftige vor Sawitzki auftauchte."

Oder wie zwei Spieltage später, als die Eintracht nach 55 Minuten in Rückstand und der erhoffte erste Sieg beim KSC nach 10 Jahren des vergeblichen Wartens in weite Ferne geriet. Ludwig Dotzert berichtete damals, was sich nach dem 0:1 ereignete: "Es war, als ob sämtliche Riederwälder Stürmer von Kamelen auf Araber-Hengste umgestiegen wären. Von Lindner bis Meier — eine einzige, grandiose Kettenreaktion." Lindner erzielte eine Minute nach dem Treffer des KSC den Ausgleich, kurz darauf schlug Meiers große "Stunde", die drei Minuten dauerte: "Meier erwischte eine Pfaff-Vorlage in vollem Lauf. 2:1! Meier holte sich einen bereits verlorenen Ball zurück, drehte sich um, und schon klebte das Leder, von einem Karlsruher leicht abgelenkt, abermals im Netz, 3:1!" Die Eintracht siegte am Ende 4:2.

Meier wurde in jener Saison verletzungsbedingt zurückgeworfen und erzielte doch seine beste Trefferquote für die Eintracht bei Meisterschaftsspielen: 8 Tore in 15 Einsätzen. Das letzte Tor schoss er am 4. Spieltag der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft zum Endstand des 4:2-Sieges in Köln. "Meier war nicht ganz der alte, aber allein das vierte Tor war seinen Einsatz an diesem Tage wert", schrieb Helmer Boelsen und Ludwig Dotzert und pflichtete ihm bei: "Meier brauchte bis gegen Ende, um sich in seine alte Rolle hineinzufinden. Dann schoß er ein Original-Meier-Tor, und die Befürworter seiner Aufstellung waren rehabilitiert (..) Bis auf den vierten Treffer von Meier geschah in Köln nichts Gewaltsames. Er, der vierte und abschließende Treffer, war mindestens so wertvoll und begeisternd wie die vorhergehenden, aber er war nicht typisch. Er erinnerte an die Treffer, die Riederwalds Stürmer manchmal zu Hause erzwingen."


Vor dem Spiel gegen Bern
im Stadion: Meier und Pfaff

Am 5. Spieltag der Endrunde war Erich Meier beim 6:2 in Pirmasens noch einmal mit von der Partie, bei den letzten beiden Pflichtspielen - und somit auch im Finale - fehlte er. Dafür hielt sich Meier in der folgenden Saison im Europapokal der Landesmeister schadlos und erwarb sich den Ehrentitel des "Flutlicht-Meier".

Nachdem die Eintracht kampflos in die zweite Runde eingezogen war, stellte Meier gleich beim ersten Europapokalauftritt der Riederwälder seine Qualitäten unter Beweis und erzielte nach einer knappen Stunde den Siegtreffer beim 2:1 gegen den Wiener SC. Ludwig Dotzerts Beschreibung gleicht einer Lobeshymne: "Alles Gute kam von den kernigen Gestalten eines Meier, eines Weilbächer und eines Kress. Meiers reißende Spurts und giftige Präzisionsschüsse waren das Verblüffendste überhaupt an diesem fremdartig wirkenden Eintrachtsturm. Kaum ein von Meier abgefeuerter Ball, den der sonst so griffsichere Wiener Tormann Bogner festhielt. Meier lieferte für die Eintracht die Linksaußen-Partie des Jahres."

Kein Wunder also, dass der Eintracht-Sturm und besonders Meier beim hart umkämpften 1:1 im Rückspiel mit harten Bandagen bekämpft wurden: "Die drei Spitzen Kreß, Stein und Meier waren den härtesten Attacken ausgesetzt, sie schonten sich nicht, denn der linke Verteidiger Hasenkopf kannte meist nur die Parole „Ball oder Mann", und sein rechter Kollege Windisch mähte Meier in den ersten Minuten um, daß man befürchtete, der Eintrachtlinksaußen habe schon ausgespielt." Doch Erich Meier ließ sich von der Gangart der Wiener ebenso wenig einschüchtern wie seine Kameraden. Drei Minuten vor dem Ende hätte er um ein Haar wiederum den Siegtreffer erzielt, doch die Latte war im Weg.

In der nächsten Runde warteten die Young Boys aus Bern und erneut setzte Meier seine Duftmarke auf das europäische Parkett. Meiers Tor zum 4:1-Auswärtssieg in der 83. Minute kommentierte Dotzert so: "Endlich kam auch Riederwalds Meier mit einem seiner Schüsse durch und trieb das Ergebnis damit auf eine Höhe, die internationales Aufsehen erregte."


Meier beim Kopfball, Torhüter
Niven kommt zu spät (Eintracht -
Glasgow Rangers 6:1)

Doch auch in den 1950er Jahren blieben Fußballspieler nicht von heftiger Kritik verschont. Nicht einmal nach großen Erfolgen, wie Erich Wick nach dem sensationellen 6:1 der Eintracht über die Glasgow Rangers im Halbfinalhinspiel demonstrierte: "Es gab zwar kaum einen Mann, der soviel rackerte wie Meier und der infolgedessen die gegnerische Abwehr in schreckliche Verwirrung stürzte — aber auf der anderen Seite verschleuderte er seine herausgespielten Chancen wie ein übermütiger Millionär, der die Geldscheine auf die Straße wirft. Er säbelte nach seinen Flankenläufen immer wieder den Ball steil über die Torlatte, statt vor allem das Flanken, das Weiterspielen im Auge zu behalten."

Auch beim 6:3 im Rückspiel wurde Meier nicht zum Kritiker-Liebling, behielt aber eben das im Auge, worauf es bei einem Stürmer auch ankommt - das Toreschießen. "Pechvogel Meier schoß zweimal innerhalb von zwei Minuten die Kugel ins Rangers-Tor, fast von der gleichen Stelle und fast nach dem gleichen Angriff nach großartigen Flanken von Stein und Kreß. Zeitweise sprangen die Frankfurter mit den ausgekochten (aber auch ausgelaugten) Profis wie mit Schulbuben um", lobte Bert Merz.

Im Finale gegen Real Madrid fehlte dann nicht viel, und "Flutlicht-Meier" hätte seine Bilanz im Europapokal auf fünf Tore in sechs Spielen ausgebaut. Leider hatte der Torhüter der Madrilenen etwas dagegen, Glück und Geschick standen ihm laut Bert Merz dabei zur Seite: "Schon in der ersten Minute rauschte ein Meier-Schuß von ganz weit links heran, bei dem Dominguez Mühe hatte, die Fingerspitzen noch an den Ball zu bringen. Der Schuß streifte noch den Pfosten, ehe er zur Ecke abdrehte."

Zwei Jahre blieb Erich Meier noch bei der Eintracht, an seine großartigen Leistungen zwischen 1958 und 1960 konnte er leider nicht mehr anknüpfen. Unvergessen bleiben sie dennoch. (rs)

 


Die Endspielmannschaft von Glasgow. Erich Meier rechts hinten neben Alfred Pfaff.

 





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