VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1985/1986 - 30. Spieltag

2:1 (2:0)

Termin: Sa 05.04.1986, 15:30 Uhr
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Hans Wahmann (Marl)
Tore: 1:0 Predrag Pasic (3.), 2:0 Michael Nushöhr (7., Foulelfmeter), 2:1 Klaus Theiss (72., Foulelfmeter)

 

>> Spielbericht <<

VfB Stuttgart Eintracht Frankfurt

  • Helmut Roleder
  • Michael Nushöhr
  • Dirk Schlegel
  • Karlheinz Förster
  • Rainer Zietsch
  • Asgeir Sigurvinsson
  • Guido Buchwald
  • Karl Allgöwer
  • Jürgen Hartmann
  • Jürgen Klinsmann
  • Predrag Pasic

 


 

Wechsel
  • Jörg Wolff für Predrag Pasic (64.)
  • Thomas Gomminginger für Dirk Schlegel (88.)
Wechsel
Trainer
  • Willi Entenmann
Trainer

 

Zu lange freundlich

Eine ganz schwache Anfangsphase bescherte Eintracht Frankfurt eine verdiente 1:2-Niederiage im Neckarstadion gegen den VfB Stuttgart. Schon nach sieben Minuten stand es durch Tore von Pasic und Nusshöhr (Elfmeter) 0:2. Für den Treffer der wiederum sturmlahmen Frankfurter mußte ein Elfmeter von Libero Klaus Theiss herhalten. Herausgespielt hatte die Eintracht über 90 Minuten gerade drei Möglichkeiten. Die der Stuttgarter waren dagegen kaum zu zählen. Auch über ein 1:4 oder 1:5 hätte sich die Eintracht nicht beschweren müssen. Doch der überragende Klinsmann entwickelte viel Schußpech und Allgöwer traf nur den Pfosten. Jan Svensson war der einzige Frankfurter, der in Stuttgart Überdurchschnittliches bot. Zeigte Falkenmayer im Mittelfeld wenigstens noch eine ansprechende Partie, erreichte der andere Mexiko-Kandidat der Eintracht, Thomas Berthold, als rechter Außenverteidiger nur Mittelmaß. Pech für die Eintracht, daß Armin Kraaz nach einem Foul an Karl Allgöwer die Rote Karte sah. Kraaz war vorher nicht verwarnt worden. Die Entscheidung war hart, aber vertretbar.

Freundschaftlich ging es vor dem Spiel im Neckarstadion zu. Eintracht-Kapitän Körbel begrüßte VfB-Trainer Entenmann, gegen den er in vielen Bundesligaschlachten gespielt hatte, und auch sein Trainer Dietrich Weise suchte seinen guten Bekannten Entenmann zum Plausch auf. „Wir treffen uns immer, wenn ich im Neckarstadion zu tun habe“, sagte Weise. „Ich kenne ihn schon lange, wir verstehen uns.“

Während die Eintracht in den ersten Spielminuten weiter in Freundschaft und Freundlichkeit machte, hatte der VfB den Sinn für Nettigkeiten verloren. Nach genau sieben Minuten stand es 2:0 für die Stuttgarter. Die Eintracht-Deckung verdiente in dieser Phase den Namen Abwehr nicht. Die VfB-Stürmer spielten die Frankfurter dermaßen schwindlig, daß sie Kopfschmerztabletten benötigten. „Wir werden die Stuttgarter Stürmer nehmen wie sie kommen“, hatte Vorstopper Körbel vor dem Spiel gesagt. „Gegen Cha, Waas, Mill und die Bayern hat es ja auch geklappt.“ Nun, gegen Stuttgart klappte das überhaupt nicht. Pasic stürmte auf rechts, dann auf links. Die Seite, die er frei ließ, nutzte Sigurvinsson zu Flankenläufen. In der Mitte stürmten Allgöwer und Klinsmann abwechselnd vor oder zogen sich zurück. In die dabei entstehenden Lücken preschten Zietsch und Buchwald. Und die Eintracht kam immer einen Schritt zu spät.

Das erstemal herrschte in der 3. Min. Chaos in der Frankfurter Abwehr. Klinsmann hatte die Chance zum Torschuß, sah aber den besser postierten Pasic, und der Jugoslawe überlistete Gundelach mit einem Heber ins linke obere Eck. Ein Fußball-Leckerbissen, aber die Stuttgarter hatten in der ersten Halbzeit noch weitere zu bieten. In der 7. Minute hieß es dann „Solo für Allgöwer“. Es begann 35 Meter vor dem Tor und führte über die Stationen Sievers, Berthold und Theiss. Als Falkenmayer den Stuttgarter endlich stoppen wollte, traf er im Strafraum dessen Fuß — Elfmeter. Nusshöhr verwandelte eiskalt in den linken Winkel, die Maschen waren noch warm von Pasics Tor.

Als nach zehn Minuten Stuttgarter Angriffswirbel Svensson vom Mittelfeld auf den linken Verteidigerposten zurückging, wurden die Löcher in der Hintermannschaft kleiner, die Stuttgarter ließen es aber auch etwas ruhiger angehen. Vom Schock der frühen Gegentore erholte sich die Eintracht aber während der gesamten ersten Halbzeit nicht. Sie versuchte, das Spiel zu machen, Ruhe in die eigenen Aktionen zu bringen. Aber das klappte nicht. Total verunsichert mißlangen viele, sogar einfache Spielzüge. Nach 30 Minuten hatten sich Sarroca und Kitzmann je einmal an die gegnerische Torauslinie durchgespielt. Ihre Hereingaben blieben aber hängen. Die erste und einzige echte Torchance der ersten Halbzeit hatte Sarroca in der 40. Minute. Zweimal grätschte der Mittelfeldspieler nach dem Ball, bis er ihn erkämpft hatte. Sarroca stand auf, überspielte zwei Stuttgarter, verzog aber aus zehn Metern den Schuß.

Dazwischen immer wieder Chancen für den VfB, vor allem durch den überragenden Klinsmann. Was der blonde Torjäger bot, war länderspielreif. Unheimlich schnell, technisch gut und mit Übersicht ausgestattet, deklassierte er Armin Kraaz zum Opfer. Seine stärkste Aktion in der 31. Minute: Buchwald flankt von der Außenlinie, Klinsmann liegt quer in der Luft und schießt direkt. Gundelach wehrt zur Ecke ab. Wieder ein Leckerbissen. Den dritten bereitet Sigurvinsson, der über 50 Meter einen Diagonalpaß auf Hartmann schlägt. Der muß nur noch mit dem Ball ins Tor laufen, schießt aber zu früh, und Gundelach hält.

Die Sturmmisere der Eintracht brachte den Australier Dave Mitchell zu seinem Bundesligadebüt. „Dave hat sich im Training deutlich gesteigert, ich kann ihn jetzt einsetzen“, hatte Eintracht-Trainer Weise die Möglichkeit eines Einsatzes schon vorher angekündigt. Mitchell kam in der zweiten Halbzeit für Kitzmann. Er riß keine Bäume aus, enttäuschte aber auch nicht.

Die erste Chance im zweiten Spielabschnitt hatte aber Stuttgart durch, wie konnte es anders sein, Klinsmann. Doch ihm war an diesem Tag kein Tor vergönnt. Sein Schuß ging knapp am Tor vorbei. Und zehn Minuten später hielt Gundelach. Danach wurde die Eintracht endlich stärker, konnte das Spiel offener gestalten. Torchancen ergaben sich aber nur durch Freistöße. Theiss und Falkenmayer prüften Roleder aus über 20 m. Der VfB-Torwart hatte Schwierigkeiten.

In der 67. Minute mußte dann das 3:0 für Stuttgart einfach fallen. Daß es nicht fiel, war reines Unvermögen. Die Eintracht bekam eine Minute lang den Ball nicht aus dem Strafraum. Verschiedene Spieler versuchten, aus wenigen Metern Entfernung den Ball unterzubringen. Einzige Ausbeute: ein Pfostenschuß von Allgöwer.

Das Tor fiel auf der Gegenseite. Roleder hatte wieder einen Schuß abprallen lassen, Friz setzte nach und fiel über die ausgestreckten Arme des Stuttgarter Torwarts, der nach dem Ball angelte. Die Elfmeter-Entscheidung quittierten die 19.000 Zuschauer im Neckarstadion mit wütenden Pfiffen. Roleder verletzte sich bei dieser Aktion, mußte behandelt werden. Doch Eintracht-Libero Theiss war auch durch die minutenlange Spielunterbrechung nicht aus der Ruhe zu bringen. Er verwandelte den Elfmeter sicher.

Der Anschlußtreffer gab der Eintracht noch einmal Auftrieb. Daß sie nicht kämpfte, konnte man ihr nicht vorwerfen. Aber spielerisch hatte sie an diesem Nachmittag einfach zu wenig zu bieten. So kam der VfB durch Konter zu den besseren Möglichkeiten. Einen dieser Konter konnte Armin Kraaz nur noch durch ein Foulspiel unterbinden. Allgöwer war durchgebrochen, Kraaz zog die Notbremse, indem er von hinten dem Stuttgarter in die Beine fuhr. Schiedsrichter Wahmann zeigte Kraaz dafür die Rote Karte. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung.

In der durch den Elfmeter und Platzverweis hektischen Schlußphase schoß Klinsmann dann doch noch sein Tor — aber es galt nicht. Weil der Linienrichter eine Auswechslung anzeigte, unterband der Schiedsrichter die Aktion. Wieder ein wütendes Pfeifkonzert der Zuschauer — es war das letzte des Spiels. Es blieb beim 2:1.

Trainerstimme

Dietrich Weise (Eintracht Frankfurt): „Der VfB hat uns in den ersten zehn Minuten so überrascht, daß wir ganz durcheinander waren. Das hing natürlich mit dem frühen 1:0 von Pasic zusammen. Eine glanzvolle Leistung, ich bin überzeugt, daß es kein Glücksschuß des Jugoslawen war. Da war viel Technik und Gefühl dabei. Einfach Spitze. Der darauf folgende Elfmeter hat uns natürlich zurückgeworfen. Nach 20 Minuten war der erste Stuttgarter Schwung vorbei. Wir bekamen etwas mehr Ruhe in unsere Aktionen, konnten aber das nicht richtig umsetzen.“ (Abendpost-Nachtausgabe zum Sonntag vom 06.04.1986)

 

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